Mit seiner Tauchgondel hat Erfinder Andreas Wulff eine Möglichkeit geschaffen, ohne Taucherausrüstung aus nächster Nähe einen Blick auf den Meeresgrund zu werfen. Es handelt sich um eine Stahlkonstruktion mit 6 cm dicken Glasscheiben, die bis zu 20 m Wassertiefe dem Druck standhalten. Die Tauchgondel wird von kräftigen Elektromotoren gegen den Auftrieb heruntergedrückt. Damit die Kabine senkrecht geführt wird, ist sie um einen Stahlpfeiler herum gebaut, der sie millimetergenau führt.
Solch eine Tauchgondel könnte an vielen Orten Einsatz finden: im Roten Meer oder im Mittelmeer, in einem Korallenriff etc. Doch auch in Zinnowitz auf der Ostseeinsel Usedom ist sie eine Attraktion. Der dort installierte Prototyp ging im vergangenen Jahr in Betrieb und konnte binnen eines Jahres etwa 35000 Gäste anlocken, den 35-minütigen Ausflug unter den Meeresspiegel mitzumachen.
Rahmenbedingungen für die Tauchgondel waren zunächst die Druckstabilität und eine große Fensterfläche. Doch auch an den Komfort der Besucher hat Wulff gedacht: Die Gäste finden auf bequemen Sitzen Platz und können dort die Filmvorführung genießen und ungehindert einen Blick ins Wasser werfen. „Weil in einer abgeschlossenen Kabine unter Wasser ein Gefühl von Enge entstehen könnte, war außerdem die Zufuhr guter Luft wichtig“, erklärt Wulff.
Geeignet für Inselwetter
Damit die maximal 25 Besucher und zwei Besatzungsmitglieder von Wulff Freizeitanlagenbetrieb genügend Luft bekommen, sah das Ingenieurbüro Schmidt in Neu Kosenow einen Luftwechsel von 40 m3/(h Pers) vor, also insgesamt etwa 1000 m3/h. Das bietet genügend Sauerstoff und zugleich wird Feuchtigkeit aus der Kabine getragen, denn bei Regenwetter würde es aufgrund der nassen Kleidung der Besucher sonst ungemütlich klamm werden.
Die Luftzufuhr stellt ein Flachgerät aus der Zentrallüftungsserie GEA CAIRpicco von GEA Happel Klimatechnik, Herne, sicher. Mit etwa 40 × 65 × 190 cm ist es sehr schlank und kompakt und dennoch ausreichend groß, dass die Luft bei Volllast mit nicht einmal 1,5 m/s durch den lichten Querschnitt strömt. Das sorgt für einen energieeffizienten und leisen Betrieb; der Motor des Ventilators kann mit etwa 1000 min-1 den nötigen Druck aufbauen. Das Lüftungsgerät ist im oberen Teil der Gondel installiert, der immer über dem Wasserspiegel bleibt. Dort sind neben dem Lüftungsgerät auch andere technische Einrichtungen untergebracht.
50 Tonnen Auftrieb
Aber nicht nur geringe Abmessungen und ein kostengünstiger Betrieb gehörten zu den Auslegungskriterien. „Damit das Zentrallüftungsgerät der salzhaltigen Meeresluft widersteht, bestehen die inneren Gehäusekomponenten aus verzinktem Stahlblech mit einer zusätzlichen Beschichtung“, erklärt Michael Urig, Innendienstmitarbeiter im Vertriebsbüro Region Nord von GEA Happel Klimatechnik. In dieser Hinsicht ähnelt es Entfeuchtungsgeräten, wie sie in Schwimmhallen eingesetzt werden. Zudem verfügt das waagerecht an einer Wand montierte Gerät über einen Spritzwasserschutz. Die Luft strömt horizontal durch das Gerät und gelangt über eine zentrale Öffnung in die Kabine. Zuvor wird die frische Luft – wie es für Versammlungsstätten vorgeschrieben ist – über einen F7-Filter geführt. Verbrauchte Luft entweicht über Schlitze in den Doppelboden der Tauchgondel und durch ein platzsparendes Kanalsystem nach außen.
„Die kompakte Bauweise der Kabine ließ uns keinen Raum für großzügige und ästhetische Quellauslässe“, berichtet Planer Detlef Schmidt vom Ingenieurbüro Schmidt. Betreiber Wulff erklärt, warum das Platzsparen so wesentlich ist: „Bei der Wassertiefe von bis zu vier Metern, wie es bei der Tauchgondel Zinnowitz der Fall ist, führt jeder Kubikmeter mehr zu einer Tonne zusätzlichem Auftrieb.“ Das würde die Leistung der Elektromotoren unnötig in die Höhe treiben. Schon jetzt müssen die zwei 22-kW-Motoren einen Auftrieb von etwa 50 t überwinden.
Leichter Luftzug erwünscht
Die Art der umgesetzten Luftführung wäre für normale Räume nicht gut geeignet, weil dort ein möglichst unmerkliches Lüften Ziel ist. Hier hat es aber durchaus sein Gutes: Die Gäste spüren den leichten Luftzug, ohne dass er unangenehm wäre. „Der Lufthauch nimmt den Besuchern das Gefühl, eingesperrt zu sein.“ Für Behaglichkeit an kühleren Tagen sorgt eine Elektroheizung, die bis zu 12 kW Heizleistung bietet. Dank ihr kann die Tauchgondel auch in der Weihnachtssaison betrieben werden. Doch nicht nur im Winter ist die Heizung nötig. „Man darf nicht vergessen, dass die Kabine sich ja großenteils unter Wasser befindet und die Ostsee im Jahresmittel relativ kühl ist“, sagt Wulff. Gerade die morgendlichen Besucher frören dann in der Kabine, wenn die Elektroheizung sie nicht auf etwa 20 °C temperieren würde.
Für sein nächstes Tauchgondel-Projekt erwägt Wulff, die Lüftungsanlage auch mit einem Kühlregister auszustatten, damit im Sommer kein Hitzestau entstehen kann. Denn die bis zu 27 Personen verursachen eine Kühllast von etwa 1,6 kW. Die Wärme ist über die Lüftung alleine kaum abzuführen, wenn die Wasser- und Lufttemperaturen höher liegen als in Zinnowitz. Wulff: „Wir wollen ja auch für die Mittelmeerregion eine Lösung bieten.“ Ralf Dunker, München