Kompakt zusammengefasst
■ Die digitale Erfassung, Verarbeitung und Auswertung von Mitarbeiterzeiten rationalisiert Abläufe, vereinfacht die rechtskonforme Dokumentation und ist eine Grundvoraussetzung für die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit von Unternehmen und Projekten.
■ Neben in Büro und Projektmanagement- bzw. ERP-Branchenprogrammen integrierten Lösungen gibt es eine Vielzahl allgemeiner Zeiterfassungssysteme mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
■ Bei der Auswahl und Nutzung sollten neben dem individuellen Anforderungsprofil auch Datenschutzaspekte, die Akzeptanz der Mitarbeiter und gegebenenfalls Schnittstellen zur vorhandenen Bürosoftware beachtet werden.
Personalkosten sind im Ingenieurbüro mit rund 80 % der größte Kostenblock bei den Bürokosten. Trotzdem wird die Arbeitszeit der Mitarbeiter in vielen Unternehmen eher nachlässig erfasst: Mitarbeiterstunden werden nachträglich aus dem Gedächtnis handschriftlich notiert, was zu ungenauen Angaben, Rückfragen und Mehrarbeit, einer späten Rechnungsstellung und einer schlechten Unternehmensliquidität führt.
Hinzu kommen rechtliche Vorgaben: Bereits seit 2015 müssen gemäß Mindestlohngesetz die Arbeitszeiten geringfügig Beschäftigter (Mini-Jobber etc.) dokumentiert werden. Und der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 14. Mai 2019 zum Schutz von Arbeitnehmern alle EU-Mitgliedsstaaten zur Umsetzung der EU-Richtlinie 89/391/EWG „Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit“ verpflichtet.
Mit den darin enthaltenen Regelungen zur Messung der täglichen Arbeitszeit von Arbeitnehmern mithilfe eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems soll sichergestellt werden, dass Mindestruhezeiten, ein Mindestjahresurlaub, Ruhepausen und wöchentliche Höchstarbeitszeiten eingehalten werden. Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit müssen innerhalb einer Woche erfasst und die Aufzeichnungen in der Regel sechs Jahre aufbewahrt werden. Auch wenn noch nicht abzusehen ist, wann das EUGH-Urteil in nationales Recht umgesetzt wird, sollte man sich schon jetzt auf eine systematische Arbeitszeiterfassung vorbereiten.
Vorteile digitaler Stundenzettel
Unleserliche, unpräzise oder nicht abgegebene Stunden- oder Rapportzettel verursachen im Unternehmen einen erheblichen Nachforschungs-, Kontroll- und Bearbeitungsaufwand: Sie müssen ausgefüllt, eingesammelt, überprüft, eingetippt und Projekten zugeordnet werden. Auch in Excel-Listen erfasste Zeiten müssen übertragen und zugeordnet werden.
Fehlen Stundenzettel, sind sie unleserlich, fehlerhaft oder nicht plausibel, muss zeitraubend recherchiert werden. Zwischen der Leistungserbringung und der Bereitstellung der Daten für die Abrechnung können so unter Umständen mehrere Wochen vergehen. Das erschwert eine zeitnahe Rechnungsstellung und die Kontrolle von Projekten.
Demgegenüber ist die digitale Zeiterfassung automatisiert, Zeit- und Tätigkeitsnachweise erfolgen zeitnah, nachvollziehbar, präzise und eindeutig. Fehler bei der Lohnabrechnung werden minimiert, Zeiten und Kosten gespart. Dazu werden am PC, an speziellen stationären oder mobilen Erfassungsgeräten, am Smartphone oder Tablet Arbeitszeiten, Tätigkeiten und andere Daten nach einem vorgegebenen Schema abgefragt.
Zu Arbeitsbeginn und am Ende werden Mitarbeiter automatisch daran erinnert, ihre Arbeitszeit zu erfassen, was fehlende Einträge vermeiden hilft. Individuelle Arbeitszeitmodelle oder unterschiedliche Tarifverträge lassen sich einfacher berücksichtigen. Auf der Baustelle, unterwegs oder im Homeoffice mobil erfasste Arbeitszeitdaten werden entweder zeitversetzt im Büro per Mobilfunk, WLAN, Bluetooth oder Datenkabel mit der PC-Software abgeglichen oder per Mobilfunk auf einem internen oder externen Server abgelegt.
