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Baurobotik

Hadrian mauert, Jaibot bohrt: Bauroboter tasten sich vor

Bild 1 Die Automatisierung der Baustelle schreitet, aber momentan nur langsam voran: Aufmaßroboter in Aktion.

Trimble

Bild 1 Die Automatisierung der Baustelle schreitet, aber momentan nur langsam voran: Aufmaßroboter in Aktion.

„Kollege Roboter“ ist in der Bauindustrie längst angekommen. Dagegen lässt die Automatisierung der Baustelle noch auf sich warten. Erste marktfähige Baustellenroboter versprechen mehr Effizienz auf der Baustelle.

Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Bauroboter können Baustellen digital erfassen, Gebäude aufmessen oder abreißen, mauern, bohren oder schweißen, Pflaster oder Fliesen verlegen, Wände und Decken verputzen oder streichen.
■ Roboter arbeiten in stets gleichbleibender Qualität, orientieren sich selbstständig im Raum und können Arbeiten – von Programmen, CAD- oder BIM-Planungsdaten gesteuert – völlig autonom oder per Fernbedienung erledigen.
■ Einem breiteren Einsatz stehen hohe Preise und widrige Einsatzbedingungen auf Baustellen entgegen. Sehr Rückenwind könnte die Automatisierung auf der Baustelle durch den Fachkräftemangel, Lohnkostensteigerungen und BIM erhalten.
 

Ob bei der Herstellung von Bauprodukten, der Bewehrung von Betonbauteilen, der Montage von Schalelementen, Holzständer- oder Fachwerkkonstruktionen: in der Bauindustrie und in den Werkstätten einiger Baugewerke sind Roboter längst im Einsatz.

Jetzt sollen sie auch Baustellen erobern, denn marktfähige oder in der Entwicklung befindliche Baustellen-Roboter können halb- oder vollautomatisch Baustellen digital erfassen und den Baufortschritt dokumentieren, Gebäude aufmessen oder abreißen, mauern, bohren oder schweißen, Wände und Decken verputzen oder streichen und als Prototyp Pflaster oder Fliesen verlegen. In Form von 3D-Großformatdruckern können sie sogar komplette, mehrstöckige Häuser fertigen.

Was sind Roboter?

Der Begriff stammt von „Robota“ (slawisch für Arbeit) ab. Roboter sind quasi „maschinelle Arbeiter“, mobile, automatische Maschinen, die in der Lage sind, eine komplexe Abfolge von Tätigkeiten selbständig auszuführen, zu kontrollieren und wenn nötig zu korrigieren. Unterschieden werden semiautonome Bauroboter, die ferngesteuert werden, programmierbare Bauroboter, die mit Sensoren ausgestattet sind und weitgehend selbstständig handeln sowie KI-gestützte Bauroboter, die vollständig autonom arbeiten und so bis zu einem gewissen Grad auch unvorhergesehene Ereignisse bewältigen können.

Roboter werden nie krank oder müde

Bild 2 Mobile Roboter können inzwischen mauern …

FBR

Bild 2 Mobile Roboter können inzwischen mauern …

Die Baurobotik und Automatisierung auf der Baustelle hat viele Vorteile. Roboter werden nie müde oder krank, arbeiten in stets gleichbleibender Qualität – sauber, exakt, effizient und schnell. Roboter orientieren sich selbstständig im Raum und können ihre Arbeiten – von Programmen, CAD- oder BIM-Planungsdaten gesteuert – völlig autonom oder per Fernbedienung erledigen.

Roboter brauchen keine Pläne, stattdessen übertragen sie quasi im Maßstab 1 : 1 die Konstruktionsdaten direkt auf die Baustelle, digital und ohne Medienbrüche. Das verspricht rationellere und wirtschaftlichere Bauprozesse, mehr Präzision und weniger Fehler auf der Baustelle. Außerdem entlasten Roboter Bauarbeiter von monotonen, körperlich anstrengenden und gefährlichen Arbeiten, bei denen es häufig zu Arbeitsunfällen kommt.

