Künstliche Intelligenz (KI) beeinflusst zunehmend das Planen, Bauen und Nutzen von Gebäuden und der Gebäudetechnik. Was gibt es schon und was kommt morgen?
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Die Bandbreite der KI-Anwendungen im Baubereich reicht von der Optimierung von Entwürfen, über die Bestandserfassung und die Optimierung der Bau- und Montageablaufplanung bis zur Gebäudeautomation und der automatisierte Erkennung von Bauschäden oder -mängeln.
■ Gebäudebetreibern hilft die vorausschauende Wartung, Betriebsstörungen zu vermeiden, Servicetermine und die Wirtschaftlichkeit von Bauwerken zu optimieren.
■ Die maschinelle Bildauswertung vereinfacht Zugangskontrollen und verbessert die Gebäudesicherheit.
Inzwischen wird Künstliche Intelligenz (KI) in allen Bereichen des Planens, Bauens und Nutzens von Bauwerken eingesetzt. Welche konkreten aktuellen Anwendungen und Entwicklungen im Bau- und TGA-Bereich gibt es bereits und welche Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen entstehen daraus?
KI in der Planung
Von der maschinellen Planung ist die KI zwar noch ein Stück weit entfernt, aber auf KI-Algorithmen basierende Entwurfsprogramme gibt es bereits. Sie versprechen eine schnellere Generierung von Entwürfen und Planungsalternativen, die vorgegebene Einflussfaktoren wie Klima-, Wind, Lärm- oder Belichtungsverhältnisse berücksichtigen. Die automatisch generierten Entwurfsalternativen werden einer maschinellen Vorauswahl unterzogen, bewertet und anschließend vom Planer ausgewählt.
Da der Computer sehr viele Alternativen in sehr kurzer Zeit generieren kann, lassen sich für eine vorgegebene Entwurfsaufgabe häufig bessere Lösungen finden, als dies herkömmlich und mit vertretbarem Aufwand möglich wäre. So kann man zum Beispiel das individuelle Potenzial eines Standortes optimal ausreizen und daraus die bestmögliche Lösung finden. Beispiel: www.spacemakerai.com/de
Erste Ansätze einer KI-unterstützten Auslegung gebäudetechnischer Anlagen gibt es ebenfalls. So liefern beispielsweise Online-Tools auf der Grundlage von Basisdaten – etwa Standort, Heiz- und Kühllast, Akustik- und Innenluftqualität – Entscheidungshilfen, mit denen Planer sich unter Berücksichtigung von Energieverbräuchen, Investitions-, Wartungs- und Instandhaltungskosten für das optimale Lüftungssystem entscheiden können. Beispiel: SystemFinder von LTG auf www.ltg.de
Muss bei der Planung Vorhandenes berücksichtigt und geometrisch erfasst werden – etwa per 3D-Laserscanner – können KI-basierende Analysemethoden die Messpunktdaten des Laserscanners auswerten und so vorstrukturieren, dass sie für die CAD-Planung verwertbar sind. KI-basierende Analysemethoden liefern dabei Informationen über die Art des Bauteils, z. B. Wand, Stütze, Decke, Fenster, verknüpfen sie mit weiteren Daten – etwa zu Materialien und generieren aus diesen Informationen ein BIM-Modell. Beispiel: www.aurivus.com
Andere KI-Lösungen befassen sich mit der Vermessung und Auswertung von Räumen und Objekten mithilfe von Apps, die auf die besonderen Fähigkeiten aktueller Smartphone-, respektive 360 Grad-Kameras zurückgreifen. Aus den erfassten Messwerten wird selbstständig ein 3D-Modell berechnet. Beispiele: www.actimage.de www.bimkit.eu www.immersight.com
KI auf der Baustelle
Will man den Ist-Stand, Abläufe, Schäden oder die Qualität der Ausführung auf der Baustelle respektive vor Ort effizient kontrollieren, müssen aktuelle Vor-Ort-Daten zeitnah digital erfasst werden. Das geschieht meist per Mobilgerät, kann aber auch per Baustellen-Kamera, 3D-Scanner, Drohne, Helmkamera oder Roboter erfolgen. Die dabei gewonnenen Daten werden mithilfe von KI-Algorithmen interpretiert und analysiert.
