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- Eine dauernd anhaltende Lüftung zum Feuchteschutz kann den Zweck des Feuchteschutzes unterlaufen und zu einem unnötig hohen Energieverbrauch führen.
- Lüftungsanlagen reagieren mitunter nicht oder sogar falsch auf Außenluftzustände, die kein Trocknungspotenzial bieten.
- Abhilfe ist mit einem zusätzlichen Feuchtesensor für den Außenluftzustand und Algorithmen, die für die Kellerlüftung entwickelt wurden, möglich.
- Aus der Simulation typischer Nutzungseinheiten, die eine lüftungstechnische Maßnahme benötigen, ergeben sich Konsequenzen für verbesserte Lüftungskonzepte/-strategien, die teilweise im Widerspruch zu den Vorgaben in DIN 1946-6 stehen.
Wird eine feuchtegeführte, ventilatorgestützte Lüftungsanlage, die auf Lüftung zum Feuchteschutz ausgelegt ist, auf einen Sollwert von 50 % relative Luftfeuchte (im Abluftvolumenstrom) eingestellt, so entspricht dies bei 20 °C einem absoluten Feuchtegehalt von ca. 7 g/kg.
Außenluftfeuchte
2 zeigt, dass dann beispielsweise für den Standort Potsdam in 46 % der Zeit im Jahr dieser Feuchtegehalt in der Außenluft überschritten wird. Der Ventilator wird dann auf maximale Leistung gehen, der Sollwert kann jedoch nicht erreicht werden, weil es draußen feuchter ist, als es die Sollwerteinstellung innen vorgibt. Während der Heizperiode wird dann auch „nutzlos“ kalte (oder vorgewärmte) Luft in die Nutzungseinheit gefördert und der Energieverbrauch für die Erwärmung dieser Luftmenge unnötig erhöht.
Bei der Sollwerteinstellung von 50 % rF geht man von einem thermisch behaglichen Zustand aus. Das ist aber bei dieser Lüftungsanlage nicht das Ziel der Auslegung. Ziel ist hier, die notwendige Lüftung zum Feuchteschutz sicherzustellen, um Schimmelpilzbildung und Bauschäden zu vermeiden. Folglich muss sich die Sollwerteinstellung (xSoll) nach dem kritischen Feuchtegehalt (xkrit) richten, dessen Berechnung in [2] angegeben wird. Ermittelt sich dieser z. B. zu 10 g/kg, ist für das Beispiel Potsdam immer noch in 18 % des Jahreszeitraums die Außenluftfeuchte höher, als der zulässige Grenzwert innen 2.
Optimale Voraussetzungen zur Steuerung der Lüftungsanlage würden vorliegen, wenn zusätzlich ein Außenfeuchtefühler vorhanden ist und die Feuchtegehalte innen (xRL) und außen (xAUL) miteinander verglichen werden. Wird das Trocknungspotenzial xRL – xAUL 0 g/kg, ist der Ventilator abzuschalten und die Außenbauteilluftdurchlässe (ALDs) sind zu schließen. Werden die ALDs nicht geschlossen, könnte die jetzt wirksame freie Lüftung den Feuchteeintrag ergeben und ebenfalls den Energieverbrauch in der Heizperiode unnötig erhöhen. Eine solche Begrenzung ist im Beiblatt 5 zur DIN 1946-6 [3] für die Kellerlüftung beschrieben, in DIN 1946-6 für die Lüftung von Wohnungen jedoch nicht gefordert.
Aufgrund des Schimmelpilzkriteriums nach DIN-Fachbericht 4108-8 [4] ist eine kurzzeitige Überschreitung des kritischen Feuchtegehalts zulässig. Um die Gefahr der Schimmelpilzbildung abzuschätzen, wird in 3 die Häufigkeitsverteilung für die 5-Tagesmittelwerte angegeben. Das Bild zeigt, dass auch zu 19 % der Zeit mit einer Überschreitung des Schimmelpilzkriteriums zu rechnen ist, wenn eine konstante Sollwerteinstellung entsprechend dem kritischen Feuchtegehalt im Auslegungspunkt vorgenommen wird.