Planern erschließt die additive Fertigung neue, kreative Freiräume, weil mit 3D-Druckern und Robotern bisher nicht oder nur sehr aufwendig produzierbare Formen und Strukturen wirtschaftlich realisiert werden können, beispielsweise der Natur entlehnte bionische Bauformen. In Verbindung mit dem Einsatz moderner, KI-gestützter Automatisierungssysteme könnte die Robotik für eine Image-Steigerung und eine höhere Attraktivität von Bauberufen sorgen und damit dem Fachkräftemangel ein Stück weit entgegenwirken.

Multifunktionsroboter für die Baustelle

Bild 3 … den Bestand oder Baufortschritt messtechnisch und fotografisch erfassen …

Leica Geosystems

Bild 3 … den Bestand oder Baufortschritt messtechnisch und fotografisch erfassen …

Aufgrund dieser und weiterer Vorteile versucht die Industrie mit Neuentwicklungen auch die Baustelle als Absatzmarkt zu erobern, beispielsweise mit mobilen Multifunktionsrobotern. Diese orientieren sich selbstständig im Raum und können verschiedene Aufgaben erledigen: Sie erfassen die bauliche Situation in Form von Laserscanner-Punktwolken und als Fotopanorama oder verwandeln sich durch wechselbare Werkzeugaufsätze des Greifarms in einen Bohr-, Fräs-, Trenn- oder Schweißroboter – so wie der Baubot von Baubot, respektive fischerwerke.

Der in zwei Varianten offerierte Mobilroboter kann durch den Wechselaufsatz seines bis zu 2,1 m langen Roboterarms flexibel auf Baustellen eingesetzt werden und ist so kompakt, dass er auch durch Türöffnungen passt. Mithilfe seiner Raupenketten kann er auch Treppen steigen und bis zu 900 kg schwere Lasten transportieren.

Auch für den autonomen Laufroboter Spot von Boston Dynamics sind Treppen kein Hindernis. Dank seiner vier Beine bewältigt er auch unwegsames Gelände und trägt dabei eine Nutzlast von bis zu 14 kg. In unterschiedlichen Konfigurationen, zum Beispiel mit einem 3D-Laserscanner oder einem Greifarm, kann Spot zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt werden, beispielsweise für die Bauüberwachung, Baufortschrittskontrolle oder Vermessung. Trimble oder Leica Geosystems bieten dafür entsprechende Kombilösungen an.

Spezialroboter mauern, bohren, putzen

Spezialroboter können zwar nur bestimmte Aufgaben erledigen – das aber weitgehend selbstständig, schnell und präzise. Sie können abreißen, mauern, bohren, Pflaster oder Fliesen verlegen, Wände und Decken verputzen oder streichen.

Der Maurer-Roboter Hadrian X vom australischen Hersteller FBR kann beispielsweise ein komplettes Gebäude in zwei Tagen hochmauern. Dabei arbeitet er 3D-Baukonstruktionsdaten ab, welche die Position der Ziegel vorgeben, nimmt sie nacheinander auf, bringt sie nach Bedarf auf Maß, bringt Mörtel auf und positioniert sie mit seinem Teleskoparm präzise an die richtige Stelle.

Bild 4 … für Installationsarbeiten Löcher bohren sowie Befestigungslösungen an Decken, an Wänden und in Böden setzen …

fischer

Bild 4 … für Installationsarbeiten Löcher bohren sowie Befestigungslösungen an Decken, an Wänden und in Böden setzen …

Sobald Hadrian X den Rohbau fertiggestellt hat, könnte theoretisch sein „Kollege“ Okibo vom gleichnamigen Hersteller nahtlos übernehmen. Das ist ein weitgehend autonomer Roboter für Verputz- und Malerarbeiten. Ausgestattet mit einer Reihe von Sensoren und einem 3D-Laserscanner, erfasst er seine Umgebung automatisch, orientiert sich selbstständig und trägt KI-gestützt Putze oder Farben auf beliebige Oberflächen auf, wobei er Fenster- und Türöffnungen oder andere auszusparende Flächen berücksichtigt.