Dabei können auch „smarte“, z. B. mit einem RFID- oder BLE-Transponder versehene Bauteile und deren Eigenschaften automatisiert erkannt und die Ergebnisse mit dem BIM-Ausführungsmodell abgeglichen werden. So entsteht ein digitales Abbild des aktuellen Bauzustands, das die Abrechnung vereinfacht oder den Baufortschritt, potenzielle Planungsabweichungen, Fehler oder Schäden dokumentiert. Mit den dabei gewonnenen Informationen lassen sich zudem künftige Bauprojekte optimieren. Beispiele: www.buildots.com www.contilio.com www.openexperience.de www.strucinspect.com www.tuvsud.com
Das Planen und Bauen mithilfe aktueller Technologien, wie BIM, IoT oder KI, moderner und wettbewerbsfähiger zu machen, haben sich auch mehrere Forschungsprojekte und Anwendungen zum Ziel gesetzt: Simulationen der Bau- und Montageablaufplanung können – unter Berücksichtigung von Erfahrungen aus vorangegangenen Projekten, Mängel- und Bautagesberichten oder Logistikdaten – beispielsweise dabei helfen, Bau- und Montageprozesse zu optimieren.
KI-gestützte Risikovorhersagen versprechen darüber hinaus reibungslosere Abläufe. Diese bedienen sich smarter Techniken zur Datenanalyse, der datenbasierenden Ergebnisvorhersage und maschineller Lernsysteme. Dabei werden Metadaten aus Bauprojekten unternehmensübergreifend verknüpft und ausgewertet sowie aktuelle und historische Fakten analysiert, um Vorhersagen über zukünftige Ereignisse treffen zu können. Je mehr Daten digital dokumentierter Bauprojekte miteinander vernetzt werden, umso höher ist die Verlässlichkeit von Vorhersagen. Beispiele: www.sdac.tech www.eskimo-projekt.de www.autodesk.com/bim-360 www.pasc.ai
In Verbindung mit KI erlaubt die Augmented Reality (AR) das Anreichern der realen Welt mit digitalen Informationen wie 3D-Modellen, Text-, Bild- oder Videodaten und eine Interaktion der realen mit der digitalen Welt. Mit dem gemeinsam von Robotic Eyes und Schöck Bauteile entwickelten smarten Assistenzsystem Chekker können beispielsweise reale, respektive geplante Bauteile in der Werkstatt oder auf der Baustelle geometrisch überprüft und Arbeitsschritte bei der Herstellung oder Montage unterstützt werden.
Das System erkennt die jeweilige Umgebung und ermöglicht eine Interaktion mit den eingeblendeten digitalen Inhalten. Statt Pläne und Ergebnisse abzugleichen, projiziert Chekker eine schrittweise Anleitung im Maßstab 1:1 direkt auf die Arbeitsfläche, überwacht die Ausführung und meldet Abweichungen. www.robotic-eyes.com www.chekker.com
Roboter sind in der Bauindustrie bei Baustoffproduktion, der Fertigung von Betonfertigteilen oder der Montage von Holzständerkonstruktionen längst im Einsatz. Auch auf die Baustelle drängen sie inzwischen – in Form von Mauer- und Bohr- und Befestigungsrobotern oder 3D-Druckern, die auf der Grundlage von 3D-CAD- oder BIM-Daten Arbeiten ausführen – entweder autonom oder per Fernbedienung unterstützt.
