Kompakt informieren
- Der neue Grenzwert für Blei von maximal 10 µg/l im Trinkwasser ist selbst bei innen stark verkrusteten Bleileitungen nicht einzuhalten – sie müssen ausgetauscht werden. Auch andere Installationsmaterialien und Armaturen können zu einer Erhöhung der Bleikonzentration führen.
- Neben einer Überprüfung der Trinkwasser-Installation auf die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik gibt nur eine Trinkwasseruntersuchung sicheren Aufschluss über eine unzulässige Belastung des Trinkwassers mit Blei.
- Der Grenzwert für Blei ist als Wochenmittelwert definiert. Diesen muss die Probennahme repräsentieren. Mit einer gestaffelten Stagnationsbeprobung können Problemstellen lokalisiert werden.
Die gute und wichtige Nachricht vorweg: Wer nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik plant und installiert und dabei generell ausschließlich zertifizierte Produkte einsetzt, die aus den beim Umweltbundesamt gelisteten Werkstoffen gefertigt werden, ist auch zukünftig auf der sicheren Seite [1].
Doch wie steht es um alte Trinkwasser-Installationen? Dem Gesundheitsamt obliegt über die Trinkwasserverordnung [2] seit 2001 die Verantwortung, die Trinkwassergüte in öffentlichen Gebäuden, wie Heimen und Schulen, stichprobenartig zu untersuchen. Im Focus stehen Parameter, die sich in der Trinkwasser-Installation ändern können – vor allem Blei. Bislang lag die „Messlatte“ für Blei bei 25 µg/l, seit dem 1. Dezember 2013 sind nur noch maximal 10 µg/l zulässig. Dieser Grenzwert ist selbst bei innen stark verkrusteten Bleileitungen nicht mehr einzuhalten. Das heißt: sie müssen ausgetauscht werden – unabhängig davon, ob es sich um die Hausanschlussleitung oder um Leitungen der Gebäudeinstallationen handelt.
Zu erwarten sind allerdings auch von Mietern initiierte Beprobungen der Trinkwasser-Installationen, beispielsweise in älteren Mehrfamilienhäusern oder Eigentumswohnanlagen. Füllt ein Mieter jedoch selbst Wasser ab und reicht es beispielsweise in der Apotheke zur Untersuchung ein, sind die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) auf diese Proben definitiv nicht anwendbar. Denn die TrinkwV fordert in § 15 qualifizierte Probennehmer sowie Probennahmen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Jedoch kann der Mieter diesen „unqualifizierten“ Wert als Verdachtsmoment an seinen Vermieter (TrinkwV: „Unternehmer oder sonstiger Inhaber der Trinkwasser-Installation“) weitergeben, der dann laut § 16 Abs. 3 TrinkwV für die weitere Aufklärung des Sachverhalts und gegebenenfalls für die Sanierung sorgen muss.
Lebenslanger Genuss ohne Bedenken
Chemische Verbindungen, wie Mineralsalze, die die Wasserhärte ausmachen, aber auch Metalle sind ein natürlicher Bestandteil der Umwelt. Deshalb kommen sie teilweise auch schon im Rohwasser vor. Damit sie durch technische Einflüsse bei der Wasseraufbereitung und -verteilung nicht ein gesundheitsgefährdendes Maß erreichen, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Trinkwässer Grenzwerte festgelegt.
Diese hat der deutsche Gesetzgeber als „chemische Parameter“ in die TrinkwV übernommen (siehe Info-Kasten). So ist sichergestellt, dass bei lebenslangem Genuss von Trinkwasser keine Gesundheitsschäden auftreten können. Als besonders bedenklich für den menschlichen Organismus gilt eine hohe Zuführung von Blei. Deshalb besteht für dieses Element das schärfste Limit.
Ursachen für überhöhte Bleiwerte
Erhöhte Bleiwerte können verschiedene Ursprünge haben: die Wasserquelle selbst, die Wasseraufbereitung, alte Hausanschlussleitungen, aber auch Installationsmaterialien und Armaturen im Gebäude Abb. 2. Mit einer fachkundigen Probennahme ist zuverlässig zu ermitteln, wo die Ursachen einer Grenzwertüberschreitung von Blei liegen und ob in der gesamten Installation oder nur in Teilabschnitten die Werte über dem zulässigen Grenzwert liegen. Anhand der Werte aus dem Untersuchungsbericht können TGA/SHK-Fachleute dem Eigentümer geeignete Abhilfemaßnahmen empfehlen.
