Das Bundeskabinett hat am 23. Oktober 2019 ein Gesetz zur Einführung eines nationalen Emissionshandels für Brennstoffe auf den Weg gebracht. Es setzt Eckpunkte aus dem am 20. September 2019 verabschiedeten Klimaschutzprogramm 2030 um. Ziel ist, das Verbrennen von fossilen Brennstoffen für den Verkehr und das Heizen schrittweise teurer und so den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen attraktiver zu machen. Das Gesetz geht nun in die parlamentarischen Beratungen.
Direkte Pflichten für Endverbraucher sieht der Entwurf für ein Gesetz über einen nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen (Brennstoffemissionshandelsgesetz - BEHG) nicht vor, allerdings werden sie die Zusatzkosten, die bei den rund 4000 sogenannten Inverkehrbringern (insbesondere Gaslieferanten und Raffinerien) entstehen, über höhere Brenn- und Kraftstoffkosten zahlen müssen.
Kosten
Mit Abstand der größte Kostenblock fällt für den Pflichterwerb der Emissionszertifikate an. Ein Emissionszertifikat berechtigt zur Emission einer Tonne Treibhausgase in Tonnen CO2-Äquivalent in einem bestimmten Zeitraum. Die „Emission“ ist von der tatsächlichen CO2-Freisetzung allerdings entkoppelt und wird bereits beim Inverkehrbringen bilanziert, auf den tatsächlichen Einsatz der Brennstoffe durch den Verbraucher kommt es dabei nicht an. Berücksichtigt werden nur die verbrennungsbezogenen Brennstoffemissionen, also die CO2-Menge, die bei der Verbrennung fossiler Kraft- und Brennstoff(anteil)e direkt freigesetzt wird, da die CO2-Emissionen der Vorketten bereits an anderen Stellen berücksichtigt werden.
Weitere Kosten, die mutmaßlich zum größten Teil auch auf die Endverbraucher umgelegt werden, ergeben sich aus Berichtsverpflichten und weiterem bürokratischen Aufwand bei den Inverkehrbringern. Im Vortext des Gesetzesentwurfs wird der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft auf 31 Mio. Euro/a beziffert.
Schlussendlich werden die Zusatzkosten noch mit der Mehrwertsteuer belastet, bei Heizöl, Erdgas, Diesel und Otto-Kraftstoffen sind es 19 %.
Der Emissionshandel gilt ab 2021. Er startet in einer Einführungsphase von 2021 bis 2026 zunächst mit einem fixen CO2-Preis von 10 Euro/t für die Inverkehrbringer. Das entspricht brutto, also inklusive Mehrwertsteuer, durchgereichten Zusatzkosten von 2,8 Ct/l für Benzin, 3,2 Ct/l für Diesel und Heizöl sowie 0,2 Ct/kWh für Erdgas.
2022 liegt der Preis für ein Emissionszertifikat dann bei 20 Euro, von 2023 bis 2025 steigt er um jeweils 5 Euro bis auf 35 Euro. Erst ab 2026 wird auktioniert und zwar in einem Korridor von 35 bis zu 60 Euro/tCO2. Im Jahr 2025 soll aber bereits festgelegt werden, inwieweit Höchst- und Mindestpreise für die Zeit ab 2027 sinnvoll und erforderlich sind.
Jährliche Emissionsmengen
Damit ein Emissionshandel Emissionsziele erreichen kann, muss die Menge an Zertifikaten begrenzt oder für einen anderweitigen Ausgleich gesorgt werden.
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass für jedes Kalenderjahr innerhalb einer Handelsperiode eine Menge an Brennstoffemissionen in Deutschland festgelegt wird, die sich aus der Einhaltung der Minderungsverpflichtung der Bundesrepublik Deutschland gemäß der EU-Klimaschutzverordnung ergibt.
Da in der Einführungsphase von 2021 bis 2025 mit festgelegten Preisen die Menge der Zertifikate nicht begrenzt ist, wird der darüber hinausgehende Bedarf an Emissionszertifikaten durch Nutzung von Flexibilisierungsmöglichkeiten nach der EU-Klimaschutzverordnung, einschließlich des Zukaufs einer entsprechenden Menge an Emissionszuweisungen aus anderen Mitgliedstaaten, gedeckt (§ 5). Für das Jahr 2026 mit festgelegtem Preiskorridor gilt dies entsprechend, ebenso wenn der Preiskorridor über 2026 hinaus verlängert wird.
