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Vorbeugender Brandschutz

Rohrabschottung: Zugelassen ist nicht automatisch zulässig

Beim Thema vorbeugender Brandschutz runzeln Planer und Fachbetriebe immer wieder die Stirn. Zu komplex, zu kompliziert, fast nicht mehr zu handhaben. Trotz zahlreicher Vorschriften, Normen und brandschutztechnischer Produkte gibt es in diesem Bereich keine absolute Sicherheit. Dafür viele kleine Stolpersteine. Häufig entstehen sie, weil die Rohrabschottung nicht sorgfältig genug geplant wird.

Kompakt zusammengefasst
■ Rohrdurchführungen in raumabschließenden Bauteilen (Wände und Decken mit Feuerwiderstand) sind mit Maßnahmen auszustatten, die die gesetzlich geforderten Schutzziele erfüllen.
■ Brandschutzmaßnahmen können entsprechend den Erleichterungen der MLAR oder entsprechend eines Anwendbarkeitsnachweises (abZ, aBG) ausgeführt werden. Die Montagebedingungen sind dafür ein wesentlicher Bestandteil, ohne ihre Berücksichtigung ist die Wirksamkeit fragwürdig.
■ Bei Abschottungen bzw. Rohrabschottungen mit Anwendbarkeitsnachweis sollte auf eine einfache Handhabung und einfachen Montageregeln geachtet werden.
 

Die zentrale Aufgabe bei der Planung, Bauüberwachung, Erstellung und Abnahme brandschutztechnischer Lösungen ist, ob diese den geltenden Vorschriften entsprechen bzw. passend für den Einsatzzweck ausgewählt werden. Es besteht jedoch manchmal der Eindruck, dass die Zielstellung – eine für den Anwendungszweck optimale Brandschutzlösung zu finden – dadurch als zweitrangig eingestuft wird. Als wichtigstes Kriterium wird meist die Einhaltung „aller“ Vorschriften gesehen. Doch die tägliche Praxis kennt weitere Herausforderungen, zum Beispiel:

● Montageanleitung, Zulassung und Baustellensituation stimmen nicht überein. 

● Bei der Ausschreibung wurden Beschreibungen verwendet, die nicht einbaufähig sind, weil sich während der Bauzeit Materialänderungen ergeben haben.

● Bei der Ausschreibung wurden Preise angeboten, die durch die Anpassung an die Bausituation nicht mehr auskömmlich sind.

Meistens wird dann jemand gesucht, der Abhilfe schafft und dafür auch sachlich und rechtlich verantwortlich ist. Zulassungen, Richtlinien und Normen erst zu diesem Zeitpunkt zu studieren und am fortgeschrittenen Bau umzusetzen, bedeutet in der Regel kostenintensiv anzupassen oder nachzubessern. Um im Budget zu bleiben, werden so oft „Kompromisse“ in der Ausführung hingenommen. Baurechtlich sind das zumeist Mängel.

Unentdeckt und ohne Schadenfeuer bleibt diese Praxis für die Planer und Ausführenden ohne Folgen, jedoch nicht gefahrlos. Nach einem Brandfall oder bei einer späteren Aufdeckung der Mängel sind jedoch unangenehme rechtliche Folgen kaum zu vermeiden. Denn Planer und Anwender haben die fachliche Kompetenz und das Urteilsvermögen und damit die Verantwortung für die Auswahl, den Einsatz und die Ausführung der Brandschutzlösungen.

Man muss genau hinschauen

Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, ist es unerlässlich, auch die Details einer Lösung und die Zulassung zu prüfen; dies in der Planung und vor der Verwendung. Nicht Hochglanzprospekte sind maßgebend, sondern die „Zulassung“. Allzu oft wird hierbei aber nicht „zugelassen“ von „zulässig“ unterschieden. Eine Lösung kann durchaus eine Zulassung haben, muss aber nicht zwangsläufig für die Bauaufgabe geeignet sein. So kommt zur „Zulässigkeit“ noch das Thema „Handhabung“.