Lokalisation von Problemstellen
Die Grenzwerte für Blei (und Nickel) sind als Wochenmittelwert, also als Durchschnittswert definiert: Konsumiert der Verbraucher 2 l Trinkwasser am Tag und nimmt dabei beispielsweise durchschnittlich 10 μg/l Blei auf, geht von dieser Dosis auch bei lebenslangem Genuss keine Gesundheitsgefahr aus. Um das Trinkwasser dahingehend zu überprüfen, muss die Probennahme diesen Wochenmittelwert repräsentieren. Deshalb empfiehlt das Umweltbundesamt (UBA) die Beprobung nach vier Stunden Stagnation.
Die Probennahme erfolgt bei großen Gebäuden an mehreren Zapfstellen im Gebäude, an der üblicherweise Wasser zu Nahrungszwecken entnommen wird. In Mietobjekten also vorzugsweise in der Küche, in öffentlichen Gebäuden zum Beispiel in Teeküchen. Es können jedoch auch Entnahmestellen gewählt werden, bei denen der Verdacht auf Bleirohre in der Wand besteht.
Um Grenzwertüberschreitungen sicher einer Ursache zuzuordnen, sind nach der vom UBA festgelegten Methodik (siehe Info-Kasten) drei Proben von je 1 l zu entnehmen: die S-0 oder „Frischwasserprobe“, die S-1 oder „Armaturenprobe“ sowie die S-2 oder „Hausinstallationsprobe“ Abb. 3:
- Die S-0-Probe repräsentiert die vom Versorger gelieferte Wasserqualität und kann Aufschluss darüber geben, ob eventuell noch eine alte Hausanschlussleitung aus Blei vorhanden ist.
- Die S-1-Probe beinhaltet Stagnationswasser aus der Zapfarmatur. Ergeben sich in dieser Probe Grenzwertüberschreitungen, nicht aber in der anschließenden S-2-Probe, ist im Bereich der Armatur – eventuell bis zum Eckventil – die Kontaminationsquelle zu suchen.
- Die zeitlich unmittelbar nach der S-1-Probe entnommene S-2-Probe enthält kein Stagnationswasser mehr aus der Armatur, sondern nur noch Stagnationswasser aus der Installation. Diese Probe lässt Rückschlüsse zu, ob beispielsweise die Verrohrung oder andere Komponenten, wie Absperr- und Wartungsarmaturen, ursächlich für eine Grenzwertüberschreitung sind.
Methodik der Probenahme
S-0-Probe: Bevor diese Probe am Zapfhahn entnommen werden kann, ist so lange zu spülen, bis die vom Versorger gelieferte Wasserqualität austritt. Die Frischwasserqualität ist in der Regel dann gegeben, wenn die Temperaturkonstanz erreicht ist. Die Probe wird aus dem fließenden Wasser gezapft und sollte bei den Parametern Blei, Nickel und Kupfer im Bereich der Nachweisgrenze des Labors liegen. Ergibt jedoch die Untersuchung der S-0-Probe schon deutlich überhöhte Werte, lag noch undefiniertes Stagnationswasser an. Die hier entnommenen S-1- und S-2-Proben sind dann für diesen Untersuchungsabschnitt ebenfalls unbrauchbar.
S-1-Probe: An der gleichen Entnahmestelle ist zwei bis vier Stunden später wiederum 1 l zu entnehmen – jetzt ohne vorheriges Ablaufenlassen. Die genaue Stagnationszeit ist für eine spätere Hochrechnung der ermittelten Werte festzuhalten. Es muss gewährleistet sein, dass zwischenzeitlich an dieser Stelle kein Wasser gezapft wurde. Wasserentnahmen an anderen Stellen im Gebäude sind erlaubt, sofern sie keinen Einfluss auf das Untersuchungsergebnis haben. Das heißt: Ist die Probennahmestelle beispielsweise ein Zapfhahn in einer Küche, die Wand an Wand zu einem Badezimmer liegt, sind vorsichtshalber beide Räume aus der Nutzung zu nehmen.
