Durch die Coronavirus-Krise gerät jetzt auch die 2014 begonnene Marktraumumstellung von niederkalorischem Gas (L-Gas) aus den Niederlanden auf hochkalorisches Gas (H-Gas) ins Stocken. Sie ist erforderlich, weil die Förderung von L-Gas in den Niederlanden stark rückläufig ist und deutsche Kunden das L Gas zukünftig nicht mehr zur Verfügung gestellt bekommen können. Voraussichtlich ab Ende 2029 wird kein L-Gas mehr aus den Niederlanden nach Deutschland exportiert.
Für die Umstellung auf H-Gas aus anderen Bezugsquellen müssen in Haushalten, Gewerbe- und Industriebetrieben Gasgeräte an die veränderte Gasqualität angepasst werden. In den vergangenen Jahren wurden rund 500.000 Gasgeräte angepasst, für dieses Jahr sind etwa 400.000 Anpassungen vorgesehen. Insgesamt müssen Geräte in mehr als 4 Mio. Haushalten, Gewerbe- und Industriebetrieben umgerüstet werden. Die anfallenden Kosten durch die Umstellung von L- auf H-Gas werden entsprechend den Vorgaben aus § 19a EnWG auf alle Netznutzer bundesweit umgelegt.
Die L-Gas-Netze sind historisch in der Nähe zu den deutschen L-Gas-Vorkommen und entlang der niederländischen Importleitungen entstanden. Vor der Marktraumumstellung sind Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen (nicht flächendeckend), Rheinland-Pfalz (teilweise), Sachsen-Anhalt (teilweise) und Hessen (teilweise) betroffen.
Anpassungsarbeiten sind immer schwieriger durchzuführen
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und die Bundesnetzagentur erreichen nun zunehmend Mitteilungen, dass in Haushalten und Gewerbebetrieben die für die Marktraumumstellung erforderliche Anpassungsarbeiten aufgrund der derzeitigen Einschränkungen des täglichen Lebens immer schwieriger durchzuführen sind. So hat eine zunehmende Anzahl von Monteuren keinen Zugang mehr zu den anzupassenden Gasgeräten. Auch ist ein deutlich erhöhter Krankenstand bei den Unternehmen zu verzeichnen.
BMWi und Bundesnetzagentur haben mitgeteilt, dass aus Sicht des Bundes der von vielen betroffenen Unternehmen geäußerte Wunsch, den Prozess an die aktuelle Lage anzupassen, nachvollziehbar ist. Die gesetzliche Verantwortung für die Marktraumumstellung liege aber bei den Netzbetreibern. Sie entscheiden, ob eine Verschiebung der Umstellmaßnahmen angezeigt ist. Die Netzbetreiber schätzen die Situation in den einzelnen Regionen Deutschlands unterschiedlich ein. Teilweise halten sie es noch für möglich und vertretbar, neue Anpassungen einzuleiten. Teilweise werden sie vorerst davon absehen.
Aus Sicht des Bundes sei es verständlich, wenn Netzbetreiber entscheiden, vorerst keine neuen Anpassungen mehr einzuleiten. In jedem Fall müsse aber sichergestellt werden, dass einmal begonnene Umstellungen geordnet zu Ende gebracht werden, um eine sichere Versorgung der Endkunden mit Gas zu jeder Zeit zu gewährleisten: Wenn ein Netzbereich bereits von L- auf H-Gas umgestellt wurde, müssen die Gasverbrauchsgeräte zeitnah an die neue Gasqualität angepasst werden, damit die Betriebssicherheit dieser Geräte gewährleistet bleibt. ■