Auch Pflaster oder Fliesen verlegen können Roboter inzwischen – allerdings erst als Prototyp. So soll beispielsweise das an der Hochschule Darmstadt entwickelte Fliesenverlegesystem Maroon Räume und den Untergrund vermessen und Wand- oder Bodenfliesen zusammen mit dem Handwerker interaktiv verlegen.

Bild 5 … oder den Bestand abreißen.

Husqvarna

Bild 5 … oder den Bestand abreißen.

Auch das TGA+E- und Trockenbauer-Handwerk wird inzwischen unterstützt. So bohrt der semi-autonome Bohrroboter Jaibot von Hilti Löcher und markiert sie anschließend für die verschiedenen Gewerke. Damit entlastet er Handwerker vor anstrengender Überkopfarbeit, sorgt für mehr Präzision und Sicherheit. Eingemessen und referenziert wird Jaibot über eine Hilti-Totalstation, navigiert wird er per Fernsteuerung, die Bohrarbeiten führt er in seiner Reichweite automatisch aus. Da der Jaibot keine Treppen bewältigt, erfolgt der Transport in das nächste Geschoss per Kran oder Lastenaufzug.

Auch der Baubot von ist in der Lage, vom Anwender definierte Löcher in Böden, Wände oder Decken zu bohren. Alle Bohrdaten werden dokumentiert, sodass eine detaillierte Dokumentation aller Parameter für folgende Installationsarbeiten zur Verfügung steht. Diese Daten können zur späteren Nachverfolgbarkeit im BIM-Modell hinterlegt werden. Eine integrierte Videokamera dokumentiert darüber hinaus den Prozessablauf.

Auch im Gerüstbau gibt es erste Roboter: Der Akku-betriebene Liftbot von Kewazo ist in weniger als einer halben Stunde aufgebaut und fährt Material oder Bauteile sicher und fast doppelt so schnell wie herkömmliche Seilwinden und Bauaufzüge nach oben.

Humanoide Roboter auf zwei Beinen

Bild 6 Aus der digitalen Planung werden die auszuführenden Bohrpunkte als Koordinatenliste generiert.

Hilti

Bild 6 Aus der digitalen Planung werden die auszuführenden Bohrpunkte als Koordinatenliste generiert.

Zu den eher spektakulären Entwicklungen zählen humanoide, also menschenähnliche Roboter. Sie erzeugen außerhalb von Fachkreisen das meiste Aufsehen, da sie dem Stereotyp eines Roboters, eines menschenähnlichen „Maschinenwesens“, am nächsten kommen. In Japan – dem Mutterland für Roboter – entwickeln verschiedene Unternehmen schon seit einigen Jahren Roboter, die eine menschliche Gestalt besitzen, sicher auf zwei Beinen laufen und auf Kommando einfache Tätigkeiten erledigen. Sie helfen beispielsweise beim Tragen schwerer Bauteile oder montieren Wand- und Deckenelemente.

Die etwa 1,6 m großen, 60 kg schweren, akkugespeisten und mit zahlreichen Freiheitsgraden, Sensoren und einer Kamera inklusive Bildverarbeitung ausgestatteten Roboter können auch unebene Flächen, Treppen und bis zu einem gewissen Grad auch unvorhergesehene Ereignisse meistern – etwa Hindernissen ausweichen. Allerdings setzt die Fortbewegung auf zwei Beinen unverhältnismäßig viel technischen Aufwand voraus, der mit dem dadurch gewonnenen Nutzen kaum im Verhältnis steht.

