Der vom Bundesumweltministerium (BMU) vorgelegte Entwurf für ein EEWärmeG wird von der Branche abgelehnt. Nach dem schriftlichen Anhörungsverfahren liegt allerdings noch kein neuer Entwurf bzw. ein Referentenentwurf öffentlich vor. Die Branchenorganisationen scheinen aber davon auszugehen, dass bis zur Kabinettsentscheidung am 5. Dezember die geforderten substanziellen Änderungen nicht berücksichtigt werden. Allein die kurze Zeit dürfte dafür sprechen.
Der Widerstand gegen den BMU-Entwurf geht soweit, dass Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) auf dem 8. Forum Solarpraxis am 22./23. November angekündigt hat, das parlamentarische Verfahren für Korrekturen des EEWärmeG zu nutzen. Insbesondere wenn die vom Bundesbauministerium in den Entwurf eingebrachten „Schlupflöcher“ nicht gestopft würden, könne auch das Verhindern des ordnungsrechtlichen Teils eine Option sein. Ähnliche Ambitionen, wenngleich nicht so lautstark vorgetragen, hat der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH). Die Motive sind allerdings höchst unterschiedlich. Nach den bisher vorgetragenen Positionen wären sie höchstens bei Details in Deckung zu bringen.
Grundzüge des EEWärmeG-Entwufs
Der BMU-Entwurf sieht eine Verpflichtung vor, den Wärmeenergiebedarf anteilig mit erneuerbaren Energien zu decken. Die Nutzungspflicht soll mit Biomasse, Geothermie, solarer Strahlungsenergie und Umweltwärme erfüllt werden können. Ganz entfällt sie, wenn der Wärmeenergiebedarf unter bestimmten Bedingungen über KWK gedeckt wird oder mit einer energetischen Sanierung des Gebäudes das (künftige) EnEV-Niveau um mindestens 15% unterschritten wird.
Bei der Einkopplung solarer Strahlungsenergie (thermisch) wird die Nutzungspflicht dadurch erreicht, dass Sonnenkollektoren mit mindestens 0,04 m² Kollektorfläche je m² Nutzfläche installiert werden. Bei der Nutzung fester Biomasse, Geothermie und Umweltwärme wird die Pflicht erreicht, wenn der Wärmeenergiebedarf mit ihnen zu mindestens 50% gedeckt wird. Sie wird aber nur anerkannt, wenn die anderen Maßnahmen öffentlich-rechtlichen Pflichten widersprechen, technisch unmöglich oder über einen Betrachtungszeitraum von 20 Jahren nachgewiesen unwirtschaftlicher sind.
Als Zeitpunkt der Pflichterfüllung ist vorgesehen, dass sie für jeden Neubau gilt, der nach dem 31. Dezember 2008 fertig gestellt wird. Gebäude, die vor dem 1. Januar 2009 fertig gestellt worden sind, müssen die Pflicht erst mit Abschluss einer „grundlegenden Sanierung“ erfüllen. Sie liegt vor, wenn „in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang a) ein Heizkessel ausgetauscht oder die Heizungsanlage auf einen anderen fossilen Energieträger umgestellt wird und b) die beheizte Nutzfläche des Gebäudes um mehr als die Hälfte erweitert oder die Außenwände beheizter oder gekühlter Räume oder das Dach überwiegend erneuert oder gedämmt werden“ (Und-Regelung).
Kritikpunkt: Kompensation über EnEV-Unterschreitung
Der BSW-Solar kritisiert insbesondere die Ersatzmaßnahme einer EnEV-Unterschreitung. Mit 15% sei sie „viel zu billig“. Gegenüber dem aktuellen Niveau ist sie indes erheblich, denn die 15-%-Regel bezieht sich auf ein um 30% abgesenktes EnEV-Anforderungsniveau, das bis Anfang 2009 in Kraft treten soll. Gegenüber dem heutigen Stand müsste die EnEV damit um etwas mehr als 40% unterschritten werden. Fällt die für 2012 angekündigte zweite Absenkungsstufe der EnEV im Jahr 2012 ebenfalls um 30 % aus, wären es 58% gegenüber dem heutigen EnEV-Niveau. Für Neubauten dürften beide Fälle zu suboptimalen Lösungen führen, der Passivhausstandard wäre zu unwesentlich geringeren Mehrkosten aber langfristig geringeren Gesamtkosten umzusetzen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass in der EnEV-Ersatzmaßnahme auch eine Solaranlage oder andere erneuerbare Energien verrechnet werden können, allerdings entsprechend des tatsächlichen Bedarfs und nicht aufgrund einer Baupflicht.
