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- Der Abfluss belasteter Verkehrsflächen kann mittlerweile so behandelt werden, dass er unter Einhaltung der technischen Regeln ins Grundwasser versickert werden darf oder in Oberflächengewässer eingeleitet werden kann.
- Das senkt die Betriebskosten, der Regenwasseranteil auf der Kläranlage verringert sich und der natürliche Wasserhaushalt profitiert.
Regenwasser wird immer mehr zum Kostenfaktor. Früher war der Anschluss der Regenwasserleitung an den Kanal der Kommune vorgeschrieben und ohne zusätzliche Kosten. Heute gilt das Gegenteil: Regenwasser soll auf den Grundstücken bewirtschaftet werden. Falls dies nicht gelingt, muss pro Quadratmeter in den Kanal entwässerte Fläche Jahr für Jahr eine separate Gebühr bezahlt werden. In Berlin wird sie als Niederschlagswasserentgelt in Höhe von 1,74 Euro/(m2 · a) Jahr erhoben.
Allerdings: Selbst der Abfluss belasteter Verkehrsflächen im Zentrum von Städten wie Berlin kann mittlerweile so behandelt werden, dass er unter Einhaltung der technischen Regeln ins Grundwasser versickert werden darf. Damit entfällt die Ableitungsgebühr, die Betriebskosten der Immobilien sinken.
WHG gibt die Richtung vor
Ein Beispiel ist das Bundesumweltministerium (BMU), unmittelbar nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 neu geschaffen. Es wurde u. a. von Prof. Dr. Klaus Töpfer und der aktuellen Bundeskanzlerin Angela Merkel geführt. Der erste Dienstsitz ist noch immer Bonn, der zweite Berlin. Für den Neubau seines Berliner Gebäudes in der Nähe des Potsdamer Platzes hat das BMU angrenzende Flächen saniert. Das anfallende Regenwasser von Zufahrten, Wegen und Platzflächen wird über eine unterirdische Rigolenversickerung dem Grundwasser zugeführt.
Die Forderung des Auftraggebers (Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in Berlin) an die Planer war eine vorhergehende Behandlung des Regenwassers nach dem aktuellen Stand der Technik. Das Ministerium geht hier mit gutem Beispiel voran und macht den Vorreiter bei der Einhaltung des von ihm vor wenigen Jahren auf den Weg gebrachten Wasserhaushaltsgesetzes (WHG). Darin bestimmt der Gesetzgeber seit dem 1. März 2010 laut § 57 Abs. 1: „Eine Erlaubnis für das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Direkteinleitung) darf nur erteilt werden, wenn die Menge und Schädlichkeit des Abwassers so gering gehalten wird, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Verfahren nach dem Stand der Technik möglich ist…“.
Konstante Schmutzfracht
Besteht bei der Entwässerung von Verkehrsflächen die Gefahr, durch Schadstoffe das Grundwasser zu beeinträchtigen, ist eine geeignete Behandlung erforderlich. Stephan Klemens von Mall, Donaueschingen, maßgeblich beteiligt an der Entwicklung des in Berlin eingebauten ViaPlus-Substratfilters, weiß um die doppelte Anforderung nach einerseits optimalem hydraulischem Durchsatz und andererseits bestmöglicher Reinigungsleistung. Daher hat er großen Wert auf ein sehr gutes Verhältnis von Oberfläche zu Volumen des Filters gelegt: „Die Schmutzfracht bleibt konstant, unabhängig von der Menge des Regenwassers. Das ist das Besondere bei Niederschlagsabflüssen. Durch unsere patentierte Konstruktion entstehen je nach Intensität eines Regenereignisses unterschiedliche, aber in jedem Fall passende hydraulische Verhältnisse.“
Bei geringer Niederschlagsintensität wirkt der Schwanenhals im Ablauf des Substratfilters wie ein Stauwehr. Der Wasserspiegel steigt bis zum oberen Krümmer an, sodass der ganze Filter benetzt ist. Bei weiter anhaltendem Zufluss erfolgt langsam ein Stau in den Krümmer hinein. Der höchstmögliche Wasserstand verursacht durch das dann vollständig gefüllte Fallrohr einen Sog, der die maximale Wassermenge durch den Filter saugt.
Reinigungsleistung besser als gefordert
In jedem Fall durchläuft das zu reinigende Wasser drei Stufen Abb. 1:
- Rückhaltung absetzbarer Stoffe bis zu einer Korngröße von ca. 50 µm (0,05 mm) durch tangentiale Einleitung in ein Trichterbecken (Hydrozyklon).
