Kompakt informieren
- Mit der VDI-Richtlinie 2089 können die auf unterschiedliche Gerätekonzepte bezogenen Betriebskosten lüftungstechnischer Anlagen in Schwimmhallen mit geringem Aufwand berechnet werden.
- Schwimmhallen-Klimageräte mit integrierter Wärmepumpe erzielen durch die Wärmerückgewinnung aus dem zu entfeuchtenden Wassermassenstrom eine Wärmegutschrift, mit der sich die Energiekosten signifikant senken lassen.
- Durch die einfache Vergleichbarkeit der Gerätetechnik ist für TGA-Planer die Entscheidungsvorbereitung auf Basis der Gesamtkosten quasi zum Pflichtprogramm geworden.
Die Dimensionierung, Auswahl und energetische Betrachtung lüftungstechnischer Anlagen in Schwimmbädern erfolgt anhand der VDI 2089 Blatt 1 [1] und Blatt 2 [2]. Mit der vereinfachten Vorausberechnung der Betriebskosten für unterschiedliche Gerätekonzepte kann die Auswahl auf Basis der Gesamtkosten während der Nutzungsphase erfolgen Abb. 1.
Mit der Überarbeitung der VDI 2089 Blatt 1 wurden die Grundlagen zur Bestimmung des zu entfeuchtenden Wassermassenstroms neu definiert. Das zuvor von empirisch ermittelten Werten abhängige Berechnungsverfahren wurde durch Gleichungen ersetzt, die auf den Gesetzen zum Stoffübergang an ebenen Trennflächen aufsetzen. Der neue Rechenweg beschreibt somit die physikalischen Abläufe an der Wasseroberfläche am Übergang zur Dampfschicht – wobei die komplexe Mathematik an die Anforderungen im Schwimmbad praxistauglich angepasst wurde (Gleichung A).
Zur Berechnung des zu entfeuchtenden Wassermassenstroms wird anstelle des früher verwendeten Verdunstungsbeiwerts ε [kg/h] der Wasserübergangskoeffizient β [m/h] verwendet, wodurch eine differenzierte Betrachtung von Ruhe- und Badebetrieb gegeben ist. Die Wasserübergangskoeffizienten stehen nicht mehr für verschiedene Charaktere von Schwimmbädern (wie zuvor die Verdunstungsbeiwerte), sondern zeigen die Abhängigkeiten zwischen der Verdunstung an der Wasseroberfläche und der Wassertiefe auf. Somit gibt es auch keine Unterscheidung mehr zwischen Hallen- und Freizeitbädern, vielmehr trennt allein die Wassertiefe das klassische Schwimmerbecken vom Nichtschwimmerbecken. Für private Bäder wurde der Koeffizient etwas niedriger angesetzt, um der geringen Nutzungsintensität gerecht zu werden. Neu hinzugekommen ist ein β-Wert für die Berechnung von Becken mit bedeckter Oberfläche. Dieser beträgt 10 % der Ruheverdunstung und berücksichtigt, dass auch bei einer Abdeckung immer noch eine geringe Verdunstung auftritt – etwa an Dichtungen oder Überlaufrinnen.
Berücksichtigung von Attraktionen
Als zweite wichtige Neuerung enthält die VDI 2089 Blatt 1 Vorgaben für die Berechnung des zusätzlich verdunstenden Wassermassenstroms durch Wasserattraktionen. Wesentlich ist hierbei die Erkenntnis, dass sich die Auswirkungen bei der zeitgleichen Verwendung mehrerer Attraktionen wie Strömungskanäle oder Wasserpilze nicht einfach aufaddieren. Vielmehr stabilisiert sich die Verdunstung bei einer steigenden Anzahl von Attraktionen in Form einer Sättigungskurve. Um dies zu berücksichtigen, werden die Attraktionen mit dem Faktor der relativen Feldverstärkung bewertet. Die Summe dieser Werte wird dann in ein Kurvendiagramm eingesetzt, aus dem sich der zusätzliche Wasserübergangskoeffizient (β) für die Attraktionen ablesen lässt.
Ist der zu entfeuchtende Wassermassenstrom auf Basis der vorgenannten Einflussfaktoren bestimmt, wird für diesen mit Gleichung B der Außenluftvolumenstrom V [m3/h] berechnet, der ohne weitere Entfeuchtungsmaßnahmen erforderlich ist.
