Korrekturen an der Gebäudeautomation nach der Inbetriebnahme stellen TGA+E-Planer bisweilen vor Herausforderungen bei Prozessen und bei der Kalkulation. Wirtschaftlicher ist es, die Gebäudeautomation von Anfang an bestmöglich auf die Gebäudenutzung auszurichten. Ein neutraler Blick hilft, Schwächen rechtzeitig zu erkennen und abzustellen.
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Die Gebäudeautomation ist unter anderem ein wichtiger Faktor für die real zu erreichende Energieeffizienz der TGA und damit entscheidend für niedrige Betriebskosten.
■ Schon vor der Inbetriebnahme hat die Gebäudeautomation Kostenrelevanz: Muss durch eine lückenhafte Planung oder Umsetzung später umfangreich nachgebessert oder sogar nachgerüstet werden, wird es für alle Beteiligten unnötig teuer.
■ Eine bewährte Methode zur Qualitätssicherung ist eine neutrale Beurteilung und ein Technisches Monitoring, das bestenfalls schon in der Planungsphase beginnt.
Wie nah kann die Planung der Gebäudeautomation (GA) vor der Gebäudeinbetriebnahme dem Idealzustand kommen? Ingenieure werden hierauf unterschiedliche Antworten haben. Nachträgliche Anpassungen sind jedoch für alle herausfordernd. Und teuer: TGA+E-Planer sehen sich dann mit anspruchsvoller Ressourcen- und Materialplanung konfrontiert. Aufwände müssen kalkuliert, Ersatzteile beschafft und Einsätze im Zeitplan untergebracht werden. Dies kann die Rentabilität eines Projekts reduzieren. Dennoch holen sich nur wenige Verantwortliche im Vorfeld unabhängige Unterstützung. Dabei hilft dies, Projekte langfristig gut aufzustellen – für den Dienstleister und auch für dessen Kunden.
Unterstützung in allen Bauphasen
Vorgaben für die GA-Planung und -Umsetzung finden sich in den Normen ISO 16484, DIN EN ISO 52120 und DIN 18386. Weitere Orientierung bieten die Richtlinien VDI 3810-5 und VDI 3814 sowie die AMEV-Empfehlung „Gebäudeautomation. Hinweise für Planung, Ausführung und Betrieb der Gebäudeautomation in öffentlichen Gebäuden“. Unter anderem müssen die Planer der Gebäudeautomation Angaben zur Gebäudenutzung sammeln und Konzepte zum GA-Aufbau erstellen.
Auch die Koordinierung und Abstimmung mit den ausführenden Gewerken gehören dazu, ebenso Funktions- und Sicherheitschecks vor der Inbetriebnahme des Gebäudes. Vor Ablauf der Gewährleistungsphase, die in der Regel fünf Jahre dauert, muss zwar der Gebäudebetreiber die korrekte Umsetzung sicherstellen. Der Dienstleister seinerseits trägt aber in dieser Zeit die volle Verantwortung für die Beseitigung aufgedeckter Mängel.
Planer und deren Auftraggeber profitieren jedoch stets davon, nicht ausschließlich in Prozessschritten zu denken, sondern ein ganzheitliches Konzept zu verfolgen. Um Mängelanzeigen zu reduzieren, lohnt es sich, mehr Zeit sowohl in die Bedarfsermittlung als auch in die Qualitätssicherung und in die Nachjustierung innerhalb des ersten Betriebsjahres zu investieren. So stellen Planer ihre Auftraggeber zufrieden und entlasten eigene Ressourcen sowie ausführende Gewerke.
Ist die GA optimal eingestellt, schont dies außerdem die Komponenten und spart neben CO2-Emissionen auch Kosten. Um dieses komplexe Zusammenspiel aus Funktionalitäten vollumfänglich zu bewerten, unterstützen unabhängige Expertinnen und Experten von TÜV SÜD. Sie helfen Verantwortlichen, folgende Fragen zu beantworten:
Während der Planung und im Bau:
● Gibt es Lücken zwischen der Planung und den relevanten Standards?
