Trinkwassernetze lassen sich aufgrund der vielen Richtlinien, Parameter und Wechselwirkungen nur mit speziellen Programmen sicher und wirtschaftlich planen und berechnen. Ein tabellarischer Produktvergleich zeigt, was 18 ausgesuchte Lösungen können.
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Damit Trinkwassernetze in Gebäuden allen hydraulischen und hygienischen Anforderungen genügen, müssen sie regelkonform geplant und dimensioniert werden.
■ Auf aktuellen Richtlinien basierende Auslegungsprogramme ermöglichen eine sichere Trinkwassernetz-Planung nach dem aktuellen Stand der Technik. Neben der Planung und Berechnung werden auch eine Optimierung der Leitungsführung und einzelner Komponenten sowie die hydraulische Einregulierung, Inbetriebnahme und ein hygienischer Betrieb unterstützt.
■ Die marktverfügbaren Planungsprogramme bieten zahlreiche fachspezifische Funktionen und Automatismen, setzen aber auch Fachwissen voraus, um beispielsweise strömungstechnische Probleme erkennen und Ergebnisse auf Plausibilität prüfen zu können.
Bei der Planung und Auslegung von Trinkwasserrohrnetzen spielt der Erhalt der Trinkwasserqualität eine zentrale Rolle – nicht zuletzt mit der Neufassung der Trinkwasserverordnung 2023, welche die EU-Trinkwasserrichtlinie (EU 2020/2184) umsetzt und die Sicherstellung der Qualitätsanforderungen an das Trinkwasser neu regelt.
Neben den Rohrwerkstoffen und der Ausführung wird die Wasserqualität in Trinkwassernetzen auch von der Leitungsnetz-Konstruktion und -Berechnung beeinflusst. Die Rohrdurchmesser von Verbrauchs- und Zirkulationsleitungen müssen deshalb sorgfältig und auf der Grundlage aktueller technischer Regeln berechnet werden. Eine wirtschaftliche, richtlinienkonforme und sichere Planung und Berechnung, vor allem großer und komplexer Anlagen, ermöglichen die hier vorgestellten Programme – in unterschiedlichem Umfang und unterschiedlicher Detailtiefe.
Wie werden Trinkwassernetze geplant?
Trinkwassernetze werden entweder als Strangschemapläne basierend auf dem Systemschnitt des Gebäudes oder als Installationspläne auf Grundlage von Grundrissplänen geplant, die im Programm erstellt oder über DXF-/DWG-Schnittstellen importiert werden. Ist eine IFC-Importschnittstelle vorhanden, können BIM-Gebäudemodelle importiert werden. Optional enthalten einige Programme zusätzlich auch einen 3D-Gebäudemodell-Editor.
Die benötigten Verbrauchersymbole werden anschließend in die Grundrisse oder Gebäudeschnitte eingefügt. Hierfür werden Installationsobjekte aus herstellerspezifischen oder herstellerneutralen Bibliotheken ausgewählt und platziert, wobei Berechnungs- und Anschlusswerte individuell angepasst werden können. Die Trassenplanung der Kalt- und Warmwasserleitungen erfolgt mithilfe von Polylinien.
Sind das Rohrmaterial und die Dämmung definiert, werden die Installationsobjekte manuell oder automatisch an die Leitungen angeschlossen. Nach Leitungsänderungen oder dem Hinzufügen neuer Verbrauchersymbole passt sich die Leitungsführung automatisch an. Einzelne Leitungsstränge und Anlagenteile können auch kopiert und an gewünschter Stelle an das Hauptleitungsnetz angebunden werden.
Kollisionen der Leitungsführung mit den Architekturbauteilen oder anderen TGA-Gewerken werden automatisch erkannt und angezeigt, wobei Kollisionsparameter, etwa für Rohrdämmungen oder notwendige Installationsräume, individuell vorgegeben werden können. Diese und weitere Funktionen reduzieren den Aufwand bei der Erstellung und bei Änderungen von komplexen, mehrgeschossigen Trinkwassernetz-Plänen erheblich.
