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VDI 6022 Blatt 1 von Grund auf überarbeitet

Neue Hygieneanforderungen in der Klima- und Lüftungstechnik

Kompakt informieren

  • Im Januar 2018 erscheint mit VDI 6022 Blatt 1 die maßgebliche Richtlinie zur Hygiene von RLT-Anlagen in einer grundlegend überarbeiteten Fassung, die auch die bisherigen Beiblätter zu VDI 6022 Blatt 1 integriert. Insgesamt gibt es zahlreiche, teilweise gravierende Änderungen.
  • Wohnungslüftungsgeräte gehören künftig definitiv zum Geltungsbereich von VDI 6022 Blatt 1. Da es für Rückkühlwerke mit VDI 2047 Blatt 2 nun eine eigenständige Richtlinie gibt, fallen sie nicht mehr in den Geltungsbereich von VDI 6022.
  • Personen, die als Planer oder Anlagenhersteller, als Betreiber oder Betreuer mit RLT-Anlagen zu tun haben, sind gehalten, sich über die Änderungen der VDI 6022 zu informieren.

Seit im Jahr 1998 die Hygiene-Richtlinie VDI 6022 in Kraft getreten ist, sind unzählige Altanlagen ertüchtigt worden. Neuanlagen entsprechen heute meist weitgehend dem in der Richtlinie beschriebenen Stand der Technik. Weil sich der Stand der Technik aber weiterentwickelt, wurde die Richtlinie bereits mehrfach ergänzt und aktualisiert. 2006 erfolgte eine erste umfassende Revision, 2011 wurde die Richtlinie redaktionell überarbeitet. Zu Blatt 1 haben sich inzwischen neun Beiblätter und Folgeblätter gesellt.

Alle fünf Jahre werden die VDI-Richtlinien einer internen Revision unterzogen, um zu prüfen, ob sie noch den Stand der Technik widerspiegeln. In diesem Rahmen wurden das Hauptblatt (Blatt 1) [1] sowie das Blatt 6 (dezentrale Luftbefeuchtung) [3] von der zuständigen VDI-Arbeitsgruppe überarbeitet und Anfang 2017 als Entwürfe [2, 4] veröffentlicht.

Welchen Belang die VDI-Richtlinie 6022 hat, verdeutlicht, dass der Beuth Verlag den Entwurf für Blatt 1 als Richtlinienentwurf des Monats Januar 2017 erkoren hatte. Im Zuge des öffentlichen Einspruchsverfahrens wurden die Entwürfe nochmals modifiziert. Die Endfassung des Hauptblatts (Blatt 1) erscheint im Januar 2018.

Zahlreiche Änderungen

Gegenüber der alten Fassung von 2006/2011 gibt es eine große Zahl von Änderungen. Viele dienen der Klarstellung von vorher nicht eindeutigen Formulierungen oder beschreiben jetzt Sachverhalte ausführlich, die zuvor nur gestreift worden sind. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von gravierenden Änderungen, die den Betrieb von RLT-Anlagen in hygienischer Hinsicht noch sicherer machen werden.

Nach dem Erscheinen der letzten Ausgabe im Jahre 2011 hat es zu Blatt 1 einige wichtige Ergänzungen gegeben, die in Beiblättern niedergelegt wurden: Beiblatt 1.1 beschreibt die Prüfung von raumlufttechnischen Anlagen, Beiblatt 1.2 gibt Hinweise zu erdverlegten Leitungen und Komponenten und Beiblatt 1.3 befasst sich mit der Sauberkeit von luftberührten Oberflächen. Diese Beiblätter wurden nun in das Blatt 1 integriert, wodurch Doppelungen beseitigt wurden und der Text insgesamt gestrafft werden konnte.

Rückkühlwerke, auch wenn sie mit RLT-Anlagen verbunden sind, gehören nicht mehr in den Geltungsbereich der VDI 6022. Für diese Anlagen gibt es seit zwei Jahren mit VDI 2047 Blatt 2 eine eigene Richtlinie [5, 6].

