Automatisches Kleinteilelager. Ein- und Auslagerung über One-Level-Shuttle. SAP-Dialog. Multifunktionale Arbeitsplätze. Das sind nur einige der Neuerungen, die das neue Logistikzentrum der Reisser AG zu bieten hat. Nach Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts zählt es zu den modernsten und größten der Branche. Die Investitionen für die zentrale Logistik am Stammsitz in Böblingen sind die bislang größten in der 150-jährigen Geschichte des SHK-Unternehmens.
Der Brand des Zentrallagers im Jahr 2014 hatte das Unternehmen vor eine große Aufgabe gestellt: Um die Lieferprozesse aufrecht zu erhalten, wurden externe Lagerhallen angemietet und am Standort Böblingen alle Ressourcen ausgenutzt. Bei der Planung des neuen Logistikzentrallagers wurde nach bestmöglichen, effizienten und modernen Lösungen gesucht, um höchste Qualitätsansprüche und sämtliche Standards des digitalen Zeitalters zu erfüllen.
„Haben einen Quantensprung gemacht“
2016 erfolgte der Spatenstich, im Sommer 2018 war der erste Bauabschnitt abgeschlossen. Dabei wurden 1200 Fertigteile und 2100 t Betonstahl verarbeitet. Inzwischen ist auch der zweite Bauabschnitt fertiggestellt und sämtliche Logistikflächen sind in Betrieb genommen. Daneben wurden im fünfstöckigen verwaltungstechnischen Gebäudeteil das Versandbüro, die Disposition sowie Sanitär- und Schulungsräume eingerichtet.
„Wir haben einen Quantensprung gemacht. So viel Geld wurde in der gesamten Firmengeschichte noch nicht in die Hand genommen“, erklärt Thomas J. Buck, Bereichsleiter Logistik, Fuhrpark und IT. Die tiefgreifende Modernisierung hat enorme Auswirkungen für die zukünftige strategische Ausrichtung des Großhandelsunternehmens. Dank der integrierten digitalen Vernetzung verbessern sich die Prozessgüte der hochmodernen und kundenorientierten Logistik und die Lieferqualität weiter. „Wir sind bestens gerüstet für die Zukunft in der SHK-Branche.“
Vom Dichtungsring bis zum 6-m-Rohr
38 000 m2 ist der Gebäudekomplex groß, der aus mehreren Lagerbereichen besteht. Herzstück ist das automatische Kleinteilelager: Zwei Drittel der Gesamtartikel lagern hier an den 114 000 Behälterplätzen, vom Dichtungsring bis zur Armatur. Ob Einlagerung oder Kommissionierung: Die weitestgehend automatisierten Abläufe sorgen für eine sichere Auftragsabwicklung und kurze Reaktionszeiten.
25 systemgesteuerte Shuttles bewegen sich über die Förderstrecken in fünf Gassen auf jeweils 38 Ebenen, bringen und holen die Waren vom und zum Lagerplatz. Ob Warenein- oder -ausgang: Die Mitarbeiter an den 16 multifunktionalen Arbeitsplätzen haben digitale Zugriffsmöglichkeiten und kommunizieren mit der Anlage per Touchscreen. Das Zentrum hat 57 Lkw-Rampen zur Be- und Entladung.
Modernste Lagertechnik und SAP-gestützte IT-Infrastruktur sorgen für hocheffiziente Abläufe. So auch im Langgutlager: Was länger als 1,5 m ist, findet hier seinen richtigen Platz – momentan rund 600 Artikel, davon primär Rohre. In Kassetten wird die Ware aufbewahrt, jede davon ist 6,7 m lang und kann mit bis zu 3 t belastet werden. Technische Unterstützung ist auch in diesem Wabenlager nicht weit: „Wenn sich das zentrale Warenbediengerät in Bewegung setzt, ist technische Präzision im Einsatz“, freut sich Buck.
