Aussparungen, wie Schlitze, Durchbrüche, Kanäle oder Nischen in Wänden, Böden oder Decken, dienen der Aufnahme oder Durchführung gebäudetechnischer Leitungen, Rohre oder Kanäle. Obwohl sie keine Bauteile im eigentlichen Sinn sind, gehören sie zu den besonders fehleranfälligen und daher abstimmungsintensiven Objekten der Bauplanung, weil sie den Architekt, Tragwerks- und TGA-Planer gleichermaßen betreffen und häufig mit deren Interessen kollidieren.
Zusätzlich zur Architektur, Statik und Gebäudetechnik haben Schlitze und Durchbrüche auch schall-, wärme- und brandschutztechnische Auswirkungen, bei der Trinkwasser-Installation kommen hygienische und bei der Elektro-Installation sicherheitstechnische Aspekte hinzu. Sowohl eine möglichst kollisionsfreie Planung als auch die Änderung von Aussparungen und daraus resultierende Folgeänderungen stellen deshalb hohe Anforderungen an eine kooperative Planung, insbesondere im Zusammenhang mit BIM.
Aussparungen mit herkömmlichem 2D-CAD planen
Schlitze und Durchbrüche sind in der herkömmlichen 2D-CAD-Planung einfache, aus Linien, Schraffuren, einer Beschriftung und Bemaßung bestehende Symbole, häufig ohne Bezug zum zugehörigen Bauteil. Wird die Position oder Dimension einer Wand oder Decke geändert, muss auch das Aussparungssymbol manuell angepasst werden.
Bei smarten Aussparungssymbolen ist die Position einer Aussparung an die ihres zugeordneten Elements gekoppelt und verschiebt sich bei einer Positionsänderung zusammen mit diesem. Beschriftungen und Bemaßungen, wie die Art der Aussparung, Breite, Tiefe, Höhe, der Durchmesser, UK/OK-Position, Eckabstand etc., müssen bei Änderungen allerdings manuell angepasst werden.
Einige CAD-Programme ermöglichen auch eine tabellarische Auflistung aller Aussparungen, wahlweise sortiert nach Geschossen / Räumen, der Position, Aussparungsart oder den Abmessungen.
Trotz einheitlicher Vorgaben zur Darstellung von Aussparungen gemäß DIN 1356-1 [1] kommt es immer wieder zu Fehlern und Missverständnissen in Bezug auf die Art, Position und Abmessung. Das hat verschiedene Gründe:
Aussparungen werden in den Fachplänen meist manuell übernommen (nachgezeichnet), was eine Fehlerquelle darstellt. Norm-Symbole werden häufig individuell angepasst und erweitert, sodass es zu Fehlinterpretationen kommt. Ferner werden Aussparungen meist nur im 2D-Grundrissplan eingetragen, ohne Kontrolle in der dritten Dimension, Höhenangaben werden nicht geometrisch überprüft etc.
Planungsfehler vorprogrammiert: Pläne umherreichen
Aussparungen werden in der Regel vom TGA-Planer definiert und müssen vom Architekt und Tragwerksplaner genehmigt werden. Das führt unter Umständen zu einem mehrmaligen Austausch von Papierplänen, PDF- oder DXF-Dateien, in denen die Aussparungen idealerweise farblich markiert werden.
Anhand dieser Vorlagen prüfen der Architekt und Tragwerksplaner die Aussparungen, geben sie frei oder lehnen sie mit einem Kommentar ab und senden die Pläne zurück an den TGA-Planer. Die Pläne oder Dateien werden so lange zwischen den Planungsbeteiligten ausgetauscht, bis alle mit der Aussparungsplanung einverstanden sind.
Rückfragen werden telefonisch oder per E-Mail geklärt. Das setzt ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen und eine präzise verbale Problembeschreibung des Besprechungsgegenstands voraus, sonst entstehen Missverständnisse.
Herausfordernd sind auch Planungsänderungen. Werden Architekturbauteile oder das Tragwerk modifiziert, die Trassierung, Anzahl oder Dimension von Leitungen, Rohren oder Kanälen beispielsweise aufgrund von Neuberechnungen geändert, entstehen häufig Probleme, weil Aussparungen nicht korrekt und nicht von allen Planungspartnern an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Das führt zu Planungsfehlern und auf der Baustelle zu nachträglichen Stemm- oder Fräsarbeiten oder zu aufwendigen Neutrassierungen, wenn Architektur oder Statik keine anderen Möglichkeiten zulässt.