- Trennung der abfiltrierbaren Stoffe bis zu einer Größe von 0,45 µm (0,00045 mm) durch die Filterstufe aus Porenbeton. Gleichzeitig ergibt sich ein Koaleszenzeffekt für eingetragene mineralische Kohlenwasserstoffe.
- Entfernung der gelösten und emulgierten Stoffe, wie Schwermetalle, mineralische Kohlenwasserstoffe und organische Stoffe durch Adsorption.
Klemens ist stolz auf die lange Standzeit von vier Jahren, die im September 2011 vom DIBt in der Zulassung Z-84.2-8 bescheinigt wurde, und ergänzt: „Die Wartung ist unkompliziert, denn bei unserem Filter ist der Schlammraum allseitig gut zugänglich.“ Die Reinigungsleistung ist zudem besser als erforderlich. Das ergab die Prüfung des TÜV Rheinland, durchgeführt an der Landesgewerbeanstalt (LGA) Bayern, Außenstelle Würzburg. Für die Parameter AFS (Feststoffe) liegt der Wirkungsgrad bei 93 statt 92 %, für MKW (Öl) bei 99 statt 80 %, für Kupfer bei 90 statt 80 % und für Zink wurden 89 statt der geforderten 70 % erreicht.
Nachfolgend ein Auszug aus der Einbauanweisung für ViaPlus-Schachtanlagen: „Das Grundelement besteht aus einem monolithischen Stahlbetonfertigteil-Behälter, welcher im Über-Kopf-Verfahren hergestellt wurde. Die Produktionsweise macht es möglich, einen fugenlosen vollständig stahlbe-wehrten Behälter ohne Arbeitsfuge im kritischen Anschnitt Wand-Sohle herzustellen. Die Anlage kann Verkehrsbelastungen der gängigen Lastbilder ohne zusätzliche Maßnahmen aufnehmen. Sämtliche Filterelemente.sind werkseitig vormontiert und müssen beim Einbau vor Verschmutzungen geschützt werden. Mall Substratfilter ViaPlus Abb. 2 gibt es mit DIBt-Bauartzulassung in zwei Größen, für anschließbare Flächen von max. 500 m2 und 3000 m2. Für die Entwässerung von noch größeren Verkehrsflächen wird das Trennbauwerk ViaSep vorgeschaltet.
Referenz Industriebetrieb Bilstein
In der Stadt Ennepetal am südlichen Rand des Ruhrgebiets hat der Fahrzeugzulieferer febi bilstein die Zahl seiner Mitarbeiter erhöht und deshalb 2012 einen weiteren Parkplatz für die Belegschaft angelegt. Das Oberflächenwasser von 162 gepflasterten Pkw-Stell-plätzen wird gesammelt, in einer kombinierten unterirdischen Anlage zurückgehalten und gereinigt Abb. 3. Dem Substratfilter ViaPlus Abb. 5 sind ein Drosselbauwerk und ein Schlammfang vorgeschaltet Abb. 4.
Vor dem Abfluss passiert das gereinigte Wasser einen Probenahmeschacht, bevor es in einen verrohrten Bachlauf eingeleitet wird. Dieser geht nach ca. 1500 m in ein offenes Gewässer über. Zur Art und Weise der Oberflächenbehandlung hatte die Untere Wasserbehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises Vorgaben gemacht, u. a. dass die Behandlungsanlage den Ablauf ins Gewässer auf maximal 5 l/s drosselt und dass die Anlage eine Bauartzulassung des DIBt haben soll. Um die Erschließung so wirtschaftlich wie möglich zu bauen, wurde vorsorglich das benachbarte Grundstück mit einbezogen. Auf diesem will febi bilstein künftig einen Kfz-Lackierbetrieb mit Kfz-Waschplatz errichten.
Literatur
Regenwasserbewirtschaftung und Niederschlagswasserbehandlung, Planerhandbuch. Donaueschingen: Mall GmbH (Hrsg.), 2016, kostenlos, Download auf www.mall.info
Klaus W. König
ist selbstständig tätig und hält Vorträge zu ökologischer Haustechnik. Als freier Fachjournalist und Buchautor veröffentlicht er regelmäßig Artikel in Umwelt-, Architektur-, Heizungs- und Sanitärzeitschriften. 88662 Überlingen am Bodensee, www.klauswkoenig.com