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Michael Meister über die künftige Rollenverteilung bei der MSR-Technik für HLK-Anlagen

„Zentrale Regelintelligenz durch dezentrale ergänzen“

Kompakt informieren

Dezentrale Regler, wie sie beispielsweise für Lüftungsgeräte angeboten werden, machen die Gebäudeleittechnik nicht überflüssig, verlagern aber Regelungsaufgaben in die Feldebene, wo sie besser und kostengünstiger erledigt werden können.

Gerätespezifische dezentrale Regler sind auf die ­Geräte optimal abgestimmt und können so dazu beitragen, die Energiekosten noch weiter zu senken.

Offene Kommunikationsstandards auf Feldebene bieten Investoren und Betreibern langfristig mehr Freiheit bei der Auswahl der Komponenten – etwa der Bediengeräte oder Sensoren – und erleichtern es, Flächen später anders aufzuteilen oder für eine andere Nutzung vorzubereiten.

TGA: Herr Meister, LTG bietet neben dezentralen Lüftungsgeräten auch die passende, dezentrale Regelungstechnik an. Was war der Auslöser?

Meister: Wir haben vor einigen Jahren eine neue Serie dezentraler Lüftungsgeräte auf den Markt gebracht, die Fassadenlüftungsgeräte FVPpulse, und bei der ersten Installation festgestellt, dass die für die gerätespezifische Regelung notwendige Abstimmung mit der MSR-Firma nicht so einfach zu realisieren war wie gedacht.

Das gab den Anstoß, eine eigene Regelung zu entwickeln, die wichtige Aufgaben auf Feld­ebene abarbeitet und so Installation und Inbetriebnahme vereinfacht. Herausgekommen ist unser System „Connected Intelligence“. Es heißt so, weil unsere „dezentrale Intelligenz“ in jedem Gerät verbaut und über Busleitungen untereinander verbunden ist.

Bild 2: Das Fassaden­lüftungsgerät FVPpulse wechselt zyklisch zwischen Zu- und Abluftbetrieb. Vorteile des Prinzips: Hohe Luftfördervolumina trotz des kleinen Gehäuses, effektive ­Wärmerückgewinnung über einen Regenerator inklusive Vereisungsschutz, nur eine statt zwei ­Fassadenöffnungen und die Möglichkeit, Bürogebäude instationär zu lüften. Einzigartig erfolgt die Umschaltung über ein Klappensystem und nicht den Ventilator. Aber auch viele andere RLT-Geräte bieten spezifische Funktionen und Eigenschaften, deren Programmierung in einer GLT nicht sinnvoll ist.

Bild: LTG Aktiengesellschaft

Bild 2: Das Fassaden­lüftungsgerät FVPpulse wechselt zyklisch zwischen Zu- und Abluftbetrieb. Vorteile des Prinzips: Hohe Luftfördervolumina trotz des kleinen Gehäuses, effektive ­Wärmerückgewinnung über einen Regenerator inklusive Vereisungsschutz, nur eine statt zwei ­Fassadenöffnungen und die Möglichkeit, Bürogebäude instationär zu lüften. Einzigartig erfolgt die Umschaltung über ein Klappensystem und nicht den Ventilator. Aber auch viele andere RLT-Geräte bieten spezifische Funktionen und Eigenschaften, deren Programmierung in einer GLT nicht sinnvoll ist.

TGA: Auch andere Hersteller rüsten immer mehr Geräte mit integrierten Reglern aus. Es scheint fast, als würde die zentrale Gebäudeleittechnik (GLT) dadurch an Bedeutung verlieren …

Meister: Nein, das glaube ich nicht. Es ist zwar so, dass bei einer dezentralen Lösung viele ­Regelungsaufgaben auf der Feldebene durchgeführt werden können. Aber es gibt weiterhin etliche Aufgaben, für die eine zentrale GLT geradezu prädestiniert ist. Zum Beispiel für die Steuerung von Verschattungssystemen, das Lichtmanagement und für übergeordnete Regelungsprozesse beim Heizen, Lüften und Klimatisieren ist die GLT nach wie vor unentbehrlich.

Eine GLT kann nicht nur verschiedene Systeme koordinieren, sondern auch Aufgaben ausführen, die auf Feldebene nicht oder nur äußerst kompliziert umzusetzen sind, etwa ein prädiktives Regeln von Heizung, Klima und Lüftung – eine meiner Meinung nach noch viel zu selten genutzte Möglichkeit zum Energiesparen.

TGA: An was denken Sie beim Stichwort prädiktive Regelung?

