Kompakt informieren
- Bei Sportstätten sind durch starke Nutzungsschwankungen oder -unterbrechungen besondere Maßnahmen erforderlich, um die grundlegenden Voraussetzungen für Trinkwasserhygiene sicherzustellen.
- Die negativen Folgen von Stagnation lassen sich am effektivsten durch das automatisierte Spülen der Wasserleitungen und Armaturen vorbeugen.
In Deutschland existieren rund 230 000 Sportstätten, darunter etwa 35 000 Sporthallen und 7500 Schwimmbäder. Zu diesem Ergebnis kam 2013 eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums mit dem Titel „Wirtschaftsfaktor Sport in Deutschland“.
Die Sportstätten bieten professionellen Athleten sowie den Mitgliedern Zehntausender Sportvereine deutschlandweit die nötige Infrastruktur, um ihrer bevorzugten Sportart nachzugehen. Damit leisten sie einen bedeutenden Beitrag zur Gesundheit der Bevölkerung, schaffen die Basis für olympischen Spitzensport in Deutschland und bilden darüber hinaus auch eine Plattform für soziale Kontakte.
Doch die Situation der Sportstätten ist problembehaftet. Denn rund zwei Drittel der Gebäude wurden vor 1990 errichtet und sind inzwischen in die Jahre gekommen. So warnte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bereits vor einigen Jahren davor, dass der Sanierungs- und Investitionsbedarf für Sportanlagen in Deutschland inzwischen mehr als 42 Mrd. Euro betrage.
Brennpunkt Trinkwasserhygiene
Neben den Sanitär- und Heizanlagen bedürfen insbesondere die veralteten Trinkwasser-Installationen einer dringenden Sanierung. Denn Sportstätten zählen aufgrund von Nutzungsschwankungen oder zeitweise ungenügender oder gar nicht vorhandener Nutzung zu jenen Gebäudetypen, die besonders stark zu einer Kontamination mit mikrobiellen Erregern, z. B. Legionellen neigen.
Gerade bei Sportstätten besteht ein enger Zusammenhang zwischen Nutzung und Jahreszeit. Wenn es im Sommer Jung und Alt zur Abkühlung in die Freibäder zieht, bleiben Hallenbäder und ihre Infrastruktur oft unbenutzt. Dasselbe Problem der vorwiegend saisonalen Nutzung haben auch Eislaufhallen, Indoor-Sportanlagen, Fußballstadien und in der Ferienzeit an Schulbauten angegliederte Sporthallen.
So stagniert Trinkwasser ohne besondere Maßnahmen für Wochen oder gar Monate in den Leitungen. Den Gesetzen der Physik folgend nimmt das Wasser in den Leitungen die Temperatur seiner Umgebung an. War für lange Zeit hauptsächlich Trinkwasser warm im Fokus, wird inzwischen Trinkwasser kalt ebenso eine hohe Bedeutung geschenkt. Denn innerhalb kurzer Zeit kann es sich auf die in VDI/DVGW 6023 „Hygiene in Trinkwasser-Installationen; Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung“ genannte absolute Maximaltemperatur von 25 °C und mehr erwärmen. Dann bietet Kaltwasser Legionellen und anderen mikrobiellen Erregern, die sich bei Wassertemperaturen zwischen 25 und 45 °C explosionsartig vermehren, einen optimalen Lebensraum.
Faktor Bauphysik
Verschiedene bauliche Aspekte begünstigen die unzulässige Erwärmung des Kaltwassers. DIN 4108 „Wärmeschutz im Hochbau“ hält fest, dass Rohrleitungen für die Trinkwasserversorgung nicht in Außenwänden liegen sollen. Gerade im Bestand trifft dies jedoch häufig zu und so gelangt die Wärme der Sonne von Frühjahr bis Herbst mittels Wärmeleitung und Wärmestrahlung in die in den Wänden verlaufenden Wasserleitungen.