Energiebedarf für die Lüftung
Mit der VDI 2089 Blatt 2 wird der Energiebedarf für die Lüftung einer Schwimmhalle unter Berücksichtigung des jeweiligen Wärmerückgewinnungssystems ermittelt. Mit dem Verfahren können für jedes Schwimmbadklimagerät der thermische und der elektrische Jahresenergieaufwand berechnet werden – ganz gleich ob es mit freier Lüftung, einem Rekuperator, einer Wärmepumpe zur Entfeuchtung oder einer Kombination dieser Techniken ausgestattet ist.
Aufgrund der Abhängigkeit von der Schwimmbadauslastung muss dafür zuerst eine Kennzahl zur Beckennutzung bestimmt werden. Die Basis dazu bilden die aus der Vorplanung beziehungsweise der Kalkulation in Blatt 1 heranziehbaren Einflussgrößen. Zusätzlich sind der Nutzungsgrad und die Nutzungsdauer abzuschätzen. Dabei wird auch die jedem Besucher zur Verfügung stehende Mindestwasserfläche berücksichtigt. Entsprechend DIN 19643 „Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser“ gelten in Schwimmerbecken 4,5 m2/Pers und in Nichtschwimmerbecken 2,7 m2/Pers als Bezugsfläche.
Zur Bestimmung des Energiebedarfs sind im Anschluss daran die drei maßgeblichen verdunstenden Wassermassenströme zu berechnen: die Ruheverdunstung, die Verdunstung beim Badebetrieb inklusive aller Attraktionen sowie die minimale Verdunstung bei der Öffnung des Schwimmbads (mit Attraktionen, ohne Nutzung). Daraus lässt sich die Kennlinie des verdunstenden Wassermassenstroms bestimmen, aus der zusammen mit der Kennzahl der Beckennutzung das Jahresmittel des verdunstenden Wassermassenstroms im Badebetrieb ermittelt werden kann. Dieses ist die entscheidende Größe zur energetischen Betrachtung und zum Vergleich unterschiedlicher Anlagenkonfigurationen.
Vergleichbarkeit der Gerätetechnik
Um eine Vergleichbarkeit verschiedener Lüftungsgerätekonzepte zu ermöglichen, betrachtet die VDI 2089 zuerst nur den Außenluft-Fortluft-Betrieb ohne Wärmerückgewinnung. Hier muss die Außenluft auf die Schwimmhallentemperatur erwärmt werden. Bei den zugrunde gelegten Jahresmittelwerten für die Außenluft von 5,9 g/kg absoluter Luftfeuchte und 8,6 °C Außenlufttemperatur werden 119 kg Außenluft benötigt, um 1 kg Wasserdampf aus der Schwimmhalle abzuführen. Daraus ergibt sich für diese Mindestlösung ein spezifischer Wärmeaufwand für den verdunstenden Wassermassenstrom von 0,71 kWh/kg.
Wird zusätzlich eine Wärmerückgewinnung eingesetzt, reduziert sich dieser Lüftungswärmebedarf erheblich. Zur Veranschaulichung: Rekuperator-Geräte mit einer Rückwärmzahl von 0,5 haben im spezifischen Jahresmittel einen Wärmeaufwand von 0,357 kWh/kg; bei einer Rückwärmzahl von 0,7 sind es 0,215 kWh/kg und bei 0,78 nur noch 0,156 kWh/kg. In der EnEV 2009 (Anlage 2, Nichtwohnungsbau) wird im Jahresmittel eine Rückwärmzahl von 0,6 gefordert. Für die Bewertung des Energieaufwands heißt das, dass der Wärmeaufwand von 0,71 kWh/kg (ohne Wärmerückgewinnung) auf etwa 0,284 kWh/kg reduziert werden muss, um die genannte EnEV-Anforderung zu erfüllen.
Bewertung mit Wärmepumpe
Neben den „klassischen“ Wärmerückgewinnungssystemen berücksichtigt VDI 2089 Blatt 2 die Rückgewinnung der noch im Fortluftstrom enthaltenen latenten Wärme mithilfe von Wärmepumpen Abb. 2. Diese können beim Außenluftbetrieb während der Badezeiten über den Verdampfer Wärme aus der Fortluft entnehmen, die sich dann zur Erwärmung der Zuluft nutzen lässt. Damit wird der Restwärmebedarf für die Lüftung erheblich reduziert, im Optimalfall gibt es sogar in der Jahresbilanz einen Wärmeüberschuss.
