Die heute vor allem bei großen Axialventilatoren üblichen Schaufeln aus Stahl- oder Aluminiumblech bzw. Aluminiumdruckguss setzen den Konstrukteuren enge Grenzen, um den Forderungen und Wünschen der Anwender Rechnung zu tragen. Die monolithischen Schaufeln mit einheitlicher Blechdicke schränken die Gestaltungsmöglichkeit naturgemäß ein. Stahlbleche müssen zudem lackiert werden, um einen angemessenen Korrosionsschutz für die Outdoor-Anwendungen zu erhalten. Hinzu kommen drastisch steigende Rohstoffpreise, hier besonders bei Aluminium, die einen kostenbewussten, aber vor allem einen verantwortungsvollen und schonenden Umgang mit den Rohstoff-Ressourcen erfordern.
Höherer Gestaltungsspielraum
Vor diesem Hintergrund ist es konsequent, dass der Motoren- und Ventilatorenspezialist ebm-papst Mulfingen intensiv an der Entwicklung neuer Schaufelgeometrien und Werkstoffe bzw. Bauteilstrukturen gearbeitet hat. Das Resultat: In Mailand auf der Mostra Convegno vom 11. bis 15. März 2008 ist eine komplette Axialventilatoren-Baureihe vorgestellt worden, die mit so genannten HyBlade-Schaufeln ausgestattet ist. Durch die optimierte Schaufelgeometrie und die hybride Werkstoffstruktur ließen sich bei diesen Ventilatoren das Geräuschverhalten und der Wirkungsgrad erheblich verbessern.
In der Technik beschreiben Hybrid-Strukturen ein aus unterschiedlichen Elementen zusammengesetztes Ganzes. Die Besonderheit liegt darin, dass die zusammengebrachten Elemente für sich allein betrachtet schon funktionierende Lösungen darstellen und durch ihre Verbindung neue, erwünschte positive Eigenschaften ergeben. Praktische Anschauungsbeispiele für solche Hybrid-Systeme gibt es in sehr unterschiedlichen Bereichen. Hybride Materialstrukturen aus Kunststoffen und metallischen Legierungen haben sich bereits im Automobilbau durchgesetzt und sind heute in der Flugzeugtechnik ebenso zu finden wie bei Gasturbinen. Jetzt setzen sie erstmals auch bei Axialventilatoren neue Maßstäbe. Hier können hybride Bauteile und Strukturen auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinende Materialeigenschaften miteinander vereinen, beispielsweise die hohe Festigkeit von einem metallischen Werkstoff mit der Leichtigkeit und Gestaltungsfreiheit von Kunststoffen, bei dem jeder Werkstoff entsprechend seiner Stärken eingesetzt wird und sich somit optimal ergänzt.
Der prinzipielle Aufbau der neuen HyBlade-Reihe zeigt Bild 1: Eine Trägerstruktur aus einer hochfesten, korrosionsbeständigen Aluminiumlegierung ist mit einem Mantel aus glasfaserverstärktem Kunststoff umspritzt. Der metallische Träger nimmt die mechanischen Kräfte im Betrieb auf und stellt eine dauerhafte Verbindung zum Rotor sicher. Der Kunststoff gibt der Schaufel eine nach strömungstechnischen Kriterien optimierte Form. Denn während man Blechteile lediglich stanzen, biegen und prägen kann, lassen sich bei Kunststoffen ohne Probleme dreidimensionale Profile formen. Dabei kann man auch die von der Flugzeugtechnik bekannten Winglets berücksichtigen. Sie reduzieren unerwünschte Luftströmungen zwischen umlaufender Schaufel und Wandring. Dadurch verbessern sich der Wirkungsgrad und das Geräuschverhalten. Außerdem trägt das gute Dämpfungsverhalten des Kunststoffs zur Geräuschreduzierung bei.
Energie- und Ressourceneinsparung
Insgesamt sind die mit den neuen HyBlades ausgestatteten Ventilatoren deutlich leiser als Modelle mit konventionellen Blechschaufeln. Gleichzeitig wirkt sich der Mantel aus Kunststoff positiv auf das Gesamtgewicht des Ventilators aus, besonders dort, wo bisher schwere monolithische Aludruckgussschaufeln eingesetzt sind. Dadurch sinkt auch der Kraftstoffverbrauch beim Transport der Ventilatoren zum Einsatzort.
Ein weiterer sehr wichtiger Umweltfaktor: Bei der Erzeugung des Rohmaterials Aluminium sowie die Weiterverarbeitung zum Fertigteil „Schaufel“ wird mit bisherigen Methoden deutlich mehr Primär- und Sekundärenergie aufgewendet. Der elektrische Energieeinsatz um 1 kg Primäraluminium zu erzeugen beläuft sich bereits auf ca. 15,4 kWh, hierbei ist der Brennstoffeinsatz noch nicht betrachtet. 1 kg Kunststoff hingegen benötigt nur ca. 1,8…1,9 kWh. Damit zeigt sich ganz deutlich, dass die vorgestellte Innovation dazu beiträgt, die Umweltbelastungen zu senken und den Primär- bzw. Sekundärenergieaufwand deutlich zu reduzieren.
Geprüft und für gut befunden
Die technischen Vorzüge der Hybridtechnik haben sich in Langzeittests bei den unterschiedlichsten Bedingungen bestätigt. Dazu gehörten beispielsweise Temperaturwechseltests (–40/+80 °C) ebenso wie Schockprüfungen oder Langzeittest unter realen Betriebsbedingungen, bei denen die HyBlades u.a. auch ihre UV-Beständigkeit bei extremer Sonneinstrahlung bewiesen haben. Auch Salzwasser bzw. salzhaltige Luft beeinträchtigt die neuen Hybridschaufeln nicht. Sie sind auch ohne Lackierung korrosionsbeständig. Und last but not least lassen sich bei der Formgebung der Schaufeln auch optische Aspekte berücksichtigen. Schließlich legen Entwickler und Anwender Wert auf ein attraktives, zukunftweisendes Design. Da sich die Neuentwicklung sowohl bei EC- als auch bei AC-Motoren nutzen lässt, werden zahlreiche Anwendungsbereiche von der höheren Luftleistung und der geringeren Geräuschentwicklung der Hybridschaufeln profitieren, nicht nur in der Kälte- und Klimatechnik, sondern auch in zahlreichen industriellen Bereichen.
Gunter Streng
Dipl.-Ing. (FH), Leitung Plattformentwicklung bei ebm-papst Mulfingen, http://www.hyblade.ebmpapst.com/de/
Ellen-Christine Reiff
M.A., Redaktionsbüro Stutensee