Schnelle Lieferung und erhöhte Warenverfügbarkeit
Kundenorientiertes Bestellverfahren. Optimale Steuerung und Nachverfolgung der Warenströme. Lückenlose Materialfluss-Dokumentation. Reisser ist es gelungen, seinen Lieferservice weiter zu steigern: Aus dem Zentrallager heraus werden alle Niederlassungen versorgt, über den Nachtsprung ist es machbar, dass bis 18:00 Uhr eingegangene Bestellungen schon am nächsten Tag um 5:30 Uhr an den Kunden ausgeliefert werden.
Auch der Grad der Warenverfügbarkeit wurde im Rahmen der Logistikprozesse erhöht. Versorgungsartikel liegen nun auf Lager und die vielfältige Erweiterung im Artikelspektrum ist jederzeit möglich. Buck: „Das steht und fällt mit der Zentrallagerlogistik. In Sachen Schnelligkeit und Zuverlässigkeit sind wir jetzt noch breiter aufgestellt – und dieser Mehrwert kommt direkt bei unseren Kunden an.“
Komfortables Arbeiten
Die Neuerungen und der hohe technische Standard genau wie die zeitgemäßen Anlagen und komfortablen Bedingungen kommen auch den 120 Mitarbeitern im Logistikzentrallager zugute: Vorher mussten bestimmte Abschnitte noch draußen erledigt werden – bei jedem Wetter. Nun wird komplett in temperierten Hallen gearbeitet – inklusive Fußbodenheizung, ergonomischen Arbeitsplätzen und LED-Licht.
Langen Märsche zu Fuß durch die Gänge des manuellen Lagers sind Geschichte: Heute kommissionieren die Mitarbeiter mit elektrischen Kommissionier-Fahrzeugen in bis zu 5 m Höhe und über längere Strecken. Die technischen Helfer sind zu optimalen „Arbeitskollegen“ geworden. Wo früher die Logistikmitarbeiter noch mit Pickzetteln losliefen und mit dem Kugelschreiber einen Haken auf dem Formular setzten, wird heute gänzlich papierlos und nur noch digital gearbeitet.
Mobile Scanner sind im Einsatz, die wie alle technischen Hilfsmittel an das SAP-Lagerverwaltungssystem angegliedert sind. „Ob Palletten- oder Warenbewegungen: Das eigentliche Arbeiten wurde extrem erleichtert. Der Mitarbeiter fährt mit der Einheit in die Höhe und kommissioniert direkt ab“, soBuck. Die Rückmeldungen der Belegschaft sind entsprechend positiv.
Regale, wohin das Auge sieht: Manuelle Palettenregale, Hochregale, Kragarmregale – für jedes Produkt ist der optimale Logistikplatz vorhanden. Die Regalrahmenhöhe kann sich mit ihren 14 Metern sehen lassen. „Wir bilden hocheffiziente Logistikprozesse ab und werden damit nicht nur den Anforderungen des Marktes gerecht, sondern können auch flexibel auf die Bedürfnisse unserer Kunden reagieren“, erläutert Buck.
Tätigkeiten, die teils outgesourct waren, werden jetzt wieder im Haus erledigt – beispielsweise Set-Bildungen aus Waschtisch, Armatur und Zuleitungen.
„Aufgestiegen in die Oberklasse der Logistik“
Als Flaggschiff sowohl was Prozesse als auch Abbildung der Lagerhaltung betrifft, hat die Reisser-Zentrale nun einen hohen Maßstab gelegt. „Wir sind in die Oberklasse der Logistik aufgestiegen. Was Technik und Prozesse angeht, sind wir ganz weit vorne. So ein Gesamtsystem gibt es nur wenige Male in Deutschland.“
In laufenden Projekten geht es nun um die Vernetzungen der einzelnen Standorte und die Optimierung der Logistik in sämtlichen 52 Niederlassungen. Buck: „Wir sind auf einem super Level – und das werden wir noch steigern. Der nächste qualitative Sprung nach oben wird kommen. Wir haben die Rahmenbedingungen in der Logistik geschaffen, um weiter zu wachsen.“ ■