Zur Dekarbonisierung des Gebäudebestands existieren diverse Studien, die mit unterschiedlichen Szenarien zeigen, dass und wie die Klimaschutzziele im Zielkorridor 80 bis 95 % Treibhausgasreduktion gegenüber 1990 prinzipiell erreicht werden können. Ein wesentlicher Baustein der Expertisen ist ein Bestand von 8 bis 17 Mio. Wärmepumpen im Jahr 2050. Durch das Verfehlen der Klimaschutzziele für 2020 sind allerdings die Klimaschutzziele für 2030 in den Fokus gerückt, hier sehen die Szenarien rund 4 bis 8 Mio. verbaute Wärmepumpen bis 2030 vor.
Um den Bestand an Heizungswärmepumpen (ohne Abgänge) bis 2030 auf 4 Mio. Geräte zu steigern, wäre ein durchschnittliches Absatzwachstum von fast 17 %/a erforderlich, für 8 Mio. Geräte wären es gut 28 %/a. Angesichts der Absatzsteigerungen in 2016 und 2017 von jeweils 17 % (2018: 8 %) muten diese Werte durchaus realistisch an. Stirnrunzeln dürfte aber spätestens einsetzen, wenn man sich die absoluten Einbauzahlen klar macht: Bei einem Endstand von 4 Mio. Geräten bis 2030 und gleichmäßigem prozentualem Zuwachs müssten im Jahr 2030 rund 530 000 Wärmepumpen installiert werden. Bei gleichen Annahmen, aber 8 Mio. Wärmepumpen im Bestand, müssten allein im Jahr 2030 1,6 Mio. Aggregate installiert werden. Zum Vergleich: In den letzten zehn Jahren wurden in Deutschland im Mittel jährlich 663 000 zentrale Wärmeerzeuger verkauft.
Es ist also höchste Zeit, dass sich etwas dreht: Um zumindest einen Bestand von 4 Mio. Wärmepumpen bis 2030 zu erreichen, muss in den jetzt kommenden Jahren der Absatz deutlicher als bisher erhöht werden, um ihn dann auf ein Niveau einzupendeln, das von der Brache realistisch umzusetzen ist. Das bedeutet auch, dass schon um das Jahr 2028 die Wärmepumpe einen Anteil von 50 % in der Verkaufsstatistik (bezogen auf den Wärmeerzeugerabsatz von 732 000 im Jahr 2018) übernehmen muss. Damit sich der Markt in vernünftigen Bahnen drehen kann, muss die Politik schnell die Rahmenbedingungen verbessern und die Wirtschaftlichkeit und die Attraktivität der Wärmepumpe erhöhen. Eine wesentliche Forderung der Wärmepumpenbranche ist eine Reform der Entgelt- und Abgabensystematik für die Energieträger zur Wärmeerzeugung.
Damit ein starker Zubau Sinn macht, muss sich aber noch mehr drehen. Aufgrund der Erfahrung aus Felduntersuchungen muss die Effizienz von Wärmepumpen im realen Betrieb sichergestellt werden. Dass eine hohe Effizienz möglich ist, zeigen die Felduntersuchen ebenfalls, sie ist aber keineswegs selbstverständlich, auch nicht bei noch so guten Aggregaten. Darum sind ein Monitoring (nicht nur bei Wärmepumpen) und bei Bedarf ein Nachsteuern für eine echte Dekarbonisierung unbedingt erforderlich. Dies könnte beispielsweise über Bedingungen in Förderprogrammen und als Verpflichtung für Anwender über das Gebäudeenergiegesetz und auf europäischer Ebene in den ErP-Durchführungsverordnungen bei der Geräteausstattung etabliert werden.
Um bis 2030 einen hohen Anteil von Wärmepumpen im Bestand zu haben, müsste sich aber noch etwas anderes drehen: Die Branche und die Politik müssten sich vom technologieoffenen Ansatz verabschieden, bzw. jeder Technologie (oder jedem Energieträger) müsste ein Zielkorridor zugewiesen werden. Nur so erhalten die Branche und die anderen Sektoren Planungs- und Investitionssicherheit. Es macht wohl kaum Sinn, bis 2030 den Zubau von Wärmepumpen zu forcieren, um ihn danach abzuwürgen.
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · www.tga-fachplaner.de