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IR-Kameras der Kompaktklasse

Thermografiekameras für den Einsteiger

Bild 1 Den „Röntgenblick“ stets dabei: IR-Kompaktkameras ermöglichen erste Vorab-Untersuchungen, …

Teledyne Flir

Bild 1 Den „Röntgenblick“ stets dabei: IR-Kompaktkameras ermöglichen erste Vorab-Untersuchungen, …

Kompakte Thermografiekameras versprechen einfach bedienbare Wärmebildtechnik zum kleinen Preis. Was aktuelle Einsteiger-Geräte können und was nicht, zeigt diese Marktübersicht.

Kompakt zusammengefasst
■ IR-Kompaktkameras sind klein, leicht und portabel. Damit hat man ein nützliches Analyse- und Dokumentationswerkzeug stets zur Hand.
■ Auch die Bedienung ist dank Fixfokus, auf das Nötigste reduzierte Einstellmöglichkeiten und wenigen Bedienknöpfen einfacher.
■ IR-Kompaktkameras eignen sich vor allem für einfache Anwendungen, Vorab-Untersuchungen. Leitungsortungen, Durchströmungs-Checks oder für die Suche von Hotspots.
■ Ihre Grenzen hat die Kompaktklasse allerdings, wenn hochauflösende, detailreiche Wärmebilder benötigt werden, beispielsweise für energetische Gebäudeanalysen oder die Elektrothermografie.
 

Ob im konventionellen Pistolen-, im Smartphone- oder Tablett-Format oder als IR-Kameraaufsatz für Smartphones – IR(Infrarot)-Kompaktkameras machen die Wärmebild-Technik flexibler und mobiler. Wärmebrücken lassen sich damit auf dem Display während eines ersten Kundentermins ebenso eindrucksvoll wie potenzielle Schimmelstellen oder unzureichend gedämmte Warmwasser- oder Heizungsleitungen präsentieren. Bei der Kameraauswahl sollte man allerdings neben dem kompakten Format und dem Preis auch auf die „inneren Werte“ achten.

High-Tech für die Hosentasche

Neue, ultrakompakte Infrarot-Detektoren mit Abmessungen von nur wenigen Millimetern haben es möglich gemacht, dass die ehemals hochsensible und voluminöse IR-Messtechnik inzwischen in ein streichholzschachtelgroßes Gehäuse passt.

Bild 2 … Leitungsortungen und Durchströmung-Checks …

CAT Phones

Bild 2 … Leitungsortungen und Durchströmung-Checks …
Bild 3 … oder im Innen- und Außenbereich die Lokalisierung von Wärmebrücken.

Bosch

Bild 3 … oder im Innen- und Außenbereich die Lokalisierung von Wärmebrücken.

Auch die integrierte Optik wurde kompakter: Während in hochwertigen IR-Kameras große, schwere und teure Germanium-Linsen mit fokussierbarer Optik verbaut sind, verfügen IR-Kameras der Kompaktklasse meist nur über ein winziges Silizium-Objektiv mit fester Brennweite. Letzteres erübrigt eine Fokussierung auf das Objekt, sodass man nur noch den Auslöseknopf drücken muss. Allerdings mindert es die Bildschärfe, Bildqualität und Messpräzision.

Bild 4 Hotspots an technischen Anlagen werden auf dem Kameradisplay schnell sichtbar.

Fluke

Bild 4 Hotspots an technischen Anlagen werden auf dem Kameradisplay schnell sichtbar.

Die meisten IR-Kameraanbieter haben auch ultrakompakte Modelle in ihrem Portfolio: Thermografie-Spezialist Teledyne Flir (ehemals Flir Systems) offeriert beispielsweise mit der C5 eine Einsteiger-Wärmebildkamera in der Optik und Größe eines Outdoor-Smartphones, die per Touchdisplay bedient wird. Auch Wärmebildkameras mit tabletähnlichem Gehäuse wie die Ulirvision T2 von irPOD folgen auf dem Touchdisplay den Fingergesten des Anwenders.

Im robusten CAT S62 wurden Funktionen eines Smartphones mit einer Thermografiekamera verknüpft. Ein anderes Konzept verfolgen IR-Kameraaufsätze. Das sind IR-Kameras ohne Display, die für die Wärmebildanzeige ein Smartphone oder ein Tablet nutzen. Diese Aufsätze von Teledyne Flir, Hikmicro, Opgal oder Seek werden einfach auf ein Android- oder iOS-Smartphone aufgesteckt und verwandeln es, in Verbindung mit einer speziellen App, in eine Wärmebildkamera.