Berechnung und Optimierung
Berechnen lassen sich Trinkwasseranlagen meist entweder auf der Basis von Grundrissplänen, des Leitungsschemas oder von Tabellenwerten. Bei der hydraulischen Berechnung werden aus den Sanitäreinrichtungen die jeweiligen Durchflusswerte und der minimalen Fließdruck übernommen und unter Berücksichtigung von Gleichzeitigkeits-Faktoren der Berechnungs-, Dauer- und Spitzendurchfluss nach DIN 1988-300 ermittelt.
Die Trinkwasserleitungen werden nach vorgegebener maximaler Geschwindigkeit und maximalem R-Wert dimensioniert. Herstellerspezifische Rohr-, Formteil- und Ventildatensätze sind in der Regel vorhanden und können individuell oder über Online-Datenbanken ergänzt werden. Für eine produktneutrale Planung und Ausschreibung können Referenzrohrreihen der DIN 1988-300 mit den dort angegebenen Werten verwendet werden.
Ermittelt werden der Gesamtdruckverlust, der maximale Einzeldruckverlust, Daten für Druckminderer und Druckerhöhungsanlagen, die ungünstigsten Stränge für Kalt- und Warmwasser etc. Ferner werden alle notwendigen Durchflüsse der Zirkulationsleitungen, der Temperaturverlauf und die Einstellung der Zirkulationsventile ermittelt.
Die Berechnungen erfolgen abschnittsweise, etagenweise oder für das gesamte Gebäude. Stränge und Etagen können beliebig ausgewählt bzw. kombiniert werden. Neben der Leitungsplanung und -berechnung ist auch eine Optimierung von Rohrleitungsführungen, Regelkomponenten und Pumpen möglich.
Unterstützt werden auch die hydraulische Einregulierung, Inbetriebnahme und ein hygienischer Betrieb des Leitungssystems, beispielsweise über eine Hygienespülungs-Berechnung, welche die erforderliche Durchflussmenge und Dauer für jede Teilleitung ermittelt.
Ausgabe der Planungsergebnisse
Zu den Ausgabedaten gehört ein detailliertes Strangschema, das alle relevanten Informationen enthält – vom verwendeten Rohrmaterial und den entsprechenden Nennweiten bis hin zum Mindestfließdruck an jeder Entnahmestelle. Damit wird die Wirtschaftlichkeit und Betriebssicherheit der Trinkwasserinstallation sowie der Versorgungssicherheit an den Zapfstellen dokumentiert.
Eine grafische Darstellung der Eingabewerte und Berechnungsergebnisse, wie Leitungsdimensionen und -materialien, Geschwindigkeiten, Druckverluste oder ungünstigste Fließwege, erleichtert die Planung, Fehlersuche, Bewertung und Optimierung.
Die Funktionsfähigkeit des Trinkwassernetzes, einschließlich der Auswahl geeigneter Regelventile und Pumpen für das Zirkulationssystem, kann bei einigen Programmen durch eine Zirkulationssimulation für Neuanlagen oder Bestandsnetze überprüft werden, um Schwachstellen im Vorfeld zu identifizieren.
Aus dem Schemaplan generierte Stücklisten, die alle Leitungsarten, Formteile und Artikelnummern umfassen, erleichtern Fachhandwerkern die Angebotskalkulation und Bestellung. Einige Programme erstellen auch Montagepläne oder unterstützen die Schlitz- und Durchbruchsplanung. Die Berechnungsergebnisse werden in Form von Tabellen oder Grafiken dokumentiert und können ausgedruckt oder als PDF-Datei digital versandt werden.
Worauf sollte man achten?