Dank der zeitnahen Erfassung und vorgegebenen Eingabestruktur lassen sich Fehler vermeiden und Prozesse beschleunigen. Manipulationen sind praktisch ausgeschlossen und die digital erfassten Arbeitszeiten lassen sich einfacher archivieren. Zeiterfassungs-Systeme dokumentieren Arbeitszeiten rechtskonform und rationalisieren die Datenerfassung und -auswertung. Ist im System eine GPS-Lokalisierung integriert – was aus rechtlichen Gründen allerdings einer schriftlichen Einwilligung betroffener Mitarbeiter bedarf – sind beispielsweise Plausibilitätsprüfungen oder Wegeoptimierungen möglich.
Was wird womit erfasst?
Neben dem Datum, der Uhrzeit, dem Mitarbeiter und der Arbeitszeit abzüglich Pausen werden auch das Projekt und die Tätigkeit erfasst, was entsprechende Auswertungen ermöglicht. Werden beispielsweise Tätigkeiten mit den Zeiten verknüpft, kann man nicht nur feststellen, ob die für ein Projekt oder eine Leistung kalkulierte Zeit überschritten wurde, sondern auch, in welchen Leistungsbereichen. So lassen sich personelle oder organisatorische Schwachstellen erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen.
Je nach System, werden darüber hinaus auch Einsatzzeiten von Geräten, Betriebsdaten von Fahrzeugen, deren GPS-Standort, Material, Massen und Mengen oder Kommentare erfasst. Grundsätzlich gilt, dass nur das erfasst werden sollte, was später auch ausgewertet wird. Schließlich steigt mit dem Umfang der Erfassung auch der Eingabeaufwand.
Eingegeben werden die Daten über eine Menüauswahl und Tastatureingabe oder per Barcode-Scanner. Identifizieren kann sich der Benutzer per PIN-Eingabe, Chipkarten-Leser, Barcode- oder Fingerprint-Scanner etc. Die Erfassungs-Hardware für die stationäre oder mobile Datenerfassung besteht meist aus Standard-Mobilgeräten wie Smartphones oder Tablets, teilweise auch aus speziell entwickelten Eingabegeräten. Letztere sind zwar meist robuster und einfacher bedienbar, allerdings sind mit der Bedienung eines Smartphones / Tablet-PCs heute praktisch alle Mitarbeiter vertraut.
Außerdem bietet Mobilhardware viele Zusatzfunktionen – etwa eine Kamerafunktion für Dokumentationszwecke. Private Geräte sollte man für geschäftliche Zwecke allerdings nicht verwenden. Anbieter mobiler Zeiterfassungssysteme empfehlen ausdrücklich die Verwendung unternehmenseigener Smartphones, insbesondere aus Gründen des Datenschutzes und der Datensicherheit.
Worauf sollte man achten?
Die stationäre Zeiterfassung am PC wird zunehmend durch mobile Zeiterfassungs-Systeme und -Apps ergänzt, sodass auch Tätigkeiten auf der Baustelle oder unterwegs erfasst werden können. Rund 150 Anbieter allgemeiner und branchenspezifischer Lösungen listet das Informationsportal für die mobile Zeiterfassung www.mobile-zeiterfassung.info auf.
Die Bandbreite reicht von einer branchenübergreifenden mobilen Zeit-, Fahrzeugdaten- und Standorterfassung – bis hin zu branchenspezifischen Lösungen, bei denen das Zeiterfassung modularer Teil einer BMSP1)-Lösung für Planer (TGA 10/2018: Büro, Budgets und Bauzeiten im Blick), respektive einer ERP-Branchenlösung für Handwerker ist.
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BMSP: Büro- und Management-Software für Planungsbüros
ERP(Enterprise Resource Planning; Geschäftsressourcenplanungs)-Software unterstützt alle Kerngeschäftsprozesse und integriert sie in einem System.
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Integrierte Lösungen haben den Vorteil, dass die Zeiterfassung in alle relevanten Bereiche datentechnisch optimal eingebunden ist, etwa in die Mitarbeiterverwaltung, Ressourcenplanung, Honorarabrechnung oder Buchhaltung etc. Auf die Zeit- oder Betriebsdatenerfassung spezialisierte Lösungen bieten wiederum vielfältigere Funktionen und funktionale Erweiterungsmöglichkeiten, beispielsweise zur Betriebsdatenerfassung, Zutrittskontrolle, GPS-Fahrzeugortung, Flottenverwaltung etc.