Bohrroboter beispielsweise orientieren sich selbständig im Raum und bohren Montagelöcher in der Decke, was körperlich schwere Überkopf-Arbeiten erübrigt. Um noch komplexere Tätigkeiten autark ausführen, vorhandene Bedingungen autark erkennen und unvorhergesehene Situationen vor Ort meistern zu können, müssen Roboter lernfähig sein und über viele Sensoren verfügen, deren Daten vernetzt und KI-gestützt in Echtzeit ausgewertet werden. Beispiele: www.baubot.com www.bostondynamics.com www.fischer.de www.hilti.de www.peri.de www.trimble.com
KI im Gebäude- und Anlagenbetrieb
Der Gebäudebetrieb bietet für die KI ein weites Feld. Die Spannweite reicht von der intelligenten Steuerung der Gebäudetechnik, über die vorausschauende Wartung, bis zur smarten Zutrittskontrolle. Während herkömmliche Gebäudeautomationssysteme in der Regel „statisch“ auf der Grundlage zeit- oder parameterbasierter Regelungen arbeiten, speichern und analysieren KI-basierende Steuerungssysteme die bisherigen Sensor-, Nutzungs- und Umgebungsdaten und nutzen sie als Grundlage für einen vorausschauenden, optimierten Gebäude- und Anlagenbetrieb.
Dabei berücksichtigt die KI bisherige Nutzungsmuster von Räumen, Wettervorhersagen, Nutzungs- und Öffnungszeiten oder Raumbelegungspläne und ermittelt vorherschauend den notwendigen Heiz- und Kühlbedarf. Anhand von Kapazitätsanalysen und -prognosen kann die KI die Raum- und Gebäudenutzung ebenso wie die Reinigung oder Wartung, beispielsweise von Büroräumen, Großküchen, Sanitäranlagen und Parkhäusern, optimieren.
Da alle Daten in Echtzeit verarbeitet werden, kann sich eine KI-gesteuerte Anlagentechnik dynamisch auch an unvorhersehbare, veränderte Umstände anpassen. Das verbessert insgesamt die Energieeffizienz und senkt Betriebskosten, erfordert aber eine umfangreiche Erfassung, Auswertung und Verarbeitung großer Datenmengen: Informationen zum Standort, zum Umfeld, den Bewohnern, deren Nutzungsverhalten, Energie-, Service oder Sicherheitsbedarf etc. Je umfangreicher die Daten, desto besser kann das System aus den Informationen lernen und sich auf die Bedürfnisse der Nutzer einstellen. Beispiele: www.arloid.com www.eneriq.com
Auch die Wartung und Instandhaltung profitiert von KI-Algorithmen. Im Gegensatz zur herkömmlichen reaktiven Wartung, die erst nach Störungen eingreift, bietet die vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) technischer Komponenten Vorteile: Ungeplante Ausfälle technischer Bauteile werden vermieden, Servicetermine und die Anlagen-Wirtschaftlichkeit werden optimiert, Wartungstermine und die Ersatzteil-Vorhaltung sind besser planbar.
Dazu erfassen IoT-Bauteilsensoren (Internet der Dinge) Betriebs- und Zustandsdaten, die zentral mithilfe intelligenter Algorithmen ausgewertet werden. Anhand der Nutzungsmuster und anderer Parameter lässt sich automatisch der optimale Zeitpunkt für Wartungsmaßnahmen ableiten. Auszutauschende oder defekte Bauteile können identifiziert und zum Wartungstermin mitgebracht werden. Beispiele: www.mondas-iot.com www.techem.com www.tuvsud.com
Die maschinelle Bildauswertung erweitert die Möglichkeiten auch in der Baustellen- und Gebäudeüberwachung: Werden mehrere Video- oder Infrarotkameras miteinander vernetzt und über KI-gestützte Systeme ausgewertet, ist eine effiziente Rund-um-die-Uhr-Überwachung von Gebäuden, Anlagen oder Baustellen möglich. Als Basis dienen Daten aus Überwachungskameras und ein IP-basiertes Videomanagement-System, das auch sehr viele und hochauflösende Videodaten in digital verwertbare Informationen umwandelt und eine maschinelle Auswertung ermöglicht. Über eine Gesichtserkennung können Zugänge kontrolliert und die Sicherheit verbessert werden, visuelle Kameras und Infrarotkameras ermöglichen einen wirksamen Brandschutz. Beispiele: www.boschsecurity.com www.milestonesys.com
Chancen und Risiken
KI & Co. sind längst Teil des Planens, Bauens und Betreibens von Gebäuden – oder werden es gerade. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig und in ihren Potenzialen noch kaum zu überblicken. Viele KI-Systeme setzen als Datenbasis allerdings große Datenmengen (Big Data) voraus, anhand derer sie ihre Algorithmen, etwa zur Mustererkennung, trainieren und optimieren können.