Das bedeutet, dass nicht nur der Energieverbrauch durch Erreichen der Sollwerteinstellung erhöht wird, sondern auch die Schimmelpilzgefahr erhalten bleibt, wenn unkonditionierte Außenluft zur Trocknung benutzt wird. Eine dauernd anhaltende Lüftung zum Feuchteschutz kann deshalb sogar den Zweck des Feuchteschutzes unterlaufen. Der unnötige Energieverbrauch erhöht sich noch weiter, wenn die Lüftungsanlage gemäß DIN 1946-6 nach Nennlüftung ausgelegt wird und ausschließlich feuchtegeführt ist.
Verschließbare regelbare ALDs
Wenn keine automatische Überwachung des Trocknungspotenzials vorhanden ist, muss zumindest die Lüftungsanlage abschaltbar sein und auch die regelbaren ALDs müssen verschließbar sein. So kann nicht nur ein Feuchteeintrag bei Abwesenheit der Nutzer (beispielsweise in Urlaubszeiten) verhindert werden, sondern auch die Zufuhr giftiger Gase (Katastrophenfall in der Umgebung, Autoabgase) oder unangenehmer Gerüche können unterbunden werden.
Das widerspricht allerdings der Forderung nach nicht verschließbaren, regelbaren ALDs im Punkt 9.1.2.2 der DIN 1946-6. Ein Argument für die Unverschließbarkeit der regelbaren ALDs ist, dass in undichten Gebäuden giftige Gase auch über die Infiltration eindringen können. Es muss allerdings bedacht werden:
- Die aktuellen Witterungsverhältnisse müssen zum Zeitpunkt des Auftretens der giftigen Gase nicht unbedingt mit den Rechenannahmen der Infiltration übereinstimmen. Es ist deshalb eine Frage der Wahrscheinlichkeit, ob giftige Gase eindringen werden, beispielsweise nur bei ungünstigen Wind- und Temperaturverhältnissen.
- Regelbare ALDs machen in einem undichten Gebäude keinen Sinn, da die Lüftungsautorität zu gering wäre.
- Sehr undichte Gebäude werden gemäß Lüftungskonzept ohnehin keine ALDs erhalten.
- Die Aufforderung der Feuerwehr, im Katastrophenfall Fenster und Türen zu schließen, wäre für die undichten Gebäude nicht ausreichend. Es müsste eine Evakuierung erfolgen, was bei typischen „Fenster und Türen schließen“-Fällen nicht vorgesehen ist.
- Wenn aufgrund der Undichtigkeit eine Gefahr im Katastrophenfall besteht, dürfte für Gebäude ohne RLT-Anlage der zulässige n<sub>50</sub>-Wert gemäß EnEV von 3,0 h<sup>-1</sup> zu hoch sein.
- Die M-LüAR [5, Kap. 5.1.2] sieht für Mündungen von Lüftungsleitungen sogar Brandschutzklappen vor.
- Die Bauaufsichtliche Richtlinie [6] verlangt unter Kap. 2.1.1 und 2.2 (jeweils letzter Satz) für Außenluftöffnungen Vorrichtungen für manuelles oder selbsttätiges Absperren.
- Nach Auskunft eines Herstellers von Wohnungslüftungsgeräten müssen dezentrale Lüftungssysteme nach der unveröffentlichten DIBt-Richtlinie LÜ-A 20 verschließbar sein. Ansonsten vergibt das DIBt keine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung. Das soll auch für ALDs gelten.
Es ist daher davon auszugehen, dass das manuelle Schließen der ALDs im Katastrophenfall zu einer deutlichen Gefahrenminderung beiträgt.
Abwesenheit von Nutzern
Bei Abwesenheit der Nutzer fällt in der Nutzungseinheit (NE) weniger Feuchte an. Die verzögerte Desorption des Wasserdampfs aus dem Baukörper und aus Möbeln bewirkt jedoch auch während der Abwesenheit einen Feuchteeintrag in die NE. Andererseits ist immer noch die Infiltration über die Gebäudefugen vorhanden. Es soll im Folgenden anhand von zwei Beispielen untersucht werden, ob die Abschaltung der Lüftung während der Abwesenheit möglich ist. Dazu wird eine vereinfachte feuchtetechnische Simulation durchgeführt, welche die Sorptionsfähigkeit der Bauteile und Raumluft berücksichtigt.