Als einfaches Beispiel soll dafür eine Brandschutzmanschette als Abschottungsmaßnahmen für eine Kunststoffrohrleitung herhalten – ein Bauteil mit einer Zulassung. Selbstverständlich kann diese Brandschutzmanschette nicht für ein nichtbrennbares (Guss-)Rohr angewendet werden. Das Beispiel mag banal erscheinen, zeigt jedoch, dass ein „zugelassenes“ Bauteil nicht automatisch „zulässig“ ist.

Alles andere als banal ist dann die Frage der Zulässigkeit, wenn man die Vielfalt der Kunststoffrohrsysteme, Mischinstallationen, zusätzliche Schall-, Schwitzwasser- und Wärmedämmungen sowie parallel installierte Brandschutzsysteme berücksichtigen muss.

 
Schutzziele des Brandschutzes

Die Schutzziele des Brandschutzes – ganz oben steht der Schutz des Lebens – sind in Deutschland in der Musterbauordnung (MBO) und den Landesbauordnungen verbindlich geregelt. Die Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR) präzisiert nochmals die Anforderungen der MBO hinsichtlich der brandschutztechnischen Anforderungen an Leitungsanlagen und zeigt dabei Wege auf für wirtschaftliche Rohrdurchführungen.

MBO § 3 Allgemeine Anforderungen: Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden; […].

MBO § 14 Brandschutz: Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. 
 

Schutzziele sind übergeordnet

Eindeutig ist die Forderung nach Abschottungsmaßnahmen durch die bauaufsichtlich eingeführten Regeln. Damit soll der Ausbreitung von Feuer und Rauch entgegengewirkt werden.

Häufig wird argumentiert, dass durch den Einbau von Abschottungen, die notwendigen Vorkehrungen für den Brandschutz erfüllt sind. Das ist jedoch nicht immer ausreichend. Übergeordnet ist die Einhaltung von Schutzzielen. Dadurch können weitergehende Anforderungen entstehen.

Da der Brandschutz auch durch weitere Rahmenbedingungen – Schallschutz, Statik, Befestigungen, Medientemperatur – beeinflusst wird, sind auch diese in die gewählte Abschottungsmaßnahme einzubeziehen.

Abschottung von Rohrleitungen

Nachfolgend werden gängige Lösungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit zur Abschottung von Rohrleitungen beschrieben. Dabei wird insbesondere auf Hausentwässerungssysteme im Deckendurchbruch eingegangen, wo offensichtlich in der Praxis die meisten Fragen auftreten. Die Durchführung von Rohrleitungen durch raumabschließende Bauteile wird entsprechend der eingeführten Baubestimmungen (Bild 2) vorgenommen (entsprechend den Ausführungen der MLAR dargestellt).

Bild 2 Ausführung von Rohrdurchführungen durch raumabschließende Bauteile.

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Bild 2 Ausführung von Rohrdurchführungen durch raumabschließende Bauteile.

Wichtig: Die bisher geläufigen Begriffe abZ und abP enthalten für den Praktiker neue Inhalte und die Trennung von Produkt und Anwendung sorgen für neue Begriffe: Der Verwendbarkeitsnachweis für Bauprodukte und der Anwendbarkeitsnachweis für Bauarten. Waren bisher in einer abZ die Verwendung und die Anwendung enthalten, erfolgt jetzt eine Trennung in abZ (nur Verwendung, Produktbeschreibung) und aBG (Anwendung, Ausführungshinweise).

Frühere abZ (Inhalt für die Ver- und Anwendung) behalten ihre Gültigkeit und bestehen daher folgerichtig aus einer abZ (Verwendung) und einer aBG (Anwendung). So wird aufgeteilt:

Für Bauprodukte die Verwendbarkeitsnachweise:

● allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ)

● allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis für das Bauprodukt (abP)

● Zustimmung im Einzelfall (ZiE)

Für Bauarten die Anwendbarkeitsnachweise:

● allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ)

● allgemeine Bauartgenehmigung (aBG)

● allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis für die Bauart (abP)

● vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG)

Entsprechend können für den Brandschutz relevante Rohrdurchführungen nach den Erleichterungen der MLAR erfolgen oder müssen durch Abschottungsmaßnahmen mit einem Anwendbarkeitsnachweis aus einem abP oder einer aBG die Schutzziele des Brandschutzes erfüllen.

