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Die Neufassung der Norm zur Wohnungslüftung DIN 1946-6 ermöglicht im Zusammenspiel mit dem aktuellen Entwurf zur DIN 18 017-3 eine praxisnähere Auslegung von Systemen zur Wohnraumlüftung.
Lüftungskonzept-Programme, denen die aktuellen Lüftungsnormen zugrunde liegen, berücksichtigen bei der Prüfung der Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen und der Erstellung von Lüftungskonzepten die aktuelle Lüftungstechnik inklusive dezentralen Lüftungsgeräten mit Wärmerückgewinnung und komplexe Raumkonstellationen.
Über die hygienische Raumluftversorgung und den Bautenschutz hinausgehende Nutzeranforderungen – an Komfort, Schallschutz, geringen Hilfsenergieeinsatz oder hohe Wärmerückgewinnungsgrade – müssen mit Bauherren oder Nutzern individuell abgestimmt werden.
Die Frage, ob lüftungstechnische Maßnahmen erforderlich sind, stellt sich bei Neubauten in der Regel nicht, weil aufgrund der dichten Gebäudehülle keine natürliche In- und Exfiltration für einen ausreichenden Luftaustausch vorhanden ist. Relevant ist die Frage aber bei (allen Änderungen an) Bestandsgebäuden. Und die Realisierung baulicher Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz dürfte durch neue und attraktivere Förderprogramme deutlich zunehmen.
Werden Bestandsgebäude energetisch ertüchtigt und dabei in einer Nutzungseinheit mehr als ein Drittel der Fenster ausgetauscht oder mehr als ein Drittel der Dachfläche einer Dachgeschosswohnung abgedichtet, drohen Haftungsrisiken für mögliche Feuchte- und Schimmelschäden, wenn nicht überprüft wird, ob die Lüftung zum Feuchteschutz sichergestellt ist.
Regelwerk und Markt in Bewegung
Maßgebend für die Prüfung der Notwendigkeit eines Lüftungskonzepts sind die Lüftungsnormen DIN 1946-6 [1] und DIN 18 017-3 [2]. Mit der Neufassung 12-2019 wurde DIN 1946-6 an den Stand der Lüftungstechnik angepasst. Sie bedient zwar nicht alle denkbaren Konstellationen, bietet Planern aber gegenüber der Vorgängerversion mehr Flexibilität, um individuelle Grundrisse oder kombinierte Lüftungssysteme abzubilden und die Ansprüche der Bewohner an die Raumluftqualität, -hygiene und Energieeffizienz erfüllen zu können.
Ob – und wenn ja – welche lüftungstechnische Maßnahme pro Nutzungseinheit erforderlich ist, lässt sich mit DIN 1946-6 ermitteln. Die (bauaufsichtlich nicht eingeführte) Norm enthält neben dem Nachweis auch Regeln für die Belüftung von Wohngebäuden (Neubau und Renovierung), Festlegungen von Grenzwerten sowie Berechnungsmethoden für den notwendigen Luftaustausch, unter Berücksichtigung energetischer, bauphysikalischer, lüftungstechnischer und hygienischer Aspekte.
Mit der Überarbeitung wurde bisherigen Erfahrungen, technischen Weiterentwicklungen und der Fortschreibung des Regelwerks Rechnung getragen. Beispielsweise hat sich der Markt für Wohnungslüftungssysteme besondere im Bereich dezentral angeordneter Lüftungsgeräte mit und ohne Wärmerückgewinnung (WRG) dynamisch entwickelt. Diese Lüftungssysteme werden nun in der novellierten Fassung berücksichtigt.
Zudem gab es in der bisherigen Ausgabe nur wenige Leitlinien zur Auslegung in Kombination mit anderen Systemen, etwa nach DIN 18 017-3 zur Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster. Diese ergänzende Norm regelt die Lüftung fensterloser Bäder und Toilettenräume und liegt seit März 2019 als Überarbeitungsentwurf vor; allerdings ist grundsätzlich auch die Bauaufsichtliche Richtlinie über die Lüftung fensterloser Küchen, Bäder und Toilettenräume in Wohnungen [5] zu beachten.
