Der Bundesverband für Betriebs- und Regenwasser (fbr) sieht grundlegenden Nachbesserungsbedarf bei der Nationalen Wasserstrategie, die Mitte März verabschiedet wurde. Die komplette Stellungnahme des fbr:
„Der fbr – Bundesverband für Betriebs- und Regenwasser e.V. begrüßt grundsätzlich die Nationale Wasserstrategie, die am 15. März 2023 vom Bundeskabinett verabschiedet worden ist, als einen wichtigen Impuls hin zu einem klimasensiblen Wassermanagement unter Einbeziehung aller relevanten Sektoren. Als wesentlicher Bestandteil in der Strategie für den urbanen Bereich ist die Integration der Betriebs- und Regenwassernutzung sowie das Regenwassermanagement in der Wasserversorgung aufgenommen worden. D. h. Rückhaltung, Speicherung und Nutzung von Regen- und recyceltem Grauwasser sollen zukünftig im urbanen Raum stärker Berücksichtigung finden. Allerdings sieht der fbr-Bundesverband grundlegenden Nachbesserungsbedarf in der Konkretisierung, der Priorisierung sowie administrativen und finanziellen Vorgaben für die Umsetzung dieser Maßnahmen.
Angesichts des Klimawandels ergänzen dezentrale Systeme wie die Regenwassernutzung und das Grauwasserrecycling die Wasserinfrastruktur und fördern den natürlichen Wasserkreislauf. Die Substitution von Trinkwasser entlastet die Grundwasserleiter, spart die Aufbereitung zu Trinkwasser und den Energiebedarf für den Transport zu den Verbrauchern. Regenwasser zu sammeln und zu nutzen oder Wasserrecycling in Gebäuden entlastet zudem die Kanalisation und die Gewässer. Bausteine der Regenwasserbewirtschaftung schützen vor Überflutungen bei Starkregen und vermindern Hitzespots in Innenstadtbereichen.
Statt zukünftig Milliarden Euros für den Bau von Verbundleitungssystemen und Fernwasserleitungen zu investieren, wie es die Trinkwasserlobby vorgeschlagen hat, sind Investitionen in regionale und dezentrale Versorgungsstrukturen vorzuziehen und zu fördern. Zumal der Wassertransport über kilometerlange Fernwasserleitungen mit hohen Energiekosten einhergeht.
Gebäude, die heute ohne neuartige Wasserkonzepte, wie Betriebswassernutzung, errichtet oder saniert werden, sind für Jahrzehnte für den Einbau dieser verloren. Das muss verhindert werden! Eine Weichenstellung für die Integration von Betriebswassersystemen in Gebäuden und Stadtquartieren muss als klimapolitische Maßnahme sofort erfolgen, um aktiv den Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen. Dafür bedarf es keiner weiteren Pilotanlagen oder Forschungsprojekte, sondern die generelle Umsetzung ausgereifter Technologien in Gebäuden und auf Quartiersebene.
Für Baugebiete sind grundsätzlich Regenwasserzisternen als Bestandteil der Grundstückentwässerung vorzuschreiben, die sowohl der Speicherung des Regenwassers und der Nutzung im Gebäude dienen. Auf Quartiersebene in Städten und Kommunen ist die Speicherung und Rückhaltung von Regenwasser, u. a. zur Vermeidung von lokalen Überflutungen nach Starkregenereignissen, als vorrangige Maßnahme umzusetzen. Dazu zählt auch, urbane Flächen multifunktional zur Wasseraufbereitung, Wasserspeicherung u. Bereitstellung von Ökosystemleistungen zu nutzen. Die Bewässerung von Grünflächen hat möglichst mit Regenwasser zu erfolgen. Hierfür sind im städtischen Raum für die Bewässerung unterirdische Speichervolumen einzurichten.
Bei jedem Neubau (Einzelhaus/Zweifamilienhaus) bzw. jeder Komplettsanierung ist das Wasserleitungssystem so zu installieren, dass die Regenwassernutzung und/oder das Grauwasserrecycling (Betriebswassernutzung) möglich ist, damit der häusliche Trinkwasserverbrauch und Abwasseranfall reduziert werden. Toiletten und Urinale sowie Waschmaschinen sollen grundsätzlich im Gebäude mit Betriebswasser betrieben werden. Dort wo möglich, sind für Nicht-Trinkwasserzwecke im Geschosswohnungsbau oder für Applikationen in Kommunen, Gewerbe und Industrie, Betriebswasseranlagen vorrangig einzusetzen. Dabei sind Synergien aus Wasser und Energie zu evaluieren und in der Stadt- und Gebäudeplanung umzusetzen. Dies gilt sowohl für die Wärmerückgewinnung aus Betriebswasseranlagen als auch für die Kühlung und Klimatisierung mittels derselben.
Der fbr-Bundesverband ist der Auffassung, dass dieser Transformationsprozess nur gelingt, wenn rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den verantwortlichen Akteuren entsprechende Handlungsrahmen vorgeben. Parallel dazu ist die Beteiligung der Bürger, z. B. in Form von Dialogformaten, für ein besseres Verständnis und der gesellschaftlichen Akzeptanz unabdingbar. Erreicht wird diese Tragfähigkeit u. a. durch monetäre Anreize (Fördersysteme, Gebührenanpassung), die eine direkte Teilhabe an den Investitionen ermöglichen.
Die Handlungsempfehlungen des fbr-Bundesverbandes tragen zu einer widerstandsfähigen Wasserinfrastruktur und Schutz der Ressource Wasser in Städten und Kommunen bei. Die zukunftsfeste Kommune minimiert den Ressourcenverbrauch, schließt Kreisläufe und verbindet Ökosysteme, nutzt Pflanzen (grün) und Wasser (blau) für eine lebenswerte Umwelt. Betriebs- und Regenwasser sind dafür Schlüsselressourcen.“ ■
Quelle: fbr / ml