S-2-Probe: Soll nicht nur die Entnahmearmatur bewertet werden, sondern auch die zuführende Installation, ist unmittelbar nach dem ersten Liter der S-1-Probe eine weitere Probenahme notwendig. Dazu wird, ohne den Zapfhahn zu schließen, im direkten Anschluss in einem weiteren Gefäß nochmals 1 l als S-2-Probe abgefüllt. Auch hier ist die genaue Stagnationszeit zu protokollieren.
16-Wochen-Frist bei Neu-Installationen
Soll eine gestaffelte Stagnationsprobe in einer Neu-Installation vorgenommen werden, ist die 16-Wochen-Frist zu beachten, wie sie vom UBA und vom DVGW empfohlen wird. Denn eine häufige Ursache für kurzzeitig erhöhte Metallkonzentrationen sind erfahrungsgemäß Produktionsrückstände im Installationsmaterial, die sich jedoch schnell abwaschen.
In Gebäuden wird manchmal auch eine sogenannte Z-Probe oder „Zufallsprobe“ nach einer unbekannten Stagnationszeit entnommen. Sie darf nicht zur Beurteilung einer Trinkwasser-Installation herangezogen werden. Die Z-Probe dient lediglich der Nachweispflicht der öffentlichen Hand gegenüber der EU gemäß Artikel 7 der EG-Trinkwasserrichtlinie.
Maßnahmen bei zu hohen Bleiwerten
Maßnahmen bei unzulässig hohen Bleiwerten haben UBA, DVGW und figawa in einer gemeinsamen Empfehlung [4] zusammengefasst Abb. 4. Was im Einzelfall zu tun ist, hängt von der Ursache, der Nutzung und dem Nutzerkreis der Trinkwasseranlage ab. Außerdem ist zwischen Sofortmaßnahmen und mittelfristigen Abhilfemaßnahmen zu unterscheiden. Einige davon werden nachfolgend exemplarisch dargestellt:
- Liegt bei der S-0-Probe beispielsweise die Bleikonzentration deutlich über dem Grenzwert von 10 μg/l, ist von Restbeständen an Bleileitungen im Bereich der Hausanschlussleitung oder im Haus auszugehen. Als Sofortmaßnahme sollte das Trinkwasser nicht mehr für die Nahrungsmittelzubereitung genutzt werden. Duschen, Baden oder Waschen ist hingegen unbedenklich. Mittelfristig sind aber die alten Leitungsstrecken aus Blei auszutauschen, beginnend mit der Küchenleitung, denn dort wird das meiste Wasser zu Nahrungszwecken gezapft.
- Weist nur die S-1-Probe („Armaturenprobe“), nicht aber die S-2-Probe, unzulässig hohe Blei- oder Nickel-Werte auf, empfiehlt das UBA, das Wasser vor dem Gebrauch ablaufen zu lassen – etwa im Volumen von ein bis zwei Wassergläsern, denn mehr stagniert kaum in Küchen- und Sanitärarmaturen. Die Verwendung für die Körperhygiene ist allerdings unbedenklich.
- Treten in der S-1- und S-2-Probe erhöhte Werte auf, ist zunächst zu überprüfen, ob die Anlage nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik installiert wurde. Falls nicht, sind gravierende Fehler umgehend zu korrigieren. Bleibt daraufhin eine Grenzwertüberschreitung weiter bestehen, könnten im nächsten Schritt zumindest die leicht zugänglichen Armaturen und Installationsmaterialien gegen zertifizierte Produkte ausgetauscht werden, die aus Werkstoffen der Positivliste des Umweltbundesamts bestehen [1]. Überschreiten die Parameter den Grenzwert um das Doppelte, sind Veränderungen des Verbraucherverhaltens alleine auf jeden Fall nicht ausreichend, um die Trinkwassergüte zu gewährleisten.
Kompetenzfeld Bestandssanierung
TGA-Planer und SHK-Handwerk sorgen durch die Ausschreibung beziehungsweise die Verwendung trinkwassergeeigneter Produkte und deren fachgerechte Installation für den Erhalt der Trinkwassergüte im Neubau und bei der Sanierung. Im Bestand können sie, insbesondere als Fachhandwerker, ihr Kompetenzfeld erweitern, indem sie schon vor einer nachgewiesenen Grenzwertüberschreitung zum Berater der Besitzer von Mietobjekten werden und Problemfelder benennen.