Kompaktkameras im Vergleich

Damit man bei dieser Vielzahl an unterschiedlichen Bauformen und Modellen nicht die Übersicht verliert, sollte man vor der Auswahl grundlegende Kamera-Parameter miteinander vergleichen. Dazu zählt zunächst die radiometrische Auflösung des Infrarot-Detektors. Ähnlich wie bei einer konventionellen Digitalkamera gibt sie an, über wie viele Messpixel in X- und Y-Richtung der Detektor verfügt. Bei kompakten Einsteigerkameras reicht die Auflösung von 80 × 60, über 160 × 120, bis hin zu 320 × 240 IR-Pixeln und mehr.

Bild 5 Die Bauform ist sehr unterschiedlich und reicht von der Pistolenbauform, bis zum Smartphone oder Tablet.

Bosch, Teledyne Flir, CAT Phones, Trotec

Bild 5 Die Bauform ist sehr unterschiedlich und reicht von der Pistolenbauform, bis zum Smartphone oder Tablet.

Eine weitere wichtige Größe ist das „Sichtfeld“. Dieser Wert gibt in vertikaler und horizontaler Richtung den Erfassungsbereich der mitgelieferten Optik an. Auch die geometrische Auflösung (IFOV, siehe Glossar) entscheidet über die Bildqualität. Sie ist abhängig vom Objektiv.

Weitere wichtige Parameter sind der messbare Temperaturbereich, der im Baubereich mindestens zwischen − 20 und + 100 °C liegen sollte und der sogenannte NETD-Wert. Er gibt als weiterer wichtiger Kameraparameter die thermische Auflösung und damit die kleinste Temperaturdifferenz an, die vom Infrarot-Detektor erfasst werden kann. Sie liegt bei den Kompaktkameras zwischen 0,1 und 0,03 K. Je niedriger dieser Wert ist, desto geringer ist die Gefahr des „Bildrauschens“, das die Bildqualität beeinträchtigt.

Die Genauigkeit gibt die Messabweichung in Prozent bei einer bestimmten Temperatur (meist 30 °C) an. Sie nimmt mit hohen oder niedrigen Temperaturen ab. Zu den Kameraeinstellmöglichkeiten sollten mindestens eine exakte Eingabe des materialabhängigen Wärmeabstrahl-Kennwerts (Emissionsgrad) und der reflektierten Umgebungstemperatur gehören.

Bild 6 Am und im Gebäude lassen sich IR-Kompaktkameras vielseitig einsetzen.

Bosch

Bild 6 Am und im Gebäude lassen sich IR-Kompaktkameras vielseitig einsetzen.

Die Kameraoptik verfügt meist über eine feste Brennweite, eine Wechseloptik bieten nur wenige Modelle, z. B. die InfraTec mobileIR 400. Beim Gehäuse sollte man neben den kompakten Abmessungen auf ein geringes Gewicht und auf „Baustellentauglichkeit“ achten. Dafür sollte das Gehäuse mindestens über die Schutzklasse IP54 (staub- und spritzwassergeschützt) verfügen.

Bei IR-Kameraaufsätzen sollte man bedenken, dass diese den Smartphone-Akku schnell „leersaugen“ können. Teilweise liegen die Betriebszeiten bei maximal einer Stunde. Zum Standard-Zubehör gehören ein Netzteil oder ein kombiniertes USB- und Ladekabel und ein Transportbehälter, meist eine Tasche.

Achten sollte man auch darauf, welche integrierten Analysefunktionen die Kamera bietet und ob auch eine Analyse-Software für die Wärmebildauswertung und die Erstellung von Thermografie-Berichten mitgeliefert wird. Die Kamerapreise liegen zwischen 250 und 1000 Euro, teilweise aber auch mehr.

Glossar

Infrarot-Detektor: Optoelektronisches Bauelement, das Wärmestrahlung in elektrische Signale umwandelt und dadurch messbar macht. Detektoren handgeführter Thermografiekameras bestehen aus Mikrobolometer-Focal Plane Arrays (FPA) – einer Matrix aus winzigen Strahlungsdetektor-Zellen. Je dichter das Matrixraster der in X- und Y-Richtung verteilten Detektorzellen ist, desto höher ist die Infrarot(IR-)Auflösung des Detektors.

Thermische Auflösung: … auch NETD (Noise Equivalent Temperature Difference) oder auch thermische Empfindlichkeit genannt, gibt die kleinste Temperaturdifferenz an, die vom Detektor erfasst werden kann. Sie liegt bei Mittelklasse-Kameras zwischen 0,06 und 0,03 K bei 30 °C. Bei Profigeräten liegt sie unter 0,03 K. Je kleiner dieser Wert ist, desto geringer ist die Gefahr des die Bildqualität beeinträchtigenden „Bildrauschens“.

