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Corona-RLT-Richtlinie

500 Millionen Euro für Corona-gerechte RLT

Kompakt Informieren
■ Am 20. Oktober 2020 ist die Richtlinie „Bundesförderung Corona-gerechte Um- und Aufrüstung von raumlufttechnischen Anlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten“ in Kraft getreten.
■ Gewährt werden finanzielle Zuschüsse von bis zu 40 % für die Um- und Aufrüstung von stationären, zentralen RLT-Anlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten. Zu den förderfähigen Maßnahmen gehören der Erwerb und Einbau von Filtertechnik mit Virenschutzfunktion und auch umfangreiche Umbaumaßnahmen.

 
Aktualisierungshinweis: Das BMWi hat mit der Bekanntmachung der Richtlinie für die Bundesförderung Corona-gerechte Um- und Aufrüstung von stationären raumlufttechnischen Anlagen vom 30. März 2021 das weiterhin vom BAFA administrierte Förderprogramm mit Wirkung vom 02. April 2021 neu ausgerichtet: mehr...

Am 25. August 2020 hatten die Koalitionsspitzen von CDU, CSU und SPD unter anderem ein Förderprogramm zur Corona-gerechten Umrüstung raumlufttechnischer Anlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten beschlossen. Begründet wurde dies im Ergebnispapier wie folgt: „Bei bisherigen Ausbruchsgeschehen ist wiederholt ein begünstigender Faktor gewesen, dass Klimaanlagen durch nicht ausreichend gefilterte Umluftrückführung in geschlossenen Räumen zum Infektionsgeschehen erheblich und auch über größere Entfernungen beigetragen haben.“

Einen Monat später hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier dem Bundeskabinett den Entwurf der Förderrichtlinie „Bundesförderung Corona-gerechte Um- und Aufrüstung von raumlufttechnischen Anlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten“ (Corona-RLT-Richtlinie) vorgelegt. Mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger ist sie am 20. Oktober 2020 in Kraft getreten und endet spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2021 (Download der Richtlinie aus dem Bundesanzeiger). Bei vorzeitiger Ausschöpfung der im Bundeshaushalt verfügbaren Haushaltsmittel ist jedoch eine frühere Beendigung der Laufzeit möglich.

In der Präambel der Corona-RLT-Richtlinie heißt es: „Der Hauptübertragungsweg für SARS-CoV-2 ist die respiratorische Aufnahme virushaltiger Flüssigkeitspartikel, die beim Atmen, Husten, Sprechen und Niesen entstehen. […] Ein effektiver Luftaustausch mit Frischluft oder entsprechend gefilterter Luft kann die Aerosolkonzentration in einem Raum enorm vermindern. Der Einsatz von adäquat ausgestatteten raumlufttechnischen Anlagen kann daher grundsätzlich zur Reduzierung von infektiösen Aerosolen beitragen, sofern sie sachgerecht unter Berücksichtigung aller Hygiene- und Sicherheitsaspekte eingesetzt werden.“

Gesamtvolumen von 1,25 Mrd. Euro

Die Förderung über die Corona-RLT-Richtlinie beträgt bis zu 40 % der förderfähigen Ausgaben, sofern die Bagatellgrenzen überschritten werden. Mit dem Programmtopf ist also bei vollständiger Ausschöpfung ein Investitions- und Umbauvolumen inklusive der Eigenanteile von 1,25 Mrd. Euro verknüpft.

Förderfähig sind nur Maßnahmen, mit denen zum Zeitpunkt der Bewilligung noch nicht begonnen worden ist. Als Vorhabenbeginn gilt der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- und Leistungsvertrags.

Der Zeitraum, innerhalb dessen die nach der Corona-RLT-Richtlinie geförderten Maßnahmen betriebsbereit umgesetzt werden sollen (Bewilligungszeitraum), beträgt vier bzw. zwölf Monate (bei Umbauten an der RLT-Anlage) und kann vor Ablauf der Umsetzungsfrist auf Antrag mit einer plausiblen Begründung verlängert werden.

Der Begriff RLT-Anlage wird im Sinne der Förderrichtlinie als der übergeordnete Sammelbegriff für alle förderfähigen Anlagen – also ausschließlich zentrale, das ganze Gebäude oder einzelne Etagen mit Luft versorgende Anlagen einschließlich Klimaanlagen – verwendet.