● Werden die wichtigen Vorschriften in den Unterlagen referenziert?
● Sind technische Einrichtungen wie Sensoren und Verkabelung regelkonform?
Während der Gewährleistung und im Betrieb:
● Offenbart das Technische Monitoring Fehler?
● Entsprechen die Ist-Werte der GA den festgelegten Soll-Parametern?
● Wo verlangen von der Planung abweichende Bedarfe Anpassungen?
Daten klug nutzen
Solche Fragen sind nicht ohne Daten zu beantworten. Werden diese mittels Technischen Monitorings erfasst und ausgewertet, sind sie eine Basis fundierter Entscheidungen und nützlicher Investitionen. Das Technische Monitoring sollte vor der Inbetriebnahme starten und die gesamte Gewährleistungsphase umfassen, um so viele Daten wie möglich zu erhalten. Das Technische Monitoring hilft Planern, Schwachstellen aufzudecken und die Wirkung von Maßnahmen zu überprüfen. Bauherren und Betreiber können damit nachweisen, dass das Gebäude die Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) und des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) einhält.
Wenn Komponenten verschiedener Hersteller zum Einsatz kommen, funktioniert die Datenübertragung (Interoperabilität) nicht immer reibungslos. Um dies zu vermeiden, sollte ein Protokoll wie BACnet eingesetzt werden, das als Standard in der DIN EN ISO 16484-5 verankert ist. Planer sollten GA-Komponenten deshalb stets auf ihre Kompatibilität mit BACnet überprüfen.
Für den Datenaustausch sind außerdem alle Komponenten eindeutig zu markieren. Dafür werden beispielsweise in den VDI-Richtlinien dargestellte Kennzeichnungsschlüssel (KS) verwendet. Planer hinterlegen die Kennzeichnungsschlüssel in der Dokumentation, während ausführende Gewerke sie auf die zu implementierenden Komponenten anwenden. Um Daten aus Sensoren, Messgeräten und anderen Komponenten der GA auszulesen, gibt es Schnittstellen-Systeme wie die „TÜV SÜD data box“ (Bild 2).
Rentabilität langfristig sichern
Zeit- und Kostendruck führen oft dazu, dass Komponenten zwar auf ihre grundsätzliche BACnet-Eignung, nicht aber auf die BACnet-Funktionalität in der Praxis getestet werden, oder dass günstige, aber unpräzise Sensoren und Messgeräte verbaut werden. Zunächst ergibt sich daraus nicht unbedingt ein offensichtlicher Mangel. Mittel- bis langfristig aber leiden die Rentabilität und mögliche Folgebeauftragungen – denn bei mangelhaften Daten ist die Basis für zukünftige Verbesserungen begrenzt.
Läuft die GA beispielsweise unerkannt ineffizient, verursacht dies vermeidbare Kosten für Gebäudebetreiber und klimaschädliche Emissionen. Bleiben Fehlfunktionen unentdeckt, verschleißen Komponenten wegen Überhitzung oder falscher Belastung schneller. Auch Personen können mitunter gefährdet sein.
Energie und Kosten sparen
Ein Münchner Bürogebäude wird mithilfe eines Technischen Monitorings durch TÜV SÜD überwacht. Dabei kam heraus, dass sich beide Kältemaschinen ständig ein- und ausschalten. Verantwortlich waren fehlerhafte Umschaltbedingungen. Da diese durch ungewöhnliche Druckverhältnisse im Kältekreislauf auffallen, ist die Verwendung hochwertiger Sensoren zu empfehlen. Nachdem die Einstellungen optimiert wurden, verringerte sich der Energieverbrauch, Kosten wurden eingespart und der CO2-Ausstoß verringert. Im selben Gebäude fiel auf, dass die Erhitzer ungewöhnlich häufig unter Volllast liefen – Ursache war eine deaktivierte Wärmerückgewinnung. Auch hier sparte die Optimierung Energie, Kosten und Treibhausgase ein.
