Kompakt informieren
- In fast allen Gebäuden ändert sich über die Zeit die Nutzung der Trinkwasser-Installation: Es wird weniger geduscht als früher, es gibt Ferien und saisonbedingte Nutzungsunterbrechungen oder zeitweiligen Leerstand.
- Das Wassermanagement-System eSchell sichert durch gezielte Stagnationsspülungen den Erhalt der Trinkwassergüte über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie.
- Es ermöglicht auch grundlegende Umnutzungen ohne größeren Rückbau der Versorgungsleitungen. Dazu müssen die Entnahmestellen mit kommunikationsfähigen Armaturen ausgestattet und über einen Server zentral verwaltet werden.
- Das Beispielobjekt Dreifeldsporthalle in Berlin-Neukölln belegt, dass auch in problematischem Baubestand der bestimmungsgemäße Betrieb ohne große bauliche Maßnahmen regelkonform gewährleistet werden kann.
Seit 22 Jahren existiert die Dreifeld-sporthalle im Werner-Seelenbinder-Sportpark in Berlin-Neukölln Abb. 1. Sie ist ein wichtiger Bestandteil des Areals, auf dem sich außerdem drei Fußballfelder und ein Eisstadion befinden. Als Mehrzweckhalle auf drei Ebenen mit separater Boxkampfarena und einem Tanzstudio zählt sie zu den meistgenutzten Sporthallen im Bezirk Neukölln. Durch den Schul- und Vereinssport ist die Auslastung der Halle besonders hoch.
Konflikt zwischen berechneter und realer Wasserentnahme
Veränderte Nutzungsgewohnheiten in den Sanitärbereichen führten allerdings dazu, dass die Trinkwasser-Installation nicht mehr so betrieben wird, wie sie seinerzeit geplant war. So duschen heute die Schüler nach dem Sportunterricht kaum oder nicht mehr. Erst ab dem späten Nachmittag, wenn die Vereine auf den Plan treten, werden die Duschbereiche häufiger frequentiert. Aber auch hier zeigt sich ein ähnlicher Trend: Vereinssportler erledigen die Körperhygiene zunehmend zuhause. Lediglich bei den wenigen großen Sportveranstaltungen im Jahr arbeitet das Trinkwassersystem der Dreifeldsporthalle mit Volllast. Wie in fast allen Sporthallen in Deutschland ist die Trinkwasser-Installation aber genau auf diesen Volllastbetrieb ausgelegt. Auf den Gleichzeitigkeitsfaktor 1 kann nicht verzichtet werden.
Vor diesem Hintergrund sind die zum Zeitpunkt der TGA-Planung angenommenen Gleichzeitigkeiten an den meisten Tagen im Jahr nicht gegeben. Zuletzt betrug der durchschnittliche Tagesverbrauch nur noch 1,2 m3 Wasser für die Sporthalle, obwohl ein fast dreifaches Warmwasservolumen zur Verfügung steht. Dass es somit bei zahlreichen ungenutzten Sanitäranlagen zu Stagnationsproblemen kommt, liegt auf der Hand. Und ein unzureichender Wasseraustausch kann selbst in ansonsten intakten Trinkwassersystemen zu überhöhten Bakterienzahlen führen.
Raschen Handlungsbedarf erkannt
Durch regelmäßiges Beproben der Trinkwasseranlage in der Dreifeldsporthalle trat zunehmend ein Missstand zutage, der im Frühjahr 2017 ein schnelles Handeln erforderlich machte: Die Untersuchungsergebnisse von Wasserproben zeigten hin und wieder grenzwertige Befunde, die wahrscheinlich in direktem Zusammenhang mit dem geringen Wasserwechsel standen.
Eine wirkungsvolle Lösung musste her, welche die – gemäß Trinkwasserverordnung über den Bezug der allgemein anerkannten Regeln der Technik – maximal zulässigen Stagnationszeiten von bis zu drei Tagen (VDI 6023) bzw. bis zu sieben Tagen (DIN EN 806-5) bei einwandfreier Wasserbeschaffenheit berücksichtigt und dabei in den groß dimensionierten Leitungen eine turbulente Strömung erzeugen kann.
