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Trinkwasser-Installation

Kontaminationen mit Pseudomonas aeruginosa vermeiden

Bild 1 Pseudomonas aeruginosa sind besonders für Menschen mit geschwächtem Immunsystem ein Gesundheitsrisiko.

Schell / Benjamin Brolet

Bild 1 Pseudomonas aeruginosa sind besonders für Menschen mit geschwächtem Immunsystem ein Gesundheitsrisiko.

Das Bakterium Pseudomonas aeruginosa gilt als fakultativ pathogener Krankheitserreger. Es ist von hoher gesundheitlicher Relevanz in Gesundheitseinrichtungen und stellt besonders für Menschen mit prädisponierenden Faktoren – invasiven Fremdkörpersystemen (z. B. Katheter), offenen Wunden, Verbrennungen und bestimmten Grunderkrankungen wie Mukoviszidose, ein Gesundheitsrisiko dar. Dabei hat der Trinkwasserpfad eine besondere Bedeutung.

Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Das Bakterium Pseudomonas aeruginosa stellt besonders für Menschen mit prädisponierenden Faktoren ein Gesundheitsrisiko dar.
■ Bei den Vermeidungsstrategien in Gesundheitseinrichtungen hat der Trinkwasserpfad eine hohe Relevanz.
■ Ein bedeutender Eintragspfad für Pseudomonas aeruginosa in eine Trinkwasser-Installation sind produktionsseitig kontaminierte Bauteile.
■ Der DVGW hat seine Technischen Regeln mit hygienischen Anforderungen für Trinkwasser-Installationen in der DVGW-W-551-Reihe neu zusammengefasst und geht hier mit den Teilen 4 und 7 speziell auf Pseudomonas aeruginosa ein.
 

Obwohl Medizinern die gesundheitliche Relevanz von Pseudomonas aeruginosa schon viel länger als von Legionella bekannt ist, wurde die Bedeutung des Trinkwasserpfads für eine Besiedlung von Patienten erst relativ spät erkannt. Dazu wurden die Auslassstellen von Armaturen mit Sterilfiltern versehen. In der Folge sank die Anzahl besiedelter Patienten um mehr als 70 %.

Jede zweite in Gesundheitseinrichtungen erworbene Lungenentzündung ist auf das Bakterium Pseudomonas aeruginosa zurückzuführen, jede dritte Harnwegsinfektion und jede achte Blutvergiftung. Weiterhin ist fast jeder Siphon mit Pseudomonas aeruginosa besiedelt. Es gibt also gute Gründe, sich als Fachplaner und Fachhandwerker für Gesundheitseinrichtungen mit diesem Bakterium zu beschäftigen.

Die gute Nachricht: Mittlerweile weiß man viel über die Ursachen einer Kontamination von Trinkwasser-Installationen mit Pseudomonas aeruginosa. Damit können nun auch erstmalig Vermeidungsstrategien und mögliche Ansätze zur Sanierung betroffener Installationen beschrieben werden. Dazu wird der DVGW mit dem DVGW-Arbeitsblatt W 551-4 noch im Jahr 2023 ein erstes Regelwerk veröffentlichen. Bereits im Juni 2023 ist das DVGW-Merkblatt W 551-7 „Hygiene in der Trinkwasser-Installation – Teil 7: Herstellung, Inverkehrbringen, Transport, Lagerung, Montage und Inbetriebnahme von Druckerhöhungsanlagen als vollständige Aggregate“ erschienen.

Neue Regelwerksreihe beim DVGW

Traditionell beschäftigt sich der DVGW mit der Hygiene in der Trinkwasser-Installation. Vor allem die beiden Arbeitsblätter W 551 und W 553 sind auch außerhalb der Fachkreise weit bekannt, z. B. in der Immobilienwirtschaft und im Sachverständigenwesen. Denn insbesondere das DVGW-Arbeitsblatt W 551 „Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen – Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums – Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen“ ist als a. a. R. d. T. Grundlage der Bewertung und Sanierung jeder mit Legionella kontaminierten Trinkwasser-Installation.

Während das DVGW-Arbeitsblatt W 553 „Bemessung von Zirkulationssystemen in zentralen Trinkwassererwärmungsanlagen“ in Kürze in DIN 1988-300 aufgehen wird und damit zur Verschlankung des Regelwerks beiträgt, fasst nun der DVGW weitere existierende und neue Regelwerke unter dem „Markennamen W 551“ zusammen. Diese Regelwerksreihe heißt dann DVGW-Arbeitsblatt oder -Merkblatt W 551-X „Hygiene in der Trinkwasser-Installation“ und danach kommt der eigentliche Titel (Bild 2).

