Die Wassermengen, die für die Erzeugung von grünem Wasserstoff durch Elektrolyse benötigt werden, beeinträchtigen die Trinkwasserversorgung in Deutschland nicht. Zu diesem Ergebnis kommen Untersuchungen des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW).
Für die DVGW-Studie wurde allerdings nicht Deutschlands Wasserstoffbedarf, sondern eine nach aktueller Planung installierte Elektrolyseleistung von 10 GW bis 2030. Die dafür benötigte Wassermenge liegt bei rund 7 Mio. m3 Reinstwasser. Dies entspricht etwa 9 Mio. m3 aus natürlichen Ressourcen gewonnenem Süßwasser. Angesetzt wurde dabei 2500 Vollbenutzungsstunden.
Die Annahmen weichen von den Werten in der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS: 5 GW und 4000 h/a, Stand Juni 2020) ab, decken jedoch eine um 25 % höhere Wasserstofferzeugung ab. Bei Angaben zur Wasserstofferzeugung bezieht sich der Begriff Elektrolyseleistung auf den Output (Wasserstoff), sodass sich mit den DVGW-Annahmen für 2030 eine Wasserstofferzeugung von 25 TWh/a ergibt. Bezogen auf den niedrigen Erdgasverbrauch von rund 780 TWh/a im Jahr 2022 sind dies rund 3,2 % energetisch.
2030 wird bezogen auf die Wasserstofferzeugung allerdings nur eine Momentaufnahme sein, allein für dieses Jahr sieht die NWS einen Wasserstoffbedarf von ca. 90 bis 110 TWh. Mit den weiteren nationalen Zubauplänen war die NWS im Juni 2020 zurückhaltend: „Für den Zeitraum bis 2035 werden nach Möglichkeit weitere 5 GW zugebaut, spätestens bis 2040.“
Wasserbedarf in Deutschland ist relativ klein
Im Vergleich zu anderen Nutzungen ist die vom DVGW ermittelte Wassermenge von 9 Mio. m3 Rohwasser klein: Allein für die Beregnung von landwirtschaftlichen Flächen wurden im Jahr 2019 fast 450 Mio. m3 Rohwasser genutzt. In der Energiewirtschaft entwichen im selben Jahr mindestens 300 Mio. m3 aus den Kühltürmen der Kraftwerke durch Verdunstung – also mehr als das Dreißigfache von dem, was für die Elektrolyse notwendig wäre.
Laut DVGW-Berechnung wird die gesamte Wassernachfrage in Deutschland durch die Erzeugung grünen Wasserstoffs per Elektrolyse selbst bei einer langfristigen Ausbauleistung von 40 GW nur um weniger als 1 % steigen. DVGW-Vorstand Dr. Wolf Merkel: „Angesichts zunehmender Hitze- und Trockenperioden wächst die Sorge um die Verfügbarkeit unserer Trinkwasserressourcen. Die Ergebnisse unserer Berechnungen schaffen dahingehend Klarheit, dass die von der Politik derzeit geplanten Elektrolysekapazitäten keine nennenswerte Erhöhung des deutschlandweiten Wasserbedarfs bedeuten.“
Regionale Gegebenheiten sind zu berücksichtigen
Wichtig sei, von Anfang an regionale Gegebenheiten zu berücksichtigen, betont Merkel. So sollten Verfügbarkeit und Qualität der Wasserressourcen am jeweiligen Standort ebenso in die Kapazitätsplanung einfließen, wie die regionalen Auswirkungen und langfristigen Folgen. Dies gelte insbesondere für Regionen, die in den vergangenen Jahren von Trockenheit und Dürre betroffen waren – beispielsweise Regionen in den Bundesländern von Brandenburg, Sachsen-Anhalt oder Niedersachsen.
Steht Oberflächen- oder Grundwasser nur begrenzt zur Verfügung, können auch andere Quellen genutzt werden. An küstennahen Standorten oder für die Offshore-Elektrolyse kommt auch entsalztes Meerwasser infrage. Nach einer Studie der Stiftung Offshore-Windenergie sehen die Ausbaupläne ohnehin vor, dass ein Drittel der Elektrolysekapazitäten direkt bei den Windparks in der Nordsee installiert wird und zwei Drittel an Land. Der Bedarf an Süßwasser würde sich dadurch verringern. Eine alternative Rohwasserquelle für küstenferne Regionen wäre zudem die Nutzung von Abwässern aus Kläranlagen, die gereinigt und zu Reinstwasser für den Elektrolyseur aufbereitet werden können.
Der DVGW hat ein Factsheet zum Wasserbedarf der Elektrolyse veröffentlicht. Wenngleich es sich um eine Betrachtung für Deutschland handelt, zeigen die Grunddaten, welche Herausforderungen mit einer nachhaltigen Wasserversorgung von Großerzeugungsanlagen in sonnenreichen Gebieten verbunden sind.
Den nationalen Wasserbedarf kann man auch aus anderem Blickwinkel betrachten. Im Artikel Wasserstoff: Wie viel Wasser wird dafür benötigt? hat die TGA+E-Redaktion ausgerechnet, welche Dimensionen für eine 10%ige Substitution von Wasserstoff im Erdgasnetz – volumetrisch und energetisch – erforderlich sind. ■
Quelle: DVGW / jv
Im Kontext:
Wasserstoff-Heizungen sind auch ökonomisch nicht sinnvoll
Studie: Wasserstoff ohne Gebäudewärme priorisieren
Grüner Wasserstoff: Kurzfristig knapp, langfristig unsicher
Wasserstoff-Heizung: Vielleicht ab 2030, vorher Wärmepumpen
12 Thesen zu Wasserstoff: Kein Nachfolger für Gas-Heizungen