Die Berechnungen erfolgen mit der Software VolFeu, die auf den Algorithmen in [2] basiert. Die Feuchtelast wurde dabei raumweise ermittelt, die Betrachtung der dynamischen Simulation erfolgt hier jedoch für die gesamte NE.
Wohnung im Mehrfamilienhaus
4 enthält die Berechnungsdaten für die Untersuchung einer Wohnung im Mehrfamilienhaus (MFH) mit getrennten Räumen, die von einem Flur abgehen. Neben den Angaben zu den Standardfeuchtelasten in [2] wird auch Duschen und Kochen aus dem DIN-Fachbericht 4108-8 einbezogen. Während der Abwesenheit wird nur die Feuchteabgabe der Pflanzen, des Wäschetrocknens und Sonstiges gemäß [4] angesetzt.
Um einen Bezug zur DIN 1946-6 herzustellen, wird hier von einer einheitlichen Raumtemperatur von 20 °C in der gesamten NE ausgegangen. Tatsächlich müsste bezüglich Feuchtelast, Raumtemperatur und Wärmeschutz jeder Raum für sich betrachtet werden [2]. Das Lüftungskonzept zur Feststellung der Notwendigkeit von lüftungstechnischen Maßnahmen baut in DIN 1946-6 jedoch auf die gesamte NE auf.
Den Daten kann man entnehmen, dass bei Anwesenheit der Volumenstrom zum Feuchteschutz größer ist, als die Infiltration bei ausgeschalteter Anlage und geschlossenen ALDs. Es sind also lüftungstechnische Maßnahmen notwendig (88 m3/h > 12 m3/h). Die Auslegung der Lüftung zum Feuchteschutz erfolgt für den kritischen Feuchtegehalt. Der Volumenstrom stellt also einen minimalen Auslegungswert dar, bei dem nur eine maximal 12-stündige Überschreitung am Tag von xkrit zulässig ist.
5 zeigt den Verlauf des absoluten Feuchtegehalts im eingeschwungenen Zustand eines Tages mit verschiedenen Feuchtespeichereffekten (rote durchgezogene und blaue strichpunktierte Linie). Die Linie für Sorption in Bauteilen und Raumluft gilt für normal verputzte Räume ohne Fliesen, glasierte Einbauküchen usw. Die braun gestrichelte Linie stellt den kritischen Feuchtegehalt dar, der gemäß des Schimmelpilzkriteriums nach [4] max. 12 h am Tag überschritten werden darf. Die grün gestrichelte Linie ergibt sich für eine relative Luftfeuchte von 35 %, welche nicht unterschritten werden sollte, um die Austrocknung der Schleimhäute zu vermeiden. Zwischen diesen beiden gestrichelten Linien sollte sich der absolute Feuchtegehalt befinden, damit die Lüftung beide gesundheitlichen Aspekte berücksichtigt.
Bei hoher Feuchtespeicherfähigkeit zeigen sich kaum Änderungen im Verlauf. Da die mittlere Feuchtebelastung mit ca. 257 g/h unter der Auslegungsfeuchtelast von 354 g/h für die Lüftung liegt, wird der kritische Feuchtegehalt in beiden Fällen unterschritten. Wird der Volumenstrom sehr viel höher ausgelegt, bedeutet das eine Niveauabsenkung der Kurven und es besteht bei geringer Feuchtespeicherfähigkeit die Gefahr der Unterschreitung der unteren Grenzkurve.
6 stellt den Verlauf des absoluten Feuchtegehaltes dar, wenn die Lüftung für eine 10-stündige Abwesenheit abgeschaltet wird. Hier wird in beiden Fällen der kritische Feuchtegehalt um mehr als 12 h am Tag überschritten. Bei höherer Auslegung des Volumenstroms und genügend hoher Feuchtespeicherfähigkeit könnte die Abschaltung derart ausgeglichen werden, dass keine Überschreitung von xkrit stattfindet. Damit wäre aber eine Energieeinsparung nicht zu erzielen.
Das Beispiel zeigt für den unterbrochenen Lüftungsbetrieb, dass die Gefahr der Schimmelpilzbildung bestehen bleibt, selbst wenn 10 h am Tag keine Nutzer anwesend sind. Notwendig wären hier 31 m3/h (siehe 4), der Infiltrationsvolumenstrom bei ausgeschalteter Anlage beträgt aber nur 12 m3/h.
