Kompakt informieren
- Der ab Dezember 2013 rechtswirksame, neue Grenzwert von 10 μg/l Blei im Trinkwasser tritt unmittelbar in Kraft, für die UBA-Werkstoffliste gilt ein Übergangszeitraum von zwei Jahren.
- Hieraus ergeben sich Herausforderungen, die aber sicher zu handhaben sind: Die Auswahl von Produkten aus hygienisch geeigneten Werkstoffen und das Erkennen bzw. das Beseitigen von Problemen im Bestand.
- Ab Dezember 2013 wird es dann nur noch neue Zertifikate für Produkte geben, wenn sie aus einem geeigneten Werkstoff bestehen.
- Die führenden Hersteller von Installationsmaterialien und Armaturen für den Trinkwasserbereich verwenden schon seit Jahren Materialien, für die neben der hygienischen Eignung auch die Langzeitbeständigkeit nachgewiesen ist.
Nicht nur die Art der Gewinnung und -verteilung von Wasser, sondern auch die Installationsmaterialien haben zwangsläufig Einfluss auf den Erhalt der Trinkwassergüte an der Entnahmestelle. Deswegen hat die EU bereits 1998 alle wesentlichen Anforderungen an Trinkwässer festgelegt, die heute noch gelten. 2001 wurden diese in die deutsche Trinkwasserverordnung (TrinkwV) überführt. So konnten sich alle Marktteilnehmer langfristig auf die Neuerungen vorbereiten.
Ein Beispiel dafür ist die seit 15 Jahren bekannte Verschärfung des Grenzwerts für Blei von aktuell 25 µg/l auf 10 μg/l. Spätestens ab dem 1. Dezember 2013 wird dadurch der politisch gewollte Austausch von Bleianschluss- und -installationsleitungen de facto in ganz Europa erzwungen.
Gleichzeitig veröffentlicht das Umweltbundesamt (UBA) nach und nach für alle Werkstoffgruppen sogenannte Positivlisten, die offiziell „Bewertungsgrundlagen“ gemäß § 17 TrinkwV heißen. Sie geben den Herstellern eine Orientierung, welche Werkstoffe für Produkte im Kontakt mit Trinkwasser verwendet werden dürfen. Dabei werden Übergangsfristen eingeräumt – für metallene Werkstoffe zum Beispiel bis Dezember 2015. Die gute Nachricht für Fachplaner und Fachhandwerker ist: Bei fachgerechtem Einbau und Betrieb von Produkten aus gelisteten Werkstoffen gibt es keine Konflikte mit der TrinkwV.
Zielsetzung des Gesetzgebers
Auslöser der neuen Regelungen ist, dass bis in die 1970er-Jahre auch in deutschen Trinkwasser-Installationen noch Bleileitungen verbaut wurden. Zwar gab und gibt es hier große regionale Unterschiede, doch bis heute sind diese Installationen die hauptsächliche Quelle für die Bleiabgabe ins Trinkwasser. Außerdem existieren noch Hausanschlussleitungen bis zum Wasserzähler aus Blei. Darum war der europäische Grenzwert für Blei von 10 µg/l (siehe Info-Kasten) von Anfang an auch politisch motiviert. Er sollte ein klares Signal an alle Länder der EU geben, diese „Restbestände“ nach und nach zu beseitigen – und zwar bis zum 1. Dezember 2013. Diese 15 Jahre sind nun fast verstrichen.
Neben den Hausanschluss- und Hausinstallationsleitungen aus Blei geraten durch den herabgesetzten Grenzwert aber auch andere Quellen für die Bleiabgabe ins Trinkwasser stärker in den Fokus. So ist beispielsweise generell ein Bleigehalt von 5 μg/l in den von den Wasserwerken gelieferten Trinkwässern erlaubt. Weitere Quellen für Blei im konsumierten Wasser können Installationsmaterialien und Armaturen sein. Damit der zulässige Grenzwert nicht überschritten wird, dürfen diese also in der Summe ebenfalls nicht mehr als 5 μg/l Blei an das Trinkwasser abgeben.
Positivliste für geeignete Werkstoffe
Als vorsorgliche Schutzmaßnahme wurde im letzten Jahrzehnt von einigen Ländern der EU ein Bewertungssystem für Werkstoffe in Kontakt mit Trinkwasser entwickelt. Es stellt sicher, dass die Grenzwerte der TrinkwV an den Entnahmestellen bei fachgerechter Planung, Installation und Betrieb sicher eingehalten werden können. Dabei handelt es sich um ein in Deutschland etabliertes Vorsorgeprinzip (vergl. DIN 50930, DVGW W 270 und KTW-Empfehlungen). Für viele Länder war dieses Prinzip jedoch neu – und wurde 2004 auf europäischer Ebene für Metalle sogar noch abgelehnt (vergl. EN 12502).