Meister: Beispielsweise an die Steuerung von Heizungs- und Klimasystemen unter Berücksichtigung lokaler Wettervorhersagen. Wenn man weiß, dass einem kühlen Wintertag ein sehr sonnenreicher folgt, kann die Heizung in den Morgenstunden mit geringerer Leistung arbeiten als am Vortag. Das ist vor allem bei Systemen mit einer großen Reaktionsträgheit wie einer Betonkernaktivierung von Vorteil und bewirkt neben der Energieeinsparung auch einen Komfortgewinn, weil – um beim Beispiel des sonnigen Wintertages zu bleiben – sich so ein Überheizen der Räume vermeiden lässt.

Dasselbe gilt natürlich umgekehrt für die Klimatisierung im Sommer, wo ich durch die Nachtauskühlung „vorarbeiten“ und so Klimakälte am Folgetag sparen kann. Ein weiteres Beispiel ist die prädiktive Regelung bei einem Einkaufszentrum, bei dem neben Wettervorhersagen Prognosen für die Besucherzahlen einfließen. Bei der Einsatzplanung von Mitarbeitern ist dies Standard. Überträgt man es auf die Gebäudetechnik, lassen sich innere Lasten besser berücksichtigen und der Ressourcenverbrauch kann verringert werden.

TGA: Sie sagten, es gibt Regelungsaufgaben, die auf der Feldebene erledigt werden können. Welche technischen Vorteile ergeben sich dann?

Meister: In der Tat bietet eine geräteinterne Regelung gleich mehrere Vorteile:

Erstens kann der Hersteller seine Regelung perfekt auf das Gerät abstimmen, sodass den Anwendern das volle Potenzial zur Verfügung steht. Um eine ähnlich gut arbeitende Regelung in der GLT umzusetzen, ist entsprechender Programmierungsaufwand und die Kenntnis des Geräts mit all seinen Kennlinien und Merkmalen erforderlich.

Zweitens wird durch dezentrale Regler die Gefahr gebannt, dass versehentlich Informationen verloren gehen. Signale, die gar nicht erst zur GLT übermittelt werden müssen, können bei der Verkabelung und GLT-Programmierung auch nicht vergessen werden.

Und drittens eröffnet die dezentrale Regelung Kostenvorteile für die MSR-Technik.

TGA: Wie verringern dezentrale Regler die MSR-Kosten? Man könnte annehmen, dass die Vielzahl dezentraler Regler die Kosten eher in die Höhe treibt.

Meister: Die Geräte an sich werden durch die zugehörigen Regler natürlich etwas teurer, aber wenn Sie das Gesamtsystem betrachten, sieht das ganz anders aus. Sie brauchen nicht für jeden Sensor oder Aktor einen A/D- bzw. D/A-Wandler, Sie haben einen deutlich kleineren Verkabelungsaufwand und Sie sparen je nach Projektgröße viel Stunden oder Tage an Programmierarbeit – weil Sie die fertigen, optimierten Regelungsalgorithmen in den Gerätereglern nutzen können.

Außerdem verringert sich die Zahl der möglichen Fehlerquellen, was die Inbetriebnahme vereinfacht. Ich hatte ja eben schon auf „vergessene“ Informationen – zum Beispiel eine fehlende Anbindung eines Sensors oder Aktors – angespielt. Durch die Regelintelligenz im Gerät müssen nicht mehr alle Sensoren und Aktoren direkt angesteuert werden, da es ausreicht, die Betriebsarten und Sollzustände zu übermitteln. Die Geräte können sich dann selbst die geforderten Signale generieren bzw. auswerten.

TGA: Wie hoch schätzen Sie das Einsparpotenzial durch dezentrale Regler?

Meister: Beim Einsatz unseres Systems Connected Intelligence mit unseren dezen­tralen Fassadenlüftungsgeräten gehen wir davon aus, dass sich die auf die Lüftungs­technik bezogenen MSR-Kosten gegenüber einem GLT-gesteuerten System ungefähr halbieren lassen.

Denn man muss außer dem Hardware­aufwand ja auch die Zeit für die Installation, ­Inbetriebnahme und die Programmierarbeiten mitberücksichtigt, da kommt man schnell auf rund 200 Euro Kosten pro angebundenem Datenpunkt.

Außerdem sparen Betreiber auch später, denn die gerätespezifisch ausgelegte Regelung kann meist präziser regeln und so einen energiesparenderen Betrieb ermöglichen. Eine Bedarfslüftung, die anhand der Raumluft-
qualität die optimale Luftzufuhr und Temperierung vornimmt, ist durch dezentrale Anlagen mit dezentralen Reglern auch erheblich ein­facher umsetzbar und liefert einen Beitrag zum Energiesparen.

Bild 3: Die dezentrale Regelung mit „Connected Intelligence“ spart Kosten und Zeit, verringert den Verkabelungsaufwand und verringert Fehlerquellen bei der Inbetriebnahme, im Betrieb und bei der Umnutzung.