Verwendung der Einnahmen
Die Einnahmen aus der Veräußerung der Emissionszertifikate schätzt der Gesetzesentwurf für das Jahr 2021 auf 3,6 Mrd. Euro und das Jahr 2023 auf 8,3 Mrd. Euro ab. Das entspricht einem Betrag von rund 43 bzw. 100 Euro pro Bundesbürger (zuzüglich Mehrwertsteuer), wobei sich diese nicht vollständig auf den Energierechnungen, sondern auch in höheren Preisen für Waren und Dienstleistungen wiederfinden werden.
Die Erlöse aus der Veräußerung der Emissionszertifikate stehen laut dem Gesetzesentwurf dem Bund zu (§ 10). Kosten, die dem Bund durch die Wahrnehmung der ihm im Rahmen des Gesetzes zugewiesenen Aufgaben – einschließlich der gemäß § 11 entstehenden Ausgaben (beispielsweise die Kompensation für unzumutbare Härte für Unternehmen) – entstehen und nicht durch Gebühren nach § 16 (Gebühren für die Inverkehrbringer für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen) gedeckt sind, werden aus den Erlösen gedeckt, jedoch nicht die Kosten nach § 5 (beispielsweise für den Zukauf von Emissionszuweisungen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten).
Die um die genannten Kosten verringerten Einnahmen sollen den Bürgern laut Klimaschutzplan 2030 über Entlastungen beim Strompreis, bei der Entfernungspauschale und beim Wohngeld zurückgegeben oder in Klimaschutzmaßnahmen investiert werden. Entsprechende Regelungen enthält das BEHG nicht.
Handeln, …bevor der Preis spürbar ansteigt
Bundesumweltministerin Svenja Schulze nach dem Beschluss des Bundeskabinetts: „Spätestens 2050 wird Deutschland komplett auf erneuerbare Energie setzen und bis dahin schrittweise aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas aussteigen. Dass ein CO2-Preis uns auf diesem Weg hilft, ist nach langer Debatte inzwischen zum Glück weitgehend anerkannt. Mit dem neuen nationalen Brennstoff-Emissionshandel setzen wir einen Kompromiss aus dem Klimapaket der Bundesregierung vom 20. September 2019 um. Vereinbart wurde dort ein moderater Einstieg in die CO2-Bepreisung.“
Die Einführungsphase soll den Bürgern die Gelegenheit geben, sich nach klimafreundlichen Alternativen umzuschauen – bevor der Preis spürbar ansteigt, so Schulze. „Denn das Ziel ist ja nicht, möglichst viel Geld einzunehmen, im Gegenteil. Das Ziel ist, dass sich mehr Menschen beim nächsten Autokauf oder beim nächsten Heizungstausch für die klimafreundliche Variante entscheiden – weil sie sich auch für den Geldbeutel lohnt. Dazu gehören auch gut ausgestattete Förderprogramme für Gebäudesanierung und klimafreundliche Heizungen.“
Ob das BEHG mit dem moderaten Einstieg in die CO2-Bepreisung die gewünschte Wirkung bis 2030 entfaltet, bleibt abzuwarten. Die größte Wirkung kann es erst entfalten, wenn eine immer weiter sinkende Menge an zur Verfügung stehenden Emissionszertifikaten entsprechende Preissignale aussendet.
Nach dem Gesetzesentwurf wird dies frühestens 2027 der Fall sein, sofern es im parlamentarischen Verfahren keine Änderungen gibt und die nächste Bundesregierung nicht nachsteuert. Im Gesetzesentwurf ist vorgesehen, dass die Bundesregierung das BEHG evaluiert und dem Bundestag bis zum 30. November 2022 sowie bis zum 30. November 2024 und dann alle vier Jahre einen Erfahrungsbericht vorlegt. Die nächste planmäßige Bundestagswahl erfolgt im Spätsommer / Herbst 2021.
Ein weiterer Punkt aus dem Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 im Zusammenhang mit der CO2-Bepreisung könnte noch einen weiteren Modernisierungsanreiz liefern. Demnach will die Bundesregierung Änderungen im Mietrecht prüfen, die eine begrenzte Umlagefähigkeit der CO2-Bepreisung vorsehen. Dies soll Vermieter zu Investitionen in klimaschonende Heizungssysteme bzw. energetische Sanierungen bewegen. ■
Siehe auch: BEHG droht zur Zeitbombe zu werden