Seit Ende 2012 veröffentlicht nun aber das UBA „seine“ mit Schlüsselländern der EU vereinbarte Liste „Trinkwasserhygienisch geeignete metallene Werkstoffe“, zunächst als Empfehlung. Ab Dezember 2013 soll diese Liste als „Bewertungsgrundlage“ im Sinne des § 17 der TrinkwV veröffentlicht werden und – nach einer Übergangsfrist von zwei Jahren – dann 2015 in Kraft treten.
Die UBA-Positivliste dient dabei in erster Linie den Herstellern von trinkwasserberührten Produkten als Hilfestellung bei der Auswahl von hygienisch einwandfreien Werkstoffen. Vergleichbare Positivlisten werden derzeit auch für Kunststoffe, Elastomere (Dichtungen) und zementgebundene Werkstoffe vom UBA in Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern weiterentwickelt.
Ein Werkstoff ist nicht gelistet
Für Fachplaner und Fachhandwerker bedeutet das zukünftig noch mehr Sicherheit, denn alle zertifizierten Produkte haben werkstoffseitig ihre besondere trinkwasserhygienische Eignung mit aktualisierten Methoden nachgewiesen. Lediglich eine Legierung, das entzinkungsbeständige Messing CW602N, wird nicht mehr gelistet sein. Der Werkstoff darf ab Dezember 2013 im Trinkwasserbereich in Form von Absperrarmaturen, Verbindern oder ähnlichen Produkten nur noch eingebaut werden, wenn keine Probleme mit dem Grenzwert zu erwarten sind – was im Einzelfall nachzuweisen ist, aber in den meisten Trinkwässern auch der Fall sein dürfte.
Für den Fachhandwerker gibt es zwei Möglichkeiten, Installationskomponenten aus entzinkungsbeständigem Messing zu identifizieren: Der direkte Weg ist eine Anfrage beim Hersteller, ob er nur Werkstoffe von der UBA-Positivliste verwendet. Das machen beispielsweise Unternehmen wie Viega konsequent – deren Installationskomponenten sind also wie bisher auch weiterhin einsetzbar. Alternativ findet der Fachhandwerker die Information zum Werkstoff künftig auf dem entsprechenden DVGW-Zertifikat (in Arbeit). Für alle Zertifikate, die nach dem 1. Dezember 2013 ausgestellt werden, ist dies automatisch der Fall. Für Zertifikate, die vorher ausgestellt wurden und deren Ablaufdatum auch über das Jahr 2013 hinausgeht, kann dies der Fall sein, muss es aber nicht! Hier ist also im Zweifel ebenfalls die Nachfrage beim Hersteller notwendig.
Entscheidend ist die Trinkwassergüte
Aufgrund der ab 1. Dezember 2013 gültigen Verfahrensweise (siehe auch Info-Kasten) werden vielfach „bleifreie“ oder „bleireduzierte“ Produkte als die sicherste Lösung ins Spiel gebracht – obwohl selbst „bleifreie“ Werkstoffe etwas Blei enthalten dürfen. Fakt ist aber, dass in der UBA-Positivliste sowohl bleifreie als auch bleihaltige Werkstoffe aufgeführt werden. Und das aus gutem Grund: Es ist nämlich nicht entscheidend, wie viel von einem Element in der Legierung ist, sondern wie viel davon an das Wasser abgegeben wird. Diese Regelung zur Sicherung der Trinkwasserhygiene ist durchaus im Sinne des Verbrauchers: Trinkwasser muss am Zapfhahn hygienisch einwandfrei sein und darf die menschliche Gesundheit nicht unmittelbar oder mittelbar mindern. Gleichzeitig müssen Installationen aber auch eine hohe Beständigkeit aufweisen – was die etablierten Werkstoffe bereits seit vielen Jahren bewiesen haben.
In den USA sind für metallene Produkte im Kontakt mit Trinkwasser bis zu 0,25 % Blei als Legierungsbestandteil zugelassen. Dabei wird über einen Kurzzeittest hinaus aber nicht geprüft, ob diese Konzentration auf Dauer zu Problemen im Trinkwasser führt oder nicht. Die Autoren der Positivlisten – unter Führung der vier Mitgliedsstaaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Niederlande – fordern im Gegensatz zu den USA nicht „bleifreie“ Werkstoffe, sondern solche, mit denen die hohe Qualität des Trinkwassers erhalten bleibt. Dies ist in der EU möglich, da in den letzten 15 Jahren Bewertungssysteme für diese Werkstoffe entwickelt und genormt worden sind (DIN EN 15664, DIN 50930-6).
Und was ist im Bestand?
Künftig wird es also nur noch Zertifikate – beispielsweise vom DVGW – geben, wenn die Produkte aus geeigneten Werkstoffen bestehen. Damit bleibt aber noch die Frage offen, wie man im Bestand ungeeignete Werkstoffe erkennt?
Die Kurzzeichen wie DZR, CR oder DR für entzinkungsbeständige Werkstoffe allein helfen nur dann weiter, wenn das Erstellungsdatum der Installation deutlich älteren Datums ist. Denn diese Kürzel finden sich sowohl auf dem ungeeigneten Werkstoff CW602N als auch auf neuartigen gelisteten Werkstoffen mit dieser Eigenschaft. Darüber hinaus wird diese Legierung auch nur in einigen wenigen Wässern überhaupt zu Problemen führen.
