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- Die originäre Aufgabe von Wohnungslüftungsanlagen ist die Aufrechterhaltung eines gesundheitsförderlichen Innenraumklimas.
- Damit sollten die Leitgrößen bei der Planung einer kontrollierten Wohnungslüftung hygienische Aspekte wie die Qualität der Feuchte- und CO<sub>2</sub>-Regulierung sowie eine wirksame Abscheidung von Feinstaub sein.
- Energetische Einspareffekte durch Anlagen mit Wärmerückgewinnung ergeben sich inzwischen selbstverständlich aus dem derzeitigen Stand der Technik. Wenn die Wohnungslüftung aller-dings nicht den Komfortanspruch der Bewohner erfüllt, bleiben auch die möglichen Energieeinsparungen aus.
In welche Richtung sich die Haustechnik für energieeffiziente Gebäude bewegt, ist an der „EnEV easy“ abzulesen. Damit wird umgangssprachlich das Modellgebäudeverfahren für nicht gekühlte Wohngebäude bezeichnet, mit dem seit November 2016 die Erfüllung der Energieeinsparverordnung (EnEV) nachgewiesen werden kann – und zwar bis zur Erstellung des Energieausweises. Das Planen mit vorgegebenen Gebäudemodellen und Ausstattungsvarianten erspart die detaillierte Berechnung des Primärenergieverbrauchs der Gebäude.
Unabhängig von der Beurteilung, ob diese zusätzliche Verfahrensweise eine tatsächliche Vereinfachung darstellt: Die Wahl der richtigen Anlagentechnik und die Beurteilung der Wechselwirkung mit der Bauphysik werden dadurch auf keinen Fall „easy“. Insbesondere nicht, wenn eine kontrollierte Wohnungslüftung zu planen ist, die in der EnEV easy in 6 von 13 zur Wahl stehenden Anlagenkonzepten gefordert wird.
Die Kriterien zulässiger Lüftungsanlagen beschränken sich dabei jedoch auf sehr rudimentäre energetische Vorgaben (siehe unten). Damit spiegelt die EnEV easy eine extrem eindimensionale Denkweise wider, die auch in vielen Förderbindungen und Gesetzesvorgaben zu Effizienzhäusern zu finden ist. Die originäre Aufgabe einer Wohnungslüftung lautet jedoch: ein behagliches Innenraumklima sicherstellen. Wird das nicht erreicht, kann in der Praxis auch keine Energie eingespart werden.
Wohnungslüftung – notwendiges Übel?
Die EnEV easy macht in den Anlagenvarianten mit Wohnungslüftung folgende energetische Vorgaben:
- eine oder mehrere Lüftungsanlage(n) mit Wärmerückgewinnung
- Wärmerückgewinnungsgrad mindestens 80 %
- Leistungszahl aus rückgewonnener Wärme zu Endenergieaufwand des Betriebs der Anlage mindestens 10
- die anlagentechnische Belüftung muss das gesamte beheizte Gebäudevolumen direkt oder durch Überströmung erfassen
Investoren, aber auch nicht ausreichend informierte private Bauherren, sehen damit eine verpflichtende Ventilator-gestützte Wohnungslüftung eher als notwendiges „Kosten-Übel“. Weil in der EnEV easy auch sieben Ausstattungsvarianten ohne Ventilator-gestützte Wohnungslüftung dokumentiert sind, wird der Eindruck vermittelt, es ginge auch ohne Ventilator-gestützte Wohnungslüftung.
Doch abseits der ökologisch-energetischen Betrachtung eines Hauses ist es fraglich, ob Gebäude nach heutigen Dämmstandards tatsächlich ohne kontrollierte Wohnungslüftung auskommen. Eine Berechnung der Nennlüftung nach DIN 1946-6 wäre also auf jeden Fall erforderlich. Mit der kostenlosen Software Systemair-Airplan ist das in wenigen Minuten erledigt [1].
In der Praxis erfolgt die Planung einer entsprechenden Anlage vielfach nach der Maxime: „Wenn schon eine Wohnungslüftung gefordert ist, wie lässt sie sich mit möglichst geringen Investitionskosten realisieren?“ Doch entscheidend für die optimale Nutzung einer Wohnungslüftungsanlage – und damit nicht zuletzt auch für die tatsächliche Energieeffizienz – sind Komfortmerkmale.
Ein Beleg aus der Praxis dafür ist, dass Bewohner eine maschinelle Lüftung häufig aufgrund der Geräuschbelastung ausschalten. Störende Lärmbelastungen sind aber vornehmlich bei dezentralen Lüftungsanlagen der Fall, denn hier ist in jedem Wohnraum ein Ventilator direkt in der Wand eingelassen – mit entsprechender Geräuschkulisse und bei Pendellüftern oft mit wahrnehmbar unterschiedlichen Geräuschen in den jeweiligen Phasen. Statt mit der vorhandenen maschinellen Lüftung wird dann häufig lieber herkömmlich über das Fenster gelüftet. In Häusern mit dichter Gebäudehülle reicht das aber erstens nicht aus und zweitens entweicht dann mehr Wärme über die Fenster, als bei der Energiebilanz berücksichtigt wurde.
