Das Bundeskabinett hat am 24. August 2022 zwei vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK, Robert Habeck) vorgelegte Energieeinsparverordnungen mit kurzfristig und mittelfristig wirksamen Maßnahmen, u.a. Heizungschecks (Heizungsprüfung) und Hydraulischer Abgleich, gebilligt.
Falls Sie in den nächsten Tagen eine gute Idee zum Galgenraten benötigen, bieten sich eventuell dafür die „Kurzbezeichnungen“ von zwei neuen Energieeinsparverordnungen an, die basieren auf dem Energiesicherungsgesetz (§ 30 EnSiG) einen Beitrag zur Gewährleistung der Gasversorgungssicherheit leisten sollen.
Die beiden Verordnungen dienen auch als Beitrag zur Umsetzung der Einsparvorgaben der Europäischen Union. Angesichts der von Russland künstlich verursachten Gasknappheit haben sich die EU-Staaten verpflichtet, ihren Gasverbrauch ab August 2022 um mindestens 15 % zu verringern – im Vergleich zum Durchschnittsverbrauch der letzten fünf Jahre. Deutschland, das über die letzten Jahre besonders abhängig von russischem Gas war, muss seinen Gasverbrauch demnach um 20 % senken.
Nach Angaben von Robert Habeck ist der Beitrag der verabschiedeten Verordnungen klein, aber unverzichtbar Beitrag, der den Gasverbrauch ungefähr um 2 % senkt. Der Wirtschaftsminister ist sich aber sicher, dass sich die Maßnahmen für private Haushalte, Unternehmen und die öffentliche Hand lohnen: Werden sie umgesetzt, lasse sich in den kommenden zwei Jahren ein Einsparvolumen von gut 10,8 Mrd. Euro erreichen (rund 130 Euro pro Bürger).
Schon am 1. September 2022 tritt die „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – EnSikuMaV)“ in Kraft, hat aber nur eine Geltungsdauer von 6 Monaten.
Die für die TGA/SHK-Branche wesentlich interessanter ist die „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – EnSimiMaV).
Verordnung für mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV)
Die EnSimiMaV bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates und soll dann am 1. Oktober 2022 in Kraft treten und soll mit dem Ablauf des 30. September 2024 außer Kraft treten. Ihre Maßnahmen zielen auf Einsparungen in der kommenden und der folgenden Heizperiode ab, haben aber auch eine Wirkung darüber hinaus.
Pflicht zu Heizungsprüfung und -optimierung: Alle Eigentümer von Gebäuden mit Gas-Heizungen müssen in den nächsten zwei Jahren eine „Heizungsprüfung“ durchführen. Die vom BMWK weiterhin benutzte Bezeichnung „Heizungscheck“ ist kein in dem Verordnungsentwurf benutzter Begriff. Bei einer Heizungsprüfung ist zu prüfen,
● ob die zum Betrieb einer Heizung einstellbaren technischen Parameter für den Betrieb der Anlage zur Wärmeerzeugung hinsichtlich der Energieeffizienz optimiert sind,
● ob die Heizung hydraulisch abzugleichen ist,
● ob effiziente Heizungspumpen im Heizsystem eingesetzt werden oder
● inwieweit Dämmmaßnahmen von Rohrleitungen und Armaturen durchgeführt werden sollten.
Maßnahmen zur Heizungsoptimierung erklärt die Verordnung unter Berücksichtigung möglicher negativer Auswirkungen auf die Bausubstanz des Gebäudes als „regelmäßig notwendig“. Dazu gehören
● die Absenkung der Vorlauftemperatur oder die Optimierung der Heizkurve bei groben Fehleinstellungen
● die Aktivierung der Nachtabsenkung, Nachtabschaltung oder andere, zum Nutzungsprofil sowie zu der Umgebungstemperatur passende Absenkungen oder Abschaltungen der Heizungsanlage und Information des Betreibers, dazu insbesondere zu Sommerabschaltung, Urlaubsabsenkungen, Anwesenheitssteuerungen,
● die Optimierung des Zirkulationsbetriebs unter Berücksichtigung geltender Regelungen zum Gesundheitsschutz,
● die Absenkung der Warmwassertemperaturen unter Berücksichtigung geltender Regelungen zum Gesundheitsschutz und
● die Absenkung der Heizgrenztemperatur, um die Heizperiode und -tage zu verringern; sowie
● Information des Gebäudeeigentümers oder Nutzers über weitergehende Einsparmaßnahmen.
Verpflichtender Hydraulischer Abgleich: Eigentümer großer Gebäuden mit zentraler Wärmeversorgung auf Erdgasbasis müssen laut dem Verordnungsentwurf einen Hydraulischen Abgleich vornehmen, sofern ein solcher bislang nicht durchgeführt wurde. Dies gilt für Firmen und öffentliche Gebäude (ab 1000 m2, bis zum 30. September 2023) sowie für große Wohngebäude über zehn Wohneinheiten (bis zum 30. September 2023) und ab sechs Wohneinheiten bis zum 15. September 2024.
Die Durchführung des Hydraulischen Abgleichs soll mindestens folgende Planungs- und Umsetzungsleistungen beinhalten:
● eine raumweise Heizlastberechnung nach DIN EN 12831:2017-09 in Verbindung mit DIN/TS 12831-1 : 2020-4,
● eine Prüfung und nötigenfalls eine Optimierung der Heizflächen im Hinblick auf eine möglichst niedrige Vorlauftemperatur,
● die Durchführung eines Hydraulischen Abgleichs unter Berücksichtigung aller wesentlichen Komponenten des Heizungssystems und
● die Anpassung der Vorlauftemperaturregelung.
