Beim Europäischen Rat in Brüssel haben sich Anfang Oktober 2014 die 28 Staats- und Regierungschefs nach langen Verhandlungen auf einen neuen EU-Klima- und Energierahmen bis 2030 verständigt. Die Entscheidung setzt den Kurs aus drei Zielen fort und sieht ein verbindliches EU-Klimaziel von mindestens 40 % EU-interner Treibhausgasminderung (gegenüber 1990), ein eigenständiges verbindliches Ziel für den Anteil der erneuerbaren Energien in Höhe von mindestens 27 % am Energieverbrauch sowie ein unverbindliches Energieeffizienzziel von mindestens 27 % vor.
Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, und weitere Mitglieder der Bundesregierung sehen darin ein wichtiges Signal – „auch wenn sich Deutschland mehr gewünscht hätte“. Auch der EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat die Beschlüsse begrüßt. „Das Paket ist eine gute Nachricht für unseren Kampf gegen den Klimawandel.“ Vorgeschlagen hatte die EU-Kommission allerdings bei der Energieeffizienz ein Minderungsziel von 30 %. Und im Februar 2014 hatte sich das EU-Parlament für noch strengere Ziele ausgesprochen.
Ganz anders wird die Einigung in der Branche bewertet. Obgleich im globalen Kontext die Treibhausgase das eigentliche Problem sind, wird besonders das Energieeffizienzziel kritisiert. Dazu erklärte der Geschäftsführer der Repräsentanz der Verbände der Technischen Gebäudeausrüstung Berlin, Günther Mertz: „Der Europäische Rat hat bei der Festsetzung der Ziele zur Energieeffizienz versagt. Es wäre wichtig gewesen, sich auf ein verbindliches Energieeffizienzziel von mindestens 30 % zu verständigen.“
Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff): „Das ist die Bankrotterklärung der europäischen Energiepolitik und zudem ein wirtschaftspolitisches Desaster. Die Bundesregierung hat mit ihrer Zustimmung blindlings alle Chancen geopfert, die künftige Bezahlbarkeit von Energie und damit Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit in Europa sicherzustellen und unabhängig von Energieimporten zu werden. Mit einem unverbindlichen Energieeffizienzziel von 27 % ist die 2007 begonnene EU-Energiepolitik heute auf ihren Nullpunkt zurückgekehrt. 27 % liegen noch unter den sowieso stattfindenden Effizienzfortschritten.“
Die Enttäuschung ist vor allem so groß, weil die Verbesserung der Energieeffizienz überwiegend kleinteilig bei den Endverwendern umgesetzt werden muss. Um sie zu motivieren, ist politische Unterstützung notwendig: bessere Rahmenbedingungen, klare Vorgaben, Planungssicherheit, Förderprogramme … Nun wird befürchtet, dass hier weiterhin keine spürbaren neuen Impulse gesetzt werden.
Energieeffizienz muss Spaß machen, weitere Vorteile, wie einen höheren Komfort und geringere Gesamtkosten erschließen, und so zum persönlichen oder unternehmerischen Ziel werden. Entsprechende Lösungen dazu sind für alle Situationen vorhanden. Um sie zu verkaufen, ist kein EU-Klima- und Energierahmen erforderlich. Vielmehr muss der Kunde bei seinen Bedürfnissen abgeholt werden. Geringere Energiekosten beziehungsweise geringere Gesamtkosten sind das schlagende Argument. Das müssen wir ohne Übertreibungen sorgfältig transparent machen und nach der Umsetzung auch die Zielerreichung kontrollieren. Das schafft über Mund-zu-Mund-Propaganda langfristig mehr Aufträge und Energieeffizienz als jeder EU-Gipfel.
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · https://www.tga-fachplaner.de/