Lüftungsanlagen, die auf den Komfort ausgerichtet sind, senken hingegen sogar die Geräuschbelastung für die Bewohner. Nämlich dann, wenn die Wohnungslüftung nicht zu hören ist, die Fenster geschlossen bleiben können und somit zugleich der Verkehrslärm gedämpft wird.
Ein zweites Praxisbeispiel für das „Sparen am falschen Ende“ ist der Verzicht auf eine bedarfsgerechte Regelung der Wohnungslüftungsanlage. Eine manuelle Vorwahl von Lüftungsstufen durch die Bewohner passt jedoch selten zum tatsächlich erforderlichen Luftwechsel. Der lässt sich über Sensoren, die den CO2-Gehalt und die Luftfeuchtigkeit in den Räumen messen, exakt ermitteln. Steigt durch Kochen oder Duschen die Luftfeuchtigkeit an bzw. erhöht sich die CO2-Konzentration, weil sich mehrere Personen im Raum aufhalten – ist dann eine Reaktion der Nutzer und eine Gegenreaktion nach diesen Ereignissen realistisch? Stufenlos regelbare Ventilatoren mit EC-Motoren laufen analog zu diesen Messwerten mit genau der Drehzahl, die für den Luftwechsel in der jeweiligen Situation erforderlich ist. Das stellt sowohl eine gleichbleibend gute Raumluft als auch die bestmögliche Energieeffizienz im Betrieb sicher.
Eine förderliche Luftfeuchtigkeit
Zur hygienischen Qualität des Innenraumklimas gehört zudem die Rückgewinnung der Luftfeuchtigkeit im Winter. Denn zu dieser Jahreszeit kann die Raumluft schnell austrocknen, wenn die Lüftungsanlage kalte Außenluft, die nur eine geringe Luftfeuchtigkeit enthält, zu- und andererseits mit Feuchte angereicherte Innenluft abführt. Trockene Raumluft führt zur Reizung der Schleimhäute, worunter insbesondere Allergiker leiden. Dem können Lüftungsanlagen mit Feuchterückgewinnung entgegenwirken.
Für die Wohnungslüftung bietet der Markt dazu im Wesentlichen zwei Systeme: Enthalpie-Gegenstrom-Wärmeübertrager, die über Membranen eine Diffusion der Luftfeuchtigkeit von der Abluft zur Zuluft zulassen. Und Rotations-Wärmeübertrager, die nach dem Kondensationsprinzip arbeiten (siehe Info-Kasten).
Wo Minusgrade im Winter oder hohe Luftfeuchtigkeit im Sommer möglich sind, ist Rotations-Wärmeübertragern der Vorzug zu geben: Sie sind frostsicher bis – 20 °C, während Gegenstrom-Wärmeübertrager je nach Bauart unterhalb der Frostgrenze mit Heizregistern gegen einfrierendes Kondensat zu sichern sind. Bereits kurze Kälteperioden können dann die Energiebilanz der Wohnungslüftungsanlage drastisch verschlechtern. Dass Lüftungssysteme mit Rotations-Wärmeübertrager auch höchsten energetischen Ansprüchen gerecht werden, belegen die Passivhaus-Zertifikate für die Systemair-Lüftungsgeräte Save VTR 300, Save VSR 300 und Save VSR 500 mit Rotations-Wärmeübertrager.
Doch das Wichtigste ist der Komfort- und Hygienegewinn: Eine Überfeuchtung der Innenräume ist mit Rotations-Wärmeübertragern praktisch ausgeschlossen, was ansonsten insbesondere Asthmatiker belasten würde.
Reduzierung der Feinstaubbelastung
Zunehmend in den Fokus geraten die gesundheitlichen Folgen durch Feinstaubbelastung – gerade bei innenstadtnahen Wohnräumen. Denn Menschen in den Industriestaaten halten sich bis zu 90 % ihrer Lebenszeit in geschlossenen Räumen auf. Im Tagesverlauf atmet jeder Mensch bis zu 20 kg Luft und damit jede Menge Schwebeteilchen ein.
Feinstaub wird jedoch nicht durch die natürlichen Filter des Körpers, beispielsweise die Schleimhäute, aufgehalten. Mit 2,5 bis 10 m sind diese Partikel dafür zu klein. Sie gelangen ungehindert in die Lunge, Teilchengrößen von 1 m sogar in die Blutbahn. Die gesundheitlichen Folgen werden zwar noch im Detail erforscht. Doch ein höheres Risiko für Herzinfarkte und für Lungenerkrankungen bis hin zu Lungenkrebs gilt als Konsequenz zu hoher Feinstaubbelastung bereits als ausgemacht [2].
