Kompakt informieren
■ Video-Konferenzsysteme ermöglichen neben einer multimedialen Online-Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Partnern auch die Besprechung und den Austausch digitaler Dokumente.
■ Video-Projektbesprechungen ergänzen herkömmliche Kommunikationswege, bieten nützliche Kollaborationsfunktionen, sparen Reisekosten und Zeit.
■ Sie sind ein wichtiger Baustein des Home-Office – sofern die vorhandene Qualität der Datenverbindung einen halbwegs störungs- und verlustfreien Betrieb ermöglicht.
■ Einen direkten persönlichen Austausch oder eine persönliche Präsenz vor Ort können sie aber nicht ersetzen.
Die Coronavirus-Pandemie hat den direkten Kontakt zu Projektpartnern aufgrund strenger Kontaktbeschränkungen zeitweise komplett unterbrochen. Da der weitere Pandemieverlauf unsicher ist und noch strengere Kontakt- oder Reisebeschränkungen für laufende Projekte schnell kritisch werden können, nutzen inzwischen viele TGA-Planer auch alternative Kommunikationswerkzeuge, wie Webmeeting- oder Videokonferenz-Tools.
Aber lassen sich damit Projekte auch angemessen besprechen oder Handwerkerleistungen sinnvoll koordinieren, wenn der persönliche Kontakt fehlt? Welche Vor- und Nachteile haben Webmeetings und wo liegen die Grenzen? Welche technischen und rechtlichen Details sind zu beachten? Das sind Fragen, die man vorher klären sollte, denn die multimediale Online-Kommunikation setzt eine gute Vorbereitung voraus.
Technische Voraussetzungen
Über die wichtigste technische Voraussetzung für Webmeetings verfügen zwar nicht alle, aber die meisten Unternehmen: eine stabile und ausreichend schnelle Internetverbindung ab 6 Mbit/s (Megabit pro Sekunde). Professionelle Systeme brauchen höhere Bandbreiten (ab 50 Mbit/s). Langsamere Verbindungen sind mit Bildunterbrechungen und Qualitätsverlusten verbunden.
Bei mobilen Videoanrufen, etwa von der Baustelle aus, muss man beachten, dass pro Minute – je nach Videoqualität – zwischen 3 und 20 Megabyte Daten übertragen werden und damit das maximale Datenvolumen von Mobilfunkverträgen schnell sprengen können. Praktisch immer vorhanden ist ein internetfähiges Endgerät – ein PC, Notebook/Laptop, Tablet oder Smartphone samt eingebautem Lautsprecher, Mikrofon und Webcam.
Damit die Bildqualität stimmt, sollte die eigene Kamera über eine HD- (1024 × 768 Pixel) oder Full-HD-Auflösung (1920 × 1080 Pixel) verfügen. Da auch eine schlechte Audioqualität unprofessionell wirkt, sollte man möglichst ein Headset oder ein In-Ear-Kopfhörer mit integriertem Mikrofon verwenden. Damit kann man die Tonqualität verbessern und störende Nebengeräusche oder Rückkoppelungen vermeiden.
Werden parallel zum Videochat Pläne oder BIM-Modelle online besprochen, sind ein oder zwei möglichst großformatige, hochauflösende Monitore sinnvoll, wie man sie auch für CAD-Arbeitsplätze verwendet (ab 22", ab 1920 × 1200 Pixel).
Vorteile und Möglichkeiten
Sind diese technischen Voraussetzungen erfüllt, muss man nur noch mit dem Gesprächspartner einen Termin vereinbaren und ihm einen Einwahl-Link, zum Beispiel per E-Mail schicken. Klickt der Kunde zum vereinbarten Termin auf den Link, wird der Video-Chat gestartet. Ist der Gesprächspartner bereits im Konferenzsystem angemeldet und kennt man seine Adresse, kann man ihn auch spontan kontaktieren, sofern er online ist.
Ein Ersatz für das persönliche Gespräch oder Baustellentermine sind virtuelle Treffen im Internet zwar nicht. Sie sind aber eine gute Ergänzung und Alternative, wenn persönliche Treffen nicht möglich oder wegen des Aufwands nicht zeitnah sind. Die Kommunikation ist kontaktfrei, bequem, praktisch kostenfrei, zeit- und kostensparend. Zwar müssen Webmeetings, ebenso wie Baustellentermine, in der Regel vorher vereinbart werden – Anfahrtszeiten fallen aber weg.
