Kompakt informieren
- Regenwasser lässt sich in vielfältiger Weise zur Kühlung verwenden. Neben den entfallenden Kosten für den Bezug von Trinkwasser reduzieren sich die Betriebskosten für die Wasseraufbereitung.
- Praxisbeispiele der Regenwassernutzung zeigen, dass mit durchdachten Konzepten eine Refinanzierung der Investitionskosten in überschaubaren Zeiträumen möglich ist.
- In Gewerbegebäuden lassen sich für die Regenwassernutzung oft Synergien finden, beispielsweise durch die Kombination der Regenwasser- und Löschwasserbevorratung.
Zur Kühlung kann Regenwasser als Alternative zu chemisch aufbereitetem Trinkwasser und zur direkten Verdunstung in Kühltürmen und zur indirekten Verdunstungskühlung bei der adiabaten Abluftkühlung verwendet werden. Darüber hinaus erstreckt sich der Einsatz von Regenwasser zur Kühlung in der Haustechnik auf Technologien ohne Verdunstung, beispielsweise als Verteil- und Transport-Medium zum Abführen von Wärme. Dabei wird Wärme über unterirdische Regenspeicher an das Erdreich abgegeben oder bei Bedarf aus dem Regenspeicher zurückgewonnen. Weitere Möglichkeiten bieten die Bauwerksbegrünung und freie Wasserflächen, d.h. Verdunstung durch Bewässerung und nachfolgende Evapotranspiration bei Gründach- oder Fassadenbepflanzung in Kombination mit Verschattung durch die Pflanzen oder Verdunstung über Teichflächen als Kombination von natürlich stattfindender Verdunstungskühlung mit Luftbefeuchtung.
Fassadenbegrünung und Abluftkühlung
Der Neubau des Institutes für Physik Abb. 1 ist ein Teil der Humboldt-Universität zu Berlin auf dem Campusgelände in Berlin-Adlershof. Hier wird Regenwasser sowohl zur adiabaten Abluftkühlung Abb. 2 als auch zur Bewässerung der Fassadenbepflanzung eingesetzt. Die Gebäudebegrünung schützt vor hohen Temperaturen durch Verschattung. Ein Projektmonitoring der TU Berlin und der Hochschule Neubrandenburg in Kooperation mit der Humboldt Universität zu Berlin begleitet das Vorhaben im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin seit einigen Jahren. Die Ergebnisse wurden unter anderem in der Berliner Broschüre [1] veröffentlicht. Beeindruckend ist die Tatsache, dass dabei bis zu einer Außentemperatur von 30 °C auf konventionell erzeugte Kälte verzichtet werden kann. Das ist besonders bedeutend, weil das Konzept einfach auf viele Neubauten übertragbar ist.
Kühlen und Spülen im Krankenhaus
Ein breit gefächertes medizinisches und pflegerisches Angebot und die zurzeit 577 Planbetten machen das Klinikum Bad Hersfeld zu dem medizinischen Kompetenzzentrum für Ost- und Mittelhessen. Besonders effizient ist hier die Kühlung von Vakuumpumpen für die Sterilisation. Wurde früher der Betriebsanleitung des Sterilisatoren-Herstellers folgend innerhalb eines Jahres 4000 m3 enthärtetes Trinkwasser genutzt und anschließend warm in die Kanalisation eingeleitet, so wird heute Regenwasser im geschlossenen Kreislauf durch eine Zisterne geleitet, wo die Abwärme aufgenommen wird.
Mit Kühlung, Teich und Bewässerung sowie Toilettenspülung erreicht die Regenwassernutzung 2948 m3/a [3]. In der Zukunft sind Erweiterungen des Systems bei Neu- und Umbaumaßnahmen für weitere 100 Toiletten geplant. Mit einer Speichererweiterung um 10 m3 werden Bedarf und Ertrag an Regenwasser ausgeglichen sein. Die dadurch erzielbare Einsparung beträgt voraussichtlich rund 5400 Euro/a und in 20 Jahren 108000 Euro. Die Investition zwischen 31500 und 58000 Euro wird sich in sechs bis elf Jahren refinanziert haben.
Zisternenwasser kühlt Destille
Das Bio-Hotel Panorama in Mals/Südtirol verarbeitet einheimische Obstsorten nicht nur in der Küche. Inhaber Frieder Steiner präsentiert bei der Schnaps-Verkostung Steinobst- und Kernobst-Edelbrände aus eigener Produktion. Zur Kühlung der Destille hat er einen Wasserkreislauf zwischen Zisterne und Brennerei installiert. Im unterirdischen Speicher mit 20 m3 Fassungsvermögen „verliert“ sich die Wärme schnell ins Erdreich.
