Programme für den sommerlichen Wärmeschutz ermöglichen sowohl vereinfachte Nachweise als auch dynamische thermische Simulationsrechnungen. Welche Programme es gibt und wie sie sich unterscheiden, zeigt dieser tabellarische Produktvergleich.
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Software für sommerliche Wärmeschutznachweise verwendet in der Regel sowohl statische als auch dynamische Rechenverfahren.
■ Statische Rechenverfahren sind eher für Standardfälle ausgelegt, berücksichtigen keine individuellen Besonderheiten, enthalten Vereinfachungen und Sicherheiten.
■ Dynamisch thermische Gebäudesimulationen können besser auf individuelle Besonderheiten von Gebäuden eingehen und deren sommerlichen Wärmeschutz präziser auslegen.
■ Dadurch lassen sich gezielter Kosten für bauliche oder haustechnische Maßnahmen einsparen und auch Gebäude besonderer Art und Nutzung nachweisen.
■ Je mehr Gebäude in Bezug auf die Gestaltung, Bauweise und Konstruktion oder Nutzungsprofile von Standards abweichen, desto notwendiger sind Simulationsrechnungen.
Der sommerliche Wärmeschutz von Gebäuden wird immer wichtiger. Steigende Temperaturen und längere Hitzeperioden im Sommer, der Trend zu individueller Architektur mit großen Fensterflächen, aber auch wachsende Komfortansprüche haben dazu beigetragen.
Dennoch wird der Wärmeintrag durch Fenster häufig unterschätzt und der sommerliche Wärmeschutz bei der Planung vernachlässigt. Die Folge ist häufig, dass nachträglich aufwendige Verschattungsmaßnahmen oder eine zusätzliche Klimatisierung oder eine höhere Kühlleistung notwendig werden.
Deshalb sollte schon in früher Planungsphase darauf geachtet werden, dass der sommerliche Wärmeschutz baulich berücksichtigt wird. Ob die Parameter des Gebäudes und planerische Maßnahmen ausreichen, um die gesetzlichen Anforderungen an einen sommerlichen Wärmeschutz gemäß Gebäudeenergiegesetz (GEG) [1] und DIN 4108-2 [2] zu erfüllen, muss im Einzelfall überprüft werden. Mit spezieller Software kann man den sommerlichen Wärmeschutz von Gebäuden mit weniger Aufwand nachweisen, aber auch optimieren und so Bau- und Betriebskosten einsparen.
Statisch oder dynamisch berechnen?
Der sommerliche Wärmeschutz hängt von mehreren Faktoren ab: vom Gebäudestandort, respektive der sommerlichen Klimaregion, vom solaren Energieeintrag durch Fenster, von der Wärmespeicherfähigkeit der Wände und Decken, von den baulichen und aktiven Beschattungseinrichtungen sowie von den (nächtlichen) Lüftungsmöglichkeiten.
Das GEG fordert in § 14 den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes sowohl für neue Wohngebäude als auch für Nichtwohngebäude. Werden bestehende Gebäude um 50 m2 und mehr erweitert, sind gemäß § 51 GEG ebenfalls die Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz einzuhalten. Die dabei anzuwendenden Verfahren werden in § 14 GEG in den Absätzen 2 und 3 genannt: Das vereinfachte Verfahren über den Sonneneintragskennwert oder alternativ eine thermische Gebäudesimulation mit dem Ziel der Begrenzung der jährlich auftretenden Übertemperaturgradstunden.
Entsprechende Grenzwerte und Randbedingungen für die Berechnung enthält die im Februar 2013 erneuerte Norm zum sommerlichen Wärmeschutz DIN 4108-2, auf die sich das GEG bezieht. Im Fokus der DIN 4108-2 steht die Vermeidung von unzumutbar hohen Temperaturen in Gebäuden, die später energie- und kostenintensive Maßnahmen zur Gebäudekühlung zur Folge haben. Demzufolge müssen Planer dafür sorgen, dass die Gebäudeinnentemperaturen an heißen Sommertagen zulässige Grenzwerte auch ohne Klimaanlage nicht überschreiten.
Vereinfachte Berechnung
Für den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes schreibt DIN 4108-2 das Sonneneintragskennwertverfahren vor und definiert dazu Anforderungen und Randbedingungen. Mit diesem vereinfachten Berechnungsverfahren können Planer bereits in früher Planungsphase die Einhaltung der Mindestanforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz beurteilen.
Dabei werden „kritische“ Räume, respektive Raumbereiche an der Außenfassade, die der Sonneneinstrahlung besonders ausgesetzt sind, überprüft. Im vereinfachten Nachweisverfahren wird über standardisierte Randbedingungen für den zu bewertenden Raum oder Raumbereich der jeweils vorhandene Sonneneintragskennwert mit einem maximal zulässigen verglichen.