Bild: LTG Aktiengesellschaft

Bild 3: Die dezentrale Regelung mit „Connected Intelligence“ spart Kosten und Zeit, verringert den Verkabelungsaufwand und verringert Fehlerquellen bei der Inbetriebnahme, im Betrieb und bei der Umnutzung.

TGA: Das klingt so, als wenn es doch sinnvoll sein kann, die Lüftung gar nicht mehr an die GLT anzubinden und ganz den dezentralen Reglern zu überlassen.

Meister: In Ausnahmefällen kann das durchaus sinnvoll sein, vor allem bei sehr kleinen Systemen, etwa wenn ein Besprechungsraum oder eine Arztpraxis in einem Objekt ohne GLT mit Fassadenlüftungsgeräten ausgerüstet würde. Hier ließe sich die Regelung im Inselbetrieb nutzen und der Investor braucht sich für die kleine Anlage keine GLT anzuschaffen.

Bei einem typischen, modernen Bürogebäude hat das Einbeziehen der GLT durchaus Sinn. Wie gesagt, können übergreifende Aufgaben besser zentral erledigt werden oder die dezentralen Geräte können ihre Status- und eventuelle Störungsmeldungen an die GLT senden. Dazu ist aber kein so hoher Verkabelungsaufwand erforderlich, diese Signale lassen sich alle über ein Bussystem befördern und es muss pro Regelzone bzw. Geräteverbund nur einen Datenpunkt an die GLT angebunden werden.

TGA: Apropos Bussysteme: Oft ist die Anbindung dezentraler Regler an die GLT möglich, aber die dezentralen Regler selbst sind nicht systemoffen. Ist das LTG-System offen?

Meister: Ja, wir haben uns bewusst für ein offenes System entschieden, das mit gängigen Bussystemen kompatibel ist und bei dem das Andocken von Sensoren und Aktoren an die Regelung leicht möglich ist. Dadurch haben Planer, Investoren und Nutzer mehr Freiheiten. Denken Sie zum Beispiel an Architekten, die unsere Fassadenlüftungsgeräte befürworten, weil sie im Gebäude Raum für Lüftungskanäle sparen, also die nutzbare Fläche erhöhen können.

Architekten möchten aber nicht nur den Nutzen des Gebäudes maximieren, sie möchten auch eine ästhetische Lösung. Das heißt, dass sie die Bediengeräte vielleicht nach technischen und nach optischen Kriterien auswählen. Da bietet ein offenes System deutlich mehr Wahlfreiheit als ein proprietäres, bei dem sich die Auswahl an Bediengeräten auf das Angebot des jeweiligen Herstellers beschränkt.

Ein anderes Beispiel ist die Flexibilität bei Umbau und Erweiterung. Angenommen, ein Großraumbüro mit vielen Fassadenlüftungsgeräten wird in mehrere kleinere Büroräume aufgeteilt. Bei dezentralen Fassadengeräten ist das leicht möglich, solange jedes Büro mindestens ein Gerät hat. Es steigt aber die Anzahl der Regelzonen stark an, es werden mehr Bediengeräte und CO2-Sensoren benötigt.

Bei unserem offenen System können sie die passenden Komponenten leicht beschaffen und direkt an die Regler anschließen. Es ist sogar möglich, Sensoren einer anderen Reglungszone aufzuschalten, um das Signal über den Bus bis in die GLT weiterzureichen. Eine „Umwidmung“ einer Fläche, wie ich sie zuvor beschrieben habe, wäre übrigens mit einer Regelung über die Gebäudeleittechnik erheblich schwieriger umzusetzen.

TGA: Wenn Sie es auf den Punkt bringen müssten: Wie sieht künftig die Aufgabenaufteilung von GLT und dezentralen Regelungssystemen aus?

Meister: Dezentrale Regler werden für gerätespezifische Regelungsaufgaben eine wichtige Rolle spielen und die zentrale Gebäudeleittechnik entlasten, was Kostenvorteile schafft. Die GLT wiederum wird in Zukunft noch wichtiger sein, um die Technik gewerkeübergreifend zu managen und dadurch einen noch ressourcenschonenderen Betrieb zu ermöglichen.

Herr Meister, vielen Dank für das Gespräch.

Bild 4: Installation und Anbindung von FVPpulse-Fassaden­lüftungsgeräten in ­einem Bürogebäude mit Doppelboden.

Bild: LTG Aktiengesellschaft

Bild 4: Installation und Anbindung von FVPpulse-Fassaden­lüftungsgeräten in ­einem Bürogebäude mit Doppelboden.

Kontakt zum Anbieter

LTG Aktiengesellschaft
70435 Stuttgart
Telefon (07 11) 8 20 10

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