Besser aussparen mit BIM
Die Aussparungsplanung am BIM-Modell ist etwas aufwendiger als im 2D-Plan, bietet aber viele Vorteile: Schlitze oder Durchbrüche in Wand, Boden oder Decke können dreidimensional dargestellt werden, sodass Missverständnisse erst gar nicht entstehen und Fehler schneller erkannt werden.
Eingefügt werden Aussparungen manuell oder automatisch. Nach der Definition der Parameter (Art, Form, Abmessungen, UK/OK, Abstände etc.) werden sie manuell platziert oder durch Anklicken der Leitung und des betroffenen Bauteils automatisch erzeugt.
Alternativ können Aussparungen auch für ausgewählte oder alle Leitungen und Bauteile im aktuellen Grundriss quasi per Mausklick generiert werden. Die dafür notwendigen Informationen entnimmt das Programm der Gebäude- und Leitungsgeometrie, den Bauteil- und Leitungsattributen sowie den zuvor definierten Aussparungs-Parametern.
Damit kann man beispielsweise den notwendigen Freiraum für eine Leitung mit oder ohne Dämmung definieren oder ab wann zwei neben- oder übereinander liegende Aussparungen zu einer zusammengefasst werden. Sind die Aussparungsparameter korrekt eingestellt, funktioniert das sehr zuverlässig, sollte aber für jede Aussparung überprüft und gegebenenfalls manuell korrigiert werden.
Die Aussparungen werden BIM- und IFC-konform als dreidimensionale Abzugskörper (Provision for Void) generiert und in der 2D-Planausgabe als normgerechte Aussparungssymbole dargestellt.
Vorteile bei Änderungen
BIM-Aussparungen kennen ihre Eigenschaften und sind mit den zugehörigen Bauteilen verknüpft. Dadurch können sie sich bei Änderungen – etwa der Wand- oder Deckendicke, der Verschiebung von Wänden oder bei Änderungen der Leitungsdimension – automatisch anpassen. Auch wenn zusätzliche Rohre oder Kanäle hinzugefügt oder vorhandene entfernt werden, passen sich die Aussparungen selbstständig an.
Darüber hinaus werden Konflikte, Bauteil- oder Leitungskollisionen gemeldet und können individuell beseitigt werden. Insbesondere bei großen Projekten mit mehreren Hundert Aussparungen sparen diese Automatismen sehr viel Zeit, allerdings sollten die Ergebnisse stets verifiziert werden.
Die integrierte Berechnung des Brutto- und Nettovolumens der Aussparung ermöglicht einen schnellen Überblick über die zu verfüllenden Volumina der einzelnen Durchbrüche. Dadurch erhält der Planer mehr Sicherheit bei der Abschätzung des Aufwands brandschutztechnischer Maßnahmen und der Kosten.
Für jedes Gewerk können Aussparungspläne separat ausgegeben werden, wobei Aussparungen einem oder mehreren Gewerken zugeordnet werden können. Anhand des Wandtyps und der Feuerschutzklasse ist eine Auswertung in Form von Stücklisten und Reporten möglich, beispielsweise nach STLB Bau, Gewerken oder Brandschutzklassen.
Digitale Aussparungs-Manager
Für die Übergabe und Abstimmung der Aussparungsplanung werden von einigen TGA-CAD-Anbietern inzwischen spezielle Lösungen offeriert, beispielsweise der Void Manager (liNear), der Durchbruchsmanager (MagiCAD) oder der Openings Manager (Stabiplan).
Installieren Architekt und Tragwerksplaner diese kostenlosen Plugins in ihrer BIM-Autorensoftware (beispielsweise Allplan, ArchiCAD, Revit etc.) können sie die Aussparungsvorschläge des TGA-Planers anzeigen lassen und prüfen, einzelne oder mehrere freigeben oder ablehnen und mit entsprechenden Kommentaren oder Alternativvorschlägen versehen. Bauteile, die keine Aussparungen erhalten dürfen, lassen sich schützen.
Mit den Projektpartnern zu besprechende Aussparungen können per Screenshot „fotografiert“, mit Hinweispfeilen ergänzt und an die Kommentare angehängt werden. Die Aussparungs-Reporte werden anschließend untereinander so lange ausgetauscht, bis alle mit der Planung einverstanden sind.
Danach werden die Aussparungen als Abzugskörper ausgegeben, die anschließend über das IFC-Austauschformat in das CAD / BIM-Programm des Architekten oder Tragwerksplaners importiert und übernommen werden können. Eventuelle Unstimmigkeiten – etwa wenn die Größe oder Position einer Aussparung oder des entsprechenden Architekturbauteils geändert oder entfernt wurden – werden dem Anwender angezeigt.