Bild 2 Die neue W-551-Reihe als „Markenkern“ des DVGW-Regelwerks zur Hygiene in der Trinkwasser-Installation.

Schell

Bild 2 Die neue W-551-Reihe als „Markenkern“ des DVGW-Regelwerks zur Hygiene in der Trinkwasser-Installation.

Inhalte der neuen DVGW-W-551-Reihe

Den Markenkern der neuen DVGW-W-551-Reihe bildet das bewährte DVGW-Arbeitsblatt W 551. Es wird zurzeit überarbeitet und wird dann als DVGW-Arbeitsblatt W 551-1 „Hygiene in der Trinkwasser-Installation – Teil 1: Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellen-Wachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen“ erscheinen.

Es folgen die bereits vorliegenden DVGW-Arbeitsblätter W 551-2 und W 551-3, bei denen es sich um den inhaltlich unveränderten Ersatz für die DVGW-Arbeitsblätter W 556 und W 557 handelt, und zeitnah das DVGW-Arbeitsblatt W 551-4 „Hygiene in der Trinkwasser-Installation – Teil 4: Verhütung, Erkennung und Bekämpfung von Kontaminationen mit Pseudomonas aeruginosa in Trinkwasser-Installationen“.

Damit gibt es nun erstmalig innerhalb der TGA/SHK-Branche ein Regelwerk zu diesem gesundheitsrelevanten Bakterium. Es ist davon auszugehen, dass das neue DVGW-Arbeitsblatt W 551-4 kurzfristig denselben Stellenwert wie das heutige DVGW-Arbeitsblatt W 551 erlangen wird.

Auch das neue DVGW-Merkblatt W 551-7 „Herstellung, Inverkehrbringen, Transport, Lagerung, Montage und Inbetriebnahme von Druckerhöhungsanlagen als fertige Aggregate“ geht im Kern auf Herausforderungen mit diesem Bakterium zurück. Allein schon diese speziellen Themen und die Tiefe der Informationen von der Herstellung bis zum Betrieb zeigen, warum die neue Regelwerksreihe notwendig ist, obwohl wir uns sonst immer eine Verschlankung des Regelwerks wünschen: Hier werden dem Leser Informationen geboten, die in der zukünftigen DIN-EN-806- und der DIN-1988-Reihe nur bestenfalls angerissen werden können. Es ist aber durch die (Verbands-)Teilnehmer an der DVGW-W-551-Reihe sichergestellt, dass die Kernaussagen, soweit sie europäisch im Konsens vereinbart werden können, dort Eingang finden. Daran wird bereits jetzt gearbeitet.

Leitbakterien der Trinkwassergüte

Legionella spec. und Pseudomonas aeruginosa gelten als Leitbakterien für einwandfreie Trinkwassergüte: Werden sie nicht oder nur in geringen Konzentrationen (Legionella) nachgewiesen, gilt das Trinkwasser als mikrobiologisch unauffällig. Für Pseudomonas aeruginosa gibt es lediglich eine Untersuchungspflicht in Gesundheitseinrichtungen und in Kitas mit Kleinkindbetreuung.

Beiden Bakterien sind lediglich fakultativ pathogen, das heißt, dass sie selbst in hohen Konzentrationen nicht immer zu einer Erkrankung führen werden, aber für bestimmte Nutzergruppen und vor allem in Gesundheitseinrichtungen ein erhöhtes Risiko darstellen. Beispielsweise ist Pseudomonas aeruginosa der wesentliche Risikofaktor für Menschen, die an Mukoviszidose (Zystischer Fibrose) erkrankt sind.

Das Besondere am Bakterium Pseudomonas aeruginosa

Bild 3 Produktionsseitig trocken geprüfte Bauteile, wie hier von Schell, und ein regelmäßiger Wasserwechsel über alle Entnahmestellen sind ein effizienter Schutz des Trinkwassers gegen eine Kontamination mit Pseudomonas aeruginosa.

Schell

Bild 3 Produktionsseitig trocken geprüfte Bauteile, wie hier von Schell, und ein regelmäßiger Wasserwechsel über alle Entnahmestellen sind ein effizienter Schutz des Trinkwassers gegen eine Kontamination mit Pseudomonas aeruginosa.

