Zwischenzeitlich hat das Bundeskabinett einen Klimaschutzplan 2030 mit zahlreichen Maßnahmen verabschiedet und am 23. Oktober 2019 einen Regierungsentwurf für das GEG beschlossen. Er integriert zwar zwei kleinere Eckpunkte aus dem Klimaschutzplan, ansonsten sind die Änderungen gegenüber Mai 2019 eher gering und die damals noch nicht endgültig abgestimmten energetischen Anforderungen wurden auf dem EnEV-2016-Stand belassen. Viel Lob konnte die Bundesregierung also nicht erwarten…
Stimmen aus der Branche
- Schon am Abend vor der Kabinettssitzung hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) den Referentenentwurf des Gebäudeenergiegesetzes als „klimapolitische Luftnummer“ bezeichnet und gefordert, diesen zurückzuziehen. Konkret kritisiert die DUH, dass das Einbauverbot von Ölheizungen ab 2026 mit weitreichenden Einschränkungen formuliert wurde, da nach 2026 im Neu- und Altbau auch noch Hybridlösungen möglich sein sollen. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Der neue Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz ist eine Enttäuschung mit Ansage. Die Bundesregierung leistet damit keinen nennenswerten Beitrag zum Erreichen des Klimaziels 2030 im Gebäudesektor. Wir fordern ein Verbot neuer Ölheizungen ab 2020 und ohne Ausnahmen. Gasheizungen dürfen nur noch bis 2025 eingebaut werden. Wir müssen es schaffen, auf verfügbare klimafreundliche Alternativen wie Wärmepumpen oder mit erneuerbaren Energien gespeiste Wärmenetze umzusteigen.“ Zudem fordert die DUH für Neubauten eine Festschreibung des Standards KfW-Effizienzhaus 40 und für Vollsanierungen von Bestandsgebäuden als Zielstandard KfW-Effizienzhaus 55.
- Günther Mertz, Geschäftsführer der TGA-Repräsentanz Berlin (BTGA, FGK und RLT-Herstellerverband), bewertet das Beibehalten des EnEV-2016-Standards aus einem anderen Blickwinkel: „Es ist richtig, dass die Bundesregierung im Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) den Niedrigstenergiegebäude-Standard für private Gebäude so festgelegt hat, dass auch zukünftig die KfW-Effizienzhäuser 40 und 55 förderfähig bleiben. Die TGA-Verbände hoffen, dass das Gebäudeenergiegesetz in der jetzigen Fassung im Bundestag und im Bundesrat schnell beschlossen wird. Wenn das GEG dann in Kraft getreten ist, muss es nämlich bald schon überarbeitet werden: Es müssen weitere Vorgaben der im Jahr 2018 novellierten EU-Gebäuderichtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Die Novelle des GEG sollte dann aber nicht nur die aktuelle europäische Gebäuderichtlinie berücksichtigen, sondern auch zu einer wirklichen Vereinfachung des Energieeinsparrechts führen.“
- Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Denef) hat den Entwurf als „ambitionslos im Lichte der Klimakrise“ kritisiert. Statt innovative Lösungen für energiesparende Gebäude zu befördern, schreibe er selbst für öffentliche Gebäude lediglich die bestehenden Standards fort. Da der Entwurf das das bereits vor zehn Jahren formulierte Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 aufgebe, verliere er „den Weg hin zu einem klimaneutralen Gebäudebestand sogar vorsätzlich aus den Augen und provoziere weitere Strafzahlungen aus Brüssel“. Grundsätzlich sei die Zusammenführung und Vereinfachung bestehender Gesetze im Gebäudeenergierecht aber zu begrüßen. Zudem sei es lobenswert, dass die bestehenden energetischen Anforderungen an Neubauten 2023 geprüft und gegebenenfalls angepasst werden sollen. Auch Details wie die verpflichtende Energieberatung bei Eigentümerwechsel und Sanierung der Gebäudehülle seien durchaus begrüßenswert. Das reiche jedoch bei Weitem nicht aus, um die Gebäudeenergiewende wieder auf Kurs zu bringen.