Nicht nur in der Konzeption unterscheiden sich die Systeme, sondern auch darin, wie erfasst wird, was erfasst wird und wie detailliert Zeiten und Tätigkeiten aufgenommen werden. Deshalb sollte man vorher ein individuelles Anforderungsprofil erstellen. Je präziser man seine Anforderungen definieren kann, desto besser lassen sich infrage kommende Lösungen eingrenzen. Benötigt man beispielsweise aktuelle Standortdaten von Mitarbeitern, um sie wegeoptimiert an den nächsten Einsatzort zu schicken, ist eine GPS- und Kommunikationsfunktion erforderlich, die nicht alle Systeme bieten.
Mit speziellen Lösungen für das Management von Aufträgen können extern tätige Wartungs-, Instandhaltungs- oder Montage-Mitarbeiter Auftragsdaten empfangen, vor Ort bearbeiten, durch eine vom Kunden unterschriebene Zeit-/Tätigkeitsangabe oder ein Fotoaufmaß ergänzen und als bearbeiteten Auftrag zurück an das Unternehmen senden, sodass die Rechnung zeitnah gestellt werden kann.
Einbindung in Büro-Software prüfen
Bevor man sich für eine Lösung entscheidet, sollte in jedem Fall zunächst geprüft werden, welches mobile Zeiterfassungssystem mit der aktuell im Unternehmen eingesetzten Software am besten zusammenarbeitet.
BMSP oder ERP1)-Branchenprogramme offerieren meist eigene Funktionen für die stationäre Zeiterfassung am PC und meist (aber nicht immer) auch über eine mobile Erfassung per Smartphone / Tablet-PC oder verfügen über entsprechende Schnittstellen.
Auf die Zeiterfassung spezialisierte Lösungen sind nur dann sinnvoll, wenn sie sich datentechnisch gut in die bestehende BMSP oder ERP-Software integrieren lassen, sonst ist viel manueller Nachbearbeitungsaufwand bei der Datenübergabe erforderlich.
Ein weiteres wichtiges Entscheidungskriterium ist das Softwarekonzept: Handelt es sich um eine auf dem PC, auf dem Smartphone / Tablet-PC oder auf speziellen mobilen Endgeräten lauffähige Kaufsoftware oder um eine monatlich abzurechnende SaaS-Lösung? Bei letzteren muss man auf eine DSGVO-konforme Datenübertragung und Datenspeicherung achten:
Da sensible und personenbezogene Daten verarbeitet werden, sind digitale Zeiterfassungslösungen besonders datenschutz- und datensicherheitsrelevant. Insbesondere Saas-Lösungen müssen mit auf externe Server übertragenen Daten sorgsam und konform zur Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) umgehen. Werden die Daten unverschlüsselt übertragen und auf Servern außerhalb der EU mit ihren laxeren Sicherheitsstandards gespeichert, dann ist das nicht der Fall. Deshalb sollte man Anbieter mit Sitz in der EU bevorzugen und mit diesem einen sogenannten Auftragsverarbeitungsvertrag abschließen. Darin verpflichtet er sich zu einem DSGVO-konformen Umgang mit Anwenderdaten.
Während sich die einmaligen Investitionskosten bei speziellen Zeiterfassungslösungen pro Mitarbeiter je nach Funktionsumfang zwischen 150 und 1500 Euro bewegen, beläuft sich die Software-Miete auf etwa 5 bis 15 Euro/Monat (jeweils ohne Hardware). Werden Daten auf externen Cloud-Servern gespeichert, können einmalige und / oder laufende Zusatzkosten entstehen. Da die Programme für mehrere Mitarbeiter erworben werden, sollte man auch auf eine Mehrfachlizenz-Rabattstaffelung achten.
Digitale Zeiterfassung: Worauf sollte man achten?
Softwarekonzept: Handelt es sich um eine Kombination aus Büro-Software und iOS- oder Android-App oder um eine SaaS-Lösung?
