Früher hatte das aus den 60er Jahren stammende Gebäude der Berner Kantonalbank (BEKB) in Thun einen elektrischen Kältekompressor mit 300 kW Kälteleistung sowie eine Ölheizung. Als das Haus 2003 entkernt und erneuert wurde - die Fassade steht unter Denkmalschutz - stand auch die Klimatisierung zur Debatte. Architekt Hansjürg Schönthal von SHS, Scheffel, Hadorn, Schönthal, dem Haustechnik-Ingenieur Christian Hilgenberg von IEM und dem Bauherrn war klar, dass sich mittelfristig gerade im Sommer eine Stromversorgungslücke auftut. Die Substitution von elektrischer Energie wird in Zukunft immer wichtiger werden , so Hilgenberg. Diesem Aspekt sollte das Klimakonzept bei der BEKB Rechnung tragen.
Erhebliche Leistungsreduktion
Den anfänglichen Gedanken, die Klimatisierung ganz zu streichen nach dem Motto Thun ist nicht Tunis ließ man aber wegen des Verkehrslärms an der Bahnhofstrasse wieder fallen. Man entschied sich stattdessen für eine Teilklimatisierung: 26 °C Innentemperatur bei 30 °C Außentemperatur statt zuvor 22 °C. Das ist immer noch angenehm, für Mitarbeiter und Besucher gesünder und spart Energie, so die Verantwortlichen. Aber auch für den restlichen Energiebedarf sollte eine Ressourcen sparende Lösung gefunden werden: Mit 100 m2Solarkollektoren und zwei 46 kW-Absorptionskältemaschinen entstand eine vom schweizerischen Bundesamt für Energie unterstützte Pilotanlage Kühlen mit Sonnenenergie .
Bei Absorptionskälteanlagen wird im Absorber der physikalische Effekt der Absorption von Kältemitteldampf (hier Wasserdampf) durch eine wässrige Lösung (hier Lithiumbromid) ausgenutzt. Bei dem exothermen Prozess werden große Dampfvolumina zu einem kleinen Flüssigkeitsanteil innerhalb der Lösung verdichtet. Die Kompression findet also bereits im Absorber bei niedrigem Druck statt. Eine Lösemittelpumpe befördert die reiche Lösung in den Austreiber mit höherem Druck. Dort wird unter Zufuhr von Wärme das Kältemittel vom Lösemittel getrennt. Die arme Lösung fließt zum Absorber zurück. Der Kältemitteldampf wird anschließend im Kondensator und unter Wärmeabgabe verflüssigt (Rückkühlung). Nach einer Druckreduzierung entzieht das Kältemittel im Verdampfer dem Kaltwasserkreislauf Energie beim Übergang in die Dampfphase. Der Kältemitteldampf strömt von dort wieder zum Absorber. Das Kühlwasser für den Kondensator stammt aus dem Fluss Aare - 15 m3/h mit 32 °C dürfen maximal eingeleitet werden.
Gleichmäßiger Betrieb der Absorber
Bisherige Solarkollektor-Absorber-Pilotanlagen arbeiteten häufig nicht zufriedenstellend, weil dem Charakter des Absorbers (relativ träger thermodynamischer Prozess) zu wenig Rechnung getragen wurde, so Hilgenberg. Durch den Einsatz von Wärme- und Kältespeichern wurde bei der BEKB hingegen ein regelmäßiger Betrieb erreicht. Die Solaranlage deckt den Wärmebedarf des Austreibers zu rund 30 %; der restliche Bedarf wird von einem 285-kW-Gas-Heizkessel, der ebenfalls in den 4500-l-Wärmespeicher einspeist, bereitgestellt. Eine größere Kollektoranlage wäre zwar sinnvoll gewesen, war aber auf dem Dach der BEKB aus Platz- und Investitionsgründen nicht zu realisieren.
Müssen die Absorber nicht kühlen, heizen die Sonnenkollektoren einen 600-l-Trinkwasserspeicher: An die Energiezentrale sind neben der Bank mit 3000 m2Bürofläche auch noch drei Wohnungen, ein Blumenladen, ein Friseursalon und eine Cafeteria angeschlossen, was den Warmwasserbedarf erhöht. Im Winter unterstützt die Sonnenwärme die Gebäudeheizung, sodass die Solarerträge ganzjährig genutzt werden.
Im Kühlfall wird der Speicher auf 90 °C aufgeheizt, damit erreichen die eingesetzten Absorber den besten Wirkungsgrad; bei Temperatur unter 85 °C fällt der Wirkungsgrad zu stark ab. Wird eine Kollektortemperatur von 90 °C an einem bewölkten Tag mit Kältebedarf nicht erreicht, geht die Kollektoranlage außer Betrieb. Die Jahresarbeitszahl der Absorber liegt bei 70 %. Um den Solarertrag zu optimieren und die Bereitschaftsverluste zu reduzieren, wird die Speichertemperatur auf die von der Heizungsinstallation benötigte Vorlauftemperatur von 50 °C abgesenkt, sobald die Absorber nicht mehr in Betrieb sind.
Projektergebnisse
Das Projekt solarunterstützte Absorptionskälteanlage in der Berner Kantonalbank hat belegt, dass bei solchen Anlagenkonzepten eine sorgfältige Planung die Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Betrieb ist. Es hat zudem gezeigt, dass eine Betriebsoptimierung mindestens während des ersten Betriebsjahrs erforderlich ist. Um die Jahresarbeitszahl der Absorptionskälteanlage zu verbessern, wird zukünftig versucht, die Anlage auf einem noch höheren Temperaturniveau zu betreiben. Martin Stadelmann