Für den Fall, dass Wäschetrocknen nicht erfolgt, ergibt sich bei Abwesenheit eine Lüftung zum Feuchteschutz von 11 m3/h, die in etwa dem Infiltrationsvolumenstrom bei unterbrochenem Betrieb (12 m3/h) entspricht (siehe 7). Der sich einstellende Verlauf des absoluten Feuchtegehaltes liegt in diesem Fall ganztägig auf dem kritischen Feuchtegehalt. Das bedeutet, ein Ansteigen über xkrit wie in 6 ist bei beiden Sorptionsfällen nicht vorhanden.
Apartment im Studentenwohnheim
8 enthält die Berechnungsdaten für ein Apartment in einem realen Studentenwohnheim. In diesem Apartment befindet sich nur ein Zimmer mit mehreren Nutzungen (Wohnen, Schlafen, Arbeiten, Kochnische und Flur). Ansonsten ist nur noch ein Bad mit Dusche und Fenster vorhanden. Wäschetrocknen ist nicht vorgesehen, dafür gibt es im Gebäude eine „Washing Lounge“.
Auch hier sind lüftungstechnische Maßnahmen notwendig (32 m3/h > 4 m3/h). 9 stellt den Verlauf des absoluten Feuchtegehaltes dar, wenn die Lüftung für eine 7-stündige Abwesenheit abgeschaltet wird. Für die hohe Feuchtespeicherfähigkeit liegt die Linie fast auf der des kritischen Feuchtegehalts. Bei geringer Feuchtespeicherfähigkeit wird xkrit an 12 h überschritten. Bei der geringen Feuchtelast in diesem Beispiel ist die Überschreitung grenzwertig. Der erforderliche Luftvolumenstrom beträgt 8 m3/h, die Infiltration liefert aber nur 4 m3/h (siehe 8).
Lüftungskonzept mit reduzierten Feuchtelasten
Die Beispiele belegen, dass ein dauernder Lüftungsbetrieb nicht notwendig ist, wenn ein Lüftungskonzept mit reduzierten Feuchtelasten bei Abwesenheit keine lüftungstechnischen Maßnahmen erfordert. Wäre dem nicht so, dürfte das Lüftungskonzept mit normalen Feuchtelasten, wie es gemäß DIN 1946-6 angewendet wird, nicht funktionieren.
Als rechnerische Bedingung für den Ausgleich der Abschaltung gilt der Zusammenhang
Im Lüftungskonzept zur Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen wird der Infiltrationsvolumenstrom ohne Anlage
Das Verhältnis der Wasserdampfproduktionsraten kann individuell anhand von Tabellen über die Feuchteabgabe verschiedener Quellen bestimmt werden, z. B. in [4, Tabelle 1]. Eine normative Angabe für Standardfälle wäre jedoch sehr hilfreich in der Planung. Dabei ist neben der Feuchteabgabe von Pflanzen auch Sonstiges und ggf. Wäschetrocknen zu berücksichtigen.
„Sonstiges“ ist im DIN-Fachbericht 4108-8 leider nicht spezifiziert. Die Grundlagen für diese Feuchteangaben finden sich aber in [7]. Daraus geht hervor, dass „Sonstiges“ Haustiere, Aquarium, Zimmerspringbrunnen, Trocknen von regenfeuchter Bekleidung und Feuchtreinigungsprozesse beinhaltet, wobei berücksichtigt wurde, dass diese Feuchtelasten nicht gleichzeitig auftreten.
Hierin sind demnach Feuchtelasten enthalten, die bei Abwesenheit nicht anfallen. Außerdem ist zu unterscheiden, ob die Möglichkeit der Abschaltung für die tägliche Abwesenheit oder für die längerfristige Abwesenheit (Urlaub) untersucht werden soll. Bei täglicher Abwesenheit wären sicherlich Haustiere, Aquarium und Wäschetrocknen, bei längerfristiger Abwesenheit nur Aquarium zu berücksichtigen. Mit der generellen Hinzunahme von Sonstiges als Feuchtequelle während der Abwesenheit wird hier angestrebt, dass man auf der sicheren Seite liegt und dass die Rechnung vereinfacht wird.