Um Optimierungen am Bedarf der Gebäudenutzer auszurichten, benötigen Planer Informationen von Bauherren und Betreibern. Nicht immer sind diese ausreichend vorhanden oder beantworten alle wichtigen Fragen. Auch Fristen für einzelne Bauphasen oder Engpässe im Planungsteam können zu Lücken zwischen der GA-Planung und der tatsächlichen späteren Gebäudenutzung führen. Ebenso können Umbauten, ungeplanter Leerstand oder Kälte- und Hitzephasen Nachbesserungen erfordern. Externe Expertinnen und Experten helfen Planern dabei, die GA auch bei unvorhergesehenen Bedarfsänderungen zügig einzustellen. Neuberechnungen werden dabei als Abgleich von Soll- und Ist-Werten immer aktuell einbezogen.
So gelingt die Zusammenarbeit
Mit folgenden Tipps für die Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber verschaffen Planer der GA den besten Start:
Key-Perfomance-Indikatoren (KPI) festlegen: Schon während der Planung sollte feststehen, anhand welcher Werte die Leistung bewertet wird. Die KPI kurzfristig zu wechseln, verzerrt dagegen das Lagebild und erschwert die Abstimmung zwischen Planern und Kunden.
Kosten für externe Unterstützung von Anfang an einkalkulieren: Eine neutrale, unabhängige Beurteilung hilft, das reibungslose Funktionieren der GA frühzeitig sicherzustellen. Deshalb ist dieser Posten in der Aufstellung ein Zeichen für den hohen Qualitätsanspruch des Planers.
Informationsbedarf vertraglich festhalten: Entwürfe und Konzepte der GA reichen nur so weit wie die Informationen, die Planer erhalten. Benötigte Angaben zur Gebäudenutzung sollten sie deshalb vertraglich fixieren.
Kürzere Wartungszyklen im ersten Betriebsjahr: Gerade im ersten Jahr nach der Inbetriebnahme empfiehlt es sich, die GA kontinuierlich zu überprüfen und einen Soll-Ist-Abgleich durchzuführen. Allerdings brauchen Verbesserungen auch Zeit, um zu wirken.
So komplex wie nötig, so einfach wie möglich: Übermäßige Komplexität der GA reduziert die Anpassungsfähigkeit und erschwert die Fehlerdiagnose. Ein standardisiertes Konzept und eine nachvollziehbare Dokumentation stärken dagegen die Kundenzufriedenheit.
Cybersecurity einbeziehen: Die Vernetzung von Komponenten untereinander und mit dem Internet bringt Vorteile, aber auch Risiken. Diese Risiken müssen einbezogen und auf ein akzeptables Maß reduziert werden.
Qualitätssicherung im Fokus: Auch vermeintlich tolerable Mängel an Einstellungen und Komponenten der GA können sich wechselseitig verstärken und langfristig schwerer auswirken.
An Qualität festhalten
Trotz des Drucks, unter dem Bauprojekte und somit auch TGA-Planer stehen, lohnen sich eine sorgfältige und umfängliche Planung, Konzeption und Qualitätssicherung der Gebäudeautomation. Dem sollten, besonders in der Gewährleistungsphase, kurze Wartungszyklen und regelmäßige Soll-Ist-Abgleiche folgen. Werden ineffiziente Einstellungen und Fehlfunktionen zügig entdeckt und behoben, spart dies Energie und Kosten. Ein Technisches Monitoring rechnet sich oftmals schon nach zwölf Monaten – und dient der langfristigen Rentabilität sowie der Zusammenarbeit zwischen Bauherren und Planern. TÜV SÜD unterstützt dabei, die Qualität in allen Bauphasen sicherzustellen.
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