Hardware: Womit wird erfasst: mit einer speziellen Hardware oder per Smartphone / Tablet? Letztere bieten Zusatzfunktionen (Foto etc.).
Einsatzbereiche: Was wird erfasst: Beginn / Ende, Pausen, Aufträge, Tätigkeiten, Material, Aufmaße, GPS-Fahrzeugdaten etc.?
Identifikation: Wie identifizieren sich die Mitarbeiter: per PIN, Barcode, Chipkarte oder per Fingerprint?
Zeiterfassung: Vereinfachen Automatismen die Erfassung von Zeiten (z. B. Kalender-/Uhrzeitauswahl, Übernahme letzter Einträge)?
Datenübergabe: Wie werden die Zeitdaten übergeben: per VPN, WLAN, Bluetooth, Datenkabel oder online?
Auswertung: Wie wird ausgewertet: tabellarisch, grafisch, Wie gut ist die Schnittstelle zur BMSP-, HOAI- oder ERP-Branchensoftware?
Preise: Was kostet das System pro Mitarbeiter (Soft- und Hardware), einmalig oder pro Monat? Welche Zusatzkosten entstehen?
Ohne Zeiterfassung kein Controlling
Gegenüber Stundenzetteln hat die digitale Zeiterfassung viele Vorteile, nicht zuletzt im Hinblick auf gesetzliche Dokumentations- und Archivierungspflichten. Das Erfassen der Stunden sollte aber keine lästige Pflicht am Ende des Tages sein, sondern über die Software zeitnah in den täglichen Arbeitsablauf integriert werden (Erfassung beim Programmstart, Erinnerungsfunktion, Automatismen etc.).
Vor Einführung sollten die Vorteile für Mitarbeiter vermittelt werden – etwa die Verbesserung der Lohntransparenz und Lohngerechtigkeit oder die einfachere Integration individueller Arbeitszeitmodelle etc. Da die digitale Zeiterfassung ein wichtiger Bestandteil des Projekt- und Büro-Controllings ist, verbessert sie auch die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens – und damit auch die Arbeitsplatzsicherheit der Mitarbeiter. Marian Behaneck
Literatur / weitere Infos
[1] www.mittelstand-digital.de Rubrik „Mobiles Arbeiten“
[2] www.mobile-zeiterfassung.info Informationsportal zum Thema
[3] www.handwerke.de Suche „Zeiterfassung“
Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGAdossier TGA-Software
Produkte und Anbieter (Auswahl)
Mobile Zeiterfassung
Clockin www.clockin.de
Clockodo www.clockodo.com
Datafox www.datafox.de
Digi Form/DIGI-App2 www.digi-zeiterfassung.de
Echtzeit Mobile Zeiterfassung www.ezzm.de
LC-Time www.lc-top.de
OptiTime www.optitime.de
Time Report www.time-report.de
TIME4 www.msoft.de
TimeCard www.reiner-sct.com
TimeTac www.timetac.com
Virtic Mobile Zeiterfassung www.virtic.com
Zeiterfassungs-App www.timr.com
BMSP-Modul
Abacus allprojects www.allprojects.de
Acclaro www.acclaro.de
Buildup www.bauer-software.de
Cycot OM www.cycot-om.de
InLoox www.inloox.de
isyControl www.isycontrol.de
Kobold-Control www.kbld.de
Merlin Project www.projectwizards.net
pre² www.pre2.de
ProjektPro www.projektpro.com
projo www.projo.zone
RP-PRO www.loreg.de
Sta*Ware Business-Navigator www.staware.de
untermStrich www.untermstrich.com
Visuplus professional www.visuplus.com
VVW Control www.weise-software.de
wiko www.wiko.de
ERP-Modul
4Master Handwerk www.4master.de
Celsius Office www.sander-doll.com
Engelhaustechnik www.engeldataconcept.de
Sage 50 Handwerk www.sage.de
IN-Form PROfessional www.in-software.com
Kaufmann www.hottgenroth.de
kwp-bnWin.net www.kwp-info.de
Labelwin www.label-software.de
mexXgo www.mexxsoft.com
shm Handwerk www.shm-software.de
Streit www.streit-datec.de
Syka-Soft www.sykasoft.de
System 2000 www.system-2000.de
Taifun Handwerk www.taifun-software.de
TurboSHK www.turbo-shk.de
Winworker www.winworker.de