Das Forschungsprojekt Melani untersucht, wie Haushalte in Mehrparteienhäusern einen gemeinsamen Batteriespeicher nutzen und Speicherkapazitäten untereinander handeln können.
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Ein Forschungsvorhaben untersucht, in welchem Umfang Haushalte in Mehrparteienhäusern mit gemeinsamer Photovoltaik-Anlage und Batteriespeicher ihren Stromverbrauch systemdienlicher organisieren, wenn sie davon profitieren.
■ Dazu werden jeweils zwei Gebäudepaare nach dem KfW40+-Standard mit Photovoltaik-Anlage und Stromspeicher verglichen. In einem Gebäudepaar können die Bewohner über ein Webportal einsehen, ob sie gerade direkt aus der Photovoltaik-Anlage, dem Batteriespeicher oder dem öffentlichen Stromnetz versorgt werden.
■ Da die drei Stromqualitäten unterschiedlich bepreist sind, gibt es einen Anreiz, Strom netzdienlich zu nutzen. Zusätzlich ermöglicht das Webportal, den eigenen Anteil an der Photovoltaik-Anlage sowie am Batteriespeicher gegen eine Leihgebühr zeitweise an Mitbewohner abzutreten.
Energiewende bedeutet auch, vorhandene Denkmuster auf den Prüfstand zu stellen und einst geschaffene regulatorische Grenzen mit Blick auf die Zukunft zu hinterfragen. So untersucht jetzt das Forschungsprojekt Melani „Mehrfach genutzte Energiespeicher im Mehrfamilienhaus nachhaltig integrieren“, wie Haushalte in Mehrparteienhäusern einen gemeinsamen Batteriespeicher möglichst effizient nutzen und Speicherkapazitäten untereinander handeln können.
Dafür ist im August 2023 in einem Quartier in Bielefeld die Feldphase gestartet. Der Ökostromanbieter naturstrom koordiniert das Projekt, weitere Partner sind der Spezialist für Photovoltaik-Systemtechnik SMA, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) und das elenia Institut für Hochspannungstechnik und Energiesysteme der TU Braunschweig.
In dem Wohnquartier in der Bielefelder Holbeinstraße sind auf vier Mehrfamilienhäusern Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 94 kWp errichtet und zwei Batteriespeicher mit einer Kapazität von je 67 kWh verbaut worden. Jeweils zwei Häuser nutzen gemeinsam einen Batteriespeicher. Die Neubauten nach KfW40+-Standard verfügen über insgesamt 48 Wohneinheiten und werden derzeit von den ersten Mietern bezogen.
Webportal ermöglicht gezielte Solarstromnutzung und Handel
Zwei der Gebäude sind „Melani“-Häuser, in denen die Bewohner über ein Webportal jederzeit einsehen können, ob sie gerade direkt aus der Photovoltaik-Anlage, dem Batteriespeicher oder dem öffentlichen Stromnetz versorgt werden. Die drei verschiedenen Stromqualitäten sind unterschiedlich bepreist. So werden die Bewohner in die Lage versetzt, bevorzugt dann Strom zu verbrauchen, wenn er günstig und umweltfreundlich „direkt vom Dach“ kommt.
Zusätzlich ermöglicht das Webportal den Bewohnern, den eigenen Anteil an der Photovoltaik-Anlage sowie am Batteriespeicher gegen eine Leihgebühr zeitweise an Mitbewohner abzutreten. „Die am Forschungsprojekt teilnehmenden Haushalte können durch die aktive Nutzung der Photovoltaik-Anlage und des Batteriespeichers ihren individuellen Solaranteil an dem von uns gelieferten Mieterstromtarif erhöhen und somit ihre Stromkosten senken“, resümiert naturstrom-Vorständin Dr. Kirsten Nölke.
Die beiden anderen Gebäude sind als Vergleichsgebäude weitgehend technisch identisch mit den „Melani“-Häusern, die Bewohner erhalten jedoch einen einheitlichen Tarif und können nur durch Stromeinsparungen ihre Kosten senken. Die Photovoltaik-Anlage und der Stromspeicher werden zentral gesteuert.
Das Forschungsprojekt soll so Aussagen darüber liefern, wie die Möglichkeit zur aktiven Nutzung von Photovoltaik-Anlage und Stromspeicher von den Bewohnern der „Melani“-Häuser angenommen wird.
„Ein systemdienlicher Stromverbrauch muss sich für die Verbraucher lohnen“
Nölke: „Die Energiewende braucht mehr digitale Lösungen. Denn mit wachsendem Erneuerbaren-Anteil im Stromsystem wird es immer wichtiger, Flexibilitäten zu nutzen – auch im Kleinen. Der Geschosswohnungsbau ist in dieser Hinsicht noch ein weißer Fleck auf der Landkarte.“
Das sieht auch Melanie Kühl so, die die praktische Umsetzung des Projekts für naturstrom begleitet: „Ein systemdienlicher Stromverbrauch muss sich auch lohnen. Mit Melani testen wir, wie sich ein solches Anreizsystem in Mehrparteienhäusern mit Photovoltaik-Anlage und Batteriespeicher umsetzen lässt. Schließlich sollen von der Energiewende alle etwas haben, auch die Mieter.“
Anspruchsvolle Energiedatenerfassung
Das Forschungsvorhaben „Mehrfach genutzte Energiespeicher im Mehrfamilienhaus nachhaltig integrieren“ (Melani) wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. In den vorangegangenen Projektphasen haben die Konsortialpartner naturstrom, SMA, die PTB und das elenia Institut der TU Braunschweig seit 2021 Konzepte, Verfahren und Geschäftsmodelle entwickelt.
Hierbei standen die Herausforderungen der Energiedatenerfassung im Fokus: So muss jederzeit exakt bestimmt und abgerechnet werden können, welche Strommenge durch welche Wohnpartei aus der Photovoltaik-Anlage, dem Stromspeicher oder aus dem öffentlichen Netz bezogen wurde. Diese Daten müssen zudem anderen Marktteilnehmern wie dem Verteilnetzbetreiber oder anderen Energieversorgern automatisiert zur Verfügung stehen.
Für die nun anlaufende Feldphase ist ein Jahr vorgesehen. Danach werden die Konzepte unter Berücksichtigung der Ergebnisse angepasst. Am Ende des Projektzeitraums sollen dann die Rahmenbedingungen für marktreife Geschäftsmodelle stehen, die für alle potenziellen Nutzer – von Mietenden über Energieversorger bis hin zu Immobilienentwicklern – praktikabel sind. www.projekt-melani.de
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