Kritikpunkt: Pflichterfüllung
Im Wesentlichen greift das EEWärmeG nur im Neubau. Im Sanierungsfall kann der Eigentümer auf Basis der Entwurfsregelungen durch eine Entzerrung der Maßnahmen selbst steuern, ob er sich über die Und-Regelung der Nutzungspflicht stellen will. Bei den einzelnen Maßnahmen muss er allerdings die EnEV einhalten. Dieses Schlupfloch will der BSW-Solar ebenfalls gestopft haben. Pikanterweise ist diese Regelung unter anderem auch auf Betreiben des BDH in den Entwurf gerutscht. Die Heizungsindustrie fürchtet, dass sonst der Austausch des Wärmeerzeugers in vielen Fällen noch weiter verzögert wird. Die Und-Regelung gibt aber auch dem zweiten Fürsprecher, der Wohnungswirtschaft, einen idealen Ansatzpunkt, die Nutzungspflicht auszuhebeln.
Kritikpunkt: Biogene Brennstoffe
Biogene Brennstoffe sind nach dem EEWärmeG-Entwurf nur als feste Biomasse erwünscht. Mit Scheitholz, Holzpellets und Hackschnitzeln ist die Mindestquote von 50% am Wärmebedarf auch einfach zu erreichen. Geringere Dimensionierungen sind in aller Regel ohnehin bei den Gesamtkosten teurer. Flüssige und gasförmige Biomasse ist nur in besonderen Fällen anrechenbar. Damit will das Bundesumweltministerium Biogas und Bioöl bevorzugt in den Verkehrsbereich und in die Stromerzeugung lenken.
Nicht nur der BDH, auch die Gas- und Mineralölwirtschaft werden dagegen Sturm laufen. Schließlich sollen durch die biogene Beimischung möglichst viele Kunden bei der Stange gehalten werden. Der BDH hält eine Quote von 50% allerdings für völlig überzogen und spricht sich für eine Quote von weniger als 10% aus. Zum einen sei die Technik für höhere Quoten noch nicht in der Breite verfügbar, zum anderen stehe die Biomasse aus nachhaltiger Erzeugung dafür nicht im erforderlichen Umfang zur Verfügung. Der BSW-Solar scheint in diesem Punkt eher die BMU-Position zu unterstützen. Insgesamt problematisch dürfte es sein, die Erfüllung der Biomassequote bei gemischten Energieträgern unbürokratisch dauerhaft sicherzustellen.
Kritikpunkt: Förderung(sausschluss)
Weitere Elemente des EEWärmeG-Entwurfs sind neben dem ordnungsrechtlichen Teil eine Festlegung des Fördervolumens für erneuerbare Energien im Gebäudebereich sowie Grundzüge der Fördermittelverwendung. Die Höhe des Fördervolumens in einem Gesetz festzulegen, ist in dieser Form ein Novum, da es dem Haushalt vorgreift. Auf Kabinettsebene war dies bereits sehr umstritten, ob es die weiteren Stufen des Gesetzgebungsverfahrens überdauert, muss abgewartet werden.
Viel schwerwiegender ist aber, dass Maßnahmen mit denen eine gesetzliche Verpflichtung erfüllt wird, nicht gefördert werden dürfen. So würde mit dem Inkrafttreten des EEWärmeG beispielsweise eine Solaranlage bis zu einer Größe von 0,04 m² Kollektorfläche pro m² nicht mehr förderwürdig sein. Es sei denn es gelingt, sie oben im Gesetz als Stand der Technik und weiter unten als Innovation zu deklarieren. Letztendlich führt sich der Entwurf des EEWärmeG damit selbst ad absurdum, denn ein Vorrang für Solartechnik hat für die politische Zielerreichung den größten Nutzen. Auf dem 8. Forum Solarpraxis wurde in aller Öffentlichkeit kolportiert, dass das BMU erst über den Förderausschluss „gestolpert wurde“. Falls die BMU-Referenten tatsächlich so tollpatschig waren, haben sie die Kollegen im Bundeswirtschafts- und Bundesbauministerium in den Abstimmungsrunden ordentlich ins offene Messer laufen lassen. Denn derartige Förderausschlüsse sind allgemein bekannt. Und dass gleich in drei Ministerien solche Defizite vorliegen, ist schwer vorstellbar.
Novellierungsansatz EnEV?
Mehrere vom EEWärmeG betroffene Verkehrskreise haben im Anhörungsverfahren gefordert, die Ziele des EEWärmeG - eine deutliche Steigerung der Quote erneuerbarer Energien im Wärmebereich - innerhalb oder im Einklang mit der EnEV umzusetzen. Vieles spricht dafür, ohnehin dürfte die eigentlich als Ausnahme vorgesehene 15-%-Regel bei einer Umsetzung des EEWärmeG-Entwurfs zum Standardfall werden. Sie ist die einzige Möglichkeit für Eigentümer sich der Nutzungspflicht mit minimalen Gesamtkosten zu stellen. Allerdings kann die EnEV auf Basis der geltenden Ermächtigungsgrundlage nicht die geplante Favorisierung von bestimmten Techniken übernehmen. Zudem unterliegt sie dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Eine EnEV-EEWärmeG-äquivalente Niveaureduzierung um 40% nachzuweisen, dürfte wegen der vielen Interessengruppen ein langwieriger Prozess, aber der richtige Weg sein. ToR
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