Die für die Gebäudedämmung verwendeten Baustoffe und deren U-Wert haben sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm weiterentwickelt. Beispielsweise unterbindet ein in den Nachkriegsjahren aus Bimshohlblocksteinen errichtetes Bauwerk die Wärmeübertragung in der Regel weniger effektiv, als ein in den 1980er-Jahren errichtetes Gebäude in Stahlbetonskelett-Bauweise. Darüber hinaus müssen neben der Gebäudehülle auch die Wärmedurchgangskoeffizienten von Fenstern, Dächern oder Zwischendecken berücksichtigt werden. Es zeigt sich auch bei diesen, dass nicht sanierte Konstruktionen älteren Datums deutlich mehr Wärme übertragen als neuere Fertigungen. Entsprechend höher ist das Risiko einer Wärmeübertragung in die Kaltwasserleitungen.
Hinzu kommen unerwünschte Auswirkungen alter Bauweisen, beispielsweise die gemeinsame Führung von Warm- und Kaltwasserleitungen im selben Schacht mit einer unvermeidlichen Übertragung der Wärme in das Kaltwasser. Ebenso gute Voraussetzungen für die Erwärmung des Kaltwassers bieten zum Schall- und Brandschutz verwendete Dämmstoffe in Trockenbauwänden. Füllungen, beispielsweise aus Stein- oder Mineralwolle, führen zu Wärmestaus und damit zu einem Anstieg der Kaltwassertemperatur.
Auch die häufige Überdimensionierung der Trinkwasser-Installationen in Bestandsbauten wirkt sich negativ auf die Trinkwasserhygiene aus. Dies schließt selbst Gebäude ein, die in den 1990er-Jahren errichtet wurden. Denn der Wasserverbrauch pro Kopf in Deutschland ist in den letzten 25 Jahren um rund 20 % gesunken, davon sind auch Sportstätten nicht ausgenommen. Das Ergebnis ist eine baulich bedingte Stagnation des Trinkwassers mit den beschriebenen negativen Folgen für die Trinkwasserhygiene.
Hohes Gesundheitsrisiko für Sportler
Tritt aufgrund des Zusammenspiels von Stagnation und Temperatur eine Kontamination des Trinkwassers mit Krankheitserregern auf, hat dies mitunter schwerwiegende Auswirkungen. Profis wie auch Hobby-Sportler sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt. Denn unmittelbar nach einer sportlichen Betätigung ist das Immunsystem geschwächt und die Wahrscheinlichkeit beim Duschen an einer von Legionellen verursachten Lungenentzündung zu erkranken um ein Vielfaches höher. Einmal infiziert, stirbt etwa jeder Zehnte sogar an den Folgen dieser schweren Krankheit.
Bereits eine Erkrankung kann auch juristische Konsequenzen für den TGA-Planer nach sich ziehen. Nach Trinkwasserverordnung (TrinkwV) begeht eine Ordnungswidrigkeit, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 17 Absatz 1 [Anforderungen an Anlagen für die Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser] eine Anlage nicht richtig plant, nicht richtig baut oder nicht richtig betreibt. Wer dadurch eine in § 6 Absatz 1 Nummer 1 des Infektionsschutzgesetzes genannte Krankheit oder einen in § 7 des Infektionsschutzgesetzes genannten Krankheitserreger [dazu gehört auch Legionella sp.] verbreitet, ist nach § 74 des Infektionsschutzgesetzes strafbar.
Herausforderungen für Fachplaner
Bereits laut DIN EN 806 hat der Fachplaner die Voraussetzungen für eine optimale Trinkwasserqualität zu schaffen. Das bedeutet, Trinkwasser-Installationen sind so zu planen, dass Stagnation unbedingt vermieden wird. Dieser Forderung zu entsprechen, ist im Bestand aufgrund des höheren Aufwands deutlich schwieriger als bei Neubauten. In vorhandenen Gebäuden kann der Fachplaner kaum Einfluss auf die Entfernung zwischen Steigleitungen und Wasserentnahmestellen nehmen, was wiederum ein wichtiger Indikator für Anlagevolumen, Rohrweite, oder Ausstoßzeiten ist.