Solche Abschottungsmaßnahmen haben die Erfüllung der Schutzziele durch eine Prüfung belegt. Der Verwendbarkeitsnachweis ist der Nachweis für das Produkt oder der verwendeten Produkte. Der Anwendbarkeitsnachweis ist maßgebend für die Ausführung, stellt aber keine Aussage über die praxisgerechte Handhabung dar: Geprüft wird die brandschutztechnische Funktion, jedoch nicht, ob die Bauart leicht und sicher anzuwenden ist.

Obwohl geprüft und zugelassen, kann ein Bauteil durch die Handhabung (und weitere Faktoren) ungeeignet sein. Erschwerend kommt hinzu, dass die ausgestellten Bescheide für ähnliche Produkte und deren Bauarten inhaltlich sehr unterschiedlich ausfallen und zu den Erkenntnissen aus eigenem Wissen widersprüchlich sein können.

Die tabellarische Übersicht zeigt ausgewählte Brandschutzlösungen im Deckendurchbruch für Hausentwässerungssysteme, um die Vielfalt der marktverfügbaren Lösungen abzubilden.

Nichtbrennbare Abwasserrohre

Nichtbrennbare Abwasserrohrsysteme, z. B. aus Gusseisen, schmelzen im Brandfall nicht. Die Leitung muss in der Rohrdurchführung verbleiben, um keine Öffnung des raumabschließenden Bauteils (Geschossdecke) herbeizuführen. Werden an den Strang Kunststoffrohre angeschlossen, sind die Bedingungen für die Mischinstallation (siehe nachfolgend) zu beachten.

Zudem besteht bei metallischen Rohren auch die Gefahr, dass durch die Wärmeleitung des Materials Wärme in unzulässigem Umfang von der befeuerten Seite auf die flammabgewandte Seite übertragen wird. Es dürfen keine unzulässigen Temperaturen oberhalb der abzuschottenden Decke entstehen, um dort der Entzündung brennbarer Baustoffe vorzubeugen.

Die Temperaturen im Brandfall bewirken eine Längenänderung, wodurch Kräfte auf die Abschottungen einwirken können. Eine Gefährdung des Raumabschlusses ist durch Verlegemaßnahmen zu vermeiden. Im Brandfall muss immer mit Bewegungen in der Rohrdurchführung gerechnet werden, die Abschottungsfunktion muss dabei erhalten bleiben.

Abwassersystem mit Mischinstallation

Bei einer Mischinstallation muss insbesondere ein Kamineffekt verhindert werden, der entstehen würde, wenn im Brandfall eine Öffnung bei einem anschließenden Kunststoffrohr entsteht.

Die Deckenabschottung für nichtbrennbare Gussrohre in einer Mischinstallation wird meistens durch eine Kombination aus Ummantelung in der Deckendurchführung und einem Bauteil erreicht, das den Rohrquerschnitt im Brandfall verschließt. Mit einem im Strang eingebauten Brandschutzverbinder (Strangverschluss) ist die Abschottung aller Abzweige in der darüber liegenden Etage erledigt. Oft wird die Abschottung, insbesondere bei größeren Dimensionen, mit einer weiterführenden Dämmung vervollständigt.

Beim Verschluss am Abzweig ist zu berücksichtigen, dass ein durch alle Etagen offenes Rohr verläuft und somit alle Anschlüsse abgesichert werden müssen. Gibt der Anwendbarkeitsnachweis vor, dass für die vollständige Rohrabschottung zusätzlich eine Vorsatzschale (Oberhalb der Decke) erstellt werden muss, ist diese Teil der Rohrabschottung und liegt somit im direkten Verantwortungsbereich des Installateurs.

Bild 3 zeigt Beispiele für die Abschottung nichtbrennbarer Entwässerungsleitung aus Gussrohren DN 100 im Strang sowie ebendiese in der Mischinstallation mit unter- und oberhalb der Decke angeordneten Abzweigen mit Kunststoffrohranschluss.

Bild 3 Beispiele für Rohrabschottungen für Entwässerungsleitungen in R30 bis R90. Fallstrang aus Gussrohr, Anschlussleitung aus Gussrohr oder Kunststoffrohr.