Der Kampf gegen Feinstaub hat auf der Verursacherseite längst begonnen, beispielsweise beim Straßenverkehr. Wie wertvoll der passive Schutz durch Wohnungslüftungsanlagen ist, die Feinstaub, Pollen und andere Stoffe filtern, findet allerdings bei der Planung der Haustechnik noch zu wenig Beachtung.
Anders bei den Regelsetzern: Die erst 2012 novellierte Prüfnorm EN 779 für Filter wurde im Januar 2017 durch ISO 16 890 „Luftfilter für die allgemeine Raumlufttechnik“ (Teile 1 bis 4) ersetzt. In Deutschland gelten in einer Übergangszeit von 18 Monaten, also bis Juni 2018, noch beide Normen parallel. Die Umstellung in der Prüfung und Klassifizierung von Filtern für Raumluft erfolgte nicht zuletzt aufgrund der erkannten Gesundheitsgefahren durch Feinstaub.
Die Prüfung der Filter nach der neuen Norm ISO 16 890 ist praxisgerechter und unterscheidet die Qualität der Abscheidung gemäß der Einordnung von Partikelgrößen analog der Vorgehensweise der Weltgesundheitsorganisation WHO. Die vier neuen ISO-Gruppen als Ersatz für die bekannten Filterklassen sind dabei:
- ISO ePM1 – Filter, die mindestens 50 % einer Fraktion mit Partikelgrößen von 0,3 bis 1 m abscheiden (Viren, Bakterien, Nanopartikel, Feinstaubrückstände fossiler Verbrennungsprozesse)
- ISO ePM2,5 – Filter, die mindestens 50 % einer Fraktion mit Partikelgrößen von 0,3 bis 2,5 m abscheiden (Bakterien, Schimmelsporen, Pollen, Pilze)
- ISO ePM10 – Filter, die mindestens 50 % einer Fraktion mit Partikelgrößen von 0,3 bis 10 m abscheiden (Pollen, sonstige Stäube)
- ISO coarse – Filter, die weniger als 50 % einer Fraktion mit Partikelgrößen von 0,3 bis 10 m abscheiden (geeignet als Grobstaubfilter für Sand, Flusen, Haare etc.).
Der Buchstabe „e“ vor dem PM-Wert steht für die „Effizienz“ der Abscheidung. Somit werden Filterbezeichnungen künftig auch den Abscheidegrad angeben. Ein Filter „ePM2,5 65 %“ scheidet also 65 % einer Fraktion mit Partikelgrößen von 0,3 bis 2,5 m ab. Das entspricht in etwa einem F7-Filter nach EN 779, wobei sich hier der Abscheidegrad lediglich auf eine Partikelgröße von 0,4 m bezieht; ein Laborwert, der nicht die Außenluftqualität repräsentiert.
Die Zusammensetzung des Prüfstaubs gemäß der ISO 16 890 passt hingegen zu den Bewertungsmaßstäben, die auch die Umweltämter an ihre innerstädtischen Messstellen anlegen. Die daraus resultierende differenziertere Aufteilung der Filterklassen ist daher mit Blick auf die erreichbare Innenraumluftqualität aussagefähiger.
Literatur
[1] Download-Link zur kostenlosen Software zur Erstellung von Lüftungskonzepten nach DIN 1946-6:www.systemair.com/de/Deutschland/Support/Software-tools/
[2] www.euro.who.int/en/health-topics/environment-and-health/air-quality
Gegenstrom- und Rotations-Wärmeübertrager
Beim Gegenstrom-Wärmeübertrager, auch Platten-Wärmeübertrager genannt, werden im Gegenstrom Abluft und Zuluft aneinander vorbeigeführt. Die Platten übertragen dabei die Wärme. Sind sie als Membranen ausgeführt, lassen sie zusätzlich Feuchtigkeit diffundieren – allerdings ungeregelt. Für die meisten Geräte mit Enthalpie-Verfahren ist außer einem Kondensatablauf auch ein Vereisungsschutz vorzusehen. Fehlt ein Frostschutz, der meist auf der Feuchtemessung der Abluft basiert, kann bei zu niedrigen Außentemperaturen die Lüftung nur als Abluftanlage ohne Wärmerückgewinnung betrieben werden.
Im Rotations-Wärmeübertrager durchströmt die Abluft den oberen Bereich des Rotors. Die große Oberfläche der vielen Aluminiumlamellen erwärmt sich, gleichzeitig kondensiert an den Lamellen die Feuchtigkeit. Durch Drehung des Rotors gelangen Wärme und Feuchte in den unteren Zuluftstrom und werden dort wieder abgegeben. Eine neutrale Zone im Luftstrom verhindert den Übertrag von Gerüchen. Ein Kondensatablauf ist nicht erforderlich – es besteht auch keine Vereisungsgefahr. Die Regelung der Feuchterückgewinnung ergibt sich aus dem physikalischen Prinzip der Kondensation und durch eine Anpassung der Rotordrehzahl.
Dipl.-Ing. Carsten Dittmar
ist System & Application Manager im Vertrieb Wohnungslüftung bei Systemair, 97944 Boxberg-Windischbuch, www.systemair.de