Energieeffizienz ist oft gleichbedeutend mit Energiesparen – oder damit, Energie smart zu nutzen, wenn sie ohnehin anfällt. So geschehen im „Boarding House“ in St. Gallen, wo eine eXergiemaschine die Abwärme aus Kälteprozessen einer Bäckerei für die Trinkwassererwärmung des Appartementhauses verfügbar macht.
Kompakt zusammengefasst
■ Im „Boarding House“, einem gemischt genutzten Gebäude, wird Abwärme aus den Kälteprozessen einer Bäckerei über eine eXergiemaschine auf ein für die Trinkwassererwärmung notwendiges Temperaturniveau gehoben.
■ Die eXergiemaschine ist eine Wasser/Wasser-Wärmepumpe, die für relativ hohe Temperaturen und große Temperaturhübe ausgelegt ist.
■ Die hydraulische Integration der eXergiemaschine erfolgt über einen Schicht-Pufferspeicher. Der untere Speicherbereich ist die Wärmequelle, im oberen Speicherbereich wird das erwärmte Wasser für die Verbraucher vorgehalten.
■ Die eXergiemaschine ist als Wärmeerzeuger (Abwärmenutzung) oder zur Optimierung der Wärmeerzeugung (Rücklauftemperatur senken, Vorlauftemperatur erhöhen, Schaltzyklen verlängern) nutzbar.
Das fünfgeschossige „Boarding House“ in der Metallstrasse 16 – 20 in St. Gallen, Schweiz, ist gemischt genutzt: Im Erdgeschoss befinden sich eine Bäckerei mit Café und Restaurant sowie ein Empfang, über den die 56 möblierten Appartements zugänglich sind. Das Dachgeschoss beherbergt einen Wellnessbereich und eine Dachterrasse.
Die Bäckerei bietet den Bewohnern des Quartiers Lachen eine Erlebnisgastronomie: In der „Sicht-Confiserie" können Interessierte beobachten, wie die Schokoladenspezialitäten des Hauses entstehen, oder den Mitarbeitern in der Backstube beim Anfertigen der Brote und Weggli (hochdeutsch: Brötchen) über die Schulter schauen.
Hier wird noch selbst gebacken – und dabei viele Abwärme frei. Nicht nur Öfen und Herde sind in Betrieb, auch die Kälteanlage für die Kühlzellen und Gärapparate erzeugt Abwärme, die in vielen kleineren Backbetrieben oft ungenutzt bleibt. Im Boarding House wird dieser Energieüberschuss für die Trinkwassererwärmung genutzt und kommt so dem ganzen Haus zugute.
„Temperatur-Turbo“ in der Heizzentrale
Da die Abwärme der Kältetechnik auf einem vergleichsweise geringen Temperaturniveau von ca. 38 °C anfällt, würde sie zum Betrieb der Fußbodenheizung in den Übergangsjahreszeiten ausreichen – das Gebäude ist gut gedämmt (U-Wert 0,16 W/(m2 ∙ K)) und für eine Niedertemperaturheizung somit bestens geeignet.
Doch Investor Ingmar Abler von der Immobilienverwaltung Abler, Weissbad, und das Planungsbüro Vadea, St. Gallen, hatten mehr mit der Wärme vor und entschieden sich für eine Besonderheit: Sie rüsteten die Heizzentrale mit der von der Schweizer BMS-Energietechnik AG und ihrem deutschen Partner varmeco entwickelten eXergiemaschine aus.
Die eXergiemaschine ist eine Wasser/Wasser-Wärmepumpe, die im Gegensatz zu einer konventionellen Heizungs-Wärmepumpe für relativ hohe Temperaturen und große Temperaturhübe ausgelegt ist. So kann sie als „Turbo“ in der Heizzentrale eingesetzt werden, der in diesem Fall die Abwärme mit einer Temperatur von 38 °C auf etwa 68 °C anhebt – ausreichend für die hygienische Trinkwassererwärmung in drei Frischwasserstationen.
So funktioniert die eXergiemaschine
Zur Integration in eine Warmwasser-Heizungsanlage benötigt die eXergiemaschine, die inklusive ihres Schaltschranks nur so groß wie ein mittlerer Haushaltskühlschrank ist, einen Stromanschluss und einen Schicht-Pufferspeicher. Letzterer ist in den meisten jüngeren Anlagen ohnehin vorhanden.
Am Pufferspeicher wird die Maschine über vier Muffen angeschlossen. Zwei befinden sich etwa in der Mitte, also auf mittlerem Temperaturniveau, einer oben in der warmen Temperaturzone, einer unten. Die eXergiemaschine entnimmt dem Pufferspeicher Wasser auf dem mittleren Temperaturniveau und speist einen Teil davon aufgeheizt oben in den Speicher zurück. Dafür wird dem anderen Teil des mittig entnommenen Wassers über den Wärmepumpenkreislauf Wärme entzogen. Der abgekühlte Volumenstrom wird unten in den Pufferspeicher zurückgeführt.
