Regenwassernutzung ist nicht vorgeschrieben, Kreislaufführung von Waschwasser bei gewerblich betriebenen Fahrzeugwaschanlagen schon. Wer bei Umbau und Erweiterung beides kombiniert, spart vierfach: die Gebühr für Regenwasserableitung, die Betriebskosten für die Entsalzung im Kreislaufbetrieb, die Gebühr für Trinkwasser zum regelmäßigen Ausgleich fehlender Mengen und die Lohnkosten für das Polieren der Fahrzeugscheiben nach der Klarwäsche. Dass eine zeitgemäße Regenwasserbewirtschaftung darüber hinaus noch Maßnahmen der Versickerung, Verdunstung und der gedrosselten Ableitung mit vorgeschalteter Reinigung haben sollte, zeigen zwei Betriebshöfe mit vorbildlichen Konzepten.
Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) sichern täglich die Mobilität vieler Menschen in der Stadt und in der Region. Um einen optimal funktionierenden Nahverkehr sicherzustellen, investieren die Verkehrsbetriebe als Mobilitätsdienstleister nicht nur kontinuierlich in das Liniennetz und die Fahrzeugflotte, sondern auch in die Betriebshöfe und Werkstätten, in denen die Wartung und Instandsetzung des Fuhrparks durchgeführt wird.
Die Straßenbahn wird langfristig der Hauptverkehrsträger im innerstädtischen ÖPNV Leipzigs sein. Somit ist es eine Aufgabe von steigender Bedeutung, die Fahrzeuge betriebsbereit zu erhalten. Unter diesem Aspekt wurde das Gesamtkonzept des Technischen Zentrums Heiterblick (TZ) entwickelt. Zusammen mit den Betriebshöfen Angerbrücke und Dölitz bildet es ein funktionelles Dreieck, das den Anforderungen an moderne und leistungsfähige Straßenbahn-Betriebshöfe entspricht. Technische Regeln der Zukunft zur örtlichen Wasserbilanz werden dort sinngemäß schon heute erfüllt – mehr geht nicht.
Regenwasser in einem Stauraumkanal sammeln
Insgesamt arbeiten im TZ 580 Mitarbeiter, davon in der Spitze 300 zeitgleich. Das vom 165 000 m2 großen Gelände und den Dächern abfließende Regenwasser wird in einem Stauraumkanal mit 3 m Durchmesser und 2700 m3 Fassungsvermögen gesammelt und steht der Sprinkleranlage in der 2014 erstellten Hauptwerkstatt zur Verfügung.
Auch die Bewässerung der Außenanlagen erfolgt mit dem so gespeicherten Niederschlag. Sind diese Vorräte aufgebraucht, dürfen drei Grundwasserbrunnen genutzt werden. Der Stauraumkanal stellt, wie die Dachbegrünung, eine verzögerte Ableitung des Regenwassers dar und entwässert mit maximal 10 l/s in den Regenkanal der Kommunalen Wasserwerke Leipzig. Um Leichtflüssigkeiten, wie Öl und Benzin, zurückzuhalten, ist ein Absetzbecken mit Sedimentationsraum und Tauchwand vorgeschaltet.
Dachbegrünung verdunstet Regenwasser
Ein Gründach bringt Vorteile für den natürlichen Wasserkreislauf sowie das Mikroklima im Umkreis des Gebäudes. Das liegt an der Luftbefeuchtung und Verdunstungskühlung durch die Pflanzen, die das Regenwasser in gasförmigem Zustand zurück in die Luft geben – ebenso an der Staubbindung sowie der Umwandlung von Kohlendioxid in Sauerstoff.
Und es bringt dem Betreiber messbare Vorteile. So treten beispielsweise keine größeren Temperaturschwankungen in der Konstruktion auf, was die Nutzungsdauer der Immobilie und deren finanziellen Wert erhöht. Auch ist der Wohlfühleffekt in den Räumen darunter an sehr heißen Tagen besonders groß, solange die Begrünung nicht ausgetrocknet ist. Um dies ohne Bewässerung zu erreichen, versuchen die Hersteller der Gründachsysteme die Verfügbarkeit des Regenwassers für den Bewuchs zu verbessern.