Wohnungslüftungsgeräte gehören nun definitiv in den Geltungsbereich der VDI 6022. Ausdrücklich wird auf die DIN 1946 Teil 6 verwiesen. Wohnungslüftungsgeräte, die nach DIN 1946-6 mit der Kategorie H gekennzeichnet sind, erfüllen auch alle Anforderungen aus VDI 6022 Blatt 1, Abschnitt 9.1.

Nachstehend einige Beispiele als Auswahl aus den zahlreichen klarstellenden und verbessernden Änderungen:

  • Abschnitt 7.2: Für die Hygiene-Erstinspektion wurde eine umfangreiche Prüfliste erstellt (Tabelle 7 in der Richtlinie).
  • Abschnitt 7.2.1: Die am Markt etablierten Baumusterprüfungen von Komponenten auf Konformität mit den Hygieneanforderungen dieser Richtlinie werden als Hilfestellung für die Hersteller von Komponenten gewürdigt. Der Gesamtzustand der Anlage muss darüber hinaus bei der Hygiene-Erstinspektion ermittelt werden.
  • Abschnitt 7.3: Für die Dokumentation der Hygienekontrollen werden die wesentlichen Inhalte genannt.
  • Abschnitt 7.6.6: Bei Luftbefeuchtern ist die permanente Zudosierung von Desinfektionsmitteln nicht zulässig.
  • Abschnitt 8.3: Die Oberflächenbeprobung von Keimen wird klarer und eindeutiger beschrieben und wurde um Maßnahmenempfehlungen ergänzt.

Und zwei Beispiele für Neuerungen:

  • Abschnitt 5.4: Bisher wurde lediglich gefordert, dass die Zuluftqualität nicht schlechter sein darf als die Außenluft respektive die Vergleichsluft. Bei schlechter Außenluftqualität (beispielsweise wenn WHO-Grenzwerte nicht eingehalten sind) muss nunmehr die angesaugte Außenluft verbessert werden. Dies kann z. B. durch Gasfilter (Aktivkohlefilter) geschehen (Abschnitt 6.3.9.1).
  • Abschnitt 7.1: Die vormals starr festgelegten Intervalle für die Hygienekontrollen an den einzelnen Anlagenelementen werden jetzt aufgeweicht: In Abhängigkeit von dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung können die Intervalle verkürzt oder verlängert werden. Letzteres setzt allerdings ein fundiertes lufthygienisches Gutachten voraus.

Besonders wichtige Neuerungen

  • Im Prinzip verlangt die Arbeitsstättenrichtlinie schon seit eh und je auch für Lüftungsgeräte bzw. -anlagen eine Gefährdungsbeurteilung (§ 3 ArbStättV, ASR A3.6 Lüftung). In der Praxis sind diese jedoch Mangelware. In Abschnitt 7.5 wird deshalb ausführlich auf sie eingegangen. Sie sollen durch Fachkundige (zumindest Schulung nach VDI 6022 Kategorie A) auf der Grundlage der Hygiene-(Erst-)Inspektion sowie der Dokumentation/Betriebsanleitung des Herstellers/Errichters durchgeführt werden. Die Gefährdungsbeurteilung bezieht sich in erster Linie auf das Instandhaltungspersonal, beispielsweise bei der Reinigung mit chemischen Stoffen, beim Kontakt mit Mikroorganismen (z. B. beim Filterwechsel oder beim Reinigen der Befeuchterkammer). Der Arbeitgeber muss nach dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung entsprechende Schutzmaßnahmen festlegen. Er muss sich für jeden Einzelfall über die persönliche Schutzausrüstung Gedanken machen, er muss Betriebsanweisungen schreiben und die Mitarbeiter unterweisen. Ausführlich wird hierauf in einem eigenen Anhang B über vier Seiten hinweg eingegangen. Auch die Personen, die die Zuluft einatmen, sind Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung.
  • Um zukünftig die Veränderung der Luftqualität durch die RLT-Anlage beurteilen zu können, sind entsprechende Messungen in der Zuluft an exemplarischen Zuluftöffnungen erforderlich (Abschnitt 8.4). Es werden die Anforderungen an das Messpersonal und an die Probenahme sowie an die Auswertung beschrieben. Bemerkenswert ist die Forderung, dass eine Differenzierung, zumindest der Schimmelpilzarten, obligatorisch ist. Dies stellt wesentlich höhere Anforderungen an das auswertende Labor als bisher; außerdem darf die Anzucht auf Selektivmedien nur in Laboratorien erfolgen, die nach § 44 Infektionsschutzgesetz zugelassen sind.