Da im DIN-Fachbericht 4108-8 Sonstiges abhängig von der Anzahl der Personen im Haushalt und damit von der Wohnfläche angegeben wurde, findet sich in [2] eine formelmäßige Angabe dieser Feuchtelast. Unter der Voraussetzung, dass sich Pflanzen und Sonstiges auf die gesamte NE verteilen, kann man vereinfachend näherungsweise schreiben
Die Anzahl der Personen in der NE ist nur anzusetzen, wenn Wäschetrocknen während der Abwesenheit wirksam ist. Die Wasserdampfproduktion bei Anwesenheit kann ebenfalls mit den Algorithmen aus [2] abgeleitet werden. Näherungsweise gilt für die Standardfeuchtelasten zuzüglich 5 min duschen und 1 h kochen:
Der letzte Summand ist nur anzusetzen, wenn Wäschetrocknen während der Abwesenheit wirksam ist. Für die vorgenannten Beispiele ergibt sich ein Verhältnis der Wasserdampfproduktionsraten in Gl. 1 von 0,35 mit Wäschetrocknen und 0,16 ohne Wäschetrocknen bei der Wohnung im MFH und im Apartment des Studentenwohnheimes 0,24.
Schlussfolgerungen
Die Beispiele zeigen, dass der dauernde Betrieb der Lüftung nicht immer zielführend und auch nicht notwendig ist. Eine feuchtegeführte Lüftung, in der auch ein Außenfühler integriert ist und die nach dem Trocknungspotenzial regelt, kommt dem Ziel des Feuchteschutzes wesentlich näher und kann auch unnötige Energieverluste verhindern, wenn sie den Volumenstrom auf 0 m3/h zurückfahren kann. Auch die manuelle Abschaltung der Lüftung und das Verschließen der ALDs ist möglich, sofern die verbleibende Infiltration größer oder gleich dem notwendigen Volumenstrom bei reduzierten Feuchtelasten ist.
Nach DIN 1946-6 Abschnitt 8.1.1 und 8.3 darf der Volumenstrom jedoch nicht unter die Lüftung zum Feuchteschutz abgesenkt werden. Das gilt auch für ausschließlich feuchtegeführte Anlagen, woraus sich die Frage ergibt, welchem Zweck dann die Feuchteregelung dienen soll. Normalerweise soll eine Regelung ausgehend von einem Auslegungsvolumenstrom eine Reduzierung bei Minderbelastung herbeiführen. Bei mehrtägiger Abwesenheit darf die Lüftung gem. Abschnitt 8.3 sogar nur auf Reduzierte Lüftung geschaltet werden, die um das 1,75 bis 2,30-Fache größer ist, als die Lüftung zum Feuchteschutz. Nach Abschnitt 8.1.1 ist die Absenkung außerhalb der Nutzungsdauer dagegen auf Lüftung zum Feuchteschutz zulässig. Hier liegt also ein Widerspruch oder eine unklare Formulierung vor.
Das Lüftungskonzept mit reduzierten Feuchtelasten bei Abwesenheit kann als Ergänzung zum Lüftungskonzept der DIN 1946-6 angesehen werden, welches eine zusätzliche Beratungsleistung für die Abschaltmöglichkeit der Lüftung darstellt. Es kann beispielsweise überprüft werden, ob eine Intervallschaltung der Lüftung oder eine Urlaubsschaltung möglich ist.
Im Sommer ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Außenfeuchte größer ist, als die Sollfeuchte im Raum. Daher kann es zweckmäßiger sein, die lüftungstechnischen Maßnahmen nach DIN 1946-6 im Sommer einzustellen oder nur zeitweise zu betreiben. An heißen Tagen wird dadurch auch verhindert, dass ein zusätzlicher Wärmeeintrag erfolgt. Diese Aspekte werden jedoch noch in der neu zu erstellenden europäischen Norm „Ventilative cooling systems“ ausführlich behandelt.