Zudem sieht der Verordnungsentwurf vor:
„Die Bestätigung des Hydraulischen Abgleichs ist einschließlich aller relevanten Einstellungswerte, der Heizlast des Gebäudes, der eingestellten Leistung der Wärmeerzeuger und der raumweisen Heizlastberechnung, der Auslegungstemperatur, der Einstellung der Regelung und den Drücken im Ausdehnungsgefäß in Textform festzuhalten und dem Gebäudeeigentümer zur Verfügung zu stellen.
Der Hydraulische Abgleich ist nach Maßgabe des Verfahrens B nach der ZVSHK-Fachregel „Optimierung von Heizungsanlagen im Bestand“, VdZ – Wirtschaftsvereinigung Gebäude und Energie e.V., 1. aktualisierte Neuauflage April 2022, Ziffer 4.2, durchzuführen.“
Die EnSimiMaV sieht zudem Verpflichtung zur Umsetzung wirtschaftlicher Effizienzmaßnahmen in Unternehmen mit einem Energieverbrauch ab 10 GWh/a vor.
Die im Referentenentwurf enthaltene Verpflichtung, alle ineffizienten extern verbauten (nicht in einem Wärmeerzeuger integrierten) Nassläufer-Umwälzpumpen, Trinkwarmwasser-Zirkulationspumpen oder Trockenläufer-Umwälzpumpen bis zum 15. September 2024 auszutauschen, wurde in der jetzt verabschiedeten EnSimiMaV soweit abgeschliffen, dass die Maßnahme nur noch aus der Begründung zur Verordnung als Pflicht für relativ wenige Fälle und nur unter bestimmten Bedingungen herauszulesen ist. Allerdings war die angedachte Vorgabe auch nicht innerhalb von zwei Jahren von den Marktakteuren zu leisten.
Download des EnSimiMaV-Entwurfs
Verordnung für kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV)
Die EnSikuMaV wurde direkt vom Bundeskabinett ohne Beteiligung des Bundestags oder Bundesrats beschlossen und soll zum 1. September 2022 in Kraft treten und tritt mit Ablauf des 28. Februar 2023 außer Kraft. Sie zielen auf Einsparungen ab, die bereits in dieser Heizsaison zur Verringerung des Energiebedarfs beitragen können.
Mieter bekommen mehr Spielraum, um Energie einzusparen: Vertragliche Verpflichtungen, die eine Mindesttemperatur in gemieteten Räumen vorsehen, setzt die Verordnung für ihre Geltungsdauer aus. Allerdings bleiben andere vertragliche Pflichten der Mieter – insbesondere durch angemessenes Heiz- und Lüftungsverhalten Schäden an der Mietsache vorzubeugen – davon unberührt.
Verbot der Nutzung bestimmter Heizungsarten für Schwimm- und Badebecken: In Gebäuden oder zugehörigen privaten Gärten ist die Beheizung von privaten, innen- oder außenliegenden Schwimm- und Badebecken einschließlich Aufstellbecken mit Gas oder mit Strom aus dem Stromnetz untersagt, Eine Ausnahme gibt es für therapeutische Anwendungen. Gewerbliche genutzte Pools sind davon nicht betroffen.
Für öffentliche Nichtwohngebäude gibt es ein Verbot der Beheizung von Gemeinschaftsflächen (mit Ausnahmen), Höchstwerte für die Lufttemperatur in Arbeitsräumen (mit Ausnahmen, beispielsweise für medizinische Einrichtungen, Schulen und Kindertagesstätten) und Einschränkungen für Trinkwassererwärmungsanlagen. Außerdem untersagt die Verordnung die Beleuchtung von Gebäuden oder Baudenkmälern von außen mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtung. Ausgenommen sind auch kurzzeitige Beleuchtungen bei Kulturveranstaltungen und Volksfesten.
Information für private Energiesparmaßnahmen: Zudem verpflichtet die EnSikuMaV Gas- und Wärmelieferanten, ihre Kunden über den Energieverbrauch und die damit verbundenen Kosten, über die Auswirkungen der aktuellen und möglicherweise noch kommenden Energiepreissteigerungen und über mögliche Einsparpotenziale frühzeitig, mindestens aber zu Beginn der Heizsaison zu informieren. Eigentümer von Wohngebäuden, deren Wohngebäude leitungsgebunden mit Gas oder Wärme beliefert werden, haben den Nutzern diese Informationen weiterzuleiten. Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten müssen auf dieser Grundlage zudem spezifische Informationen zu Energieverbrauch und Energiekosten der jeweiligen Wohneinheit geben. Bei erneuten Preissteigerungen sind erneut Informationen bereitzustellen.
Eingänge im Einzelhandel / beleuchtete Werbeanlagen: In beheizten Geschäftsräumen des Einzelhandels ist das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen, bei deren Öffnung ein Verlust von Heizwärme auftritt, untersagt, sofern das Offenhalten nicht für die Funktion des Ein- oder Ausganges als Fluchtweg erforderlich ist. Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr des Folgetages (mit Ausnahmen) untersagt.
Unternehmen werden zu „Mindestwerte der Lufttemperatur für Arbeitsräume in Arbeitsstätten“ entsprechend der in der Verordnung festgelegten „Höchstwerte für die Lufttemperatur in Arbeitsräumen in öffentlichen Nichtwohngebäuden“ verpflichtet. ■
Quelle: BMWK / jv
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