So langsam dringt die Erkenntnis durch, dass fossile Brennstoffe ein Auslaufmodell sind, ein Auslaufmodell sein müssen. Denn in der Erdgeschichte wurde viel mehr Kohlenstoff deponiert, als man wieder freisetzen kann, ohne schwerwiegende Folgen in Kauf zu nehmen. Wobei „Klimawandel“ für die prognostizierten Veränderungen ein viel zu schwacher Ausdruck wäre. Unabhängig davon, welche Ziele und Maßnahmen nach der mittlerweile 21. UN-Klimakonferenz in Paris auf dem Papier stehen, der Druck zur Dekarbonisierung wird steigen. Folgerichtig ziehen strategische Investoren bereits ihr Kapital aus den Geschäften zurück, insbesondere aus der Kohle.
Über die Notwendigkeit, auch leicht erreichbare fossile Brennstoffe in der Erdkruste zu belassen, wird jedes Land unterschiedlich urteilen, da es auch stark unterschiedliche Abhängigkeiten gibt. Man schaue nur vor die eigene Haustüre, wie schwer sich Deutschland damit tut, eine Diskussion über den Ausstieg aus der Braunkohlenutzung zu führen. Denn natürlich ist daran die Existenz von Unternehmen und der Wohlstand ihrer Mitarbeiter und ganzer Regionen gekoppelt.
Einfach aus dem bisherigen System aussteigen kann man ohnehin nicht. Denn parallel dazu muss ein Ersatz geschaffen werden, oder der Bedarf gesenkt werden. Für beides gibt es Methoden, aber keinen Schalter, den man einfach umlegen kann. Das Umsteigen benötigt Zeit, viel Zeit. Man denke nur an die Sanierungsraten im Gebäudebestand. Bei Heizungsanlagen liegt sie mit rund 3 % schon besonders hoch, trotzdem würde es 25 Jahre dauern, bis der momentan technisch veraltete Anteil des Anlagenbestands zumindest dem heutigen Stand der Technik entspricht.
Die Zahlen bedeuten zum einen, dass eine heutige Entscheidung Konsequenzen für die nächsten Jahrzehnte hat und einen Fußabdruck hinterlassen wird. Zum anderen wird bei einem heutigen Neubau schon vor dem Zieldatum 2050 eine Modernisierung der Wärmeerzeugung und / oder ein Umstieg auf einen anderen Energieträger anstehen. Wer heute als Bauherr nicht ohnehin schon aussteigt, sollte also einen Plan haben, was schneller als gedacht auf ihn zukommen wird. Den Plan machen können nur Fachleute. Wir haben zwar auch keine Glaskugel, wissen aber beispielsweise, dass man mit einem Wärmeübergabesystem mit geringen Vor- und Rücklauftemperaturen besonders flexibel ist, welche Systeme sich auf einen künftig verringerten Wärmebedarf einfach anpassen lassen und wie man den Heizenergiebedarf durch Wärmerückgewinnung senkt.
In der Praxis ist aber kaum etwas vom großen und grundsätzlich richtigen Plan der Bundesregierung zu spüren. Modernisierer finden quasi für jedes halbwegs aktuelle Heizsystem ein vom Bund bezuschusstes Förderprogramm und die mit der örtlichen Politik oft besonders eng verwobene Fernwärme wird protegiert, ohne die Folgen durch die Dekarbonisierung des Gebäudebestands auch nur ansatzweise zu berücksichtigen. Man darf getrost davon ausgehen, dass heute an vielen Orten mit üppiger Förderung Strukturen entstehen, die in naher Zukunft wieder Förderprogramme für einen Um- bzw. Ausstieg erfordern werden.
Die von allen beteiligten Branchen gern reklamierte Technologieoffenheit bedeutet eine große Verantwortung, die den nahen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe für die Wärmeversorgung von Gebäuden und eine deutliche Absenkung des Wärmebedarfs im Blick haben muss.
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · www.tga-fachplaner.de