Das können Planungs- und Ausschreibungsdaten, Stücklisten, 3D-Scandaten, Baustellendokumentationen, Fotos, Videos, Mängellisten oder Sensordaten sein. Werden diese Daten kombiniert und ausgewertet, können sie neben der Planung und Ausführung auch den Gebäudebetrieb optimieren. Je größer die Datenbasis ist, umso zuverlässiger arbeiten KI-Systeme.
Welche Quantität und Qualität diese Daten haben, wie diese verknüpft und welche Bewertungs- und Entscheidungskriterien herangezogen werden, ist aber meist nicht nachvollziehbar. Auch die Datensicherheit und der Datenschutz müssen kritisch hinterfragt werden, denn viele Systeme senden auch sensible Sensor- und Nutzungsdaten an externe cloudbasierte Plattformen, die dort gespeichert, aufbereitet und analysiert werden. Kritiker warnen deshalb vor blindem Vertrauen in die KI und den häufig intransparenten Prozessen, die dahinterstecken. Marian Behaneck
Maschinelle Bilderkennung: Ähnlich dem menschlichen Gehirn werden – unter anderem mithilfe von Deep Learning – Bilder in Ebenen unterteilt, um anstelle isolierter Pixel-Werte Formen, Farben, Strukturen und damit reale Objekte erkennen zu können.
Spracherkennung (auch: Natural Language Processing) verarbeitet natürliche Sprache maschinell, damit Mensch und Computer direkt miteinander kommunizieren können. Beispiel: Sprachassistenten wie Alexa oder Siri.
Expertensysteme (auch: wissensbasierte Systeme) sind in der Lage, auf eine Frage des Anwenders auf der Grundlage formalisierten Fachwissens und daraus gezogener logischer Schlüsse Antworten zu liefern. Beispiel: Fehlerdiagnose in technischen Systemen.
Robotik entwickelt, produziert und betreibt automatisierte Maschinen, die auf der Grundlage von Sensoren, Aktoren, der Informationsverarbeitung und künstlichen Intelligenz eine Interaktion der Informationstechnik mit der physischen Welt ermöglichen.
Künstliche Intelligenz ist ein Teilgebiet der Informatik, das sich mit der Erforschung intelligenten Verhaltens, maschinellen Lernens und der praktischen Anwendung von Systemen befasst, die Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen oder Kreativität nachahmen können. Künstliche Intelligenz (KI) wird auch als artifizielle Intelligenz oder Artificial Intelligence (AI) bezeichnet.
Maschinelles Lernen: Beim maschinellen Lernen (auch: Machine Learning) werden IT-Systeme nicht klassisch programmiert, sondern lernen datenbasiert, Muster selbständig zu erkennen und Probleme eigenständig zu lösen. Beispiel: Vorschlagslisten von Streaming-Diensten wie YouTube.
Künstliches neuronales Netz (auch: Deep Learning) nutzt als Teilbereich des maschinellen Lernens nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns Netze aus künstlichen Nervenzellen (Neuronen) sowie sehr große Datenmengen, um Erlerntes mit neuen Inhalten zu verknüpfen. Beispiel: Sprach- oder Gesichtserkennung.