Der Betrieb der eXergiemaschine führt so zu einer ausgeprägten Temperaturschichtung im Pufferspeicher für eine hohe Vorlauftemperatur zu den Verbrauchern und einem kühlen Vorlauf zur Wärmequelle.
Wann die eXergiemaschine arbeiten muss, ermittelt ihre Steuerung anhand mehrerer Temperatur-Sensoren am Speicher. Ihre Messwerte geben Aufschluss darüber, ob die Temperaturschichtung gut ist oder zum Beispiel durch eine lange Warmwasserzirkulation zerstört wurde und somit der Einsatz der eXergiemaschine sinnvoll ist.
Schichtung mit zwei Speichern
Im Referenzprojekt Boarding House arbeitet die eXergiemaschine nach demselben Prinzip, allerdings für die Abwärmenutzung mit zwei Speichern. Planerin Alina Scheiwiller von Vadea: „Wir haben dort einen 2130-l-Niedertemperaturspeicher und einen 3400-l-Speicher für höhere Temperaturen vorgesehen. Beide wurden als Sonderspeicher vor Ort zusammengeschweißt, damit sie leicht eingebracht werden konnten und in der Technikzentrale nicht zu viel Platz wegnehmen.“
Mit diesem Gesamtvolumen lassen sich die stetig anfallende Abwärme speichern und die für Wohngebäude dieser Art typischen morgendlichen Bedarfsspitzen ausgleichen. Die Temperaturschichtung erstreckt sich auf beide Speicher, die miteinander gekoppelt sind. Die warme Seite der eXergiemaschine ist am Hochtemperaturspeicher angeschlossen, die kalte Seite am Niedertemperaturspeicher.
Klimafreundlich und kostengünstig
Scheiwiller: „Mit 10 kW Nennwärmeleistung stellt die eXergiemaschine genügend thermische Energie aus der Abwärme bereit, um das Gebäude im Sommer und an milden Frühlings- und Herbsttagen mit Warmwasser zu versorgen. Im Winter und bei Spitzenlast deckt Fernwärme den zusätzlichen Bedarf. Dadurch und durch den hohen Wirkungsgrad der eXergiemaschine (COP ca. 5,0) ergibt sich ein sehr energieeffizientes Wärmesystem.“
Aufgrund der Energieeinsparung rechnet sich die Technik zur Wärmerückgewinnung binnen weniger Jahre – und dies ohne Berücksichtigung der positiven Nebeneffekte. Denn die eXergiemaschine hebt nicht nur die Vorlauftemperatur an, sie kühlt zugleich auch den Rücklauf zur Abwärmequelle bzw. zur eigentlichen Wärmeerzeugung. Dies wirkt sich unter anderem positiv auf den Wirkungsgrad einer Kälteanlage aus und hilft, vom Fernwärmebetreiber geforderte Rücklauftemperaturen in allen Lastsituationen einzuhalten, sogar bei längerer Warmwasserzirkulation.
Wärme besser nutzen
Die von varmeco und BMS-Energietechnik entwickelte eXergiemaschine stellt eine optimierte Temperaturschichtung im Pufferspeicher her. Dazu arbeitet im Inneren des Geräts eine einstufige Wasser/Wasser-Wärmepumpe (mit Nennwärmeleistungen Qth von 5 bis 40 kW), die für eine große Temperaturspreizung von etwa 50 K im Pufferspeicher ausgelegt ist und auch bei Quelltemperaturen von 55 °C und mehr arbeitet.
Im Betrieb entnimmt die eXergiemaschine über zwei Kreisläufe Wasser aus der Mitte des Speichers. Ein Kreislauf leitet das Wasser zum Kondensator der Wärmepumpe, wo es Wärme aufnimmt, bevor es in den oberen Teil des Speichers gelangt. Der andere Kreislauf wird im Verdampfer abgekühlt und dann heruntergekühlt in den unteren Speicherbereich eingeleitet.
Da die eXergiemaschine unabhängig vom Heizwärme- und Warmwasserverbrauch eine optimierte Temperaturschichtung im Pufferspeicher herstellt, steigert sie oft auch die Effizienz. Zum Beispiel weil Quellen mit geringem Temperaturniveau teure Energieträger substituieren können. Oder weil das Nachheizen des Pufferspeichers effizienter erfolgt und die selteneren Ladezyklen die Quelle schonen. Mithilfe der eXergiemaschine lässt sich auch mehr Energie mit dem gleichen Volumenstrom transportieren. Bei Neuanlagen können so gegebenenfalls Leitungen kleiner ausfallen. www.exergiemaschine.com
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