Im Zweifelsfall ist also eine qualifizierte Wasseruntersuchung notwendig. Werden dann Grenzwertüberschreitungen beim Blei festgestellt, muss der Eigentümer der Trinkwasser-Installation seinen Fachhandwerker um Abhilfemaßnahmen bitten. Eine gute Orientierung, was dann zu tun ist, ist der Empfehlung „Blei im Trinkwasser“ von UBA, DVGW und der figawa zu entnehmen. Sie findet sich unter anderem auf den Internetseiten des DVGW. •
https://www.viega.de/de/homepage.html/trinkwasser
Weitere Fachberichte zu den Themen rund um die Trinkwasserverordnung enthält das TGAdossier Trinkwasserhygiene: Webcode 1057
Literatur
[1] DIN 50930-6 Korrosion der Metalle – Korrosion metallener Werkstoffe im Innern von Rohrleitungen, Behältern und Apparaten bei Korrosionsbelastung durch Wässer – Teil 6: Bewertungsverfahren und Anforderungen hinsichtlich der hygienischen Eignung in Kontakt mit Trinkwasser. Berlin: Beuth Verlag, Oktober 2013. Die Ausgabe DIN 50930-6 Korrosion der Metalle – Korrosion metallischer Werkstoffe im Innern von Rohrleitungen, Behältern und Apparaten bei Korrosionsbelastung durch Wässer – Teil 6: Beeinflussung der Trinkwasserbeschaffenheit, August 2001, wird dann zurückgezogen.
[2] DIN EN 15664-1 (Berichtigung 1) Einfluss metallischer Werkstoffe auf Wasser für den menschlichen Gebrauch – Dynamischer Prüfstandversuch für die Beurteilung der Abgabe von Metallen – Teil 1: Auslegung und Betrieb. Berlin: Beuth Verlag, Juni 2008, berichtigt Juli 2009
[3] DIN EN 12502 Korrosionsschutz metallischer Werkstoffe – Hinweise zur Abschätzung der Korrosionswahrscheinlichkeit in Wasserverteilungs- und -speichersystemen – Teil 1: Allgemeines; Teil 2: Einflussfaktoren für Kupfer und Kupferlegierungen; Teil 3: Einflussfaktoren für schmelztauchverzinkte Eisenwerkstoffe; Teil 4 Einflussfaktoren für nichtrostende Stähle; Teil 5: Einflussfaktoren für Gusseisen, unlegierte und niedriglegierte Stähle. Berlin: Beuth Verlag, alle März 2005
[4] DVGW W 270 Vermehrung von Mikroorganismen auf Werkstoffen für den Trinkwasserbereich – Prüfung und Bewertung. Berlin: Beuth Verlag, November 2007
[5] KTW-Empfehlungen, siehe Leitlinie zur hygienischen Beurteilung von organischen Materialien in Kontakt mit Trinkwasser (KTW-Leitlinie). Dessau: Umweltbundesamt, Oktober 2008
Der Bleigrenzwert…
…ist als Wochenmittelwert, also als Durchschnittswert definiert: Konsumiert der Verbraucher 2 l Trinkwasser am Tag und nimmt dabei durchschnittlich 10 μg/l Blei auf, geht von dieser Dosis auch bei lebenslangem Genuss keine Gesundheitsgefahr aus. Um das Trinkwasser dahingehend zu überprüfen, muss die Probennahme diesen Wochenmittelwert repräsentieren. Wie bei der Probennahme genau vorzugehen ist, ist einer Empfehlung des Umweltbundesamts „Beurteilung der Trinkwasserqualität hinsichtlich der Parameter Blei, Kupfer und Nickel“ zu entnehmen. https://www.umweltbundesamt.de/
Status der Positivliste
Rechtlich gesehen sind die Werkstoff-Vorgaben des UBA für Installationsmaterialien und Armaturen derzeit noch auf dem Status „Empfehlung“. Ab dem 1. Dezember 2013 sollen sie für Metalle als „Bewertungsgrundlage“ im Sinne der TrinkwV 2001 § 17 erscheinen. Das bedeutet: Produkte, die nicht aus gelisteten Werkstoffen bestehen, dürfen zwar noch bis Ende 2015 eingebaut werden – aber nur, wenn davon keine Grenzwertüberschreitung im Trinkwasser ausgeht. Darüber muss ein Einzelnachweis geführt werden. Ab dem 1. Dezember 2015 ist die UBA-Positivliste dann rechtsverbindlich – das heißt, die vorsätzliche oder fahrlässige Installation von Produkten aus nicht gelisteten Werkstoffen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 25 Nr. 11i TrinkwV). Das gilt auch, wenn es sich nur noch um Restbestände handelt. Für Produkte der Gas- und Heizungsinstallation gelten diese Beschränkungen natürlich nicht.
Dr. Peter Arens
ist Leiter des Kompetenzzentrums Trinkwasser bei Viega, Attendorn, https://www.viega.de/de/homepage.html