Grundsätzlich lassen sich alle Tätigkeiten, die keine persönliche Präsenz voraussetzen, online erledigen. Oft spielen aber der Augenkontakt, die Mimik, Gestik, der persönliche Eindruck oder die Besprechung von Dokumenten eine wichtige Rolle – insbesondere bei der Klärung strittiger Fragen, der Besprechung von Angeboten, der Kommunikation mit anderen Planern, Subunternehmen oder Lieferanten. Vieles lässt sich aus den nonverbalen Signalen des Gesprächspartners herauslesen und man kann dessen Argumente und Aussagen besser einordnen.
Andere Tätigkeiten lassen sich überhaupt nicht online erledigen, beispielsweise Aufmaße, die Baustellenüberwachung oder Erfassung von Mängeln, der Soll/Ist-Abgleich oder die Abnahme von Leistungen. Manchmal erledigt sich aber die Notwendigkeit einer persönlichen Anwesenheit, wenn man etwa mit der im mobilen Endgerät integrierten Kamera dem Gesprächspartner die Situation vor Ort visuell vermittelt.
Was sollten Video-Tools können?
Video-Chatsysteme müssen unkompliziert bedienbar und plattformunabhängig sein, weil die Gesprächspartner häufig unterschiedliche Betriebssysteme und auch mobile Geräte mit kleinen Displays nutzen. Basis-Funktionen sind die Video- und Audio-Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Partnern, der Text-Chat, das Teilen der Bildschirm-Anzeige (Screen- oder Desktop-Sharing) sowie von Dateien (File-Sharing).
Damit lassen sich viele Kommunikationsszenarien bewältigen: Pläne, BIM-Modelle oder LVs besprechen, Mängelprotokolle abgleichen, Checklisten abarbeiten, digitale Dokumente austauschen etc. Praktisch sind Markierungs- und Zeichenwerkzeuge, um Details der Bildschirmanzeige oder von Dokumenten hervorzuheben oder eine Whiteboard-Funktion, die Teilnehmern das Schreiben und Zeichnen auf einem digitalen Flipchart ermöglicht.
Für Besprechungen in größerer Runde oder für virtuelle Jour-Fix-Termine mit mehreren Projektpartnern ist eine Splitscreen-Darstellung für die Anzeige aller Teilnehmer wichtig, ferner die Übertragung der Maus- und Tastaturkontrolle an einzelne Teilnehmer und der Wechsel der Moderator-Rolle. Eine Protokoll-Funktion ist praktisch, damit Besprochenes nicht vergessen wird. Eine Aufzeichnungs-Funktion ist dann nützlich, wenn man wichtige Besprechungsdetails erneut wiedergeben möchte.
Auch das Drumherum sollte stimmen
Bei Webmeetings sollten nicht nur die Technik, sondern auch das eigene Erscheinungsbild und das Umfeld stimmen, denn mit jedem Video-Anruf repräsentiert man sich und sein Unternehmen. Kleidung, Sprache und Auftritt sollten einem persönlichen Vor-Ort-Termin entsprechen.
Bei Online-Meetings ist der Augenkontakt besonders wichtig. Es ist zwar sehr gewöhnungsbedürftig – dennoch sollte man darauf achten, dass man nicht nur auf den Bildschirm, sondern möglichst auch hin und wieder in die Kamera blickt, also sein Gegenüber direkt anschaut. Dabei sollte sich die Kamera auf Augenhöhe befinden, weil diese Perspektive vorteilhafter ist als beispielsweise von unten. Mobile Endgeräte sollten deshalb etwas erhöht platziert werden, beispielsweise mithilfe einer höhenverstellbaren Docking-Station für Laptops oder eines speziellen Tablet- oder Smartphone-Stativs.
Achten sollte man auch auf das richtige Tages- oder Kunstlicht, das von seitlich vorne kommen sollte, damit das Gesicht und dessen Mimik gut erkennbar sind. Bei Kunstlicht sollte man auf die richtige Farbtemperatur achten, um einen unvorteilhaften Blau- oder Gelbstich zu vermeiden. Der Raum und dessen Hintergrund sollten optisch wie akustisch ruhig und aufgeräumt sein. Einige Videokommunikations-Tools verfügen auch über Funktionen, die den Hintergrund unscharf machen oder einen Hintergrund nach Wahl einblenden.
Was sollte man rechtlich beachten?
Videokonferenzen bergen in Bezug auf den Datenschutz und die Datensicherheit Risiken. Insbesondere webbasierte Saas-Lösungen (Software as a Service) mit Firmensitz in den USA stehen im Verdacht, mit den übertragenen Daten nicht DSGVO-konform (Datenschutz-Grundverordnung) umzugehen (DSGVO: Darauf sollten Sie achten in TGA 06-2018).