Dachbegrünung nach heutiger Bauart besteht aus mehreren Schichten, mit einer Aufbauhöhe ab 8 cm und mit Verdunstungsraten im Jahresmittel von 30 bis über 90 % der auftreffenden Regenmenge. „Wir können durch entsprechende Speicherlagen den Rückhalt des Regenwassers im System erhöhen“, erklärt Dr. Gunter Mann, Präsident des Bundesverbands GebäudeGrün e. V. (BuGG).
Eines der Ergebnisse ist das Retentionsdach Typ Mäanderdach 60 (Optigrün international, Bild 2 und Bild 3), wie es auf der neuen Hauptwerkstatt (6720 m2) des TZ der Leipziger Verkehrsbetriebe vom Garten- und Landschaftsbaubetrieb Güther im Jahr 2013 eingebaut wurde. Inhaber Jürgen Güther nennt als Voraussetzung ein Flachdach mit 0 bis 5° Neigung und ergänzt: „Bei 12 cm Bauhöhe erreicht die Begrünung eine Verringerung des Spitzenabflusses bis zu 83 %, entsprechend einer Abflusskennzahl C = 0,17“.
Mit nur zwei Wartungsintervallen pro Jahr ist der Aufwand für die Pflege der extensiven Vegetation, bestehend aus einer Mischung von Kräutern, Gräsern und Sedum, überschaubar.
Verdunstung durch Dachbegrünung
Grundsätzlich ist die Bewirtschaftung der Niederschläge zur Rückführung in den natürlichen Wasserkreislauf von zentraler Bedeutung für den Klimaschutz. Denn solange Regenwasser wie bisher abgeleitet wird, fehlt eine Menge Luftfeuchtigkeit, die für weiteren Niederschlag notwendig ist. Zur Verdunstung von 1 m3 Wasser bei 45 °C sind etwa 700 kWh erforderlich. In Stadtzentren würde diese Wärmebindung als natürliche Kühlung gut funktionieren, wenn genügend wasserhaltige Flächen vorhanden wären.
Extensiv begrünte Dächer wandeln in den Sommermonaten 58 % der Strahlungsbilanz in die Verdunstung von Wasser um. Bitumendächer liegen nach Messungen an zwei benachbarten Dächern der UFA Fabrik in Berlin nur bei 6 %. Als Regel der Technik gilt die FLL-Dachbegrünungs-Richtlinie (2018).
Eine Besonderheit ist bei der Kombination von Dachbegrünung mit Photovoltaik zu beachten. Wegen der Gewährleistung (Windsog etc.) sollte die PV-Halterung zusammen mit dem Gründach ausgeschrieben und beauftragt werden. Für die Kombination ist eine Bewässerung ideal, um eine optimale Verdunstungsleistung (Kühlung) für einen höheren Stromertrag zu erhalten.
Waschanlage nutzt Regenwasser
Der 2016 vollständig modernisierte und funktional erweiterte Straßenbahnbetriebshof in Dölitz leistet einen entscheidenden Beitrag zum öffentlichen Personennahverkehr in Leipzig im technischen und logistischen Zusammenspiel mit dem Betriebshof Angerbrücke und dem TZ.
Mit der Um- und Neubaumaßnahme entstand auf dem Gelände eine erneuerte Infrastruktur mit optimalem Gleisbild und Bahnstromversorgung, eine Frei-Abstellanlage für bis zu 31 Züge – das entspricht 75 Straßenbahn-Fahrzeugeinheiten zu je 15 m Länge – mit Umlauftechnologie, sowie eine multifunktionale Betriebswerkstatt mit drei Arbeitsständen und einer Waschanlage. Hier wird ein Teil des Regenwassers genutzt.
Aufbereitung des Regenwassers für die Waschanlage
Die Waschwasseraufbereitung erfolgt mit einer bauaufsichtlich zugelassenen Kreislaufbehandlungsanlage. Sie besteht aus mehreren unterirdisch eingebauten Behältern. Im ersten erfolgt die Vorbehandlung durch Schlammfang und Vorabscheider. Dabei werden sowohl absinkende wie auch aufschwimmende Stoffe zur weitgehenden Entlastung und Schonung der nachfolgenden Anlagentechnik zurückgehalten.
Im zweiten Becken erfolgt die mechanisch-biologische Aufbereitung, im dritten lagert das so gereinigte Wasser, bis es im oberirdischen Vorlagebehälter benötigt wird. In bestimmten Zeitabständen, abhängig von der Außentemperatur, wird das bereitstehende Betriebswasser umgewälzt, um einer Geruchsbildung vorzubeugen.
