Kompakt informieren
- In Stadien müssen bei der Planung und Ausführung der Wasseraufbereitungstechnik und der Trinkwasserinstallation lange Nutzungsunterbrechungen und stoßweiser Betrieb besonders berücksichtigt werden.
- In der impuls arena Augsburg wird das Entmüdungsbecken nur bei Bedarf gefüllt und erwärmt. Im Stand-by-Betrieb erfolgt die Umwälzung über den Schwallwasserbehälter.
- Für die Trinkwasserinstallation wurde eine automatische Chlordioxiderzeugungsanlage installiert. Chlordioxid (ClO<sub>2</sub>) ist im Wasser beständig und besitzt somit eine Depotwirkung.
Hygienisch einwandfreies Wasser und schnelle Betriebsbereitschaft bei Stoßbetrieb nach Nutzungsunterbrechung – so lautet zusammenfassend die Aufgabenstellung an die Wassertechnik in der impuls arena Augsburg Abb. 1. Werden die Bädereinrichtungen und Sanitäranlagen in dem hochmodernen Fußballstadion über mehrere Tage oder Wochen nicht genutzt, sichern die Aufbereitungsanlagen die Wasserhygiene für das Trinkwassernetz und die Badewasser-Vorhaltung.
Während Fußballspielen, Trainings und anderen Sportwettkämpfen in der Arena läuft auch die Wassertechnik auf Hochbetrieb, wenn die WC-Anlagen und Duschen mit einer Gleichzeitigkeit nahe 100 % genutzt werden und die Sportler nach dem Spiel das Entmüdungsbecken Abb. 2 stürmen. Zu dessen Befüllung genügt die Zeit ab der zweiten Halbzeit. Nachdem sich das Stadion geleert hat, werden auch das Entmüdungs- und das Kalttauchbecken wieder entleert. Bis zur nächsten Sportveranstaltung beschränkt sich dann der Trinkwasserverbrauch auf die WC-Anlagen für das Verwaltungspersonal und Tagungsgäste.
Für die Trinkwasserhygiene bestünde bei dieser Betriebsweise ohne entsprechende Maßnahmen die Gefahr von Verkeimungen im Leitungsnetz. „Die Aufgabe der eingesetzten Anlagentechnik zur Wasseraufbereitung ist, während dieser Nutzungsunterbrechungen eine Beeinträchtigung der Wasserqualität zu verhindern“, sagt Jürgen Weißenburger, Vertriebsbeauftragter für Schwimmbadtechnik bei Grünbeck Wasseraufbereitung. Der Anlagenbetreiber erspart sich dadurch den Aufwand für zeit-, personal- und energieaufwendige Maßnahmen wie Hygienespülungen oder Thermische Desinfektion.
Nach dem Spiel ins Entmüdungsbecken
Die impuls arena fasst 30660 Zuschauer und gilt als ein neues Aushängeschild der Stadt Augsburg. „Hier findet der Fußball eine neue Heimat, die der großen Tradition Augsburgs angemessen ist“, würdigte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer den Stadionneubau anlässlich der Eröffnung im Juli 2009. Beim Spatenstich im November 2007 war die Arena das größte Sportstätten-Bauvorhaben in Deutschland. 45 Mio. Euro umfasste das Investitionsvolumen nach Informationen des Hauptsponsors Impuls Finanzmanagement AG. Pünktlich zur Saison 2009/10 konnte die Bundesligamannschaft des FC Augsburg darin erstmals den Ball anstoßen.
Nach dem Schlusspfiff ist das Entmüdungsbecken eine der ersten Stationen für die Spieler. Aus sporttherapeutischer Sicht dient das Becken der Entspannung des Körpers, um in temperiertem Wasser nach Training oder Wettkampf eine schnelle Regeneration zu unterstützen. Allerdings ist der physiologische Effekt manchmal eher Nebensache – jedenfalls scheint das Entmüdungsbecken in den Sportstadien zu einer der wichtigsten Einrichtungen geworden zu sein. So soll nach einem Bericht des „Tagesspiegel“ während der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Spielern der Nationalmannschaft am Entmüdungsbecken geplaudert haben, und in der Leverkusener BayArena hätte sich laut einem Interview mit dem Klub-Chef Wolfgang Holzhäuser die Mannschaft „gemeinschaftlich im Entmüdungsbecken ertränkt“, wenn man am letzten Spieltag der Saison 2009/10 die Qualifikation zur Champions-League nur durch das eigene Unentschieden verpasst hätte.