Dieser wird von zwei Faktoren bestimmt: von der Nachtlüftung und der „Massivität“ der Bauart, wobei ohne weiteren Nachweis von einer kritischen „leichten“ Bauart ausgegangen wird. Grundlage für die Berechnung der Sonneneintragskennwerte ist der Gesamtenergiedurchlass durch alle Fensterflächen einschließlich Sonnenschutz in Bezug zur Raum-Nettogrundrissfläche.
Zu den Eingabedaten zählen der Standort (Sommerklimaregion), die Raumdaten, Fensterdaten (Anteil, Orientierung, Neigung, Durchlassgrad, Verglasung, Rahmenanteil etc.), die Bauart der Raumhülle sowie Lüftungsdaten. Erfolgt die Nachweisführungen über Programme für die Energieberatung (siehe: Multifunktionswerkzeuge zur Energieoptimierung, TGA 01-2018), können Raum- und Gebäudedaten übernommen werden.
Thermische Gebäudesimulation
Statische Rechenverfahren zum sommerlichen Wärmeschutz sind allerdings eher für Standardfälle ausgelegt und berücksichtigt keine individuellen Besonderheiten des Gebäudes und der Nutzung, was die Berechnung unpräzise macht.
Neben dem vereinfachten Verfahren erlaubt DIN 4108-2 in Kapitel 8.4 für den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes deshalb auch ein alternatives Nachweisverfahren über eine dynamische thermische Gebäudesimulation. Bei Gebäuden besonderer Art und Nutzung schreibt sie es sogar zwingend vor und definiert entsprechende Anforderungen und Randbedingungen für die Simulation.
Eine dynamische Simulation des thermischen Verhaltens von Gebäuden ermöglicht eine genaue Analyse der Temperaturschwankungen in Räumen, sodass eine verlässliche Aussage über die Anzahl der Stunden mit Übertemperatur (Temperatur über dem Normwert) getroffen werden kann. Dabei werden solare Einträge, Speicherfähigkeiten der Bauteile oder individuelle Nutzungsprofile berücksichtigt.
Eine thermische Gebäudesimulation ist deshalb präziser, kann besser auf das individuelle Objekt eingehen und den sommerlichen Wärmeschutz genauer an das Nutzerverhalten und die Besonderheiten des Gebäudes anpassen. Dadurch lassen sich sowohl Mehrkosten für bauliche oder haustechnische Maßnahmen (Vordächer, Markisen, Klimaanlage etc.) einsparen als auch vom Standard abweichende Gebäude nachweisen – etwa Objekte mit einer Doppelfassade oder einer transparenten Wärmedämmung.
Sicherer planen und optimieren
Der Nachweis eines ausreichenden sommerlichen Wärmeschutzes ist erbracht, wenn im Jahresverlauf nicht mehr als 500 bzw. 1200 Kh/a (Nichtwohngebäude bzw. Wohngebäude) Übertemperaturgradstunden auftreten. Gewertet wird das Zeitintegral der Differenz zwischen der operativen Innenraumtemperatur und dem Bezugswert der operativen Innenraumtemperatur, wenn dieser Bezugswert überschritten wird. Die Grenztemperatur (Bezugswert) ist nach Klimazonen (A,B und C) gestaffelt und liegt zwischen 25 °C und 27 °C.
Neben dem eigentlichen Nachweis werden auch Details der Simulation dokumentiert, u. a. Umschließungsflächen, Verglasung, Sonnenschutzart, Verschattung, interne Wärmequellen durch Personen, Geräte, Beleuchtung etc., Betriebs- und Nutzungszeiten, Volumenströme bzw. Luftwechsel, die Betriebsweise, Temperaturstatistiken, stündliche Werte, Minimal- und Maximalwerte von Raumtemperaturen.
Dabei lassen sich die einzelnen Parameter ändern, beispielsweise um den Einfluss unterschiedlicher Fenster, Sonnenschutzeinrichtungen oder Nutzungsarten zu prüfen und den sommerlichen Wärmeschutz zu optimieren. Bauherren kann man auf die Folgen eines veränderten Nutzungsverhaltens aufmerksam machen und sie über alternative Verschattungskonzepte auf der Grundlage präziser Berechnungsdaten beraten.
Worauf sollte man achten?
Software vereinfacht zwar sommerliche Wärmeschutznachweise, weil der Aufwand für Berechnungen wegfällt. Aufwendig bleibt jedoch die Eingabe der Geometrie- und Bauteildaten sowie der Randbedingungen. Lassen sich diese zumindest teilweise aus TGA-CAD-, GEG-, DIN-V-18599- oder Heiz- und Kühllast-Programmen übernehmen, reduziert das den Arbeitsaufwand. Den Eingabeaufwand vereinfachen können auch vorgegebene und individuell modifizierbare Nutzungsprofile.
Da sich die Berechnungen meist auf die kritischen Räume konzentrieren, muss der Planer selbst entscheiden, welche Räume kritisch im Sinne der Norm sind. Berechnet werden dafür dann in Zeitschritten die Raumtemperaturen aus der Konvektion an inneren Bauteiloberflächen, aus dem langwelligen Strahlungsaustausch mit den Bauteiloberflächen, den internen Wärmeeinträgen und der Luftmischung mit der Außenluft, ferner Übertemperaturgradstunden, thermische Lasten etc.