Abwägen des Sanierungskonzeptes
In Anbetracht dieser Tatsachen stellte sich die Frage, wie die Trinkwassergüte mit möglichst geringem Sanierungsaufwand auf Dauer sichergestellt werden kann – bei gleichzeitig wirtschaftlich optimiertem Betrieb. Eine kostenintensive Komplettsanierung, die den Rückbau bzw. Austausch des Rohrleitungsnetzes einschließt, kam für das Bezirksamt Berlin-Neukölln nicht wirklich infrage.
Denn die damit einhergehende Schließung der Sporthalle über einen längeren Zeitraum hätte erhebliche Einschränkungen für den Liga-Betrieb sowie den Schul- und Vereinssport zur Folge gehabt. Weiterhin hätte der komplette Umbau auf Reihen- und Ringleitungen mit Spülstationen zur Kompensation von Nutzungsunterbrechungen einen erheblichen finanziellen Aufwand bedeutet. Auf der Suche nach einer möglichen Alternative zur Komplettsanierung konnte der Armaturenspezialist Schell die optimale Lösung bieten.
Bestandsaufnahme und Lösungsansatz
Zunächst wurden der Zustand der vorhandenen Rohre und die Rohrabmessungen systematisch überprüft. Erwartungsgemäß befanden sich die alten Kupferrohre in einem sehr guten Zustand. Jedoch wurde anhand der Rohrabmessungen in den Bestandsplänen und vor Ort schnell klar: Die Überdimensionierung der Rohre war neben dem unzureichenden Wasserwechsel verantwortlich für die zunehmenden hygienischen Probleme. „Das Anlagevolumen muss regelmäßig über alle Entnahmestellen ausgetauscht werden. Denn jede nicht oder unzureichend genutzte Armatur ist eine Totstrecke und bedeutet ein hygienisches Risiko“, berichtet René Kühl Abb. 5, Vertriebsbeauftragter und Planerberater bei Schell, an den sich das Bezirksamt Berlin-Neukölln wandte.
Umfassende Überprüfungen des Leitungsnetzes und der Entnahmestellen, die auch vom Schell-Hygienespezialisten Dr. Peter Arens Abb. 5 begleitet wurden, gaben die wirtschaftlichste Lösung vor: Statt des teuren und auf-wendigen Austauschs von Rohrleitungen schlugen die Experten den Einsatz des funkbasierten Wassermanagement-Systems eSchell vor. Damit können bei Erhalt der ansonsten intakten Installation die hohen Gleichzeitigkeiten der gut 20 Jahre alten Planung nachgestellt und die Wassergüte an jeder Entnahmestelle gesichert werden. Als einziges Wassermanagement-System im Markt kann eSchell auch mit batteriebetriebenen elektronischen Sanitärarmaturen ein Funknetz aufbauen. Der Vorteil: Es werden keine Strom- und Daten-Kabel unter den Fliesen benötigt.
Kühl: „Unter Betrachtung aller objektspezifischen Gesichtspunkte war dies der wirtschaftlichste Sanierungsansatz. Über die zentrale Steuerung des Wassermanagement-Systems können alle elektronischen Sanitärarmaturen programmiert, betrieben, überwacht und gewartet werden. Weiterhin werden die Betriebsdaten, die Stagnationsspülungen und die System- und Auslauftemperaturen manipulationssicher aufgezeichnet – als Nachweis für den Betreiber.“
Modernisierung bei Spielbetrieb
Die Dreifeldsporthalle verfügt auf jeder Etage über mehrere Sanitäranlagen. Um den regen Spielbetrieb in der Sporthalle auch während der Modernisierung aufrechterhalten zu können, wurden die einzelnen Sanitärbereiche konsequent nacheinander saniert. Über einen Zeitraum von drei Monaten wurden in allen Dusch- und Toiletten-Bereichen sowie in den Putzräumen und Küchen die vorhandenen Sanitärarmaturen entfernt und gegen neue elektronische Sanitärarmaturen, die kompatibel zum Wassermanagement-System sind, ausgetauscht.
Zum Einsatz kamen insgesamt 76 Schell-Armaturen in zeitlos-funktionalem Design: Duscharmaturen Vitus mit Thermostat und Verbrühschutz Abb. 3, wandhängende Waschtisch-Armaturen Vitus E und Sensor-Waschtisch-Armaturen Celis E, Unterputz-WC-Spülsysteme Compact II mit berührungsloser WC-Steuerung Edition E, Urinal-Steuerungen Edition E und berührungslose Urinal-Vorwand-Spülarmaturen Schelltronic Abb. 2. Außerdem erhielten die 37 Duschen aerosolarme Schell-Kopfbrausen, 13 davon mit zusätzlichem Probenahme-Adapter. An 6 von 17 Einzelwaschtischen wurden zudem Probenahme-Eckventile vorgesehen.
