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Erweiterte Realität auf der Baustelle

Noch wirkt es auf Zuschauer befremdlich: Ein Klimatechniker trägt eine AR-Brille, greift mit seinen Fingern nach imaginären Objekten und verschiebt sie. Er orientiert sich interaktiv auf der Baustelle und bewegt sich in der computer-geplanten Welt. Mithilfe der Augmented Reality (AR; erweitere Realität). Sie ergänzt die Wahrnehmung der Realität zum Beispiel per Brille um virtuelle Elemente, etwa Baupläne. Zwei Jahre haben das Bremer Institut für Produktion und Logistik (BIBA) an der Universität Bremen und der Entwicklungspartner AnyMotion, Bremen, im Projekt ­KlimAR dazu geforscht und nun ihre Ergebnisse vorgestellt.

Das Projekt hatte einen Gesamtumfang von knapp 450 000 Euro und wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. Neben dem BIBA als Experte, unter anderem für AR-Assistenzsysteme, sowie AnyMotion als Spezialist für visuelle Konzepte und Kommunikation hat der Handwerksbetrieb Funke, Twistringen, die Entwicklung des Systems als assoziierter Partner und Erstkunde mit seinem Praxiswissen unterstützt. Während der Installation eines neuen Klima- und Lüftungssystems bei seinem Kunden KMH-Kammann Metallbau, Bassum hat das „Team Funke“ die neue Technik getestet und genutzt.

Was in zahlreichen Wohnzimmern schon rege für Spiele genutzt wird, dürfte auch in der TGA/SHK-Branche künftig Standard sein. Ziel des KlimAR-Projekts war die Unterstützung der Servicetechniker bei der Instandhaltung komplexer Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik. Durch den Einsatz einer AR-Datenbrille wurde die Aufbereitung und Bereitstellung von technischer Dokumentation im Arbeitsprozess, eine Orientierung und Arbeitsunterstützung mithilfe virtueller Zusatzinformationen sowie eine Anpassung der genutzten Dokumente durch Interaktion mit den eingeblendeten Inhalten ermöglicht. Dadurch wurden vorrangig bisher auftretende Suchaufwände im Instandhaltungsprozess deutlich reduziert und Dokumentationsaufgaben unterstützt.

BIBA-Wissenschaftler Dipl.-Wi.-Ing. Moritz Quandt: „Zu unseren zentralen Aufgaben zählte es, eine geeignete Hardware für das System zu finden und eine Software zu entwickeln. Von entscheidender Bedeutung war dabei die Akzeptanz der Nutzer. Entsprechend galt es nicht nur, auf neueste Entwicklungen zurückzugreifen, sondern auch eine intuitive, einfache Bedienung zu ermöglichen.“

Mit dem System lassen sich 2D-CAD-Daten über die AR-Technik direkt auf die Baustelle bringen. AnyMotion-Geschäftsführer Frank Bischoff: „Über eine AR-Brille bekommt der Mitarbeiter alle Schächte, Auslässe und Einbauten aus dem CAD-System deckungsgleich und maßstäblich auf die Decke oder den Fußboden projiziert. Das Assistenzsystem kann die Daten direkt aus dem Konstruktionsprogramm AutoCAD einlesen. Sie können dann auf der Baustelle korrigiert und ergänzt sowie anschießend wieder in das AutoCAD-System zurückgeladen werden „So wird das Ausmessen überflüssig und Überragungsfehler sind ausgeschlossen.“

Nachdem in dem Projekt die Grundlagen geschaffen worden sind, will AnyMotion gemeinsam mit dem ersten Anwender Funke das System in den nächsten Monaten zur Marktreife weiterentwickeln. Dafür suchen die Partner noch nach weiteren Anwendern und Investoren. „Das System ist nicht nur in der Klimatechnik, sondern auch in zahlreichen anderen ­Gewerken einzusetzen“, sagt Bischoff.

Den Handwerksbetrieb Funke hat auch der Fachkräftemangel zur Teilnahme an dem Projekt motiviert. Funke beschäftigt rund 100 Mitarbeitern in Bremen und Umgebung. Funke-Geschäftsführer und Kältetechnik-Meister Carlo Bottermann: „Wir sehen den Gewinn aus derartigen Engagements auch darin, unsere Marktposition und die Arbeitsplätze sichern zu können. Wir suchen stetig nach Fachkräften, und als Ausbildungsbetrieb außerdem nach Nachwuchs. Der Einsatz innovativer Technologien macht uns für sie attraktiver. Das erfahren wir in den Bewerbungsgesprächen ­immer wieder.“

www.klimar.biba.uni-bremen.de
Projektvideo (6:20 min):
www.bit.ly/tga1177