Das Bakterium Pseudomonas aeruginosa hat im Gegensatz zu Legionella äußerst geringe Nährstoffansprüche. Damit kann es, wiederum im Gegensatz zu Legionella, produktionsfrische Oberflächen besiedeln. Darüber hinaus bildet es einen ausgeprägten Biofilm. In dieser wässrig-schleimigen Matrix ist es gut gegen Austrocknung geschützt und nicht vollständig von chemischen Desinfektionsmitteln bzw. von unserem Immunsystem erreichbar.

Die Achillesferse von Pseudomonas aeruginosa in Trinkwasser-Installationen ist „Wettbewerbsschwäche“. Sie erschwert dem Bakterium eine übermäßige Vermehrung in Installationen, in denen bereits eine normale Oberflächenbesiedlung mit ganz normalen Bakterien vorliegt. Letztere werden gemäß Trinkwasserverordnung als „Koloniezahl“ erfasst (Anlage 3, Indikatorparameter Teil 1, Trinkwasserverordnung vom 20. Juni 2023, BGBl. 2023 I Nr. 159). Sie werden als „ohne anormale Veränderung“ bewertet. Das heißt, in üblicher Anzahl haben sie lediglich eine Indikatorfunktion und keine gesundheitliche Relevanz.

In neuen Bauteilen / Installationen gibt es diese Bakterien jedoch noch nicht in ausreichender Anzahl, um die Vermehrung von Pseudomonas aeruginosa einzuschränken. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass vor allem neue Bauteile bzw. Trinkwasser-Installationen von einer Besiedlung mit Pseudomonas aeruginosa betroffen sind. Sie werden jedoch auch in älteren Installationen nachgewiesen.

Grundsätzlich erfolgt der Nachweis lediglich in Kaltwasser-Installationen, weil das Bakterium Pseudomonas aeruginosa bei einer Temperatur von rund 45 °C abstirbt. Weiterhin ist aus empirischen Studien bekannt, dass Pseudomonas aeruginosa vorrangig in den Sommermonaten nachgewiesen wird, wenn die Temperatur über 25 °C beträgt.

Eintrag hauptsächlich über produktionsseitig besiedelte Bauteile

Eine Trinkwasser-Installation wird nur in seltenen Fällen über die Wasserversorgung mit Pseudomonas aeruginosa kontaminiert, zum Beispiel durch Bauarbeiten. Der weitaus bedeutendere Eintragspfad sind produktionsseitig besiedelte Bauteile. Deshalb liegt die Frage nahe, warum nicht alle Bauteile im Produktionsprozess trocken geprüft werden, bei denen dies grundsätzlich möglich ist. Immerhin geht dies ja auch später bei der trockenen Dichtheits- und Belastungsprüfung von Trinkwasser- und aus Gas-Installationen mit hoher Zuverlässigkeit.

Es gibt jedoch Bauteile, die sich nicht (vollständig) trocken prüfen lassen, da werkseitige Einstellvorgänge nur mit Wasser erfolgen können. Beispiele für solche Produkte sind Sicherungsarmaturen und Druckerhöhungsanlagen. Sie müssen deshalb vom Hersteller mit mikrobiologisch einwandfreiem Wasser geprüft und anschließend gegen eine übermäßige Vermehrung von unvermeidbaren Bakterien geschützt werden – beispielsweise durch Desinfektionsmaßnahmen und Handlungsempfehlungen für den Fachhandwerker am Einbauort. Grundsätzlich sollte ein Probebetrieb oder eine Inbetriebnahme solcher Bauteile maximal 72 h nach der Auslieferung vom Hersteller erfolgen. Ansonsten sind erneut Desinfektionsmaßnahmen notwendig.

Allerdings gibt es auch noch Hersteller, die ihre Produkte zwar trocken prüfen könnten, es dennoch nicht konsequent tun. Vor diesem Hintergrund ist es empfehlenswert, im allgemeinen Teil des Leistungsverzeichnisses grundsätzlich Produkte mit hygienisch einwandfreien Oberflächen zu fordern. Beispielsweise kann man sich dazu an den Formulierungen der Richtlinie VDI 6023 Blatt 1 (September 2022) orientieren (Bild 4).

Bild 4 Die Sanierung einer mit Pseudomonas aeruginosa kontaminierten Trinkwasser-Installation sollte immer mit der Ursachenfindung und -beseitigung beginnen. Eine anschließende Reinigung und Desinfektion kann Bestandteil dieser Sanierung sein.