Bei der Installation durch den Sanitärfachbetrieb Schaal Haustechnik aus Berlin mussten in Bereichen der bestehenden Armaturentechnik maximal sechs Fiesen pro Unterputz-Armatur entfernt und später wieder ersetzt werden. Mehr war nicht erforderlich, da die Stromversorgung der Armaturen und die Funkkommunikation per Batterien erfolgen. Zur Dokumentation und Protokollierung der Hygienespülungen werden an ausgewählten Waschtischen in Kürze ergänzend spezielle Eckventile mit Temperatursensoren platziert. In Strang-Leitungen kamen weitere Temperatursensoren zum Einsatz, welche bei Über- oder Untertemperaturen gezielte Stagnationsspülungen auslösen können.
Wassermanagement-System eSchell
Das Wassermanagement-System eSchell besteht aus vier wesentlichen Baugruppen: den kommunikationsfähigen Armaturen mit den zugehörigen Bus-Extendern Funk oder Kabel als Kommunikationsmodule, dem Server als Kommunikationszentrale und den optionalen Temperatursensoren Abb. 7>. Für die ebenfalls optionale Einbindung des Wassermanagement-Systems in eine Gebäudeautomation stehen Gateway-Varianten für alle gängigen Protokolle von BACnet bis KNX zur Verfügung.
Im vorliegenden Fall machte es die Anzahl von 76 Armaturen notwendig, zwei eSchell-Server mit Netzteil zu installieren. Die Server, die jeweils bis zu 64 Teilnehmer verwalten können, befinden sich gut geschützt in zwei separaten Verteilerkästen (IP65) im Erdgeschoss und im Obergeschoss der Sporthalle. Zur Positionierung von eSchell-Funkmanagern (Repeatern) wurden vorhandene Revisionsöffnungen genutzt. Mit Ausnahme der bereits vorkonfektionierten Vitus-Armaturen mussten die anderen Armaturen nur noch mittels Steckverbindungen mit einem BUS-Extender Funk verbunden und in das Netzwerk des eSchell Servers eingebunden werden. Da jeder dieser BUS-Extender zusätzlich zwei Temperatursensoren verwalten kann, können diese sofort installiert oder bei Bedarf nachgerüstet werden.
Nachdem am Notebook die WLAN-Verbindung zu den Servern hergestellt wurde, konnten mit der auf den Servern vorinstallierten eSchell-Software alle Armaturen mit Namen versehen und die Hygienespülungen frei parametriert werden, so zum Beispiel der Spül-Modus und die Spül-Dauer. Im Zuge der Inbetriebnahme erfolgten später die Optimierung der Parameter und die Zusammenfassung in Gruppen gemäß den Raumplänen.
Anpassung an den Hygienebetrieb
Im Januar 2017 wurden das Wassermanagement-System eSchell und die elektronischen Sanitärarmaturen in Betrieb genommen. Um die Trinkwasseranlage dauerhaft hygienisch einwandfrei zu halten, sollten die Hygienespülungen auf die Nutzerfrequenz in den Wasch- und Duschräumen abgestimmt und Intervalle und Laufzeiten der Stagnationsspülungen festgelegt werden. Dazu wurde im ersten Schritt überprüft, wie viele Sanitärarmaturen zeitgleich gespült werden können, ohne dass der Versorgungsdruck „zusammenbricht“. Dieser notwendige Prozess erfordert im Gebäudebestand grundsätzlich ein schrittweises Herantasten an die installationsseitigen Gegebenheiten.
In der Dreifeldsporthalle Berlin-Neukölln wurden dazu zunächst alle 43 Schell-Armaturen in der unteren Etage gleichzeitig gespült. Der Versorgungsdruck hielt Stand und war ein weiterer Beleg für das enorme Volumen in den Rohrleitungen. Allerdings konnte das Wasser nicht überall in der jetzt anstehenden Menge abfließen und es kam kurzzeitig zum Wasserstau an einem Bodenablauf. Ob dies auf Ablagerungen im Abwassersystem oder dessen Unterdimensionierung zurückzuführen ist, konnte noch nicht geklärt werden. Das Ergebnis verdeutlicht jedoch die enorme Spülleistung des Wassermanagement-Systems und die Bedeutung eines kontrollierten Erstbetriebs für einen reibungslosen Ablauf.