Großformatdrucker drucken Gebäude

Auch 3D-Drucker sind von Computerprogrammen gesteuerte Apparaturen, die repetitive Arbeiten präzise und schnell erledigen können. 3D-Drucker generieren Objekte nach dem Prinzip der additiven Fertigung. Im Unterschied zur konventionellen Fertigung werden dabei Objekte nicht durch Umformen, Trennen oder Zerspanen eines Werkstücks, sondern additiv und ohne die Verwendung spezieller Werkzeuge oder Formen aus einem flüssigen, pulverförmigen oder festen Ausgangsmaterial mithilfe chemischer und / oder physikalischer Prozesse schichtweise aufgebaut.

Bild 7 Mit automatisierten 3D-Portaldruckern lassen sich komplette Häuser Schicht für Schicht fertigen.

Peri

Bild 7 Mit automatisierten 3D-Portaldruckern lassen sich komplette Häuser Schicht für Schicht fertigen.

Nahezu alles ist entweder in der Werkstatt oder unmittelbar auf der Baustelle druckbar: Metallstrukturen ebenso wie Konstruktionen aus holzartigen, transparenten oder recycelten Werkstoffen oder massive Bauteile aus Beton mit oder ohne Eisen-, Glasfaser- oder Textilarmierung. Dabei werden jedoch besondere Anforderungen an das Druckmaterial gestellt. Es sollte sowohl durch Rohrleitungen und die Druckkopfdüse gepumpt werden können, zugleich schnell härtend und formstabil sein, damit es für den nächsten Schichtauftrag fest genug ist.

Im erhärteten Zustand muss es ebenso stabil und statisch belastbar wie herkömmliche Baustoffe sein. Zudem setzen Gebäudebauteile – und erst recht komplette Gebäude – sehr große Bauräume voraus, die etwas größer sein müssen, als das zu fertigende Objekt. Deshalb ähneln 3D-Drucker häufig Portalkran-Konstruktionen, mit einem an der Laufkatze montierten Druckkopf. Es gibt aber auch andere, zum Beispiel auf einer Autobetonpumpe basierende Entwicklungen, bei denen der Druckkopf entlang einer vorgegebenen Grundrisskontur geführt wird.

Exoskelette: Roboter zum Anziehen

Bild 8 Auch aktive Hebe- und Tragehilfen sind eine Form von Robotern, die den Arbeitsalltag auf Baustellen erleichtern können.

German Bionic

Bild 8 Auch aktive Hebe- und Tragehilfen sind eine Form von Robotern, die den Arbeitsalltag auf Baustellen erleichtern können.

Auch Exoskelette sind eine spezielle Art von Robotern. Man kann sie sich um den Körper schnallen und als unterstützende Hebe- und Tragehilfe nutzen. Exoskelette stärken beispielsweise Maurern den Rücken, stützen und entlasten Skelett und Muskeln und verhindern eine Überbelastung. Je nach System und Tätigkeit werden unterschiedliche Körperteile wie Handgelenke, Ellenbogen, Schulter, Rücken oder Beine unterstützt. Aktive Exoskelette werden meist elektrisch angetrieben, die Stärke der Unterstützung lässt sich manuell oder automatisch regeln.

Die künstlichen Hebehilfen wiegen zwischen 2 und 5 kg und sind für 10 bis 30 kg schwere Lasten ausgelegt. Einige aktive Exoskelette sind auch IoT-fähig (z.  B. Cray X von Germanbionic). Die Verknüpfung mit dem Internet der Dinge (IoT) ermöglicht Auswertungen von Belastungswerten und Aktivitäten für statistische Zwecke, zur Analyse geleisteter Arbeit oder für die Abrechnung von Tätigkeiten. Auch eine Einbindung in Industrie 4.0-Umgebungen ist möglich, etwa um sich mit Maschinen oder Anlagen zu vernetzen und mit ihnen zu interagieren. Anbieter (Auswahl): www.suitx.com  www.gobio-robot.com  www.germanbionic.com  www.laevo-exoskeletons.com  www.comau.com  www.hyundai.com

Daten für die Roboter-Steuerung

Bild 9 Multifunktionelle Systeme unterstützen über wechselbare Werkzeugaufsätze das Bohren, Fräsen, Trennen oder Schweißen.