Schell

Bild 4 Die Sanierung einer mit Pseudomonas aeruginosa kontaminierten Trinkwasser-Installation sollte immer mit der Ursachenfindung und -beseitigung beginnen. Eine anschließende Reinigung und Desinfektion kann Bestandteil dieser Sanierung sein.

Risiken bei der Inbetriebnahme großer Gesundheitseinrichtungen minimieren

Die Inbetriebnahme einer Trinkwasser-Installation, insbesondere in großen Gesundheitseinrichtungen, sollte schrittweise erfolgen: Zunächst wird der in der Bauphase nur unzureichend genutzte Hausanschluss gespült und beprobt. Ist hier das Trinkwasser einwandfrei, wird die Technikzentrale gefüllt, gespült und beprobt. Ist auch hier alles in Ordnung, kann die Trinkwasser-Installation im Gebäude befüllt werden. Wer schon einmal die Kosten für die Sanierung einer kontaminierten Trinkwasser-Installation zu verantworten hatte, wird in einem größeren Gebäude wohl nie wieder anders vorgehen.

Pseudomonas aeruginosa positiv: die Quelle erkennen und beseitigen

Wesentlich für den Sanierungserfolg ist das Erkennen und Beseitigen der Kontaminationsquelle. Liegt an der überwiegenden Anzahl der Entnahmestellen eine Kontamination vor, ist von einem zentralen Problem auszugehen. Dafür kommen der Hausanschluss und die Technikzentrale infrage. Sinnvollerweise trägt man deshalb alle Befunde in ein Strangschema ein. So erkennt man beispielsweise eine kontaminierte Druckerhöhungsanlage als Quelle, wenn lediglich die über sie versorgten Bereiche der Trinkwasser-Installation betroffen sind.

Wenn nur einige Entnahmestellen kontaminiert sind, kann durch eine gestaffelte Probennahme, also z. B. nach je 3 l Ablauf, überprüft werden, ob sie selber die Ursache der Probleme sind oder ob die Kontamination weiter vorn in der Trinkwasser-Installation liegt. Manchmal endet dann die Kontamination bereits am Kleinstdurchlauferhitzer, da Pseudomonas aeruginosa wärmeliebend ist. Stets ist aber zu hinterfragen, was die Ursache einer Kontamination ist und welche Bereiche / Bauteile lediglich zum „Opfer“ einer vorgelagerten Kontamination wurden.

Erfolgsaussichten einer Desinfektion

An dieser Stelle muss betont werden, dass eine (chemische) Desinfektion nur selten die Ursache einer Kontamination beheben kann. In aller Regel muss zunächst die Ursache gefunden und beseitigt werden (Bild 5). Erst danach kann eine Desinfektion den weiteren Fließweg „freiputzen“: Dafür reicht häufig als einzige Maßnahme schon ein erhöhter Wasserwechsel, denn dadurch siedeln sich „gute“ Bakterien verstärkt an und Pseudomonas aeruginosa erliegt seiner Wettbewerbsschwäche.

Bild 4 Die Sanierung einer mit Pseudomonas aeruginosa kontaminierten Trinkwasser-Installation sollte immer mit der Ursachenfindung und -beseitigung beginnen. Eine anschließende Reinigung und Desinfektion kann Bestandteil dieser Sanierung sein.

Schell

Bild 5 Die Sanierung einer mit Pseudomonas aeruginosa kontaminierten Trinkwasser-Installation sollte immer mit der Ursachenfindung und -beseitigung beginnen. Eine anschließende Reinigung und Desinfektion kann Bestandteil dieser Sanierung sein.

Oftmals stellt sich bei der Wahl von Desinfektionsverfahren die Frage, ob eine chemische oder thermische Desinfektion erfolgen soll. Aus Sachverständigensicht gibt es eine klare Antwort: Aufgrund des Biofilms, in dem sich Pseudomonas aeruginosa versteckt und von chemischen Desinfektionsmitteln nicht vollständig abgetötet wird, ist die thermische Desinfektion die Methode der Wahl. Denn Wärme durchdringt jeden Biofilm und erreicht über die Wärmeleitfähigkeit der Werkstoffe auch Bereiche in Bauteilen, die nicht direkt angeströmt und damit vom Desinfektionsmittel nicht erreicht werden. Aus Biofilm oder unzureichend desinfizierten Bereichen heraus kann sonst eine Rekontamination der Installation erfolgen.

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Dr. Peter Arens
ist Hygienespezialist bei Schell in 57462 Olpe, www.schell.eu

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