Energie- und Wasserkonzept
1996 begann Emil Frei Lacke in Döggingen/ Schwarzwald die Produktion zu optimieren und in einem ersten Schritt durch Kühlung mit Regenwasser Kosten zu sparen. Regenwasser dient hier seit mehr als zehn Jahren auch zur WC-Spülung. Mit der Planung des neuen Logistikzentrums im Jahr 2009 folgten weitere Schritte. Für das neue Hochregallager musste eine Sprinkleranlage mit einem Löschwasservorrat von 870 m3 eingebaut werden. Der mit Regenwasser von den Dachflächen nachgespeiste Löschwassertank ist nun Teil eines ausgeklügelten Systems im Keller des Gebäudes. Hier befindet sich auch die neue Heizzentrale mit einer Wasser/Wasser-Wärmepumpe. Kühlwasser (Regenwasser aus dem Löschwasserbehälter), das in unterschiedlichen Prozessen in der Pulverlack-Produktion auf 18 °C erwärmt wurde, wird über eine Wärmepumpe oder einen Kühlturm bis auf 15 °C abgekühlt. Gleiches geschieht mit 30 °C warmem Wasser aus der Flüssiglackproduktion.
Über die Wärmepumpe wird eine Vorlauftemperatur bis 40 °C zur Beheizung der Arbeitsräume zur Verfügung gestellt. Im Sommer kann das System zur ganzjährigen Maschinenkühlung auch für die Kühlung der Räume eingesetzt werden. „Bis zu einer Außentemperatur von 0 °C müssen wir überhaupt nicht mehr konventionell zuheizen“, freut sich Geschäftsführer Hans-Peter Frei. „Für uns ist das eine wirtschaftliche und nachhaltige Investition“. Allein in den ersten sechs Betriebsmonaten des Jahres 2010 hat die von ihm konzipierte Technik rund 42000 l Heizöl im Wert von über 23000 Euro eingespart. Die Anlage wird sich voraussichtlich nach fünf Jahren amortisiert haben [4].
Verdunstung im Kühlturm
Auch Hüttinger Elektronik in Freiburg kommt zu einem solchen Ergebnis. Das anfallende Regenwasser der Dachflächen wird in einer 300 m3 großen Zisterne Abb. 3 gespeichert und in Kühltürmen eingesetzt. Es wird dazu mit Trinkwasser verschnitten. Erst wenn kein Regenwasser mehr im Speicher ist, wird ausschließlich Trinkwasser eingesetzt. Der Verzicht auf die sonst übliche Kältemaschine spart elektrische Energie. Bei der Raumluftkühlung bedeutet das bei Hüttinger Elektronik eine CO2-Reduktion von 318 t/a und bei der Produktionskühlung mit erhöhter Temperatur von 551 t/a. Zusammen entspricht dies der CO2-Emission, die bei der Verbrennung von 155000 l Heizöl anfallen würden. •
Literatur
[1] Konzepte der Regenwasserbewirtschaftung. Gebäudebegrünung, Gebäudekühlung. Leitfaden für Planung, Bau, Betrieb und Wartung. Berlin: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin (Hrsg.), 1. Auflage, 2010
[2] Kaiser, M. und Schmidt, M.: Einsatz von Regenwasser zur Kühlung von Gebäuden und Prozessen, in: Ratgeber Regenwasser. Für Kommunen und Planungsbüros. Rückhalten, Nutzen und Versickern von Regenwasser im Siedlungsgebiet. Donaueschingen: Mall GmbH (Hrsg.), 3. Auflage, 2010
[3] Kohlrenken, H.: Regenwassernutzung im städtischen Krankenhaus, in: Regenwasser in öffentlichen und sozialen Einrichtungen. Darmstadt: Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung (Hrsg.), Schriftenreihe fbr Band 14, 2011
[4] Kunz, P.: Regenwasser zur Kühlung und Klimatisierung, in: Regenwassernutzung in öffentlichen und sozialen Einrichtungen. Darmstadt: Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung (Hrsg.), Schriftenreihe fbr Band 14, 2011
Mehr Infos zum Thema im TGAdossier Regen- und Grauwassernutzung: Webcode 1068
Dipl.-Ing. Architekt Klaus W. König
ist ö.b.u.v. Sachverständiger für Bewirtschaftung und Nutzung von Regenwasser, Fachjournalist und Vorstandsmitglied der Fachvereinigung für Betriebs- und Regenwassernutzung (fbr), Überlingen, Telefon (0 75 51) 6 13 05, mail@klauswkoenig.com, http://www.klauswkoenig.com