Auf die Novellierung von DIN 1946-6 mussten auch die Anbieter von Lüftungskonzept-Programmen reagieren – Dialogfenster, Berechnungen, beispielsweise zur Ex- und Infiltration und der Volumenströme, mussten angepasst und kombinierte Lüftungssysteme, Hybridsysteme und alternierenden Systeme stärker berücksichtigt und hygienische Aspekte und Bezüge zur VDI-Richtlinie 6022 integriert werden. Diese und weitere Änderungen wurden in den meisten Probrammen bereits umgesetzt, teilweise wurde die Software auch komplett neu programmiert
Welche Programme gibt es …
Die Bandbreite der Lüftungskonzept-Programme reicht von kostenfreien herstellerspezifischen Lösungen von Lüftungssystem-Herstellern, wie Helios, Maico, Systemair, Vallox und Zehnder, bis zu kostenpflichtigen herstellerunabhängigen Programmen als eigenständige Lösung oder als modularer Teil von EnEV-, Energieberatungs-, Bauphysik- oder TGA-Programmen. Modularen Lösungen haben den Vorteil, dass man auf bereits erfasste Gebäude- und Raumdaten sowie vorliegende Heiz- und Kühllastberechnungen zurückgreifen kann. Zu den Web-basierenden Programmen gehören der HEA OnlineCheck Wohnungslüftung, Helios KWL easyPlan, iGEB AirPlan Online, Vallox Airplan Online und Zehnder Comfoplan.
… und was können sie?
Alle Programme prüfen die Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen. Mit den meisten Programmen können zusätzlich ein Lüftungskonzept erstellt und Luftvolumenströme und Lüftungskomponenten berechnet werden. Lediglich eine Notwendigkeitsprüfung ermöglichen BKI Lüftungskonzept, der HEA OnlineCheck Wohnungslüftung und – nach alter Lüftungsnorm – das VfW-Planungstool.
Musterkonzepte und Berechnungsvorlagen in Form eines DIN-A4-Ordners und einer CD-ROM samt Excel-Tool zur Erstellung von Lüftungskonzepten bietet die Arbeitshilfe „Lüftungskonzepte für Wohngebäude erstellen und dokumentieren“ von Weka Media.
Im Vergleich zur letzten Veröffentlichung zum Thema (TGA 09-2019: Neue DIN 1946-6, neue Software, Webcode 950010) berücksichtigen die meisten Programme bereits DIN 1946-6 in der aktuellen Fassung. Einige Anbieter planen dies für die nächste Software-Version, respektive sobald Validierungsbeispiele vom Normungsausschuss zur Verfügung stehen. Die Preise für kostenpflichtige Programme liegen zwischen 100 Euro für Programm-Module und 800 Euro für separat lauffähige Programme.
Individuelle Anforderungen
An den aktualisierten Lüftungsnormen orientierte Software berücksichtigt die konkreten Rahmenbedingungen und bisherige praktische Erfahrungen ebenso wie technische Neuerungen und gibt dadurch Planern bei der Notwendigkeits-Prüfung und Lüftungskonzept-Erstellung mehr Flexibilität und Sicherheit.
Da Gebäudebauweisen, Wohnungsgrundrisse, Ansprüche und Anforderungen der Nutzer sehr unterschiedlich sind, können Lüftungskonzepte nicht pauschal erstellt werden, sondern müssen sich an der tatsächlichen Nutzung von Wohnräumen orientieren [6].
Neben den Anforderungen an eine hygienische Raumluftversorgung und den Bautenschutz spielen meist auch individuelle Aspekte eine Rolle – etwa wenn besondere Anforderungen an Komfort, Schallschutz und Energieeinsparung bzw. einen geringen Hilfsenergieaufwand gestellt werden. Das setzt eine enge Abstimmung mit den Bauherren und Nutzern voraus.
Marian Behaneck