Der Zusammenhang zwischen Luftfeuchte in Innenräumen und Ansteckungsgefahr wurde in wissenschaftlichen Studien erwiesen. Sie bestätigen, dass die Infektiosität der Influenzaviren sinkt, je feuchter die Luft ist. So reduziert sich bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von mehr als 40 % die Infektiosität des Grippevirus in der Luft innerhalb einer Stunde um rund drei Viertel. Demgegenüber steigt die Zahl der Grippeviren bei niedriger Feuchte, wie sie in der Heizperiode vorhanden ist, dramatisch an.
Studie unter weitgehend realitätsnahen Bedingungen
Eine Studie des National Institute for Occupational Safety and Health (NIOSH) in den USA wurde 2013 unter weitgehend realitätsnahen Bedingungen in einem Innenraum mit zwei Modellpuppen durchgeführt, die in 2 m Abstand voneinander platziert wurden. Während die eine Puppe ähnlich wie bei einem Husten ein Luft-Viren-Gemisch ausstieß, wurde bei der anderen Puppe ein Einatmen simuliert. Dabei zeigte sich, dass bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 43 % die Infektiosität des Grippevirus in einer Stunde auf rund ein Viertel (15 bis 22 %) sank. Bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 23 % dagegen waren die Virenpartikel nach einer Stunde noch zu rund drei Vierteln (71 bis 77 %) ansteckend. Der größte Rückgang der Infektiosität wurde innerhalb der ersten 15 Minuten verzeichnet. In Anbetracht der Ergebnisse plädieren die Autoren der Studie dafür, die Luftfeuchtigkeit als Risiko für die Übertragung von Grippeviren in medizinischen Einrichtungen stärker in Augenschein zu nehmen und schon während der Planung von entsprechenden Gebäuden besser zu berücksichtigen.
Raumlufttechnik schützt vor Ansteckungsgefahren
Ein regelmäßiger Luftaustausch, eine angemessene Frischluftversorgung und eine nicht zu niedrige Luftfeuchtigkeit in Innenräumen bieten also einen wirksamen Schutz vor Viren und anderen luftgetragenen Krankheitserregern. Wenn belastete Raumluft durch Frischluft ausgetauscht wird, reduziert sich die gesundheitsgefährdende Erregerdichte auf ein gesundheitlich unbedenkliches Maß. So sorgen raumlufttechnische Anlagen und Luftbefeuchter auf hygienische Weise für eine optimale Luftfeuchtigkeit und ein gesundes, wohltuendes Raumklima. „In klimatisierten Räumen mit einem möglichst hohen Außenluftanteil und einer angemessenen Luftfeuchte sind die Menschen vor Ansteckungsgefahren gut geschützt“, fasst Professor Dr. Christoph Kaup, Vorsitzender des FGK, die Vorteile der modernen Klima- und Lüftungstechnik in Büros und Privathaushalten zusammen.
Hintergrund:
Beim Husten, Sprechen und bei der bloßen Atmung geben wir kleinste Schleim- und Speichel-Tröpfchen in die deutlich trockenere Raumluft ab. Die größten und schwersten Tröpfchen fallen nach kurzer Flugzeit auf Oberflächen, die kleinsten Tröpfchen schweben stundenlang und werden mit den Luftströmungen im gesamten Gebäude verteilt. Die infektiösen Tröpfchen aus den feuchten Atemwegen durchlaufen bei der thermodynamischen Anpassung an die trockene Raumluft einen Verdunstungsprozess, sie „verdampfen“ förmlich in der Raumluft. Ihr Endzustand und das Schicksal der suspendierten Mikroben hängen wesentlich von der relativen Raumluftfeuchtigkeit ab.
Bakterien und Viren werden im mittleren Feuchtebereich zwischen 40 und 60 % innerhalb weniger Minuten inaktiviert. Bei höherer Luftfeuchtigkeit und bei Feuchtigkeit unterhalb von 40 % überleben Viren und Bakterien stundenlang, vermutlich sogar tagelang und länger. Bei mittlerer Raumluftfeuchte verlieren die Aerosol-Tröpfchen innerhalb weniger Sekunden mehr als 90 % ihres Volumens und schrumpfen auf die Hälfte ihres ursprünglichen Durchmessers. Der Wasserverlust führt dazu, dass die Konzentration von Salzen, Eiweißen und anderen in Schleim und Speichel enthaltenen Aerosolbestandteilen stark ansteigt. Im Feuchtebereich von 40 bis 60 % erreicht der Konzentrationsprozess sein Maximum. Die rund 13-fach konzentrierten Aerosolbestandteile inaktivieren die enthaltenen Viren und Bakterien.
Liegt jedoch die Wasserdampfsättigung der Luft unterhalb von rund 40 %, trocknen die Aerosole vollständig aus. In den trockenen Substanzen sind die Viren und Bakterien eingelagert, sozusagen konserviert und bleiben infektiös. Werden die vertrockneten, stark hygroskopischen Aerosole eingeatmet, nehmen sie in den feuchten Atemwegen erneut Wasser auf. Die ausgetrockneten Substanzen gehen in Lösung und die Erreger können einen erneuten Infektionsprozess starten. Die luftgetragene (aerogene) Übertragung ist damit erfolgreich abgeschlossen. (Quelle: Dr. med. Walter Hugentobler, GEB 04-2017, Grippe-Alarm! Draußen zu kalt? Nein, drinnen zu trocken). ■