Das liegt auch im wirtschaftlichen Interesse der Eigentümer. Denn wenn der Vermieter die Ursache unzulässig hoher Blei- oder Nickelwerte frühzeitig entdeckt und beseitigt, gilt dies als Modernisierung. Die Kosten können also auf die Miete umgelegt werden. Sollte hingegen der Mieter eine Grenzwertüberschreitung melden, entstehen Reparaturkosten, die nicht umlagefähig sind.
Fazit
Nur durch die fachgerechte Vorgehensweise im Bestand können Probleme mit der Wasserbeschaffenheit frühzeitig erkannt werden. Dazu gehört die richtige Methodik bei der Beprobung von Trinkwasser-Installationen, denn sie hilft über die Proben S-0 (Hausanschlussleitungen), S-1 (Zapfarmaturen) und S-2 (Verteilung) die Problembereiche zu lokalisieren und die Sanierung zielgerichtet einzuleiten. Lösungswege und Schutzvorkehrungen bei zu hohen Blei-Werten sind der Veröffentlichung „Empfehlungen von Maßnahmen im Falle einer Grenzwertüberschreitung von Blei im Trinkwasser“ zu entnehmen, gemeinsam herausgegeben von Umweltbundesamt, DVGW und der figawa. •
https://www.viega.de/de/homepage.html/trinkwasser
Literatur
[1] Arens, Peter: Trinkwasserverordnung / Positivliste für Werkstoffe – Blei: Mit zertifizierten Produkten sicher unter dem Grenzwert. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 09-2013
[2] Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV 2001), Neufassung durch Bekanntmachung vom 2. August 2013 im BGBl I 2013 Nr. 46, Seite 2977, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 22 des Gesetzes vom 7. August 2013, BGBl I Nr. 48, Seite 3154
[3] Arens, Peter: Trinkwasserverordnung TrinkwV 2001 – Wichtige Aspekte für Trinkwasser-Installationen. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 06-2013
[4] Meyer, Volker (DVGW); Rapp, Thomas (Umweltbundesamt); figawa: Empfehlungen von Maßnahmen im Falle einer Grenzwertüberschreitung von Blei im Trinkwasser. Bonn: wvgw Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser, DVGW energie | wasser-praxis 06-2013
Weitere Fachberichte zum Thema enthält das TGAdossier Trinkwasserhygiene: Webcode 1057
Gestaffelte Stagnationsbeprobung
Die TrinkwV schreibt für Probennahmen die Anwendung der allgemein anerkannten Regeln der Technik vor. Für die gestaffelte Stagnationsbeprobung Abb. 3 gilt eine Stagnationszeit von 4 h als Bewertungsgrundlage für den ausschlaggebenden Wochenmittelwert. Um die Probennahme besser handhaben zu können, ist allerdings auch eine Entnahme von Stagnationswasser nach mindestens 2 h erlaubt. In diesem Fall ist jedoch die gemessene Konzentration auf 4 h hochzurechnen. Die Formel dazu: [Gemessene Konzentration] × 4 h / t. Das Formelzeichen „t“ steht für die tatsächliche Stagnationszeit [in h]. Das Ergebnis dieser Hochrechnung ergibt die „Normierte Konzentration“. Sollte sich daraus für die S-2-Probe eine Grenzwertüberschreitung ergeben, ist eine nochmalige Probennahme nach exakt 4 h Stagnation zur Absicherung des Ergebnisses notwendig. Denn anders als die Hochrechnung voraussetzt, erfolgt die tatsächliche Metallabgabe ins Wasser nicht linear. Im Grenzfall könnte es dadurch zu einer Überschätzung der Bleikonzentration nach einer zweistündigen Stagnation kommen.
Zwölf chemische Parameter
Die TrinkwV listet zwölf chemische Parameter, deren Konzentration im Verteilungsnetz einschließlich der Trinkwasser-Installation ansteigen kann. Durch Rohrleitungen, Verbinder und Armaturen ist dies am ehesten bei Blei und Nickel gegeben. Für Blei gilt ab Dezember 2013 der neue Grenzwert von 10 µg/l. Bereits seit 2001 sind Nickel auf 20 µg/l und Kupfer auf 2000 µg/l beschränkt. Die Logik dahinter: Je höher das Gefährdungspotenzial des chemischen Parameters für die menschliche Gesundheit ist, umso niedriger ist die im Trinkwasser zulässige Konzentration.
Dr. Peter Arens
ist Leiter des Kompetenzzentrums Trinkwasser bei Viega, Attendorn, https://www.viega.de/de/homepage.html