Auch die Einhaltung der in VDI/DVGW 6023 und DIN EN 806 geforderten Kaltwassertemperatur von maximal 25 °C stellt Fachplaner vor Herausforderungen, wenn die vorhandene Bausubstanz aufgrund bestimmter Eigenschaften eine rasche Wärmeübertragung ins Kaltwasser fördert. Hinzu kommt die tatsächliche Verwendung der einzelnen Entnahmestellen durch den / die Nutzer. Ein Aspekt, der sich selbst bei bester Planung nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit voraussagen lässt. All dies setzt eine Lösung voraus, mit der Planer trotz der beschriebenen Problemstellungen zuverlässig die Trinkwasserhygiene sicherstellen können.
Intelligente Freispülung
Mikrobiellem Wachstum im Trinkwasser aufgrund nicht bestimmungsgemäßen Betriebs lässt sich am effektivsten durch das automatische Spülen der Wasserleitungen und Armaturen vorbeugen. Stehendes Wasser regelmäßig und vollständig zu verwerfen, wirkt sich darüber hinaus positiv auf die Wassertemperatur aus. Denn das Nachströmen von frischem Wasser trägt dazu bei, dass sich das Kaltwasser nicht auf kritische Temperaturen erwärmt.
Der Vorteil einer intelligenten Freispül-Automatik liegt somit auf der Hand: Sie sorgt unabhängig von baulichen Gegebenheiten für optimale Trinkwasserhygiene. WimTec hat mit „HyPlus“ ein Gesamtkonzept zur Sicherstellung der Trinkwasserhygiene entwickelt, das auch den bislang unkalkulierbaren Faktor Mensch berücksichtigt: Ob Dusche, Waschtisch, Küche, WC oder Urinal – die intelligente Elektronik spült bedarfsgerecht, also nur bei unzureichender oder ausbleibender Nutzung einzelner Entnahmestellen.
Findet eine zu geringe Entnahme von Wasser statt, wird die bereits entnommene Menge berücksichtigt und nur die zum Erhalt der Trinkwasserhygiene nötige Restmenge gespült. Erfolgt eine ausreichende Entnahme von Wasser, setzt die automatische Freispülung aus. Die Elektronik kann zudem mit wenigen Handgriffen an die Örtlichkeiten angepasst werden. So sind das Spülintervall und die Mindestspüldauer an jeder Wasserabgabestelle individuell an die gegebenen Hygieneanforderungen abstimmbar. Damit werden Wasser- und Energiekosten gespart und ein wirtschaftlicher Betrieb möglich.
Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Betreiber
TGA-Planer: Bereits die zu erwartenden („normative“) und insbesondere die tatsächliche sowie die auf jede einzelne Entnahmestelle bezogene Nutzung einer Trinkwasser-Installation kann für die Sicherstellung der Trinkwasserhygiene ungenügend sein.
Anlagenbauer: Ein automatisiertes Gesamtkonzept zur Sicherstellung der Trinkwasserhygiene kann auch den unkalkulierbaren Faktor Mensch (Nutzer bzw. Betreiberpersonal, das durch manuelle Spülung zeitweise die bestimmungsgemäße Nutzung simuliert) berücksichtigen.
Betreiber können sich bezüglich der Trinkwasserhygiene nicht auf Bestandsschutz berufen, da das Grundgesetz den Gesundheitsschutz über die Eigentumsgarantie stellt. Trinkwasser-Installationen sind mindestens nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu betreiben. Das umfasst auch notwendige Maßnahmen bzw. Nachrüstungen zur Gewährleistung von Sicherungspflichten.
Günter Dülk
ist geschäftsführender Gesellschafter der WimTec Sanitärprodukte GmbH, info@wimtec.de, www.wimtec.de