Zwar werden die Übertragungsdaten meist verschlüsselt, allerdings häufig auf außereuropäischen Servern mit laxeren Sicherheitsstandards gespeichert. Dann besteht die Möglichkeit, dass der Anbieter oder Dritte die Anmelde-, Video- und Audiodaten missbräuchlich verwenden. Deshalb sollte man Anbieter mit Sitz in der EU bevorzugen und mit diesem einen sogenannten Auftragsverarbeitungsvertrag abschließen. Darin verpflichtet er sich zu einem DSGVO-konformen Umgang mit den Daten. Darüber hinaus sollte man – sofern vorhanden – stets die Business-Version eines Programms bevorzugen, die meist höhere Sicherheitsstandards bietet.
Beim Screen- und File-Sharing sollte man darauf achten, dass nur für das Webmeeting relevante Informationen zu sehen sind. Dazu gehört auch, vor dem Meeting alle Push-Nachrichten zu deaktivieren und das Handy oder Smartphone stumm zu schalten, um Störungen zu vermeiden. Sollen Video-Chats mitgeschnitten werden, muss im Voraus das Einverständnis aller Beteiligten eingeholt werden.
Welche Lösungen gibt es?
Eine Video-Kommunikation per Internet ermöglichen zahlreiche Programme aus unterschiedlichen Software-Kategorien, die sich in ihren Funktionen überschneiden (siehe Anbieterübersicht).
Bei Videokonferenz-Systemen stehen die VoIP-Telefonie und die Übertragung von Live-Videostreams von zwei oder mehreren Teilnehmern im Vordergrund. Webmeeting- und Kollaborations-Software ermöglicht darüber hinaus Gruppen-Chats, das Teilen von Bildschirminhalten, den Datenaustausch, das gemeinsame Arbeiten an Dokumenten etc.
Auch Desktop-Sharing-Software, ursprünglich für den Software-Support entwickelt, ermöglicht neben dem Teilen von Bildschirminhalten auch einen audiovisuellen Austausch mit Partnern.
Webinar-Systeme werden vorrangig für Online-Seminare oder Schulungen eingesetzt, ermöglichen aber ebenfalls eine Video-Kommunikation mit einem oder mehreren Partnern. Auch Instant-Messenger wie WhatsApp, ICQ und andere bieten teilweise Video-Chat-Funktionen, ebenso wie einige Virtuelle Projekträume oder BIM-Server (Einfacher verteilt zusammenarbeiten in TGA 12-2020).
Einige Videokonferenz-Programme setzen die Installation eines lokalen Programmmoduls voraus, andere laufen vollständig im Web-Browser und weder der Anrufende noch der Angerufene müssen ein Programm installieren. Viele Lösungen sind in der Basisversion kostenlos, allerdings bei begrenzter Teilnehmerzahl oder Übertragungsdauer etc.
Die Kosten der Vollversion liegen, je nach Preismodell, zwischen 10 und 25 Euro pro Moderator und Monat und bis zu 100 Teilnehmern. Mehr Teilnehmer und diverse Zusatzleistungen (mehr Cloudspeicher, individuelle Anpassung etc.) kosten extra.
Nehmen mehrere Personen in einem Raum an einer Besprechung teil und soll auch die individuelle Raumakustik berücksichtigt werden, ist eine technisch aufwendigere (und teurere) Videokonferenz-Hardware sinnvoller. Diese besteht aus speziellen Monitoren, Kameras und Audiosystemen und ermöglicht bessere Bild- und Tonqualitäten.
Ergänzendes Kommunikationswerkzeug
Natürlich ist ein Telefonanruf schneller und einfacher, weil er keine Vorbereitung erfordert. Video-Meetings sind aber eine sinnvolle Ergänzung herkömmlicher Kommunikationswege, denn sie ermöglichen auch eine visuelle Kommunikation. Außerdem sparen sie Reisekosten und Zeit – und bieten damit auch außerhalb pandemiebedingter Reise- und Kontaktbeschränkungen Vorteile.
Per Webmeeting sind Planer in der Lage, zumindest einen Teil ihrer Kommunikation online zu erledigen. Außerdem sind sie Ausdruck einer modernen, zeitgemäßen Unternehmens- und Kommunikationskultur.
Ein Ersatz für persönliche Begegnungen und Besprechungen unter vier Augen sind sie freilich nicht. Objekte können nicht begutachtet, haptisch erfahren und beurteilt, Baustellen nicht inspiziert werden und anderes mehr.