Wärmeüberschüsse können zur Deckung des Transmissionswärmebedarfs der Schwimmhalle oder zur Kompensation des Wärmeverlusts des Beckenwassers verwendet werden, wodurch sich eine entsprechende Gutschrift beim Lüftungswärmebedarf ergibt. Im Ruhebetrieb lässt sich der Lüftungswärmebedarf mithilfe einer Wärmepumpe immer auf null reduzieren und auch eine deutlich größere Menge an Überschusswärme generieren. Aus diesem Grund werden in der Bilanzierung die Wärmebedarfe im Bade- und im Ruhebetrieb separat berücksichtigt.
Strombedarf der Klimageräte
Neben dem thermischen Energieaufwand muss für eine vollständige energetische Bewertung auch der elektrische Energieaufwand quantifiziert werden. Beim Referenzgerät der VDI-Richtlinie besteht er „lediglich“ aus der Leistungsaufnahme der Ventilatoren für den Lufttransport und den Ausgleich des Druckverlusts im Klimagerät. Bei der Wärmerückgewinnung muss zusätzlich die elektrische Leistung zur Überwindung der Druckverluste des Rekuperators berücksichtigt werden. Wird darüber hinaus eine Wärmepumpe eingesetzt, müssen hier die Leistungsaufnahme des Verdichters und die Druckverluste durch den Kondensator und den Verdampfer berücksichtigt werden.
Zur Bestimmung des Energiebedarfs für die Lüftung einer Schwimmhalle sind spezifische Aufwandswerte für die elektrische und thermische Energie im Jahresmittel beim Außen- und Umluftbetrieb der Klimageräte erforderlich. Da diese abhängig vom eingesetzten System und vom Lastfall für jedes Schwimmbad unterschiedlich ausfallen, sind die Hersteller gefordert, den Planern projektspezifische Werte zeitnah zur Verfügung zu stellen; gleichzeitig erfordert die VDI 2089 damit eine deutlich engere Zusammenarbeit zwischen Planer, Hersteller und Anlagenbauer.
Anwendungsbeispiel
Mit einem Anwendungsbeispiel werden nachfolgend der VDI-2089-Berechnungsansatz und die Differenz beim Energieaufwand für die Entfeuchtung einer Schwimmhalle mit einer Standardlösung und einem auf die Anforderungen der Schwimmhallenklimatisierung optimierten Klimagerät aufgezeigt. Es wurde eine Schwimmhalle mit zwei Becken ohne Attraktionen und folgenden Bedingungen gewählt:
- Lufttemperatur in der Schwimmhalle, t<sub>L</sub> = 30 °C
- Wassergehalt in der Raumluft, x<sub>abs,H</sub> = 14,3 g/kg mit zugehörigem
- Dampfdruck (Partialdruck) in der Raumluft, p<sub>DL</sub> = 2270 Pa
- Becken 1: Schwimmerbecken 28 °C; 312 m<sup>2</sup>; 2,0 m Wassertiefe; Sättigungsdampfdruck bei der Wassertemperatur, p<sub>D,W</sub> = 3785 Pa
- Becken 2: Erlebnisbecken 30 °C; 250 m<sup>2</sup>; 1,3 m Wassertiefe; Sättigungsdampfdruck bei der Wassertemperatur, p<sub>D,W</sub> = 4220 Pa
Mit einem Wasserübergangskoeffizienten für das unbenutzte Becken von
ergibt sich mit Gleichung A im Ruhebetrieb ein verdunstender Wassermassenstrom von 23,5 kg/h für Becken 1 und von 24,5 kg/h für Becken 2. Bei bestimmungsgemäßer Beckennutzung ergibt sich für Becken 1 mit einem Wasserübergangskoeffizienten von
ein verdunstender Wassermassenstrom von 93,9 kg/h und für Becken 2 mit
ein verdunstender Wassermassenstrom von 140,2 kg/h. Der Außenluftvolumenstrom zur Entfeuchtung nach Gleichung B und einem addierten, verdunstenden Wassermassenstrom bei benutzten Becken von 234,2 kg/h beträgt 36820 m 3 /h.
