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HOAI

Bundeskabinett verabschiedet HOAI

Das Bundeskabinett hat am 29. April die 6. Novelle der Verordnung über die Honorare für Architekten und Ingenieurleistungen (HOAI) verabschiedet. Obwohl die Berufsstände nun rund 14 Jahre auf diesen Augenblick gewartet haben, zum Feiern wird ihnen nicht zumute sein. An der Auslagerung der „Beratungsleistungen“ in einen unverbindlichen Anhang hat die Kabinettsvorlage nichts geändert. Gleichzeitig könnte der wichtigste Bestandteil, eine angemessene Anhebung der Honorare, durch neue „Freiheiten“ zur Makulatur werden.

Steigende Honorare bringt die neue HOAI nicht
„Wir haben die HOAI vereinfacht, transparenter und flexibler gestaltet. Außerdem haben wir für die Architekten und Ingenieure eine pauschale Anhebung der Honorare um zehn Prozent herausgeholt.“, lässt sich Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee in einer Pressemitteilung seines Ministeriums zitieren. Damit bezeugt er allerdings nur, dass er sich mit der Honorarermittlung nach bisheriger und neuer HOAI wenig auskennt. Pauschal angehoben werden mit dem Kabinettsentwurf die Tafelwerte zur Honorarermittlung.

Sie sind zwar der zentrale Baustein der Honorarberechnung, aber nicht der einzige. Und zugleich wurden die Honorare von den tatsächlichen Baukosten abgekoppelt. Würdigt man alle Änderungen, werden die Honorare in vielen Leistungsbildern künftig stärker von den durchsetzbaren Marktpreisen bestimmt als bisher, auch weil die Chance auf eine gerichtliche Durchsetzung von Honoraransprüchen mit dem Entwurf nach der Einschätzung von Experten deutlich sinkt. 10% höhere Honorare bei nachlassender Bauplanungsnachfrage sind deswegen unrealistisch. Steigende Honorare wären nur bei einem unwahrscheinlichen Bauboom zu erwarten. Diesen Nebeneffekt zu verhindern, stand bisher bei der HOAI im Fokus.

Hoffen auf Bundesrat und 7. Novelle
Nun hoffen die Berufsorganisationen, dass bei der jetzt folgenden Beratung im Bundesrat und seinen Ausschüssen noch vorhandene Mängel aus dem Kabinettsentwurf über eine Zustimmung mit Maßgaben (Änderungswünschen) ausgemerzt werden. Aber auch dann bleiben viele Punkte offen. Tiefensee: „Ich bin dafür, dass die HOAI in einem weiteren Schritt inhaltlich weiter entwickelt wird. Aus den Anhörungen der Länder, der Kammern und Verbände wissen wir, dass es weitere Punkte für eine Aktualisierung der Leistungsbilder der HOAI gibt. Das müssen wir mit den Architekten und Ingenieuren besprechen.“

Genau dies hatten die Planerorganisationen angeboten und waren immer wieder (beim für die HOAI-Novelle federführenden Bundeswirtschaftsministerium) abgeblitzt. Das schon seit längerem mit den Berufsständen verabredete Modernisierungsgutachten - mit dem die Leistungsbilder aktualisiert und die Honorare wirtschaftlich angepasst werden sollen - über 6. HOAI-Novelle verbindlich zu machen, ist ebenfalls als Herausforderung für den Bundesrat übrig gebleiben.

Wesentliche Änderungen durch die Kabinettsvorlage
  • Der Anwendungsbereich der HOAI wird auf Planungen von im Inland ansässigen Büros beschränkt. Das ist zwingend, um der allgemeinen Dienstleistungsfreiheit gemäß der europäischen Dienstleistungsrichtlinie Rechnung zu tragen.
  • Mit einem neuen Berechnungsmodell und einem Bonus-Malus-System werden die Honorare von den Baukosten abgekoppelt. Kritisch daran: In der Regel existieren dazu zum Zeitpunkt der Honorarvereinbarung nicht genügend Informationen. Zudem erfordern spätere Änderungen durch den Auftraggeber stets schriftliche Honorar-Änderungsvereinbarungen.
  • Gutachterliche und beratende Tätigkeiten (laut Bundesregierung triff dies auf Umweltverträglichkeitsstudien, Thermische Bauphysik, Schallschutz und Raumakustik, Leistungen für Bodenmechanik, Erd- und Grundbau sowie Vermessungstechnische Leistungen zu) werden nicht mehr vom verbindlichen Teil der HOAI preislich geregelt. Die Regelungen bleiben aber als unverbindliche Vorschriften erhalten und "stellen für unerfahrene Planer und Auftragnehmer" (laut Bundesbauministerium) ein Orientierungsgeländer dar. Hier bleibt aber auch noch abzuwarten, ob diese Vorgehensweise verfassungskonform ist, weil die Ermächtigungsgrundlage so nicht vollständig umgesetzt wird. Momentan existieren hierzu unter den Juristen unterschiedliche Auffassungen.
  • Die Kabinettsvorlage sieht nun wieder die Forderung von „Abschlagszahlungen in angemessenen zeitlichen Abständen für nachgewiesene Leistungen“ vor. Im BMWi-Entwurf war dazu explizit eine vertragliche Vereinbarung vorgesehen. Ohne diese wäre das Honorar erst fällig gewesen, wenn die Leistung insgesamt vertragsmäßig erbracht und eine Honorarschlussrechnung vorgelegen hätte. In diesem Punkt haben sich die Kammern und Verbände noch durchsetzen können.
  • Mit dem Wegfall verbindlicher Stundensätze soll mehr Vertragsfreiheit ermöglicht werden. Ob kostendeckende Stundensätze durchsetzbar sind, muss aber die Praxis erst noch zeigen.
  • Die Tafelwerte sind pauschal um 10% angehoben worden.

Nach der Zustimmung durch den Bundesrat und der Annahme von Maßgaben der Länderkammer würde die neue HOAI ohne rückwirkende Eigenschaften und ohne Übergangsfrist am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Spätester Zeitpunkt dafür ist aufgrund der Umsetzungspflicht der EU-Dienstleistungsrichtlinie bis zum 28. Dezember 2009 ebendieser Termin. ToR


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Dokumente zum Download
6. HOAI-Novelle, Kabinettsvorlage mit Begründungen
Bisher gültige HOAI
Dokumente aus der Verbändeanhörung