Geometrische Auflösung: … auch IFOV (Instantaneous Field of View), ist abhängig vom Kameraobjektiv und definiert die kleinstmögliche Messfleckgröße. Das ist jene Fläche auf dem Messobjekt, die aus einem Meter Entfernung einer einzelnen Detektorzelle in einem Wärmebild zugeordnet werden kann. Multipliziert man den IFOV-Wert mit der Objektentfernung und einem Korrekturwert für die verwendete Optik, erhält man in Millimetern die Messfleckgröße. Sie entscheidet bei kleinen Objektstrukturen bzw. großen Entfernungen darüber, wie genau gemessen werden kann.
 

Bild 7 IR-Kameraaufsätze verwandeln Smartphones in kompakte IR-Kameras.

Seek Thermal // Getty Images / iStockphoto

Bild 7 IR-Kameraaufsätze verwandeln Smartphones in kompakte IR-Kameras.
Bild 8 Lassen sich die Wärmebilder drahtlos an eine Smartphone-App übertragen, können sie noch vor Ort bearbeitet und per E-Mail weitergeleitet werden.

Bosch

Bild 8 Lassen sich die Wärmebilder drahtlos an eine Smartphone-App übertragen, können sie noch vor Ort bearbeitet und per E-Mail weitergeleitet werden.
Bild 9 Die Überlagerung von visuellem und IR-Bild verbessert den Kontrast und die Orientierung im Bild: links mit, rechts ohne Überlagerung.

Behaneck

Bild 9 Die Überlagerung von visuellem und IR-Bild verbessert den Kontrast und die Orientierung im Bild: links mit, rechts ohne Überlagerung.
Bild 10 Bedenken sollte man aber stets, dass Details nur bei höheren IR-Auflösungen erkennbar werden: Vergleich: 120 × 160 IR-Pixel und 640 × 480 IR-Pixel.

InfraTec

Bild 10 Bedenken sollte man aber stets, dass Details nur bei höheren IR-Auflösungen erkennbar werden: Vergleich: 120 × 160 IR-Pixel und 640 × 480 IR-Pixel.
Bild 11 Achten sollte man bei IR-Kompaktkameras auch darauf, ob der Anbieter eine Software für die Wärmebildanalyse und Berichterstellung offeriert.

Bosch

Bild 11 Achten sollte man bei IR-Kompaktkameras auch darauf, ob der Anbieter eine Software für die Wärmebildanalyse und Berichterstellung offeriert.

Was kann die Kompaktklasse …

Zu den wenigen Vorteilen im Vergleich zu Profimodellen zählen – neben dem erheblich geringeren Preis – die kompakten Abmessungen, das geringe Gewicht, die relativ unempfindliche Technik und die einfache Bedienung. Da man die Kameras schnell in die Tasche stecken, am Handgelenk oder um den Hals tragen kann, lassen sie sich praktisch immer und überallhin mitnehmen.

Nützlich ist auch die Kombination von IR-Kamera- mit Smartphone- oder Tablet-Funktionen, weil man damit die aufgenommenen Wärmebilder unmittelbar mit den entsprechenden Apps verarbeiten oder sofort per E-Mail versenden kann.

Die Detektorauflösung bleibt meist auf 160 × 120 IR-Pixel beschränkt, was einfache Anwendungen, etwa erste Vorab-Untersuchungen von Fassaden oder die Ortung von Warmwasser- oder Heizleitungen ermöglicht.

Mit technischen Tricks und Zusatzfunktionen, wie dem Resolution Enhancement oder der Überlagerung von visuellem Bild und IR-Bild, lassen sich bei einigen Modellen zusätzlich die IR-Auflösung, respektive der Bildkontrast verbessern.

Einige Modelle weisen höhere Auflösungen mit 320 × 240 IR-Pixeln und mehr auf (z. B. InfraTec mobileIR 400 oder Seek Thermal Reveal Pro FF). In Verbindung mit NETD-Werten von 0,07 Kn (und weniger) sind diese Kameras auch für anspruchsvollere Anwendungen und auch für Gutachten einsetzbar.

… und was nicht?

Die kompakten Abmessungen haben nicht nur Vorteile, sondern bringen auch Einschränkungen mit sich. Neben den schon erwähnten beim IR-Detektor und der Optik ist es beispielsweise auch das Display, das bei den meisten IR-Kompaktkameras fest eingebaut ist. Das erschwert Überkopf-Aufnahmen, Aufnahmen aus der Froschperspektive oder in unzugänglichen Ecken.