Baubot

Bild 9 Multifunktionelle Systeme unterstützen über wechselbare Werkzeugaufsätze das Bohren, Fräsen, Trennen oder Schweißen.

Damit mobile Roboter an Ort und Stelle Arbeiten ausführen können, müssen sie sich zunächst im Raum orientieren. Orientiert, lokalisiert und auf einen Bezugspunkt referenziert werden Roboter über integrierte oder externe 3D-Lasermessysteme und Sensoren. Um komplexe Tätigkeiten ausführen und unvorhergesehene Situationen auf der Baustelle meistern zu können, müssen autarke Roboter über weitere Sensoren verfügen, die das Umfeld möglichst umfassend erfassen und deren Daten vernetzt und teilweise auch KI-gestützt in Echtzeit ausgewertet werden.

Als Grundlage für die Steuerungsdaten dient entweder eine DWG- oder DXF-Datei bei herkömmlicher Planung oder ein BIM-Ausführungsmodell, das nur ausführungsrelevante Daten enthält. Aus diesem Modell werden die 3D-Koordinatendaten für die Steuerung des Roboterarms, Bohrkopfs oder der 3D-Druckdüse generiert. Daraus werden für die auszuführenden Arbeiten 3D-Koordinatenlisten erzeugt, die schrittweise abgearbeitet werden. Zusätzlich werden weitere Angaben benötigt, beispielsweise Bohrerdurchmesser und Bohrtiefen bei Bohrrobotern. Bevor der Roboter auf der realen Baustelle seine Arbeiten erledigt, lassen sich am digitalen Modell, dem Digitalen Zwilling des zu erstellenden realen Objekts, zusätzlich auch Baustellen-, Montage- und Arbeitsabläufe virtuell simulieren und optimieren.

Was sind die Hürden in der Praxis?

Bild 10 Roboter können in der Werkhalle auch Betonbewehrungen zusammensetzen …

ABB, Gramazio Kohler Research, ETH Zurich

Bild 10 Roboter können in der Werkhalle auch Betonbewehrungen zusammensetzen …

Den vielen Vorteilen der Baurobotik entgegen steht die Tatsache, dass der Einsatz bei Preisen ab 10 000 Euro für stationäre Einarm-Roboter und 75 000 Euro und mehr für multifunktionale, mobile Roboter derzeit für kleinere und mittlere Bauvorhaben noch unwirtschaftlich ist. Großbaustellen können dagegen ein geeignetes Betätigungsfeld sein.

Eine echte Herausforderung der Digitalisierung und Automatisierung des Bauwesens ist aber die Erstellung herkömmlicher Gebäude. Diese wird seit Jahrhunderten im Wesentlichen durch kleinteilige, handwerkliche Prozesse bestimmt, die zudem von verschiedenen Gewerken / Spezialisten separat ausgeführt werden. Das erschwert sowohl eine Mechanisierung und Automatisierung als auch die Integration von Prozessen.

Bild 11 … oder Holzkonstruktionen zusammenbauen.

ABB, Gramazio Kohler Research, ETH Zurich

Bild 11 … oder Holzkonstruktionen zusammenbauen.

Außerdem unterscheiden sich Baustellen von Industriehallen: Jede ist anders, verändert sich kontinuierlich, ist staubig, schmutzig, Wind und Wetter ausgesetzt, manchmal mit Baumaterialien verstellt, mit Materialresten und Bauabfällen verunreinigt etc. Das sind keine idealen Voraussetzungen insbesondere für mobile Roboter, die möglichst aufgeräumte, freie Baustellen ohne Behinderungen voraussetzen.