Ausblick

Es gibt zahlreiche weitere Neuerungen, wobei die neue VDI 6022 Blatt 1 insgesamt eine wesentliche Verbesserung zur alten Fassung darstellt. Auch die Hygieneschulungen müssen ab sofort den Änderungen der Richtlinie Rechnung tragen. Der VDI überarbeitet deshalb zurzeit auch das Blatt 4 (Schulungen) [7].

Alle Personen, die als Planer oder Anlagenhersteller, als Betreiber oder Betreuer mit RLT-Anlagen zu tun haben, sind gehalten, sich über die Änderungen der VDI 6022 zu informieren.

Hierzu dienen unter anderem die RLT-Hygiene-Tage der Hygiene Akademie, die im Januar und Februar 2018 in verschiedenen Städten in Deutschland durchgeführt werden. Weitere Infos auf www.hygiene-akademie.de/rlt-hygienetag

Literatur

[1] VDI 6022 Blatt 1 Raumlufttechnik, Raumluftqualität – Hygieneanforderungen an Raumlufttechnische Anlagen und Geräte (VDI-Lüftungsregeln). Berlin: Beuth Verlag, Juli 2011

[2] VDI 6022 Blatt 1 (Entwurf) Raumlufttechnik, Raumluftqualität – Hygieneanforderungen an raumlufttechnische Anlagen und Geräte (VDI-Lüftungsregeln). Berlin: Beuth Verlag, Januar 2017

[3] VDI 6022 Blatt 6 Raumlufttechnik, Raumluftqualität – Luftbefeuchtung über dezentrale Geräte – Planung, Bau, Betrieb, Instandhaltung. Berlin: Beuth Verlag, Dezember 2013

[4] VDI 6022 Blatt 6 (Entwurf) Raumlufttechnik, Raumluftqualität – Luftbefeuchtung über dezentrale Geräte – Hygiene in Planung, Bau, Betrieb und Instandsetzung. Berlin: Beuth Verlag, Januar 2017

[5] VDI 2047 Blatt 2 Rückkühlwerke – Sicherstellung des hygienegerechten Betriebs von Verdunstungskühlanlagen (VDI-Kühlturmregeln). Berlin: Beuth Verlag, Januar 2015

[6] VDI 2047 Blatt 2 (Entwurf) Rückkühlwerke – Sicherstellung des hygienegerechten Betriebs von Verdunstungskühlanlagen (VDI-Kühlturmregeln). Berlin: Beuth Verlag, November 2017

[7] VDI 6022 Blatt 4 Raumlufttechnik, Raumluftqualität – Qualifizierung von Personal für Hygienekontrollen, Hygieneinspektionen und die Beurteilung der Raumluftqualität. Berlin: Beuth Verlag, August 2012

Dr. Rudolf Rabe

ist Mikrobiologe und Bauhygieniker, war 20 Jahre lang Inhaber des Labors Dr. Rabe HygieneConsult, ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bauhygiene sowie Mitarbeiter in verschiedenen Normenausschüssen: CEN, VDI, VDI-TGA u. a. zur Hygiene in RLT-Anlagen und zur Arbeitsplatzhygiene. Zudem ist er VDI-GBG-zugelassener Referent für VDI-6022- und VDI-2047-Schulungen sowie Referent für VDI/DVGW 6023. Hygiene-Akademie, 45136 Essen, office@hygiene-akademie.de, www.hygiene-akademie.de

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