Außerdem sind nicht alle Projektpartner technisch ausreichend gerüstet. Manche scheuen visuelle Medien und längst nicht alle Kommunikationspartner verfügen über Hochgeschwindigkeits-Datennetze für hochauflösende Video-Präsentationen ohne lästige Leitungsabbrüche oder Übertragungsstörungen. Video-Meetings werden sich nur dann langfristig als ein ergänzendes Kommunikationsmedium durchsetzen, wenn die technischen Voraussetzungen stimmen. Marian Behaneck
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Praxis-Statement: „Eine gute Alternative“
Dipl.-Ing. (FH) Thomas Schwarzer, Geschäftsführer des Fachbereichs Versorgungstechnik der Pforzheimer IGP Ingenieurgesellschaft für Technische Ausrüstung mbH (www.igp-gmbh.de) nutzt das Videokonferenz-Tool GotoMeeting für Projektbesprechungen, Personal-Bewerbungsgespräche, VgV-Verfahren und Schulungen. Da IGP eine rund 10-jährige Videokonferenz-Erfahrung hat, entstehen Probleme meist auf der gegenüberliegenden Seite, so Schwarzer:
„Für Ungeübte machen wir vor einer Videokonferenz meist einen Probelauf. Wichtig sind auch eine hochwertige Kamera sowie ein Headset oder eine gute Lautsprecher-Mikro-Kombination bei mehreren Teilnehmern. Wir empfehlen eine Zweischirmlösung: Auf einem Bildschirm wird der Teilnehmerkreis angezeigt, auf dem anderen die Präsentation. Wir haben im Unternehmen vier Besprechungsräume mit hochwertiger Konferenz-Hardware. Alle Mitarbeiter können auch an ihrem Arbeitsplatz an Besprechungen teilnehmen.“
Eine Grenze ist die aktive Teilnehmeranzahl. Schwarzer: „Bei mehr als fünf bis sieben Teilnehmern wird von allen viel Selbstdisziplin abverlangt: Alle Mikros sollten ausgeschaltet sein, nur der aktive Teilnehmer schaltet sein Mikro frei. So werden störende Fremdgeräusche vermieden. Die Grundvoraussetzung ist eine stabile Internet-Verbindung mit einer Datentransferrate ab 50 Megabit pro Sekunde. Da dies nicht immer gegeben ist, braucht man eine gewisse ‚Leidensfähigkeit‘. Aber wenn die Verbindung funktioniert, sind Web-Meetings eine gute Alternative, um in Pandemiezeiten Kontakte zu vermeiden und darüber hinaus Zeit zu sparen und den CO2-Ausstoß durch nicht notwendige Anreisen zu reduzieren.“
Produkte und Anbieter (Auswahl)
Video-Conferencing Video-Conferencing: Adobe Connect (https://www.adobe.com/de/), Alfaview (https://alfaview.com/de/), Cisco Webex (https://www.cisco.com/), Facetime (https://www.apple.com/), Google Hangouts/Meet (https://www.google.com/), GoToMeeting (https://www.gotomeeting.com/de-de), Meetgreen (https://meetgreen.com/), Skype (https://www.skype.com/de/), Spreed (https://www.spreed.eu/), Veeting (https://www.veeting.com/), Zoom (https://www.zoom.us/)
Kollaboration: Eyeson (https://www.eyeson.com/), Slack (https://slack.com/intl/de-de/), Smartsheet (https://www.smartsheet.com/), Teams (https://www.microsoft.com/de-de/), Teamwork (https://www.teamwork.com/), Watson Works (https://www.ibm.com/de-de), Wire (https://wire.com/de/)
Desktop-Sharing: BeamYourScreen (https://www.beamyourscreen.com/), Deskshare (https://www.deskshare.net/de/), Fastviewer (https://fastviewer.com/de/), Pcvisit (https://www.pcvisit.de/), Teamviewer (https://www.teamviewer.com/de/)
Instant-Messaging: ICQ (https://www.icq.com/), Signal (https://www.signal.org/de/), SilentPhone (https://www.silentcircle.com/), Telegram (https://www.telegram.org/), Threema (https://threema.ch/de), WhatsApp (https://www.whatsapp.com/)
Webinare: BigBlueButton (https://bigbluebutton.org/), ClickMeeting (https://clickmeeting.com/de), EasyWebinar (https://easywebinar.com/), Edudip (https://www.edudip.com/), Mikogo (https://www.mikogo.de/), Webinaris (https://www.webinaris.com/), WebinarJam (https://home.webinarjam.com/index?r_done=1)
Videokonferenz-Hardware: Avaya (https://www.avaya.com/en/), Cisco (https://www.cisco.com/), Jabra (https://www.jabra.com.de/), Lenovo (https://www.lenovo.com/de/de/), Placetel (https://www.placetel.de/), Poly (https://www.poly.com/de/de), Sharp (https://www.sharp.de/de)
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