In wenigen Minuten 7500 l Badewasser
Das Entmüdungsbecken gehört nach den Richtlinien von DFB und Ligaverbänden zur Ausstattung des physiotherapeutischen Bereichs von Sportstätten für den Spielbetrieb in der 1. und 2. Bundesliga. In der Augsburger impuls arena wird das Badewasser zur Wiederverwendung unterhalb des Beckens in einem 23 m3 fassenden Schwallwasserbehälter bevorratet. Wird die Arena vorübergehend nicht genutzt, hält die Aufbereitungsanlage hier durch permanente Umwälzung die Wasserqualität konstant. Der Umlauf läuft dabei im Sparbetrieb, wobei das Beckenwasser stets auf einer Mindesttemperatur gehalten wird, damit zur Befüllung des 7,5 m3 fassenden Entmüdungsbeckens nur eine Nachheizung erforderlich ist. Dieser Stand-by-Betrieb spart Energie und ermöglicht, dass das Becken trotzdem in sehr kurzer Zeit betriebsbereit ist. Innerhalb von wenigen Minuten ist das Entmüdungsbecken so mit 35 °C warmem Wasser gefüllt.
Zu den wichtigsten Komponenten der Wasseraufbereitung gehört die Filteranlage Abb. 3. Das Beckenwasser durchströmt einen Mehrschichtfilter. Diesem ist eine Dosieranlage vorgeschaltet, die dem aus dem Schwallwasserbehälter kommenden Rohwasser zunächst ein Flockungsmittel zudosiert. Dadurch werden kleine, ungelöste Feststoffe in größere und damit sicher ausfiltrierbare Verbände überführt (Koagulation). Um die Schmutzpartikel wieder aus dem Filter auszutragen, erfolgt zweimal pro Woche eine Rückspülung.
Neben diesem mechanisch wirkenden Teil der Schwimmbadwasseraufbereitung ist zusätzlich eine permanente Überwachung und Korrektur der Wasserqualität erforderlich. Der mit einer Mess- und Regeleinheit automatisierte Prozess steuert die Zugabe von Chlor und reguliert den pH-Wert des Beckenwassers Abb. 4. Über das Display lassen sich die Wasserparameter freies Chlor, Redoxpotenzial, pH-Wert und Temperatur abfragen. Zum Betrieb der Wasseraufbereitungstechnik gehört ein Betriebsbuch, in das der verantwortliche Betriebstechniker die Ergebnisse der täglichen Kontrolle einträgt.
Zusätzlich steht den Sportlern ein Kalttauchbecken zur Verfügung. Dem Füllwasser aus dem Trinkwassernetz wird durchflussabhängig Chlor zur Desinfektion zugegeben.
Trinkwasserdesinfektion mit Chlordioxid
Die zeitweise längeren Nutzungsintervalle waren auch eine wesentliche Planungsvorgabe für die Trinkwasserinstallation zur Versorgung der Sanitärräume und Duschen. „Unregelmäßige Wasserentnahme und Zeiträume von mehreren Tagen ohne Wasserverbrauch erhöhen das Risiko von mikrobiologischen Kontaminationen im Leitungsnetz und in Warmwasserspeichern“, erklärt Weißenburger. Eine Infektionsgefahr besteht besonders in Duschanlagen, wenn Nutzer die Bakterien über den Wasserdampf oder aufgrund von Aerosolbildung einatmen. Das Schutzziel für die Trinkwasserinstallation in der impuls arena war deshalb, die Gefahr von Legionelleninfektionen zuverlässig zu verhindern.
Die zu berücksichtigenden Nutzungsunterbrechungen führten zu der Entscheidung, mit einer automatischen Chlordioxiderzeugungsanlage ein chemisches Desinfektionsverfahren einzusetzen. Entsprechend der Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren zählen Chlor und Chlordioxid gemäß § 11 der Trinkwasserverordnung zu den zugelassenen Aufbereitungsstoffen für die chemische Desinfektion. Vorteile von Chlordioxid (ClO2) sind, dass es im Wasser beständig ist und eine Depotwirkung besitzt. Darüber hinaus wird eine schnellere Desinfektionswirkung erzielt, wobei ClO2 weder den Geruch noch den Geschmack des Wassers verändert und auch keine kritischen Reaktionsprodukte entstehen.
Eine Besonderheit ist, dass Chlordioxid nicht als fertiges Produkt transportiert werden darf, sondern vor Ort hergestellt werden muss. In der Technikzentrale mischt eine Erzeugungs- und Dosieranlage vom Typ GENO-Baktox Pro Abb. 5 den Dosierwirkstoff aus Natriumchlorit und Salzsäure an. Die Anlage dosiert im Anschluss das erzeugte Chlordioxid in einer Menge von 0,2 mg/l (konform mit den Vorgaben der TrinkwV 2001) durchfluss- und mengenabhängig dem Trinkwasser zu. Das Mischmodul der Erzeugungs- und Dosieranlage lässt das Chlordioxid innerhalb des geräteinternen Kreislaufs zirkulieren, sodass sich bei längerer Stillstandszeit und schwankendem Wasserverbrauch keine zu hohen ClO2-Konzentrationen bilden können. Das Verhindern von „Chlordioxid-Wolken“ minimiert auch das Korrosionsrisiko.
