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Klimaschutzgesetz

Ohne Budgetansatz nur Makulatur

In den nächsten Wochen soll Merkels Klimakabinett Maßnahmen vorschlagen, wie die Klimaschutzziele 2030 verbindlich erreicht werden. Bis Ende 2019 sollen entsprechende Gesetze verabschiedet werden.

2018 sind in Deutschland laut einer Prognose des Umweltbundesamts Treibhausgase in einer Höhe von 865,6 Mio. t CO2-Äquivalenten freigesetzt worden. Das waren rund 41 Mio. t oder 4,5 % weniger als im Vorjahr. Damit wurde nach vier Jahren Stagnation erstmals wieder eine nennenswerte Minderung erreicht. Gründe waren der zurückgehende Verbrauch fossiler Energieträger und die außergewöhnliche Witterung im Jahr 2018. Auch die niedrigen Wasserstände vieler Flüsse im Dürresommer haben sich ausgewirkt: Weil Binnenschiffe die Flüsse nicht befahren konnten, kam es zur Heizöl-Knappheit und höheren Preisen. Zahlreiche Kunden dürften deshalb den Heizölkauf auf das Jahr 2019 verschoben haben, Heizölverkäufe werden sofort bilanziert.

Im Vergleich zu 1990 (1248 Mio. t CO2-Äq.) hat Deutschland seine Emissionen damit um 30,8 % gesenkt. Bis 2030 sollen die Emissionen nach Beschlusslage der Bundesregierung um mindestens 55 % gesenkt werden. Das Ziel für 2020 war eine Verringerung der Treibhausgase auf 749 Mio. t CO2-Äq. Um das 55-%-Ziel bis 2030 zu schaffen, müsste sich der Treibhausgasausstoß um etwa 3,5 %/a oder 25,3 Mio. t/a reduzieren. Von 1990 bis 2018 betrug die Reduktion im Mittel aber nur ca. 1,3 %/a bzw. rund 13,7 Mio. t/a.

Im 2018er-Sonderbericht hat der Weltklimarat das verbleibende CO2-Budget mit 420 Mrd. t angegeben, wenn das 1,5-K-Ziel (bezüglich der globalen Luftdurchschnittstemperatur an der Oberfläche) mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 % erreicht werden soll. Der Klimaforscher Stefan Rahmstorf hat für Deutschland für Anfang 2016 ein Restbudget von 9,7 Mrd. t/a ermittelt, wenn die Erderwärmung gemäß Übereinkommen von Paris auf maximal 1,75 K (67%ige Wahrscheinlichkeit) begrenzt werden soll. Setzt man die Reduktion ab 2019 um 25,3 Mio. t/a an, wäre dieses Budget Anfang 2030 aufgezehrt und bei einer Fortschreibung bis 2050 (bei dann vernachlässigbaren Emissionen) um rund 75 % überschritten. Es gibt auch deutlich höhere Budgets, die beispielsweise auf geringeren Wahrscheinlichkeiten beruhen, und auch andere Ansätze zur Lastenteilung. Es wird aber stets deutlich, dass die Reduktionsziele der Bundesregierung nicht ambitioniert genug sind, um das Pariser Übereinkommen zu erfüllen.

Die Brancheninitiative Zukunft Erdgas hatte beispielsweise im letzten Jahr errechnet, dass Deutschland schon am 28. März sein CO2-Budget für das gesamte Jahr 2018 erschöpft hatte. Hier war die Basis ein Weltbudget von 890 Mrd. t und ein deutsches Budget von 9,9 Mrd. t für 2015 bis 2050.

Das Klimakabinett müsste also zunächst einen Schritt zurückgehen und die Klimaschutzziele an aktuelle Verpflichtungen und Erkenntnisse anpassen. Erfolgt dies nicht, ist das Klimaschutzgesetz nur Makulatur. Vielleicht werden damit die Klimaschutzziele der Bundesregierung erreicht, das eigentliche Ziel aber satt verfehlt und ein Nachsteuern unnötig teuer. Wird nicht schnell und ambitioniert reagiert, wird schon in wenigen Jahren das Emissionsminderungsdefizit so hoch sein, dass die Versäumnisse nur noch durch den massiven Ankauf von Emissionsminderungen anderer Staaten oder das Entfernen von CO2 aus der Atmosphäre in großem Umfang zu korrigieren sind.

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · www.tga-fachplaner.de

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