Außerdem schreiben Arbeitsschutz-Richtlinien Sicherheitszonen rund um den Arbeitsbereich des Roboters vor. Deshalb verfügen Roboter teilweise über spezielle Sensoren, die eine Sicherheitszone um den Roboter bilden, um ein unbefugtes Betreten des Roboterarbeitsbereichs zu erkennen und den laufenden Betrieb gegebenenfalls zu unterbrechen.

All dies sind Gründe, weshalb die Baustellen-Automatisierung nur schleppend vorankommt. Dabei zeigen obige Beispiele, dass Roboter für bestimmte Aufgaben auf Baustellen inzwischen produktiv eingesetzt werden können. Dabei sollte jedoch stets berücksichtigen werden, dass Roboter kein Selbstzweck sind und dass das eigentliche Ziel eine vernetzte, integrierte und automatisierte Baustelle ist. Dazu müssen Roboter miteinander und mit anderen Maschinen vernetzt und in die Bauabläufe optimal eingebunden werden. Mehr Rückenwind könnte die Automatisierung durch einen weiter anhaltenden Fachkräftemangel, Lohnkostensteigerungen und die zunehmende Verbreitung der BIM-Planungsmethode erhalten.  Marian Behaneck

Christian Pütz: Der Jaibot wurde schon bei mehr als 100 Projekten weltweit eingesetzt.

Hilti

Christian Pütz: Der Jaibot wurde schon bei mehr als 100 Projekten weltweit eingesetzt.

Roboter im Praxiseinsatz

Roboter sind auf deutschen Baustellen ein ungewohntes Bild. Marian Behaneck hat Christian Pütz, Jaibot Operations Manager bei der Hilti Deutschland AG, gefragt, wo der Bohrroboter Jaibot von Hilti bereits eingesetzt wird und was beim Einsatz zu beachten ist.

Pütz: Wir sind mit dem Jaibot bereits in diversen Regionen im Einsatz: Nordamerika, Zentral- und Nordeuropa, Asien, Hongkong, Singapur und Australien. Zum Einsatz kam er dabei gewerkeübergreifend in der Technischen Gebäudeausrüstung für zum Beispiel Elektro-, SHK-, Trockenbau- oder Deckensegelinstallationen bei bisher mehr als 100 Projekten weltweit.

Da der Jaibot auf Grundlage digitaler Daten über mehrere Gewerke hinweg arbeitet, erhält der Bauherr sauberere Löcher, höhere Genauigkeit, weniger Fehler und eine schnellere Produktion. Die Position, der Durchmesser und sogar die Bohrtiefe werden alle im Voraus durch den Bohrplan definiert. Zudem werden die Bohrungen farblich markiert – so weiß jedes Gewerk, welche Bohrlöcher für die jeweilige Installation vorgesehen sind.

Behaneck: Wie kommt der Jaibot mit dem manchmal „kreativen Chaos“ auf Baustellen klar?

Pütz: Der Jaibot sollte frühzeitig in die Planung integriert werden, sodass er zum einen gewerkeübergreifend genutzt werden kann, zum anderen auch mit Baufreiheit zu rechnen ist. Da Sie das „kreative Chaos“ ansprechen, ist der Idealfall natürlich nicht immer gegeben. Für den Fall verfügt er über eine Hinderniserkennung, die Schäden an bereits verbauten Teilen vorbeugt.

Behaneck: Können andere Baustellenaktivitäten parallel weiterlaufen?

Pütz: Unser Augenmerk liegt bei allen unseren Produkten auf einem ausgewogenen Zusammenspiel zwischen Technologie, Arbeitssicherheit und Praktikabilität. Der Jaibot ist der erste und bisher einzige weltweit zertifizierte Bohrroboter und bereits seit 2020 öffentlich im Einsatz. Er ist sowohl getestet als auch in der Praxisausgiebig angewandt, wobei er sich als sicher und praktikabel einsetzbar bewiesen hat. Während des Einsatzes ist ein Sicherheitsabstand von 2 m vorgeschrieben, sodass er sein Gewerk ungehindert ausführen kann. Arbeiten, die außerhalb des Sicherheitsabstandes stattfinden, können parallel weiterlaufen.