Adressaten und Voraussetzungen

Antragsberechtigt sind Länder und Kommunen sowie solche durch Beteiligung oder sonstige Weise zu mindestens 50 % vom Bund, von Ländern oder Kommunen finanzierte Unternehmen, institutionelle Zuwendungsempfänger, Hochschulen und Träger öffentlicher Einrichtungen. Nicht antragsberechtigt ist der Bund. Gefördert werden Maßnahmen, die auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt werden.

Gegenstand der Förderung

Gefördert werden Investitionen

● in die Um- oder Aufrüstung bestehender RLT-Anlagen,
● mit konstantem Volumenstrom oder variablem Volumenstrom, sowohl mit als auch ohne Raumkühlsystemen (z. B. Kühldecken, Kühlsegel, Bauteilaktivierung),
● für Räume, in denen regelmäßig größere Personenansammlungen, d. h. Versammlungen mit entsprechender Belegungsdichte und Nutzungsdauer des Raumes, stattfinden und die bei Antragstellung in geeigneter Weise nachgewiesen werden.

Die RLT-Anlage muss für diese Räume einen Regelvolumenstrom von mindestens 1500 m3/h aufweisen.

Förderfähige Maßnahmen

Gefördert werden, unter Einhaltung der technischen Mindestanforderungen des Technischen Merkblatts zu der Richtlinie (siehe www.bafa.de), alle für die nachfolgend genannten Maßnahmen an bestehenden stationären, zentralen RLT-Anlagen unmittelbar notwendigen Investitionen.

Achtung: Die Richtlinie ermächtigt das BAFA, in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), in dem Technischen Merkblatt [auch] andere geeignete Maßnahmen festzulegen.

Filterumbau und -wechsel

Zu den geförderten Filtermaßnahmen gehören der Filterumbau oder Filterwechsel, z. B. durch Austausch von Feinstaubfiltern der Klasse F7 mit Filtern der Klassen ISO ePM1 70 % oder ISO ePM1 80 % sowie die Aufrüstung mit Schwebstofffiltern (HEPA – H13 oder H14) in Umluft- oder Sekundärluftsystemen, sofern dies technisch in bestehenden Anlagen möglich ist. Es gilt eine Bagatellgrenze von 2000 Euro. Laut BAFA ist der Erwerb von bis zu drei vollständigen Filtersätzen förderfähig.

Erhöhung des Frischluftanteils

Zu den geförderten Maßnahmen zur Erhöhung des Frischluftanteils gehören Maßnahmen zur Umluftvermeidung bzw. -reduzierung und zur Erhöhung des Außen- bzw. Frischluftanteils (Außenluftzufuhr) – inklusive Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Nutzungsanforderungen an den Raum (z. B. Innenraumtemperatur), das sind insbesondere technische Anlagen zur Rückgewinnung von Wärme aus dem Abluftstrom – bei Erhöhung des Außen- bzw. Frischluftanteils. Es gilt eine Bagatellgrenze von 2000 Euro.

Umbauten an der RLT-Anlage

● Umbauten an der RLT-Anlage durch Zubau infektionsschutzgerechter Filterstufen;
● Einbau von Steuerung und Regelung für den bedarfsgerechten Betrieb der RLT-Anlage insbesondere mit CO2-Sensoren;
● Erstellung eines Konzepts für die infektionsschutzgerechte Lüftung mittels der umzubauenden RLT-Anlage.

Bei den Umbauten an RLT-Anlagen gilt eine Bagatellgrenze von 15 000 Euro.