Berechnungen mit unterschiedlichen Parametern ermöglichen Variantenvergleiche, etwa verschiedene Glas- oder Verschattungsarten. Beachten sollte man, dass der von der Software verwendete Rechenkern nach DIN EN ISO 13791 [4] oder DIN EN ISO 13792 [5] validiert ist. Nur so hat der Anwender eine gewisse Rechtssicherheit. Berücksichtigt werden sollten auch die Richtlinien DIN EN 15243 [6], VDI 2078 [7] und VDI 6007 [8].
Zu beachten ist außerdem, dass Simulationsprogramme nur teilweise spezielle Randbedingungen berücksichtigen oder Details berechnen. Dazu gehören beispielsweise durch die zunehmende Klimaerwärmung oder das Stadtklima bedingte erhöhte Sommertemperaturen, geregelte oder ungeregelte Wärme- und Kälteeinträge aus gebäudetechnischen Anlagen, Einflüsse aus angrenzenden, unterschiedlich temperierten Zonen oder besondere Temperaturverteilungen und Temperaturschichtungen in den Räumen.
Welche Programme gibt es?
Rund 20 Programme für den sommerlichen Wärmeschutznachweis werden hierzulande angeboten. Davon sind einige Programme modular an GEG- bzw. DIN-V-18599-Programme angegliedert, beispielsweise Dämmwerk, EVA, Evebi, Sommerlicher Wärmeschutz 3D PLUS oder ZUB Helena Sommer. Das bietet Vorteile im Hinblick auf die Datenübergabe oder eine einheitliche Bedienung. Allerdings sollte man prüfen, ob Module für den sommerlichen Wärmeschutz-Nachweis weitere kostenpflichtige Zusatzmodule voraussetzen – etwa ein Raumbuch.
Ein für den sommerlichen Wärmeschutz ausgelegtes, kostenfreies Nachweisprogramm (vereinfachtes Verfahren) offeriert das Institut Wohnen und Umwelt (IWU). Simulationslösungen für die dynamisch thermische Gebäudesimulation, etwa DK-Integral, IDA ICE oder TRNSYS ermöglichen zusätzlich eine gesamtenergetische Betrachtung des Gebäudes und der Anlagentechnik unter Berücksichtigung von Regelstrategien etc.
Allerdings kosten diese Programme mehr und auch die Bedienung und Eingabe sind anspruchsvoller. Die Preise liegen zwischen 50 Euro und 1500 Euro für Module von GEG- und DIN-V-18599-Programmen sowie zwischen 600 Euro und mehrere tausend Euro für Simulationsprogramme. Hinzu kommen jeweils Kosten für Wartung, Service und Schulung. Marian Behaneck
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Literatur
[1] Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (Gebäudeenergiegesetz – GEG), vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728), in Kraft getreten am 1. November 2020, letzte Änderung am 1. Januar 2023
[2] DIN 4108-2 Wärmeschutz und Energie-Einsparungen in Gebäuden. Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz. Berlin: Beuth Verlag, Februar 2013
[3] DIN EN ISO 13786 Wärmetechnisches Verhalten von Bauteilen – Dynamisch-thermische Kenngrößen – Berechnungsverfahren (ISO 13786:2007). Berlin: Beuth Verlag, April 2018
[4] DIN EN ISO 13791 Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden – Sommerliche Raumtemperaturen bei Gebäuden ohne Anlagentechnik – Allgemeine Kriterien und Validierungsverfahren (ISO 13791:2012). Berlin: Beuth Verlag, August 2012
[5] DIN EN ISO 13792 Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden – Berechnung von sommerlichen Raumtemperaturen bei Gebäuden ohne Anlagentechnik – Vereinfachtes Berechnungsverfahren. Berlin: Beuth Verlag, August 2012
[6] DIN EN 15243 Lüftung von Gebäuden – Berechnung der Raumtemperaturen, der Last und Energie von Gebäuden mit Klimaanlagen. Berlin: Beuth Verlag, Oktober 2007
[7] VDI 2078 Berechnung der Kühllast klimatisierter Räume (VDI-Kühllastregeln). Berlin: Beuth Verlag, Mai 2015
[8] VDI 6007 Blatt 2 Berechnung des instationären thermischen Verhaltens von Räumen und Gebäuden – Fenstermodell. Berlin: Beuth Verlag, März 2012
[9] VFF-Merkblatt ES.04 Sommerlicher Wärmeschutz. Frankfurt am Main: Verband Fenster + Fassade (Hrsg.), Eigenverlag, Oktober 2014
[10] Demel, M.: Sommerlicher Wärmeschutz – Gegenüberstellung der Nachweisverfahren. Rosenheim: ift Rosenheim, Eigenverlag, 2020