Die Kennzahl der Beckennutzung
wird mit Gleichung C berechnet. Mit 220000 Badegästen pro Jahr (
, einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer pro Badegast in den Becken von 0,9 h (
einer Nutzfläche der Schwimmerbecken von 562 m 2 (A B,S ), einer minimalen Wasserfläche je Beckennutzer in den Schwimmerbecken von 4,5 m 2 /Pers (a S ) und der Öffnungszeitspanne (
von 2560 h/a ergibt sich
Aus den vorliegenden Werten kann nun mit Gleichung D das Jahresmittel des verdunstenden Wassermassenstroms während der Öffnungszeitspanne (Kennlinie des verdunstenden Wassermassenstromes) zu
berechnet werden.
Für die Lüftung mit einem rekuperativen Wärmerückgewinnungssystem und einer Rückwärmzahl von 0,50 ergibt sich ein gerätespezifisches Jahresmittel für den Wärmeaufwand von
und nach Gleichung E bei einer Öffnungszeitspanne des Hallenbads von
sowie einer Nichtöffnungszeitspanne von
ein Wärmeaufwand von
Der Aufwand an elektrischer Energie berechnet sich nach Gleichung F mit einem Jahresmittel des spezifischen Aufwands an elektrischer Energie von
zu
Der Wärmeaufwand beim kombinierten Einsatz eines Rekuperators und einer Wärmepumpe beträgt nach Gleichung G
(Wärmegutschrift) bei einem spezifischen Jahresmittel für den Wärmeaufwand im Badebetrieb von
und im Umluftbetrieb von
Der Aufwand an elektrischer Energie von
berechnet sich nach Gleichung F mit einem Jahresmittel des spezifischen Aufwands an elektrischer Energie bei Umluftbetrieb von
und bei Außenluftbetrieb von
Setzt man zur Berechnung der Energiekosten für die Lüftung 0,08 Euro/kWh für Wärme und 0,19 Euro/kWh für elektrische Energie an, ergeben sich für das Rekuperator-Gerät mit mittlerer Jahresrückwärmzahl von 0,5 Wärmekosten von 21110 Euro/a und Elektroenergiekosten von 4494 Euro/a. Beim kombinierten Einsatz eines Rekuperators und einer Wärmepumpe betragen die Wärmekosten aufgrund der Wärmegutschrift –35050 Euro/a und die Elektroenergiekosten 16834 Euro/a. Insgesamt beträgt der Energiekostenvorteil für die Entfeuchtung damit 43820 Euro/a. Die Wärmegutschrift wird als Ersparnis beim Wärmebedarf für die Transmissionswärmeverluste wirksam, alternativ bei der Beckenwassererwärmung, wenn ein Beckenwasserkondensator vorhanden ist.
Fazit
Zur Lüftung von Schwimmhallen können TGA-Planer mithilfe der VDI-Richtlinie 2089 unterschiedliche Anlagenkonzepte im Neubau sowie Modernisierungslösungen ohne großen Berechnungsaufwand qualitativ und wirtschaftlich gegenüberstellen. Das Anwendungsbeispiel verdeutlicht, dass sich die Investitionskosten für ein besser ausgestattetes SchwimmhallenKlimagerät bereits nach kurzer Betriebszeit amortisieren. Daraus ergibt sich einerseits ein wichtiger Hinweis für die optimale Anlagenkonfiguration bei Neubauten und geplante Modernisierungen. Zum anderen zeigt das Beispiel, dass sich auch im Bestand mit Restnutzungsdauer eine vorgezogene Modernisierung Abb. 3 mit einem auf minimalen Energieeinsatz ausgerichteten Schwimmhallen-Klimagerät sehr schnell bezahlt machen kann. •
Literatur
[1] VDI 2089 Blatt 1 Technische Gebäudeausrüstung von Schwimmbädern – Hallenbäder. Berlin: Beuth Verlag, Januar 2010
[2] VDI 2089 Blatt 2 Technische Gebäudeausrüstung von Schwimmbädern – Effizienter Einsatz von Energie und Wasser in Schwimmbädern. Berlin: Beuth Verlag, August 2009
[3] DIN 19643-1 Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser – Teil 1: Allgemeine Anforderungen. Berlin: Beuth Verlag, April 1997 und Norm-Entwurf Mai 2011
Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Jörn Doerk
ist Leiter Innovationsmanagement bei Menerga, Mülheim an der Ruhr, Telefon (02 08) 9 98 10, info@menerga.com, https://www.menerga.com/
Manuel Rduch ist Produktmanager Schwimmhallentechnik bei Menerga, Mülheim an der Ruhr, Telefon (02 08) 9 98 10, info@menerga.com, https://www.menerga.com/