Auch eine Wechseloptik, die Aufnahmen aus verschiedenen Entfernungen und mit unterschiedlichem Sichtfeld ermöglicht, sucht man in der Kompaktklasse meist vergebens. Die Qualität der integrierten visuellen Digitalkamera ist nicht mehr zeitgemäß und liefert mit z. B. 640 × 480 Pixeln nur sehr schwammige Aufnahmen.

Die integrierten Messfunktionen zeigen meist nur den Minimal- und Maximalwert der Temperatur und auch die Kameraeinstellungen beschränkten sich beispielsweise auf die Korrektur des Emissionsgrads und der reflektierten Umgebungstemperatur.

Für die praktische Nutzung hat all dies zur Folge, dass man mit IR-Kompaktkameras zwar Temperaturunterschiede relativ gut erkennen kann. Sie eignen sich aber nicht, um geringe Temperaturdifferenzen zu erkennen oder um aus der Distanz die tatsächliche Temperaturverteilung kleiner Objekte präzise zu messen.

Damit sind sie beispielsweise für die Elektrothermografie ungeeignet (TGA 09-2020: Gefahren erkennen, Anlagenwerte sichern). Dafür eignen sich nur Profikameras (TGA 11-2018: Wärmebilder in Fotoqualität).

Was sollte der Thermograf können?

Einfach bedienbare Thermografiekameras suggerieren, dass die Thermografie einfach ist. Tatsächlich setzt sie aber profundes Fachwissen voraus, das man sich mit Fachliteratur und Schulungen erst erarbeiten muss. Ohne eine fundierte, nachvollziehbare Analyse und Interpretation sind Thermogramme nur bunte Bilder und damit wertlos.

Parameter, wie Temperaturunterschiede, materialspezifische Emissionsfaktoren oder thermische Spiegelungen an glatten Oberflächen wie Metallen etc., müssen berücksichtigt und richtig eingeschätzt werden. Zudem sind Kenntnisse aus den Bereichen Optik, Wärmestrahlung, Wärmeleitung, Materialkunde, Gebäude- oder Anlagentechnik erforderlich.

Besondere Randbedingungen, wie Konstruktionen, Materialien, Isolierungen etc., können eine korrekte Temperaturmessung vereiteln und Messergebnisse verfälschen. Deshalb setzt die Aufnahme, Analyse und Interpretation von Thermogrammen neben Fachwissen auch viel Erfahrung voraus. Andernfalls kann man schnell die falschen Schlüsse ziehen.  Marian Behaneck

IR-Kompaktkameras – Auswahltipps

● Entscheidend für die IR-Bildqualität sind vor allem die Detektorauflösung und der NETD-Wert (siehe Glossar).
● Für einen beruflichen Einsatz sind Detektorauflösungen erst ab 160 x 120 IR-Pixeln und NETD-Werte ab 0,07 K sinnvoll.
● IR-Kompaktkameras mit Fixfokus sind einfacher bedienbar, vielseitiger einsetzbar sind aber Kameras mit Wechselobjektiv.
● Für die Analyse der Thermogramme und die Berichterstellung sollte der Kamera-Hersteller auch eine Auswertungs-Software anbieten.
● Lassen sich die Thermogramme drahtlos an eine Smartphone- oder Tablett-App übertragen, kann man sie einfach per E-Mail versenden.
● Bei IR-Kameraaufsätzen besonders auf den Stromverbrauch und in Verbindung mit dem Smartphone-Akku auf die Betriebsdauer achten.
 

Literatur

[1] Fouad, N.A.; Richter T.: Leitfaden Thermografie im Bauwesen. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2012
[2] Rahne, E.: Thermografie – Theorie, Messtechnik, Praxis. Weinheim: Wiley-VCH, 2021
[3] VATh-Richtlinie Bauthermografie. Nürnberg: Bundesverband für Angewandte Thermografie VATh (Hrsg.). Nürnberg, 2016, Download: www.vath.de/VATH-Richtlinien.htm
[4] Wagner, H.: Thermografie – Sicher einsetzen bei der Energieberatung, Bauüberwachung und Schadensanalyse. Köln: Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, 2011
[5] www.thech.ch  Thermografie Verband Schweiz 
[6] www.thermografie.co.at  Österr. Gesellschaft für Thermografie
[7] www.thermografie.de  Dienstleister mit vielen Infos und Beispielen
[8] www.vath.de  Bundesverband für angewandte Thermografie
[9] www.waermebildkamera-test.de Produktvergleich Einsteiger-Kameras
[10] www.wikipedia.de  Basisinfos (Suchwort: „Thermografie“ etc.)
[11] Weitere Anbieter: www.dostmann-electronic.de  www.guideir.com  www.milwaukeetool.de  www.opgal.com  www.panasonic.de  www.reichelt.de