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Energiemarkt

Energiekosten sparen ohne zu investieren?

Heute kommt niemand mehr an „günstigen“ Stromtarifen vorbei. In der Fußgängerzone, in den Postfilialen, in Einkaufszentren, im eigenen Briefkasten, in Radio- und Fernsehwerbespots, auf Plakat-, Print- und Onlineanzeigen und neuerdings bei Tchibo – überall versprechen sie einen unproblematischen Wechsel, Preisgarantie, mehr Umweltschutz, Wechselprämien oder Strom einer bestimmten Farbe. Auch die Zahl der Verbraucherportale, die sich zu einem Großteil aus den Wechsel-Provisionen finanzieren, wächst beständig.

Angesichts dieser hohen Aufmerksamkeit ist die Wechselneigung der Verbraucher jedoch eher gering ausgeprägt, obwohl einige der größeren „alteingesessenen“ Energieanbieter schon in die Kritik geraten sind, weil sie der Erosion ihrer Kundendatei nicht schnell genug nachkam. Auch die Appelle von Politikern und Verbraucherschützern haben keine Massen­bewegung ausgelöst. Offenbar lähmt die Informationsflut. Zudem wirken negative Erfahrungen beim Wechsel des Telefon- und Internet­anbieters nach.

Mitgliedsbeitrag als Mindesteinsparung

Nun wollen Clubs den Kunden die lästige Arbeit abnehmen. Beispielsweise der Kofler Energies Club, der am 7. Oktober 2010 offiziell gestartet worden ist. Das Werbeversprechen: In einem Mitgliedsbeitrag von 75 Euro/a sind umfassende Serviceleistungen enthalten, eine 150-Euro-Einsparung im ersten Jahr wird garantiert. Der Köder hat allerdings noch mehr Gewicht. Die Mitglieder sparen im Schnitt 500 Euro/a Energiekosten (von bisherigen Ausgaben für Haushaltsenergie von 2000 Euro), so Prognosen des Unternehmens, das bis Ende 2012 rund 1 Mio. Kunden akquirieren will. Möglich sei dies durch die Senkung des Energie­verbrauchs mit geringinvestiven Maßnahmen und durch die Einkaufsoptimierung – „den günstigen KE-Club-Einspartarif für Strom und Gas“ – so Club-Gründer Dr. Georg Kofler. Mehr als 50 Mio. Euro investiere die Kofler Energies Club AG in den Aufbau des Unternehmens. Kofler: „Wir wollen der ADAC der Energiesparer in Deutschland werden. Wir positionieren uns als Markenunternehmen für Energieeffizienz. Das Kernprodukt: Die gesparte Kilowattstunde.“

Wenige Tage vor Kofler starte das Unter­nehmen Discovergy als „erster unabhängiger Energiesparberater“ in den Markt und verspricht auf Basis der Smart-Meter-Technologie eine Ersparnis von 350 Euro im ersten Jahr. Discovergy-Geschäftsführer und Gründer des führenden Verbraucherportals Verivox Nikolaus Starzacher geht davon aus, dass die meisten Verbraucher ihre Stromkosten um rund ein Drittel senken können – das sind für einen durchschnittlichen 3-Personen Haushalt rund 250 Euro/a – wenn sie ihren Stromverbrauch intelligent steuern und den richtigen Tarif nutzen. 60 Euro/a kostet die Discovergy-Dienstleistung. Allerdings entfallen sofort die Gebühren, die Netzbetreiber und Versorger für den Betrieb des alten Stromzählers erheben. Dadurch sparen die Kunden durchschnittlich 24 Euro/a, sodass die Mehrkosten nur rund 40 Euro/a betragen. Als einmalige Anschlusskosten berechnet Discovergy für den Smart Meter 69 Euro, die darin enthaltenen Arbeitskosten von rund 50 Euro können steuerlich abgesetzt werden. Auch bei Discovergy gibt es ab einem Mindestverbrauch eine „Geld-zurück-Garantie“, wenn die Einsparungen geringer als die Kosten für die Stromsparberatung sind.

Geben Sie die richtige Antwort

Die Angebote sollen hier nicht kommentiert werden oder gar auf den Prüfstand kommen. Das wird der Markt regeln. Halten sie ihre Versprechen, werden schon bald weitere Wettbewerber an den Start gehen, immerhin gehören 40 Mio. Haushalte in Deutschland zur potenziellen Zielgruppe. Ein Markterfolg könnte aber für unsere Branche schnell Auswirkungen haben. „Frisst“ der Verbraucher, dass er mit 75 Euro Einsatz mindestens 150 Euro oder sogar 500 Euro (Kofler) bzw. bei Discovergy mit 40 Euro/a mindestens den Einsatz aber auch bis zu 250 Euro/a erwirtschaften kann, könnte das Interesse an vorzeitigen Austauschmaßnahmen im Anlagenbestand und für Nachrüstungen noch weiter nachlassen. Warum soll ich 4000 Euro für eine Solaranlage zur Trinkwassererwärmung investieren, wenn ich damit meine Energiekosten nur um 200 Euro/a senke?, könnten sich beispielsweise Hausbesitzer fragen.

Dass die Fragen aufkommen, wird sich nicht verhindern lassen. Wenn sie aufkommen, ist das aber durchaus positiv, denn sie sind der ­passende Anlass, die richtigen Antworten zu liefern. Wenngleich das gewählte Beispiel der Solaranlage von der wirtschaftlichen Betrachtung eher kritisch ist Webcode 293552, hat bei Anlagentechnik eine Effizienzsteigerung und die Einkopplung erneuerbarer Energien immer eine Langfristwirkung: Die Einsparung bezieht sich auf die Energiemenge und dämpft so den Energiekostenanstieg bei jeder Preis­steigerung. Dass „Einspartarife“ und „Normaltarife“ dauerhaft einen deutlichen Preis­abstand haben, ist hingegen nicht zu erwarten, dies hängt insbesondere von der Trägheit der Verbraucher selbst ab. Und es gibt noch ­einen wichtigen Aspekt für die Modernisierung: Vor dem Hintergrund ausgereifter Technik tritt die Einsparung fast ausschließlich im Zeitraum zwischen dem vorgezogenen und dem zwangsweisen Austausch auf. Ein Effizienzgewinn auf der Geräteseite ist in der Wartezeit beispielsweise bei Brennwerttechnik nicht zu erwarten.

Kunden sind darum am besten beraten, die Gunst der Zeit für eine Tarifoptimierung zu nutzen und die Einsparungen als finanziellen Beitrag für eine Modernisierung oder Anlagenerweiterung einzusetzen. Die Zeit wird Ihrer sicher nicht ganz einfachen Aufklärungsarbeit Recht geben. Jochen Vorländer

Mehr Infos zum Thema: KE-Club: Webcode 295300

Discovergy: Webcode 294621

Tchibo: Webcode 296968