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Bild 3 Beispiele für Rohrabschottungen für Entwässerungsleitungen in R30 bis R90. Fallstrang aus Gussrohr, Anschlussleitung aus Gussrohr oder Kunststoffrohr.

Brennbare Abwasserrohre

Brennbare Abwasserrohre, z. B. aus PVC, PE oder PP bzw. Kombinationen daraus, schmelzen im Brandfall und geben dann die Öffnung in der Rohrdurchführung frei (Bild 4).

Um das zu verhindern, wird im Bereich der Deckendurchführung ein Material verwendet, was beim Zutritt von Temperatur (ca. 170°C bis 210 °C) sein Volumen stark vergrößert. Gleichzeitig erweicht oder schmilzt das Kunststoffrohr und der Rohrquerschnitt wird durch das aufblähende Brandschutzmaterial zusammengequetscht.

Die eingesetzten Blähmaterialien reagieren unterschiedlich auf Temperatur und können deshalb auch nur für die Leitungen eingesetzt werden, für die eine Prüfung erfolgreich absolviert wurde. Die Prüfung erfolgt unter einer vereinbarten Temperaturkurve mit der Erwartung, dass damit ein realer Brandfall abgedeckt wird.

Um den Blähdruck gezielt auf die Funktion – den Verschluss des Kunststoffrohres – zu lenken, werden hierzu meist metallische Ummantelungen eingesetzt. Damit entsteht ein fertiges Bauteil, praxistauglich ausgedrückt eine Brandschutzmanschette. Nicht die Brandschutzmanschette allein bewirkt die Abschottung: Ohne korrekte Befestigung im Bauteil (Wand oder Decke) ist die Wirksamkeit hinfällig.

Bild 4 Beispiele für Rohrabschottungen von Entwässerungsleitungen in R30 bis R90. Fallstrang und Anschlussleitung aus Kunststoffrohr.

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Bild 4 Beispiele für Rohrabschottungen von Entwässerungsleitungen in R30 bis R90. Fallstrang und Anschlussleitung aus Kunststoffrohr.

Abschottung von Druckrohren

Für geschlossene Rohrsysteme (Trinkwasser, Heizung, Gase) funktionieren Ummantelungen. Ein brennbares Rohr schmilzt im beflammten Teil weg, aber durch die Ummantelung wird das Rohr des geschlossenen Rohrsystems am Durchbrennen gehindert. Nichtbrennbare Ummantelungen sind für brennbare und nicht brennbare Rohrsysteme ausreichend. Meist reichen einfache Rohrdämmungen (Rohrschalen) aus. Dies kommt der Montage zugute, da eine durchgehende Dämmung eine Montageunterbrechung vermeidet.

Ummantelungen aus brennbaren Materialien verlangen meist noch zusätzliche Maßnahmen innerhalb der Durchführung, größtenteils Ummantelungen intumeszierender Baustoffe (Brandschutzmaterial), die im Brandfall das wegbrennende Material der Ummantelung „ersetzen“.

Die in den letzten Jahren aufgekommene Thematisierung der Mischinstallation bei Druckrohren hat für Unruhe am Markt gesorgt. Obwohl eigentlich keine funktionale Notwendigkeit besteht, da ein Kamineffekt durch das geschlossene System unlogisch erscheint, mussten zusätzliche Prüfungen durchgeführt werden. Bei diesen Prüfungen haben sich meist keine wesentlichen Änderungen der bisherigen Installationsgewohnheiten zu den Anwendbarkeitsnachweisen mit einheitlichem Material ergeben, jedoch sind diese aus formalen Gründen zu berücksichtigen.

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Gerhard Lorbeer
ist freiberuflicher Ingenieur und seit 2007 Freier Sachverständiger für Wärme-, Feuchte-, Schall- und Brandschutz. Zu seinen beruflichen Tätigkeiten gehören Planung, Forschung und Entwicklung sowie Management in der Industrie. Zudem ist er Dozent, Fachautor und Mitglied mehrerer Normenausschüsse.

Dietmar Stump
ist Redakteur und seit 1997 mit seinem Pressebüro DTS, 67549 Worms, selbstständig. Seine Themenschwerpunkte sind Sanitär, Heizung und erneuerbare Energien. Zudem ist er im Bereich Öffentlichkeitsarbeit tätig.