Literatur
[1] DIN 1946-6 Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung. Berlin: Beuth Verlag, Mai 2009
[2] Nadler, N.: Normenvorschlag zur Wohnungslüftung. Lüftung zum Feuchteschutz mit Außenluft. Gütersloh: Bauverlag, Teil 1: tab 04-2015, Teil 2: tab 05-2015
[3] DIN 1946-6 Beiblatt 5 (Entwurf) Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung; Beiblatt 5: Kellerlüftung. Berlin: Beuth Verlag, Dezember 2015
[4] DIN-Fachbericht 4108-8 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 8: Vermeidung von Schimmelwachstum in Wohngebäuden. Berlin: Beuth Verlag, September 2010
[5] Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Lüftungsanlagen (Muster-Lüftungsanlagen Richtlinie M-LüAR) vom 11. Dezember 2015
[6] Bauaufsichtliche Richtlinie über die Lüftung fensterloser Küchen, Bäder und Toilettenräume in Wohnungen vom 1. Juli 2010. Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz
[7] Hartmann, T.; Reichel, D.; Richter, W.: Feuchteabgabe in Wohnungen – alles gesagt?. München: Oldenbourg Industrieverlag. Gesundheits-Ingenieur 122 Heft 04-2001
Dipl.-Ing. Norbert Nadler
Ingenieurbüro CSE Nadler, 16515 Oranienburg, n.nadler@cse-nadler.de, www.cse-nadler.de
Ist dauerhafte Mindestlüftung sinnvoll?
Auf die Frage „Ist eine dauerhafte ‚Mindestlüftung‘ zur Be- und Entlüftung sinnvoll?“ hat uns Michael Merscher, Prokurist und technische Leitung der Lunos Lüftungstechnik GmbH, Berlin, wie folgt geantwortet:
DIN 1946-6 schreibt in ihrer aktuellen Fassung eine Auslegung des ventilatorgestützten Lüftungssystems zur Nennlüftung vor. Diese muss laut Norm dauerhaft bei Anwesenheit der Nutzer laufen. Bei Abwesenheit der Nutzer kann von der Nennlüftung in eine reduzierte Lüftung gewechselt werden. In jedem Fall gibt es nach diesen Vorgaben dauerhaft einen maschinell geförderten Luftvolumenstrom, der die Wohnung oder das Gebäude beständig mit Außenluft durchströmt.
Auf den ersten Blick ist das schlüssig: Eine Lüftungsanlage, welche nach DIN 1946-6 geplant wurde, versorgt die Wohnung immer mit ausreichend frischer Luft und verhindert Feuchteschäden und Schimmel. Dies ist aber keinesfalls richtig! Denn was passiert, wenn die Außenluft mehr Feuchtigkeit enthält als in der Innenluft gewünscht bzw. unkritisch ist? Ein optimales und gut funktionierendes Lüftungssystem muss deshalb abschaltbar sein oder selbsttätig durch Sensoren abschalten oder zumindest den Volumenstrom reduzieren.
Lunos kann aus Ergebnissen in Dauerfeldtests und dauerhaften Messungen im Wohnbereich nachweisen, dass genau der beschriebene Sachverhalt zu Schäden durch falsches Lüften führen kann. Besonders Gebäude mit kühleren Temperaturen im Innenraum (beispielsweise Altbauten mit dicken Wänden und hoher Speicherfähigkeit für Feuchtigkeit sowie Kellerräume) sind betroffen. Eigens entwickelte und patentierte Regelalgorithmen für Lüftungssysteme von Lunos berücksichtigen genau diesen Umstand. Anhand von Messungen im Innen- und Außenbereich kann der optimale Zeitpunkt zum Lüften festgestellt werden oder das Lüftungssystem gezielt abgeschaltet werden, wenn eine Durchlüftung nicht sinnvoll ist.
Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten: Zum einen können mehrere Sensoren im Außen- und Innenbereich arbeiten und die Messergebnisse vergleichen und auswerten. Zum anderen können bestimmte Algorithmen mit nur einem Innensensor erkennen, ob eine Durchlüftung sinnvoll ist. Anhand von aufgezeichneten zeitlichen Verläufen der Feuchtigkeit in Abhängigkeit der Durchlüftung wird dann automatisch entschieden, mit welchem Volumenstrom das Lüftungssystem laufen muss, um maximale Wirkung und Energieeffizienz zu erzeugen.
Daraus ergibt sich folgendes Fazit: Abweichend von DIN 1946-6 muss eine Betrachtung und Auslegung des Lüftungssystems „passend“ zur Bauphysik und den jeweiligen Anforderungen der Nutzer erfolgen. Ein striktes Anwenden der Norm führt sonst schlicht zu einem nicht gut oder sogar schlecht funktionierenden Lüftungssystem.