Von den etwa 25 deutschsprachigen Planungsprogrammen für Trinkwassernetze werden in diesem tabellarischen Produktvergleich 19 Programme vorgestellt. Diese umfassen sowohl produktunabhängige Lösungen von Software-Herstellern als auch spezialisierte Berechnungsprogramme von Trinkwassersystem-Herstellern. Letztere enthalten spezifische Datensätze für Rohre, Formteile und Ventile meist eines Herstellers und unterstützen vor allem Fachhandwerker bei der Planung, Kalkulation und Bestellung.
Zu den produktunabhängigen vor allem für Fachplaner konzipierten Lösungen zählen numerische Berechnungsprogramme mit grafischer 2D-Darstellung sowie CAD-Programme mit integrierten Berechnungsmodulen. Letztere ermöglichen Berechnungen direkt im Modell, wodurch zeitaufwändige und fehleranfällige Datenübertragungen entfallen. Die meisten Programme sind sowohl für einfache als auch für komplexe Trinkwasseranlagen im Neubau und Bestand geeignet.
Integrierte Lösungen erlauben zudem die parallele Planung von Abwasser- oder Dachentwässerungsanlagen und anderen gebäudetechnischen Gewerken. Unterschiede zeigen sich in vielen Details. Dazu gehören der Umfang, die Strukturierung und Erweiterbarkeit von Bauteilkatalogen, die Unterstützung der BIM-Planung oder die Berechnung und Ausgabe. Nicht alle Programme berücksichtigen ferner die in Deutschland relevanten Trinkwasser-Normen, mitunter fehlen auch wichtige Schnittstellen oder es wird eine Basis-Software vorausgesetzt, die ggf. zusätzliche Updatekosten generiert. Marian Behaneck
Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier TGA+E-Software
Literatur
[1] DIN 1988-100 Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 100: Schutz des Trinkwassers, Erhaltung der Trinkwassergüte. Berlin: DIN Media, August 2011
[2] DIN 1988-200 Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 200: Installation Typ A (geschlossenes System) – Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe. Berlin: DIN Media, Mai 2012
[3] DIN 1988-300 Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 300: Ermittlung der Rohrdurchmesser. Berlin: DIN Media, Mai 2012
[4] DIN 1988-500 Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 500: Druckerhöhungsanlagen mit drehzahlgesteuerten Pumpen. Berlin: DIN Media, Mai 2021
[5] DIN 1988-600 Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 600: Trinkwasser-Installationen in Verbindung mit Feuerlösch- und Brandschutzanlagen. Berlin: DIN Media, Juli 2021
[6] DIN EN 806-3 Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 3: Berechnung der Rohrinnendurchmesser – Vereinfachtes Verfahren. Berlin: DIN Media, Juli 2006
[7] DIN EN 1717 Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen in Trinkwasser-Installationen und allgemeine Anforderungen an Sicherungseinrichtungen zur Verhütung von Trinkwasserverunreinigungen durch Rückfließen. Berlin: DIN Media, August 2011
[8] DVGW W 551 Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen. Berlin: DIN Media, April 2004
[9] DVGW W 551-3 Hygiene in der Trinkwasser-Installation – Teil 3: Reinigung und Desinfektion. Berlin: DIN Media, August 2022
[10] DVGW W 553 Bemessung von Zirkulationssystemen in zentralen Trinkwassererwärmungsanlagen. Berlin: DIN Media, Dezember 1998
[11] VDI 6003 Trinkwassererwärmungsanlagen – Komfortkriterien und Anforderungsstufen für Planung, Bewertung und Einsatz. Berlin: DIN Media, August 2018
[12] VDI 6023-1 Hygiene in Trinkwasser-Installationen, Blatt 1: Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung. Berlin: DIN Media, September 2023
[13] Weitere Produkte und Anbieter
Acado Haustechnik www.acado.ch
EboCAD Sanitär www.eboplan.ch
Geberit ProPlanner www.geberit.de
Trimble Nova mep.trimble.com
TW-Installation DIN 1988-300 www.sss2000.de