- Enttäuscht vom GEG-Entwurf ist auch der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW). : Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW: „10 % aller in Deutschland verursachten CO2-Emissionen entfallen auf das Heizen in privaten Haushalten. Daher ist es wichtig, im Wärmemarkt endlich die Weichen in Richtung Klimaschutz zu stellen. Leider blieb die Bundesregierung mit dem Beschluss des Gebäudeenergiegesetzes hinter ihren Möglichkeiten zurück. Obwohl es ein erklärtes Ziel des vom Bundeswirtschaftsministerium aufgelegten ‚Dialogprozesses Gas 2030‘ ist, Gase als langfristigen Bestandteil einer nachhaltigen Energieversorgung zu nutzen, vernachlässigt das Gesetz erneuerbare und klimafreundliche gasbasierte Heizenergien. Man könnte deutlich ambitioniertere Ziele erreichen, wenn das Klimaschutzpotenzial CO2-armer und -neutraler Gase angemessen berücksichtigt würde. Zudem setzt der Gesetzgeber die Primärenergiefaktoren für Biogas entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse nach wie vor zu hoch an. Dies führt zu einer schlechteren Bewertung ihres Beitrags zum Klimaschutz. Auch der Einbau einer innovativen Gasheizung ist eine Energie-Effizienzmaßnahme.“
- Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE): „Die Bundesregierung hat sich mit dem heutigen Kabinettsbeschluss zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) vom Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 verabschiedet. Das ist völlig unverständlich. Mit ihrer mutlosen Energie- und Klimapolitik schiebt die Regierung die Probleme weiterhin vor sich her, anstatt sie endlich anzupacken. Das im vorliegenden Gesetzentwurf skizzierte Ordnungsrecht wird keinen zusätzlichen Beitrag zum Klimaschutz im Gebäudesektor leisten. Der Regierung fehlt es nach wie vor an einer übergreifenden Strategie zum Erreichen der Klimaziele im Gebäudesektor. Es braucht neben dem Bekenntnis zu einem klimaneutralen Gebäudebestand im Jahr 2050 endlich die Definition von verbindlichen Zwischenzielen in den Jahren 2030 und 2040.“ Insbesondere kritisiert Peter, dass die Auswirkungen der geplanten CO2-Bepreisung im GEG zunächst unberücksichtigt bleiben: „Mit der CO2-Bepreisung verändern sich die wirtschaftlichen Randbedingungen für Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Es ist daher unverständlich, warum die Bundesregierung erst im Jahr 2023 eine Verschärfung der energetischen Anforderungsniveaus überprüfen wird.“ Der BEE kritisiert auch die zahlreichen Ausnahmen für das „eigentlich beschlossene Einbauverbot neuer Ölheizungen ab 2026“.
- Naturgemäß anders sieht dies das Institut für Wärme und Oelheizung (IWO). Mit dem vom Bundeskabinett beschlossenen Gebäudeenergiegesetz würden Betreibern von Ölheizungen ab 2026 massive Nachteile, wenn sie ihre Heizung erneuern wollen, weil der Einbau neuer Öl-Heizungen dann nur noch zugelassen sein soll, wenn auch erneuerbare Energien anteilig zur Wärmeversorgung genutzt werden. Für Gas-Heizungen sind solche Auflagen nicht vorgesehen. IWO-Geschäftsführer Adrian Willig: „Durch die geplanten Anforderungen würden Hauseigentümer mit Ölheizung in vielen ländlichen Regionen bei der Heizungsmodernisierung künftig einige Tausend Euro mehr bezahlen müssen als Hausbesitzer mit Gasanschluss. Dies ist eine massive Benachteiligung und führt zu noch weniger Sanierungen.“ Es sei zwar unstrittig sinnvoll, bei der Heizungsmodernisierung zunehmend auf hybride Systeme mit erneuerbaren Energien zu setzen, aber nicht jeder Eigentümer kann sich das sofort leisten. „Statt die Einbindung erneuerbarer Energien im Modernisierungsfall per Gesetz zu erzwingen, sollte sie lieber weiterhin durch finanzielle Förderung attraktiv gemacht werden – und zwar auch für Öl-Hybridheizungen“, so Willig.
- Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund Deutschland, hat die beschlossene Zusammenführung energetischer Vorgaben für Wohngebäude begrüßt. „Das Nebeneinander unterschiedlicher Gesetze und Verordnungen hat mit dem Gebäudeenergiegesetz nun endlich ein Ende.“ Mit Blick auf den ebenfalls beschlossenen Emissionshandel für den Verkehrs- und Gebäudesektor forderte er aber, die im Gebäudeenergiegesetz enthaltenen ordnungsrechtlichen Vorgaben schrittweise zu reduzieren. Die Bundesregierung habe entschieden, mit einem geringen CO2-Preis behutsam in den Emissionshandel einzusteigen, um den Eigentümern die Umstellung auf eine CO2-freie Wärmeversorgung zu erleichtern. „Das bedeutet aber auch, dass mit zunehmender Wirkung des CO2-Zertifikatepreises das Ordnungsrecht reduziert und in spätestens zehn Jahren gänzlich wegfallen muss. Das Nebeneinander von einem CO2-Marktpreis und Ordnungsrecht macht ökologisch und ökonomisch keinen Sinn.“
- Der Bundesverband Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker (GIH) kritisiert, dass der GEG-Entwurf, der zu bestimmten Anlässen eine Pflicht zur Energieberatung vorsieht, „freie Energieberater diskriminiert“. Jürgen Leppig, Bundesvorsitzender des GIH: „Bei größeren Sanierungen oder einem Eigentümerwechsel ist eine Energieberatung eine äußerst sinnvolle Sache. Dass hier jedoch ausschließlich Berater der Verbraucherzentrale zum Zug kommen sollen, stellt aus unserer Sicht eine klare Wettbewerbsverzerrung dar. Von der Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes hätten wir deutlich mehr erwartet – vor allem was Offenheit und Fairness angeht.“ Es sei nichts dagegen einzuwenden, wenn sich ein Hausbesitzer für eine Beratung durch die Verbraucherzentrale entscheide, die ausschließliche Verpflichtung auf diesen Beraterkreis könne aber geradezu groteske Züge annehmen: „Man stelle sich vor, ein Hausbesitzer will massiv in die Zukunft seiner Immobilie investieren und dazu einen qualifizierten freien Berater mit ins Boot nehmen, der ihm empfohlen wurde oder mit dem er bereits erfolgreich zusammen gearbeitet hat. Da er damit aber den gesetzlichen Auflagen nicht Genüge tut, darf er diesen nicht beauftragen, sondern muss sich erst an einen Berater der Verbraucherzentrale wenden.“ Leppig lobt ausdrücklich die zum Großteil durch Steuergelder finanzierten Energieberatungen der Verbraucherzentrale: „Wir freuen uns, wenn die für sie tätigen Energieberater mit ihren niederschwellige Initialberatungen viele energetische Sanierungen anstoßen.“ Allerdings sind dort bundesweit gerade mal rund 500 Energieberater gelistet, die alle daneben noch ihr eigenes Büro haben. Engpässe seien daher klar vorprogrammiert. Daher fordert Leppig, dass im GEG zusätzlich zu den Beratern der Verbraucherzentrale auch auf die über 11.000 qualitätsgeprüften Energieeffizienz-Experten verwiesen wird, die für die Förderprogramme des Bundes zugelassen sind.
- Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH): „Besonders erfreulich [am GEG-Entwurf] ist, dass bei den Niedrigstenergiegebäude-Standards das 2016 festgelegte Niveau festgeschrieben wurde und damit Bauen bezahlbar bleibt. Äußerst enttäuschend ist allerdings, dass auch dieser Gesetzentwurf keine Entbürokratisierung für unsere Betriebe bringt. Statt das Gebäudeenergierecht und seine Anwendung zu vereinfachen, ist die Anzahl der Paragrafen noch gestiegen. Die sprachliche Komplexität und die regelmäßigen Verweise auf anzuwendende Normen machen das Gebäudeenergierecht kaum noch vermittel- und anwendbar. Nicht tragbar ist, dass die Verantwortung zur Regeleinhaltung auf die am Bau Tätigen abgewälzt wird, obwohl diese nur einen eingeschränkten und teils nur kostenpflichtig zu erwerbenden Zugang zu zahlreichen Normen haben, auf die das GEG Bezug nimmt. Da Gesetze frei zugänglich sein müssen, sollten auch Normen, auf die in Gesetzen verwiesen wird, frei zugänglich sein. Zudem sollten die beim Kauf eines Wohngebäudes sinnvollen Beratungsgespräche zum Energieausweis gerade auch durch die kompetenten Gebäudeenergieberater des Handwerks sowie alle hierfür qualifizierten Anbieter durchgeführt werden. Einzelne Anbieter im Gesetz zu begünstigen, wird der Anbietervielfalt nicht gerecht.“ ■