Behaneck: Was ist die Mindest-Projektgröße?

Pütz: Eine Mindestgröße ist schwer zu definieren, weil jedes Projekt individuell betrachtet werden muss. Ein Anhaltspunkt ist die kalkulierte Bohrzeit, denn ein Einsatz lohnt sich in etwa ab fünf Tagen Bohrzeit.

Bild 12 Eine parallele Dokumentation stellt sicher, dass ausgeführte Bohrpunkte jederzeit für alle Gewerke nachvollziehbar sind.

Hilti

Bild 12 Eine parallele Dokumentation stellt sicher, dass ausgeführte Bohrpunkte jederzeit für alle Gewerke nachvollziehbar sind.

Behaneck: Welche Daten braucht der Jaibot, wer bereitet diese auf und was sollte man dabei beachten?

Pütz: Die Projektvorbereitung oder Datenaufbereitung in Form einer digitalen Planung ist ein Thema, vor dem noch einige zurückschrecken. Die Zurückhaltung ist allerdings unbegründet. Der Weg zu der Datenaufbereitung kann unterschiedlich aussehen. Einige Kunden planen selbstständig oder über einen externen Dienstleister. Wir sehen uns in den Projekten ebenso als Partner und bieten über die Hilti-Planungsabteilung ebenso die Aufbereitung der Daten an. Unser Service ist individuell auf die Anforderungen des Kunden im Projekt zugeschnitten.

Aus der digitalen Planung, die als Datengrundlage vorliegt, werden die auszuführenden Bohrpunkte als Koordinatenliste generiert. Zusätzlich braucht der Jaibot den Bohrlochdurchmesser und die Bohrtiefe und die Angabe, ob eine Bohrloch-Markierung notwendig ist. Darüber hinaus werden die Bohrdaten, inklusive einer groben Gebäude-Geometrie, in der Jaibot-Cloud hinterlegt, damit der Kunde alle Informationen über das Bediener-Tablet abrufen und den Bohrvorgang steuern kann. Gleichzeitig erfolgt eine Live-as-build-Dokumentation. Dadurch ist jeder ausgeführte Bohrpunkt sicher nachweisbar, inklusive Bohrdurchmesser, Bohrtiefe und Zeit- sowie Datumsstempel.

Behaneck: Herr Pütz, vielen Dank für die Einblicke in die Praxis.

Literatur / Quellen / Infos

[1] Mitsch, N.: Untersuchung der Zusammenarbeit von Menschen und Robotern als Grundlage für einen effizienten Einsatz im Bauwesen (Diplomarbeit). Dresden: TU Dresden, 2020

[2] Nerdinger W. (Hrsg.): Wendepunkte im Bauen. Von der seriellen zur digitalen Architektur. München: Institut für Internationale Architektur-Dokumentation, 2010

[3] www.dfab.arch.ethz.ch  Architektur und digitale Fabrikation

[4] www.iaarc.org  Automatisierung und Robotik im Bauwesen

[5] www.ipa.fraunhofer.de  Produktionstechnik und Automatisierung IPA

[6] www.rod.de  Bock Robotics Revolution

Anbieter (Auswahl)

Multifunktionsroboter: www.baubot.com  www.bostondynamics.com  www.fischer.de  www.trimble.com  www.blk2021.com/de/blk-arc

Spezialroboter: www.arerobot.com  www.brokk.com  www.fbr.com.au  www.hilti.de  www.husqvarna.com  www.kewazo.com  www.kuka.com  www.new.abb.com  www.okibo.com  www.rob-technologies.com

Humanoide Roboter: www.aist.go.jp  www.bostondynamics.com  www.kawadarobot.co.jp/en

3D-Großformatdrucker: www.3dwasp.com  www.apis-cor.com  www.cobod.com  www.contourcrafting.com  www.cybe.eu  www.peri.de

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