Konzept und Ausführung aus einer Hand
Die Chlordioxid-Anlage stellt die Einhaltung der Trinkwasserhygiene sicher und war als vorgefertigte Kompakteinheit verfügbar. Keine Standardlösung ist jedoch die Konzeption der Wasseraufbereitungstechnik für Entmüdungs- und Tauchbecken sowie für die Trinkwasserinstallation der impuls arena. „Das gesamte Konzept für die Wasseraufbereitung einschließlich der zugehörigen Regeltechnik und der Anlagenhydraulik wurde gezielt auf die Anforderungen abgestimmt. Die gesamte Abwicklung von der Planung über die Installation der zugehörigen Wasser- und Abwasserinstallationen bis zur Inbetriebnahme wurde komplett aus einer Hand geliefert“, berichtet Weißenburger über die Arbeit seiner Kollegen aus der Projektabteilung.
Die Planung der geeigneten Verfahren zur Einhaltung der Trinkwasserhygiene ist jedoch eine übergreifende Aufgabe: „Betreiber, Planer und ausführende Fachunternehmen sind für die Einhaltung der Trinkwasserhygiene gleichwertig verantwortlich“, betont Dr. Heinz Rötlich, Branchenverantwortlicher für den Bereich Hygiene und Gesundheitswirtschaft bei Grünbeck. Von wesentlicher Bedeutung ist es, den Bauherrn von vornherein mit einzubeziehen. Entscheidende Planungsvorgaben, zum Beispiel zeitweilige Nutzungsunterbrechungen oder Anforderungen an kurzfristige Betriebsbereitschaft, können so frühzeitig berücksichtigt werden. •
Mehr Infos zum Thema in den TGAdossiers Wasseraufbereitung bzw. Wasserenthärtung: Webcode 1043 bzw. 1010
Entmüdungsbecken
Wasseraufbereitungsstufen und Komponenten:
Flockungs-Dosieranlage: Ein zudosiertes Flockungsmittel bindet Schmutzpartikel und Schwebestoffe als Vorstufe der Filtration.
Die Umwälzpumpe mit integriertem Haar- und Fasernfänger sorgt für die permanente Umwälzung des Beckenwassers vom Schwallwasserbehälter über die Filteranlage bis zum Wiedereintritt in das Entmüdungsbecken. In der impuls arena erfolgt im Stand-by-Betrieb die Umwälzung nur über den Schwallwasserbehälter.
Mehrschichtfilter: Beim Durchströmen des Filters von oben nach unten werden die Verunreinigungen in den Filterschichten abgeschieden und regelmäßig durch eine Rückspülung entfernt.
Eine Mess- und Regelanlage kontrolliert über eine Messwasserentnahmestelle die Wasserqualität und regelt automatisch die Zugabe der Dosierstoffe. Über die Mess- und Regelanlage kontrolliert der Betreiber den Betrieb der Wasseraufbereitungsanlage.
Durchflussmessung: Eine Messeinrichtung erfasst nach dem Filter die tatsächliche Durchflussmenge.
Wassererwärmung: Das aufbereitete Wasser durchströmt einen Rohrbündel-Wärmeübertrager, der mit Wärme aus dem Heizsystem des Gebäudes das Beckenwasser auf 35 °C erwärmt.
pH-Wert-Korrektur: Die Mess- und Regelanlage kontrolliert permanent den pH-Wert. Ein zu hoher pH-Wert wird durch Zudosierung eines Wirkstoffes gesenkt. Ein zu hoher pH-Wert ist für die Chlordesinfektion und die Flockenfiltration ungünstig. Der pH-Wert erhöht sich durch die natürliche Ausgasung von CO2 aus dem Beckenwasser.
Chlordosierung: Als letzte Aufbereitungsstufe vor dem Wiedereinleiten in das Becken wird das gefilterte und aufbereitete Badewasser durch die Zugabe von Chlor desinfiziert.
Firmenprofil Grünbeck
Als konzernunabhängiges, mittelständisches Unternehmen mit einem jährlichen Außenumsatz von annähernd 120 Mio. Euro verfügt Grünbeck über höchste Kompetenz bei Planung, Konstruktion, Errichtung und Wartung von technischen Anlagen zur Wasseraufbereitung in Haushalt, Gewerbe und Industrie. Die Geschichte von Grünbeck begann vor mehr als 60 Jahren in Höchstädt an der Donau mit der Gründung der Einzelfirma „Wasserchemie und Apparatebau“ durch Loni und Josef Grünbeck. Seitdem folgten kontinuierliches Wachstum bei Umsatz, Personal und Produktionskapazität am Firmensitz. 25 Standorte in Deutschland und eine weltweite Präsenz in allen wichtigen Märkten gewährleisten die Nähe zu den Kunden.
Wolfgang Heinl
schreibt als Fachjournalist für die SHK-Branche, 88239 Wangen im Allgäu, wolfgang.heinl@t-online.de