Aus der Zisterne wird Regenwasser ebenfalls in einen oberirdischen Vorlagebehälter gepumpt, kann dort jedoch ohne Belüftungsmaßnahmen bevorratet werden, da es keine nennenswerten organischen Bestandteile hat. Somit können Betriebs- und Regenwasser beliebig für einzelne Waschschritte eingesetzt werden.
Die Beschaffenheit des von Natur aus weichen Regenwassers ist ideal, denn es hinterlässt keine Kalkschleier auf Lack und Scheiben. Und es reduziert vor allem im Winter die Leitfähigkeit des Betriebswassers, d. h. es gleicht die durch mehrfache Aufbereitung allmählich ansteigende Salzkonzentration des recycelten Waschwassers aus.
Trinkwasser, insbesondere aus Grund- und Quellwasser, das mit Gestein in Berührung kommt und Mineralstoffe auslöst, hat seinerseits eine hohe Leitfähigkeit und hinterlässt Rückstände auf den Fahrzeugen. Es eignet sich daher zur Auffrischung des Waschwassers weniger gut als Regenwasser. Auch die Trinkwassergebühren sprechen dagegen.
Wie groß muss der Regenspeicher sein?
Die Planer der Arbeitsgemeinschaft Staupendahl & Partner + VCDB VerkehrsConsult Dresden-Berlin haben errechnet, dass von 6135 m2 Dachflächen bei 600 mm Niederschlag und Ertragsbeiwerten von teilweise 0,5 und teilweise 0,8 ca. 2400 m3 Regenertrag pro Jahr anfällt. Dem gegenüber stehen ein einmaliger Löschwasserbedarf von 100 m3 sowie ein jährlicher Betriebswasserbedarf von 2500 m3 für
Gemäß DIN 1989-1 wurde die wirtschaftliche Regenspeichergröße ermittelt als Produkt aus dem kleineren Wert von jährlichem Regenertrag bzw. Regenwasserbedarf, multipliziert mit dem Faktor 0,06. Das ergibt aufgerundet 150 m3, was bei durchschnittlicher Wasserverwendung für ca. 3 Wochen reicht (52 Wochen × 0,06 = 3 Wochen).
Zuzüglich 100 m3 Löschwasser im Dauerstau beträgt das eingebaute Behältervolumen 250 m³. Es liegt im Außengelände, nahe an der Waschanlage, um Leitungslängen und Saugrohrverluste zu minimieren. Bei leerem Speicher wird aus einem neu gebohrten Brunnen nachgespeist. Bei vollem Speicher findet ein Überlauf in das nachgeschaltete Regenüberlaufbecken statt.
Zusätzlich wurde von den ARGE-Planern der Nachweis der schadlosen Überflutung gemäß DIN 1986-100 mit dem 30-jährigen Regen für das gesamte Areal des Betriebshofes geführt.
Solar-Gründach, Versickerungsfläche, und Regenrückhaltebecken kombiniert
Das Solar-Gründach der neu erstellten Betriebswerkstatt (Bauteil E) ist eine durch Auflast gehaltene Aufständerung, die ca. 15 l/m2 Niederschlagswasser speichern kann. Das bringt mehrere Vorteile:
Die Versickerungsfläche nimmt den Oberflächenabfluss der umliegenden Verkehrsflächen auf und reinigt diesen gemäß DWA-M 153 durch eine mindestens 10 cm starke belebte Bodenzone. Zum Grundwasser ist der Mindestabstand von 1 m ab Unterkante Versickerungsanlage gegeben.
Zur Bemessung wurde das 5-jährige Regenereignis herangezogen. Die Muldensohlfläche von 670 m2 liegt mindestens 50 cm unterhalb der Verkehrsflächen. Die Einstauhöhe beträgt 30 cm, reguliert durch die Lage des Notüberlaufs in das Regenrückhaltebecken. So wird ein Rückstau in die Verkehrsflächen vermieden. Zur Bepflanzung im Zentrum der Sickermulde wurden Schilfpflanzen gewählt, die eine jährliche Verdunstungsleistung von 1500 l/m2 aufweisen.
