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Forschung 

Fraunhofer entwickelt elektrokalorische Wärmepumpen

Das Prinzip einer elektrokalorischen Wärmepumpe ist simpel: Legt man ein elektrisches Feld an elektrokalorische Materialien an, so richten sich die elektrischen Momente im Feld aus – das Material erwärmt sich. Die entstehende Wärme wird über eine Wärmesenke abgeführt, sodass das Material wieder auf die Ausgangstemperatur abkühlt.

Wird nun das elektrische Feld entfernt, verringert sich die Ordnung der elektrischen Momente, und das Material kühlt ab. Jetzt kann es thermische Energie aus einer Wärmequelle aufnehmen. Der Effekt ist reversibel. So kann ein Zyklus aufgebaut werden, der als Wärmepumpe zum Kühlen oder Heizen funktioniert.

Im Gegensatz zum Peltier-Effekt ist mit dem elektrokalorischen Effekt eine Kühlung ohne Stromfluss möglich. Die Umkehrung des elektrokalorischen Effekts – eine Spannungsveränderung durch Änderung der Temperatur – ist der in der Sensorik bereits eingesetzte pyroelektrische Effekt.

Fraunhofer-Leitprojekt ElKaWe

Die Umsetzung einer technisch nutzbaren elektrokalorischen Wärmepumpe ist jedoch eine größere Herausforderung. Gleich sechs Fraunhofer-Institute wollen im Fraunhofer-Leitprojekt ElKaWe (Elektrokalorische Wärmepumpen) hocheffiziente elektrokalorische Wärmepumpen entwickeln, die ohne umweltkritische Kältemittel auskommen.

Die Motivation: Allen Prognosen zufolge, werden elektrisch angetriebene Wärmepumpen eine tragende Rolle bei der Dekarbonisierung des Gebäudesektors übernehmen. Doch heute eingesetzte Systeme auf Basis von mechanischen Kompressoren haben einige Nachteile: Die prozesstechnisch geeigneten Kältemittel sind entweder umwelt- oder sicherheitsrelevant, die Betriebsgeräusche solcher Systeme müssen aufwendig gedämpft werden und die Möglichkeiten zur Steigerung der Energieeffizienz sind begrenzt bzw. aufwendig.

„Disruptives Potenzial für die Wärme- und Kältetechnik“

Festkörperbasierte Wärmepumpen, zu denen elektrokalorische Systeme zählen, können mit unbedenklichen Fluiden arbeiten, zum Beispiel Wasser. Kalorische Systeme sind zudem geräuschlos. Bisherige Erkenntnisse geben zudem Grund zur Annahme, dass elektrokalorische Wärmepumpen der Kompressor-Technologie auch im Hinblick auf die Effizienz überlegen sein werden.

Prof. Karsten Buse, Institutsleiter am Fraunhofer IPM, der das ElKaWe-Projekt leitet: „Wir sehen die Chance, kompressorbasierte Wärmepumpen langfristig vollständig abzulösen. Nach den Erkenntnissen, die wir bisher auf dem Gebiet gewinnen konnten, kann die Elektrokalorik disruptives Potenzial für die Wärme- und Kältetechnik haben.“

Trotz der hohen Bedeutung mit regenerativ erzeugtem Strom angetriebener Wärmepumpen für die Wärmewende verläuft ihr Zuwachs zögerlich. Grund ist die unzureichende Wirtschaftlichkeit innerhalb der Rahmenbedingungen Investitions- und Energiekosten. Elektrokalorische Wärmepumpen versprechen einen deutlich höheren Wirkungsgrad, der die Verbreitung von Wärmepumpen für die Gebäudeklimatisierung befördern wird, so die Erwartungen der Fraunhofer-Wissenschaftler.

In der Kältetechnik hat das Forschungsteam vor allem die industrielle Kühltechnik, Fahrzeugklimatisierung, Server- und Schaltschrankkühlungen und Laborkühlschränke im Blick. Grundsätzlich eignet sich die Technologie auch für die Haushaltskühltechnik. Hier weichen die meisten Hersteller inzwischen auf natürliche Kältemittel wie Isobutan oder Propan aus. Letztere sind zwar nicht klimaschädlich, jedoch brennbar, weshalb sie für sicherheitskritische Anwendungen oder größere Leistungen (Füllmengen) nicht infrage kommen.

Innovationen bei Material und Wärmeübertragung

Die am ElKaWe-Projekt beteiligten Wissenschaftler werden am Material- und Systemaufbau arbeiten, um das disruptive Potenzial der Technologie zu demonstrieren. Das Fraunhofer IKTS verfügt über umfassende Erfahrung mit keramischen elektrokalorischen Materialien und Beschichtungen. Fraunhofer IAP und LBF bringen Know-how zur Entwicklung von Polymermaterialien ein, die für den Einsatz in elektrokalorischen Wärmepumpen weiterentwickelt werden. Spezielle Beschichtungen zur Isolierung und Funktionalisierung der Komponenten entwickelt das Fraunhofer FEP. Das Fraunhofer LBF wird neben den Funktionspolymeren auch Lebensdauer und Zuverlässigkeit der Materialien und Systeme untersuchen. Das Fraunhofer IAF wird die elektrische Ansteuerung für die Wärmepumpen entwickeln.

Material und Komponenten müssen langzeitstabil, ausreichend verfügbar, kostengünstig und unbedenklich sein. All diese Kompetenzen werden zur Umsetzung eines vollkommen neuartigen, vom Fraunhofer IPM patentierten Systemansatzes zusammengebracht: Dieser sieht vor, den Wärmeübertrag durch eine Kombination aus Verdampfen und Kondensieren eines unschädlichen Fluids in Heatpipes mit einer thermischen Diode zu realisieren.

Die Wärmeabfuhr erwies sich bisher als Nadelöhr im Hinblick auf die Effizienz elektrokalorischer Systeme: Je schneller sie erfolgt, desto leistungsfähiger ist die Pumpe. Vorstudien zeigen, dass dies mit dem neuen Konzept sehr viel schneller gelingt. Die Systeme arbeiten ohne aktives Pumpen und erreichen dadurch eine um ein Vielfaches höhere Zyklusfrequenz als bisherige Systeme. In vier Jahren, so das Ziel des Teams, soll ein Demonstrator mit einer Leistung von 100 W und einem Temperaturhub von 30 K stehen.

Fraunhofer IPM plant Netzwerk zum Technologiefeld Kalorik

Neben der elektrokalorischen Wärmepumpe wird aktuell auch der Einsatz magneto- und elastokalorischer Materialien in ähnlichen Systemkonzepten erforscht. Elektro-, magneto- und elastokalorische Wärmepumpen bieten jeweils spezifische Vorteile für verschiedene denkbare Anwendungen. Siehe auch: Kühlsystem mit magnetokalorischer Heatpipe. ■