Nachrichten mit openBIM-Datenstandard austauschen
Ausgetauscht werden die Aussparungs-Reporte über das Nachrichten-Austauschformat BIM Collaboration Format (BCF, TGA 02-2020: Gelbe Zettel für BIM-Modelle). BCF basiert auf dem textbasierten, für die Darstellung hierarchisch strukturierter Daten konzipierten XML-Datenformat.
BCF ist ein offener, herstellerneutraler openBIM-Datenstandard für Kommentare, Anfragen, Kollisionsberichte oder allgemeine Informationen zu BIM-Modellen. In einer BCF-Datei sind alle Nachrichten gespeichert, die eine BIM-Software über Problembereiche informieren, die in einer anderen BIM-Software gefunden wurden.
Dadurch lassen sich bei der Planung von Aussparungen erkannte Probleme und Kollisionen schneller und effizienter gemeinsam lösen sowie Korrektur- und Koordinationsabläufe vereinfachen. BCF erkennt automatisch, welche Bearbeiter, Programme, Bauteile oder Elemente an einem Problem beteiligt sind.
Erstellt der Bearbeiter einen Screenshot eines Kollisionspunkts und versendet er ihn als BCF-Datei an einen beteiligten Projektpartner, erhält dieser in seinem Programm die BCF-Nachricht mit exakt der gleichen Ansicht des Problems. Über eine eindeutige Identifikationsnummer, die jedes Objekt erhält, zoomt sich das Programm auf den betreffenden Modellausschnitt ein.
Anhand der Identifikationsnummer kann man nachverfolgen, wer welches Problem wann gemeldet hat, welche Probleme noch ungelöst sind und welche Probleme bereits behoben wurden. Die Aussparungsplanung ist sowohl im Rahmen von closed-BIM- als auch open-BIM-Projekten möglich. Bei open-BIM-Workflows wird eine IFC-Datei mit allen Aussparungsplatzhaltern erzeugt, die unmittelbar in die Projektplanung des Architekten und Tragwerksplaners eingefügt werden können.
Vorteile bei der Schlitz- und Durchbruchsplanung dank BIM
Die Schlitz- und Durchbruchsplanung ist ein wichtiger Aspekt der kollaborativen Projektplanung und spielt im Planungsalltag eine bedeutende Rolle. Die BIM-Planungsmethode bietet hierbei gegenüber der herkömmlichen Arbeitsweise viele Vorteile:
Aussparungen werden am BIM-Modell dreidimensional geplant, was visuelle Kontrollen ermöglicht. Aussparungen werden aus den Modell- und Leitungsdaten automatisch generiert, was Zeit spart. Die Höhenlage der Aussparung wird berechnet, Aussparungen werden automatisch beschriftet und bemaßt etc.
Wesentlich einfacher und weniger fehlerbehaftet sind auch Planungsänderungen und Abstimmungsabläufe. Digitale Aussparungs-Manager vereinfachen zudem die Übergabe und Abstimmung mit Planungspartnern. All dies trägt zu einer Rationalisierung und Qualitätsverbesserung bei der Aussparungsplanung bei, entbindet die Planungsbeteiligten aber nicht von Kontrollen und Plausibilitäts-Checks.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Heftausgabe 11-2020 des TGA Fachplaners unter dem Titel „Besser aussparen mit BIM“ von Marian Behaneck.
Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGAdossier TGA-Software.
Literatur
[1] DIN 1356-1 Bauzeichnungen – Teil 1: Arten, Inhalte und Grundregeln der Darstellung. Berlin: Beuth Verlag, Februar 1995
[2] Esser, S.: Kommunikation in BIM-Projekten auf Grundlage von BCF-Daten. München: Technische Universität München, Eigenverlag, 2018, Download auf www.cms.bgu.tum.de/de über www.bit.ly/tga1362
[3] Hausknecht, K.; Liebich, T.: BIM-Kompendium. Building Information Modeling als neue Planungsmethode. Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 2016
[4] Trimble (Hrsg.): BIM Collaboration Format. Für den verbesserten Informationsaustausch zwischen den Gewerken, Download: https://mep.trimble.de/downloads/BCF
Produkte und Anbieter (Auswahl)
● Void Manager, liNear www.linear.eu
● Durchbruchsmanager, MagiCAD www.magicad.com
● Revit Openings Transfer, auxalia www.auxalia.com
● Openings Manager, Stabiplan www.stabiplan.com
● Schulung, Formitas www.formitas.de/seminar/schlitz-und-durchbruchsplanung
Lesen Sie auch:
So dimensionieren und optimieren Sie Trinkwassernetze
Planungssoftware für Entwässerung im Vergleich
DIN SPEC 4108-8: Lüftungskonzept mit Fensterlüftung erstellen