Reinigung der Oberflächenabflüsse
Das Regenrückhaltebecken zur gedrosselten Ableitung nimmt Überläufe der Versickerungsmulde und des Regenspeichers auf. Diese sind wenig belastet. Ebenfalls angeschlossene Gleis- und Verkehrsflächen müssen aufgrund ihrer Schmutzbelastung zunächst in eine Sedimentationsanlage entwässert werden, die dem Regenrückhaltebecken vorgeschaltet ist. Ihre Wirkung ist durch eingebaute Lamellenpakete optimiert, was eine kompakte Behälterform ermöglicht und zur Bezeichnung „Lamellenklärer“ führt.
Funktionsweise der hier verwendeten Oberflächenwasser-Reinigung: Sedimentation ist die einfachste und wirtschaftlichste Methode der Regenwasserbehandlung. Ein Prallblech versetzt das zulaufende und das im Behälter stehende Wasser in Rotation. Die Wasserströmung wird durch das eingebaute Zentralrohr nach unten gelenkt, wobei sich Schwebstoffe zum Behälterboden hin absondern (Sedimentation).
Falls weniger Raum zur Verfügung steht, als berechnet, kann die wirksame Oberfläche des Beckens mit Lamellenpaketen vervielfacht werden. Das sind zusätzlich eingebaute, parallel angeordnete, profilierte Platten. Sie verbessern die Absetzwirkung, insbesondere für kleine Partikel.
Sowohl Lamellenklärer als auch Sedimentationsanlagen erfüllen die aktuellen Richtlinien der Oberflächenwasserbehandlung, wie zum Beispiel DWA-M 153. Im Fall einer Havarie, die ein geplatzter Kraftstofftank oder eine defekte Ölwanne eines Pkw oder Lkw im Betriebshof verursachen könnte, wird der Abfluss von Leichtstoffen oder mineralischen Kohlenwasserstoffen durch den in der Sedimentationsanlage zusätzlich vorhandenen Auffangraum verhindert.
Regenspeicher, Regenrückhaltebecken, Filterschächte, Regenwasserbehandlung, Lamellenklärer, Abwasserbehandlung und die Abscheideanlage wurden von Mall geliefert.
Lokale Wasserbilanz
Mit dem Inkrafttreten der Arbeits- und Merkblattreihe DWA-A/M 102 in Verbindung mit BWK-A/M 3 spielt bei der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung neben der Entwässerungssicherheit (Quantitätsaspekt) und der Behandlung des Regenabflusses (Qualitätsaspekt) vor allem die lokale Wasserbilanz eine zentrale Rolle.
Das bedeutet, dass die Anteile von Verdunstung, Versickerung und Abfluss nach der Bebauung wieder denjenigen möglichst nahekommen sollen, die auf den Referenzflächen vor der Bebauung gegeben waren. Nach der Bearbeitung einer Vielzahl von Einsprüchen traten die ersten beiden von fünf Teilen des Regelwerks im Dezember 2020 in Kraft.
Bei der Betriebswerkstatt Dölitz und dem Technischen Zentrum Heiterblick der Leipziger Verkehrsbetriebe gelang es den Planern bereits vor knapp 10 Jahren, weitgehend den künftigen Anforderungen zu entsprechen, die an die Wasserbilanz für die Bewirtschaftung des Niederschlagswassers gestellt werden.
Literatur
[1] Fachschrift Fahrzeugwäsche. Köln: Ausschuss für Betriebshöfe und Werkstätten des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, VDV-Schrift 861, Stand April 2015
[2] Regenwasserbewirtschaftung und Niederschlagswasserbehandlung. Donaueschingen: Mall (Hrsg.), Planerhandbuch, 2020
[3] Schmidt, Theo G.: Neue Regeln für Regenwetterabflüsse in Siedlungsgebieten: DWA-A 102 und BWK-A 3. Donaueschingen: Mall, „Ratgeber Regenwasser. Für Kommunen und Planungsbüros“ 8. Auflage., 2020
[4] Merkblatt DWA-M 102-4 / BWK-M 3-4 Grundsätze zur Bewirtschaftung und Behandlung von Regenwetter-Abflüssen zur Einleitung in Oberflächengewässer – Teil 4: Wasserhaushaltsbilanz. Hennef / Aachen: DWA / BWK, Dezember 2020 (Entwurf)
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Dieser Artikel ist eine Überarbeitung des Artikels „Mehr geht nicht“ von Klaus W. König, erschienen in TGA 01-2021.