Mitte Oktober 2017 haben die Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea) und die Deutsche Energie-Agentur (dena) die „Gebäudestudie – Szenarien für eine marktwirtschaftliche Klima- und Ressourcenschutzpolitik 2050 im Gebäudesektor“ vorgestellt. Partner der Studie sind zahlreiche Branchenverbände, unter anderem BTGA, BDH, BEE, BWP, IWO und Zukunft Erdgas, aber auch Verbände der Gebäudehülle. Der Studien-Titel klingt zwar auch nicht spannender als bei zahlreichen 2050-Studien zuvor, doch die inhaltlichen Aussagen und Schlussfolgerungen haben es in sich.
Was zunächst wenig erstaunt: Das Referenzszenario „Fortsetzung des bisherigen Pfads“ erreicht den Zielkorridor „nahezu klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050“ deutlich nicht. Dem wurden zwei auch in der laufenden dena-Leitstudie „Integrierte Energiewende“ betrachtete Pfade „Technologiemix“ mit breitem Technologieeinsatz und „Elektrifizierung“, also der weitgehende Einsatz von (erneuerbarem) Strom im Wärmebereich gegenübergestellt. Beide Szenarien erreichen die Ziele, sind aber mit volkswirtschaftlichen Mehrkosten gegenüber dem Referenzszenario verbunden. Auch das ist keine Überraschung.
Das Technologiemix-Szenario (TM) führt zu niedrigeren Investitionskosten. Das Elektrifizierungs-Szenario (EL) kommt mit deutlich weniger Endenergie aus. Im EL kommen durch die geringe Nachfrage ab einem bestimmten Punkt zwangsläufig Refinanzierungsprobleme auf die Gasinfrastruktur und die Mineralöllogistik zu. Im TM werden sie durch eine höhere Verwendung von P2X-Brennstoffen besser ausgelastet.
Was aber bei den verwendeten Parametern entscheidend ist: Die Aussagen gelten beim TM an beiden Rändern des Zielkorridors (80 % und 95 % weniger Treibhausgas) für ein Vollmodernisierungsäquivalent gemäß Bauteilanforderungen EnEV 2016 in Wohngebäuden von 1,4 %/a (Sanierungsrate). Beim EL80 ist eine Sanierungsrate von 1,6…2,8 %/a und beim EL95 von 1,8…2,8 %/a erforderlich (beim EL wurden den Gebäudegrößen unterschiedliche Raten zugeordnet).
Das Sanierungsraten-Dilemma: Die aktuellen Vollsanierungsäquivalente liegen im Durchschnitt über die vergangenen Jahre regelmäßig im Bereich von 0,8 bis ca. 1,0 %, heißt es in der Studie. Und weiter: Trotz zahlreicher Ansätze, diese Sanierungsrate signifikant zu erhöhen, ist bislang aber ein Verharren auf dem aktuellen Niveau zu verzeichnen. Dies verdeutlicht, dass selbst eine Erhöhung auf 1,4 % eine große Herausforderung darstellt.
Das zeigt, wie klein mittlerweile der Spielraum ist, um die Ziele des Klimaschutzplans noch in geordneten Bahnen erreichen zu können. Die nächste Regierung muss sich also einiges einfallen lassen, um einen klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 einigermaßen in Sichtweite behalten zu können. Dafür liegen zahlreiche Vorschläge der Branche auf dem Tisch, wobei diese selten die Zeit nach 2050 gebührend berücksichtigen.
Bei vielen Branchenvorschlägen soll der Staat Geld verteilen oder auf Einnahmen verzichten. Zum Start der Koalitionsverhandlungen wurde aber schnell klar, dass für die nächsten vier Jahre alle Wünsche der Jamaika-Protagonisten den finanziellen Spielraum um ein Vielfaches übertreffen. Konzepte, wo Verursacher und Verbraucher zur Kasse gebeten werden, dürften also ebenfalls zu erwarten sein.
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · www.tga-fachplaner.de