Bildung von Spülgruppen
Aufgrund der begrenzten Abflussleistungen nutzten die Verantwortlichen eine wichtige und für dieses Objekt sogar elementare Funktion des Wassermanagement-Systems: Es wurden per Laptop kleinere Armaturen-Untergruppen gebildet, sodass die Hygienespülungen zeitlich versetzt und segmentweise erfolgen können. Auf diese Weise lässt sich eine turbulente Strömung in den groß dimensionierten Leitungen herbeiführen, die auch von den Abfluss-Leitungen zu bewältigen ist. Denn zum künftigen Regelbetrieb gehört auch, dass die Leitungssysteme über die Entnahmestellen in festgelegten Zeitabständen automatisch gespült werden.
Ein solches Spülkonzept führt jedoch nur dann zum Erfolg, wenn das Wasservolumen pro Spülung ausreichend hoch ist: Über jede Armatur muss einwandfreies Kaltwasser und Warmwasser mit Temperaturen von 25 °C bzw. 55 °C bei den Spülungen austreten. Was bedeutet, dass auch dem Spülvolumen pro Spülung eine hohe Bedeutung zukommt. Dieses Volumen lässt sich am einfachsten ermitteln, indem man die Temperatur an den Auslassstellen misst und im Betrieb über Temperatursensoren mindestens an repräsentativen Stellen kontrolliert und dokumentiert.
Abschnittsweise wurde die Trinkwasser-Installation in der Testphase mehrmals gespült. Dieser Prozess bewirkte einen gewünschten, aber in der Praxis bis dahin noch nicht gezeigten Nebeneffekt: Die hohe Fließgeschwindigkeit im gesamten Leitungsnetz mobilisierte alte Sedimente Abb. 8, die im Rahmen der Rohrspülung nach der Installation der Armaturen nicht vollständig entfernt worden waren. Solche Sedimente fördern gemäß CEN/TR 16355 das Wachstum von Legionellen und werden sich in der Dreifeldsporthalle zukünftig kaum wieder bilden können.
Bestes Trinkwasser an jeder Armatur
Unter Berücksichtigung entsprechender Spülmengen bei regulärer Benutzung sowie zweckmäßiger Spülzyklen zur Sicherstellung der Trinkwasserhygiene erstellte Dipl.-Ing. Axel Westphal Abb. 9>, Serviceeinheit FM, Fachbereich Hochbau, Fachgruppe HLS im Bezirksamt Neukölln von Berlin, mit Unterstützung von Schell-Berater Kühl im letzten Schritt einen Spülplan.
Beispielsweise lässt sich anhand von Untersuchungsergebnissen überprüfen, inwieweit es Sinn macht, die aktuellen Spülintervalle von derzeit 24 h auf 72 h zu erhöhen oder die zugehörigen Spülvolumen zu verringern. Bei einer solchen Optimierung hilft immer ein Temperatur-Monitoring, das man über die installierten Sensoren in den Eckregulierventilen über das Wassermanagement-System automatisch durchführen kann. Denn über die eSchell-Software hat das Bezirksamt Neukölln Zugriff auf die gesamte Dokumentation aller Nutzungen, Stagnationsspülungen und Temperaturverläufe – sowie auch auf wichtige „Nebeninformationen“, beispielsweise die Kapazität der Batterien.
Kühl: „Der erste Schritt zur Sicherstellung der Trinkwassergüte im Bestand ist immer die Sicherstellung des bestimmungsgemäßen Betriebs, so wie ihn der Planer vor einem oder zwei Jahrzehnten geplant hatte. Dieser ist jedoch im älteren Gebäudebestand nicht oder nur selten in vollem Umfang gegeben. Mit moderner Armaturentechnik und dem Wassermanagement-System eSchell ist es aber möglich, selbst überdimensionierte Installationen zu erhalten, indem man elektronisch die Gleichzeitigkeit über die Sanitärarmaturen wieder so herstellt, wie sie ursprünglich geplant war.“