Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
EnEV

Auch der Bundesrat enttäuscht

„In der Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden […] steckt ein riesiges Potenzial zur wirtschaftlichen Einsparung von Energie. Wir werden daher […] einen Gebäudeenergiepass einführen.“ Dies kündigte der Koalitionsvertrag „Gemeinsam für Deutschland“ vom 11. November 2005 an. Dass die verordnungsrechtliche Pflicht, bei Vermietung und Verkauf bestehender Gebäude dem Mieter oder Käufer einen Energieausweis vorzulegen, nach der Unterzeichnung noch über 1000 Tage auf sich warten lassen würde, hatten sicher nur Kenner, der bereits in der Vergangenheit langsam mahlenden EnEV-Mühlen geahnt. Die potenziellen Ausweisaussteller jedoch nicht. Den einzigen von der EU-Gebäuderichtlinie zugelassenen Verzögerungsfall, nämlich dass nicht genügend qualifizierte Aussteller zur Verfügung stehen, hatte die Branche schon vor Umsetzungspflichttermin 4. Januar 2006 längst ausgeräumt. Aufträge sprudeln aber noch lange nicht.

Anfang Juni hat die EnEV mit dem Bundesrat die vorletzte Hürde genommen. Besser ist sie durch die Änderungen in der Länderkammer nicht geworden. Planer müssen jetzt ihre Beratungsleistungen korrigierend darauf abstimmen.

Folgt die Bundesregierung dem Beschluss zur Energieeinsparverordnung des Bundesrats vom 8. Juni, endet die erste Übergangsfrist am 30. Juni 2008, die letzte am 30. Juni 2009. Noch einmal sechs Monate Aufschub für Modernisierungsverweigerer. Dass die EU-Gebäuderichtlinie mit dem Ziel umzusetzen war, den Verbraucher zu schützen und den CO2-Ausstoß möglichst schnell und dauerhaft abzusenken, interessierte die Länderkammer wenig. Wohl eher von den Konsequenzen für den eigenen Immobilienbesitz und vom Geflüster der Wohnungswirtschaft geleitet, haben die Landesfürsten entschieden. Mit einer ebenso bemerkenswerten wie herbeigeholten Begründung:

„Die inhaltlichen Aussagen des Energieausweises zur energetischen Qualität der Immobilie werden unmittelbar wertbeeinflussend sein. […] Daher liegt es im Interesse eines jeden Immobilien­eigentümers, mit dem zu beauftragenden Energieausweis möglichst gute energetische Qualitäten attestiert zu bekommen. Dieses setzt […] in vielen Fällen eine vorherige energetische Sanierung des Gebäudes voraus. Gerade bei Außenarbeiten an Fassade, Dach, Fenstern und Türen, aber auch bei Sanierungen der Heizungssysteme, ist dafür witterungs- und temperaturbedingt die warme Jahreszeit als Ausführungszeitraum notwendig. Gerade unter Berücksichtigung der anstehenden Sommerferien wird es im handwerklich ausführenden Bereich zu entsprechenden Auftragstaus kommen, bevor energetische Sanierungen durchgeführt werden können und ein Energieausweis danach sinnvoll beauftragt werden kann.“

Was für ein Schwachsinn, angesichts einer Sanierungsquote von weit unter 5 % und langjähriger Diskussionen im Vorfeld. Nun kommt es aber so, das wird man akzeptieren und damit arbeiten müssen. Auch damit, dass der Bundesrat nicht den Mut aufgebracht hat, die Vorlage der Bundesregierung an den vielen Mangelpunkten zu korrigieren. So kommt es statt einer Absenkung der Energiekennwerte zu einer Anhebung, die Kühlung von Wohngebäuden, bzw. die Wärmepumpe mit Kühlfunktion, wird über einen eilig zugefügten Bonus bevorzugt und viele unsaubere und auslegbare Formulierungen sichern bereits vor der Verkündung im Bundesanzeiger den EnEV-Kommentatoren die Nebeneinkünfte. Alles beim Alten.

Neben der allgemeinen Vermehrung von Fettnäpfchen in der neuen EnEV haben Bundesregierung und Bundesrat für alle mit der EnEV „in Berührung kommenden“ Planer auch noch eine Haftungsfalle aufgestellt. Nicht erst seit der Diskussion um die EnEV-Novelle ist es in Fachkreisen bekannt und unbestritten, dass ein nach EnEV geplantes Gebäude nicht das wirtschaftliche Optimum darstellt. Das war zwar auch nie so, jetzt haben sich Verordnung und Baugeschehen aber sehr weit voneinander entfernt. „Die Klärung wirtschaftlicher Grundsatzfragen“ kann deswegen nicht pauschal mit einer „Planung nach EnEV“ erfüllt werden. Ohnehin hat Wirtschaftlichkeit, durch vom Bauherren festzulegende Parameter, eine sehr individuelle Note. Verordnungsrechtlicher Nachweis und (Energie-)Beratung sind jedenfalls zwei Seiten einer Medaille, beide sind zu berücksichtigen. Aber bitte beachten Sie die Reihenfolge. Der EnEV-Nachweis ist das Abfallprodukt einer guten Planung. Der Primärenergiekennwert der EnEV ist ein Grenzwert, keinesfalls ein Zielwert. Der liegt bei normaler Würdigung aller Parameter deutlich niedriger.

Wir halten Sie weiter auf dem Laufenden. Insbesondere über unseren TGA-Infoletter per E-Mail. Mit wenigen Klicks auf https://www.tga-fachplaner.de/ sind Sie dabei.

Ihr


Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de

Tags