Förderfähige Begleitmaßnahmen

Im Zusammenhang mit den geförderten Maßnahmen sind diverse Begleitmaßnahmen – unter Einhaltung der technischen Mindestanforderungen („Technisches Merkblatt“) förderfähig:

● bauliche Maßnahmen, wie Decken- und Wanddurchbrüche;
● Ergänzung von Lüftungskanalstücken;
● Ergänzung von Reinigungs- und Revisionsöffnungen;
● Anpassungen an der vorhandenen Steuerung und Regelung der RLT-Anlage;
● Anpassungen der Motoren- und Ventilatorleistungen;
● Ergänzung technischer Anlagen zur Luftentfeuchtung;
● thermische Dämmung, insbesondere zur Vermeidung von Kondensat- oder Tauwasserbildung;
● Schalldämpfer und Wetterschutzgitter;
● Beratungs- und Planungsleistungen;
● Baubegleitung und Bauleitung;
● Ersatz von RLT-Zentralgeräten im Zusammenhang mit einer Erhöhung des Luftvolumenstroms, sofern für die Umsetzung notwendiger Begleitmaßnahmen erforderlich;
● Hygienemanagement (nach Corona-RLT-Richtlinie Nr. 8.2);
● Erstellung der geforderten Nachweise (Fachunternehmererklärung nach Corona-RLT-Richtlinie Nr. 9).

Nicht Gegenstand der Förderung

Explizit nicht gefördert werden die Neuanschaffung kompletter RLT-Anlagen, die Erweiterung bestehender RLT-Anlagen um nicht infektionsschutzrelevante Komponenten oder um bislang nicht in vorhandene RLT-Anlagen eingebundene Räume sowie Maßnahmen zur Instandhaltung oder -setzung bestehender RLT-Anlagen. Ebenfalls von der Förderung ausgeschlossen sind „instationäre, tragbare und mobile RLT-Anlagen“.  

Weitere Infos auf www.bafa.de

Gleichverteilung ist unwahrscheinlich

Entgegen dem Förderziel der Richtlinie „Anreize für Investitionen in die möglichst kurzfristige Um- und Aufrüstung stationärer RLT-Anlagen in Gebäuden und Versammlungsstätten von Ländern, Kommunen und Trägern […] zu setzen, um das Infektionsrisiko ausgehend von ­potenziell virusbeladenen Aerosolen durch unzureichende Lüftung in geschlossenen Räumen zu senken“ kann sich der Investitionszeitraum also durchaus bis Ende 2022, also auf 26 Monate erstrecken. Im Mittel müssten dann 48 Mio. Euro pro Monat investiert werden.

Insgesamt soll mit dem Förderprogramm die Um- und Aufrüstung von bis zu 10 000 RLT-Anlagen gefördert werden. Ebenfalls gleichverteilt auf 26 Monate wären das 384 Anlagen pro Monat. Die durchschnittliche Förderhöhe würde mit dem Ziel bei 50 000 Euro pro RLT-Anlage liegen, die Förderung ist auf 100 000 Euro pro RLT-Anlage begrenzt.

Bleibt man bei dem Förderziel von 10 000 RLT-Anlagen und nimmt eine regional gleichmäßige Verteilung an, könnte man über den Fördertopf pro 8310 Bundesbürger eine RLT-Anlage Corona-gerecht um- oder aufrüsten. Da die Zuwendungsbescheide in der Reihenfolge des Eingangs der vollständigen Anträge erteilt werden (Windhundeverfahren) ist allerdings eher nicht damit zu rechnen, dass eine gleichmäßige Verteilung des Fördertopfs erfolgt, sondern vermehr dort hinfließt, wo der Verwaltung personell und wegen des Eigenanteils auch finanziell gut ausgestattet ist. Dienstleister, die von der Corona-RLT-Richtlinie partizipieren wollen, sollten also prüfen, ob sie von sich aus Projekte initiieren können.

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es nach dem amtlichen Gemeindeverzeichnis des Statistischen Bundesamts derzeit 294 Kreise bzw. Landkreise und 107 kreisfreie Städte bzw. Stadtkreise. Nach Einwohneranzahl ist die Kreisfreie Stadt Zweibrücken mit 34 193 Einwohnern der kleinste Kreis, mit der oben errechneten Pro-Kopf-Verteilung wären das 4,2 RLT-Anlagen. Aufgrund der anzunehmenden Infrastruktur dürften in Kreisen mit geringer Einwohnerzahl jedoch tendenziell mehr potenzielle Projekte unter die Bagatellgrenze fallen. Der größte Kreis ist die Kreisfreie Stadt Berlin mit 3,67 Mio. Einwohnern, gleichverteilt wären hier 442 der 10 000 RLT-Anlagen zu verorten. Jochen Vorländer